Drucksache 17 / 10 605 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marion Platta (LINKE) vom 13. Juni 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juni 2012) und Antwort Ökologische Vergabe vergebens Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Vergabestellen gibt es im Land Berlin, die an die Landeshaushaltsordnung gebunden sind? Wie viele dieser Vergabestellen lösen Aufträge auch über dem Wert von 10.000 Euro hinaus aus? 2. Welchen Gesamtanteil hatten in den letzten Jahren die zu vergebenden Aufträge im Land Berlin mit einem Volumen von 500 bis 10.000 Euro an der Summe der zu vergebenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen, deren finanziellen Umfang der Senat auch perspektivisch auf jährlich rund vier bis fünf Milliarden Euro schätzt? Zu 1. und 2.: Als „Vergabestelle“ wird jede Stelle be- zeichnet, die öffentliche Aufträge vergibt. Dazu gehören zentrale Vergabestellen mit mehreren hundert Beschäftigten als auch jemand, der einen Blumenstrauß für ein Jubiläum kauft. Statistische Erhebungen hierzu existieren nicht. Es dürfte sich um mehrere tausend Stellen handeln, die zumindest mehrfach jährlich öffentliche Aufträge vergeben, um einen in der jeweiligen Dienststelle auftretenden Bedarf zu befriedigen. Statistische Erhebungen zur Zahl und dem Volumen öffentlicher Aufträge werden aufgrund des erheblichen Aufwands und mangels Rechtsgrundlage nicht vorgenommen. 3. Wie beeinflusst die veränderte Wirksamkeitsgrenze der neuen „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Anwendung von Umweltschutzanforderungen bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- und Dienstleistungen (Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt – VwVBU)“ den Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz und damit die vom Senat bei konsequenter Anwendung ab einem Auftragsvolumen von 500 Euro angestrebte CO2-Einsparung von bis zu 800.000 Mg/a? 4. Durch welche andere Maßnahme im Rahmen des Klimaschutzes soll die nicht zustande kommende CO2- Einsparung ausgeglichen werden? 5. Wie soll künftig bei öffentlichen Aufträgen unter 10.000 Euro wirksam verhindert werden, dass öffentliche Mittel und damit Steuermittel der Bürgerinnen und Bürger beispielsweise auch für Sozialdumping, Kinderarbeit oder Raubbau an der Natur eingesetzt werden? 6. Wie sollen künftig bei öffentlichen Aufträgen unter 10.000 € die bislang unterschätzten hohen Folgekosten wirksam vermieden werden, wenn das Vergabeverfahren für dieses Auftragsvolumen die Lebenszykluskosten (Betriebs - bzw. Nutzungskosten eines Produktes oder einer Dienstleistung zusätzlich zu den Anschaffungs- bzw. Einrichtungs- und den Entsorgungskosten) nicht mehr beachtet? Zu 3. bis 6.: Die veränderte Wertgrenze im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz wird voraussichtlich dazu führen, dass die bisher prognostizierten Ressourcenund Klimaschutzeinsparungen nicht vollständig erreicht werden können. Erst nach Vorlage der Ergebnisse der geplanten Evaluation der Verwaltungsvorschrift „Beschaffung und Umwelt“ wird es möglich sein, die Wirksamkeit hinsichtlich Klimaschutzaspekten und Folgekosten abzuschätzen. Die nicht erzielbaren relevanten CO2-Einsparungen können durch keine anderen Maßnahmen ausgeglichen werden, da zur Erreichung der vom Land Berlin festgelegten Klimaschutzziele alle bestehenden Einsparungspotenziale konsequent umgesetzt werden müssen. Die Wertgrenze von 10.000,- Euro hat keine Aus- wirkungen auf ein etwaiges Sozialdumping, soweit dies Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen mit einem geschätzten Auftragswert von unter 10.000,- Euro betrifft. Für die Einhaltung der Verpflichtung, Aufträge an Unternehmen in jedem Fall nur zu vergeben, wenn sich diese bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (ohne Auszubildende ) bei der Ausführung der Leistung mindestens ein Stundenentgelt von 8,50 Euro zu bezahlen (§ 1 Absatz 4 BerlAVG), gilt gemäß § 1 Absatz 6 Satz 4 BerlAVG weiterhin die Grenze von 500,- Euro. Durch die Mindestlohnverpflichtung wird daher auch weiterhin bei öffent- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 605 lichen Aufträgen unter 10.000,- Euro Lohndumping entgegengewirkt . 7. Welche anderen Maßnahmen will der Senat nun für eine nachhaltige Haushaltswirtschaft einleiten? Zu 7.: Unter Berücksichtigung der positiven Erfah- rungen aus anderen Bundesländern, bzw. des Bundes zum Beschaffungswesen wird zu prüfen sein, ob und wie die Struktur der derzeitigen Beschaffung von Liefer-, Bauund Dienstleistungen im Land Berlin auch im Sinne der Fragestellung optimiert werden kann. Berlin, den 10. Juli 2012 In Vertretung Christoph v o n K n o b e l s d o r f f ................................................................. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juli 2012) 2