Drucksache 17 / 10 595 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 12. Juni 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2012) und Antwort Nichtschülerprüfung für den Erzieherberuf – teuer und erfolglos? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anmeldungen gab es für die Nicht- schülerprüfung für Erzieherinnen und Erzieher seit Einführung dieser Möglichkeit zum Erwerb eines qualifizierten Berufsabschlusses, wie viele Personen wurden zur Prüfung zugelassen und wie viele bestanden die Nichtschülerprüfung bisher erfolgreich? Zu 1.: Die Anmeldungen März 2010 bis April 2011 erfolgten in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft: Anmeldung März 2010 Anmeldung November 2010 Anmeldung April 2011 Anmeldungen 63 49 30 • davon zugelassen 21 29 21 • davon bestanden 3 (14 %) 11 (38 %) Wiederholerinnen/ Wiederholer von März bzw. November - - - 13 - - 1 5 • davon bestanden - 7 (54 %) Im Sommer 2011 wurde die Anna-Freud-Schule mit der Koordinierung und Durchführung der Nichtschülerprüfungen beauftragt. Im Ergebnis der Anmeldung Oktober 2011 wurden insgesamt 129 Personen zur Nichtschülerprüfung zugelassen ; davon bestanden bisher 31 Personen (= 24 %) die Prüfung. 2. Wie erklärt der Senat die relativ hohe Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die die Nichtschülerprüfung nicht bestanden haben? Zu 2.: Da die Bewerberinnen und Bewerber persönlich entscheiden müssen, ob sie sich einer Berufsabschlussprüfung unterwerfen wollen, kann sich der Senat hierzu nicht äußern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Nichtschülerprüfung nehmen lediglich am Prüfungsverfahren teil. 3. Wie viele der zur Nichtschülerprüfung zugelas- senen Personen haben einen Vorbereitungskurs für diese Prüfung absolviert? Zu 3.: Aufgrund der Berliner Ferienregelung ist der- zeit eine Abfrage an der Anna-Freud-Schule nicht möglich . 4. Wie beeinflusst nach Kenntnis des Senats die Teil- nahme an einem Vorbereitungskurs die Chancen zum erfolgreichen Bestehen der Nichtschülerprüfung? Zu 4.: Der Senat trägt für die Vorbereitungskurse auf die Nichtschülerprüfung Erzieherin/Erzieher keine Verantwortung und finanziert diese auch nicht. Dennoch ist er der Meinung, dass sich diese Kurse durchaus positiv und für die Prüfung förderlich auswirken können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 595 5. Welche Bildungseinrichtungen bieten in Berlin mit jeweils welchen Platzzahlen Vorbereitungskurse für die Nichtschülerprüfung für Erzieherinnen und Erzieher an? 6. Welche Voraussetzungen müssen diese Bildungs- einrichtungen erfüllen, um Vorbereitungskurse für die Nichtschülerprüfung anbieten zu dürfen, ist z. B. eine Genehmigung/Lizenzierung Pflicht, finden Überprüfungen und Evaluationen statt und wenn nein, warum nicht? 7. Inwieweit ist der Inhalt der Vorbereitungskurse mit der zuständigen Senatsverwaltung abgestimmt bzw. bestimmt jeder Bildungsträger eigenverantwortlich, welche Bildungsinhalte er im Hinblick auf die Nichtschülerprüfung für notwendig erachtet? Zu 5. - 7.: Der Senat ist nicht zuständig für Kurse, die nicht in staatlichen Schulen oder staatlich anerkannten Ersatzschulen durchgeführt werden. Die Einrichtungen, die die Vorbereitungskurse auf die Nichtschülerprüfung Erzieherin/Erzieher anbieten, unterliegen nicht dem Schulgesetz für Berlin. Der Senat ist daher nicht berechtigt oder befugt, diesen Einrichtungen Vorgaben zu machen; er war und ist jedoch bereit, die Einrichtungen auf Anfrage entsprechend zu beraten. 8. Was kostet ein Vorbereitungskurs für die Nicht- schülerprüfung pro Person und welche Fördermöglichkeiten gibt es? Zu 8.: Zur Beantwortung wurde der Leiter „Stab Zu- sammenarbeit mit der Landespolitik“ der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit um Zuarbeit gebeten. Die Dauer der Vorbereitungsmaßnahmen im Land Berlin variieren zwischen 12 und 24 Monaten. Die Lehrgangskosten pro Person liegen zwischen 5.049 Euro für die zwölfmonatigen und 11.328 Euro für die vierundzwanzigmonatigen Kurse. Der Durchschnittskostensatz pro Stunde beträgt in Berlin 5,06 Euro. Der Bundesdurchschnittskostensatz (aktueller Wert vom April 2012) bei Gesundheitsdienstberufen und sozialpflegerischen Berufen, zu denen die Erzieherinnen /Erzieher zählen, liegt bei 5,23 Euro. In den zweijährigen Maßnahmen sind Praktikumsanteile einbezogen, um die Zugangsvoraussetzungen zur Prüfung (mindestens 2.002 Stunden Tätigkeit im sozialpädagogischen Umfeld) für diejenigen zu erfüllen, die vorher wenig oder kaum in dem Bereich gearbeitet haben. 9. Auf welcher Grundlage fördern Arbeitsagentur bzw. Jobcenter Vorbereitungskurse für die Nichtschülerprüfung und ist die Anerkennung der Förderfähigkeit an die staatliche Anerkennung des jeweiligen Bildungsinstituts bzw. des jeweiligen Vorbereitungskurses zwingend gebunden und wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Zur Beantwortung wurde der Leiter „Stab Zu- sammenarbeit mit der Landespolitik“ der Regional- direktion Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit um Zuarbeit gebeten. Gemäß §§ 81 ff SGB III können die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter Weiterbildungen und Umschulungen fördern, wenn diese notwendig sind, um bei Arbeitslosigkeit eine berufliche Eingliederung zu erreichen , eine drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Darüber hinaus müssen unter anderem auch die Eignung und die Neigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegeben sein. Die Vermittlungsfachkräfte wurden von der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg besonders sensibilisiert, die Eignung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Vorfeld abzuklären, da die Lerninhalte hohe Ansprüche an die Disziplin und die Lernfähigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten stellen. Die Vermittlungsfachkräfte können sich dabei der internen Fachdienste (ärztlicher und psychologischer Dienst) bedienen, die in der Lage sind, eine grundsätzlich körperliche und intellektuelle Eignung zu diagnostizieren. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter dürfen eine Weiterbildung auch nur dann fördern, wenn der Bildungsträger und die Maßnahmeinhalte durch eine „Fachkundige Stelle“ zertifiziert wurden (vgl. §§ 176 ff SGB III). 10. Wie erklärt der Senat Auffassungen, wonach die Vorbereitungskurse für die Nichtschülerprüfungen qualitativ unzureichend und daher ungeeignet seien, um auf ein erfolgreiches Bestehen der Nichtschülerprüfung hinzuarbeiten ? Zu 10.: Die qualitativ hochwertige Ausbildung zur Er- zieherin/zum Erzieher dauert entsprechend der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz drei Jahre. Sie umfasst 2.400 Stunden Theorieunterricht. Nach dem Sozialberufeanerkennungsgesetz sind 40 Wochen Praxis in den Bildungsgang zu integrieren. Ein Vorbereitungskurs auf die Nichtschülerprüfung Erzieher/in umfasst nach Recherchen im Internet ca. ein Jahr und schwankt zwischen 800 und 1.000 Stunden. 11. Welchen Handlungsbedarf sieht der Senat, um den entstandenen „Markt“ für die ErzieherInnenAusbildung , insbesondere auch für Vorbereitungskurse für die Nichtschülerprüfung, im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung zu beeinflussen und zwar insbesondere dann, wenn er mit öffentlichen Mitteln arbeitet? Zu 11.: Von Seiten des Senats werden keine öffentlichen Mittel eingesetzt. Siehe auch Antwort auf die Fragen 5. - 7. 12. Wie erklärt der Senat, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Nichtbestehen der Nichtschülerprüfung und einer Wiederholungsprüfung keine weitere Chance auf eine Erzieherausbildung im Land Berlin haben? Mit welcher Begründung wird damit auch eine reguläre Aus- 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 595 3 bildung verweigert? Besteht dieses Ausbildungsverbot auch für andere Bundesländer? Zu 12.: In der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Fachschule (APVO) Sozialpädagogik ist festgelegt , dass entsprechend § 75 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 b) die Zulassungsvoraussetzungen für die Aufnahme nicht mehr erfüllt, wer die Abschlussprüfung an einer Fachschule für Sozialpädagogik endgültig nicht bestanden hat. Wer die Prüfung nicht besteht, kann sie zum nächstmöglichen Prüfungstermin einmal wiederholen. Wer die Wiederholungsprüfung nicht besteht oder den Wiederholungstermin nicht in Anspruch nimmt, hat die Prüfung endgültig nicht bestanden . Diese Regelung gilt sowohl in den Berliner beruflichen Bildungsgängen, die zu einem Berufsabschluss führen, als auch in anderen Ländern. Berlin, den 03. Juli 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juli 2012)