Drucksache 17 / 10 652 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 21. Juni 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2012) und Antwort Integration durch Bildung: Diskriminierung verhindern! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie und von wem wird das Kriterium ndH (nicht deutscher Herkunftssprache) erhoben? Zu 1.: Das Merkmal „nichtdeutsche Herkunfts- sprache“ wird von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft im Rahmen der jährlichen Statistik erhoben. 2. Welche Vorteile bestehen bei dem Kriterium ndH gegenüber dem Kriterium Migrationshintergrund? Zu 2.: Das Merkmal „nichtdeutsche Herkunfts- sprache“ erfasst die Sprache, die vorwiegend in der Familie gesprochen wird und beruht auf Selbstauskunft der Eltern bei der Aufnahme in die Berliner Schule. Damit wird eine Teilgruppe von Schülerinnen und Schülern ermittelt, die bei Bedarf Sprachförderung erhält. Die Notwendigkeit einer Sprachförderung und deren Umfang werden von der Einzelschule festgestellt . Das Merkmal zielt weder auf Staatsangehörigkeit, Nationalität, ethnische Herkunft, Einreisezeitpunkt oder Aufenthaltsstatus ab, sondern ausschließlich auf die Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen. Somit bezieht sich das Merkmal gezielt auf die für Schule und Unterricht wesentliche Kompetenz. 3. Sind die Daten zu ndH aus der Bildungsstatistik mit den Daten zum Migrationshintergrund (z.B. Migrationsmonitor) vergleichbar? Zu 3.: Nein. 4. Welche Formulare und/oder Merkblätter stehen den Schulen zur Verfügung, um über das Erheben des Kriteriums zu informieren? Zu 4.: Die Abfrage erfolgt über die Formulare der jährlichen statistischen Erhebung und wird dort in den „Ausfüllhinweisen zur Schulstatistik“ wie folgt erläutert : „Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache sind Schüler, deren Muttersprache bzw. Familiensprache nicht deutsch ist. Es ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Schülern deutscher Herkunftssprache und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache . Die Nationalität bzw. Staatsangehörigkeit ist für diese Frage ohne Belang, entscheidend ist die Kommunikationssprache innerhalb der Familie.“ 5. Wie wird bei bilingualen Kindern verfahren? Zu 5.: Es gibt keine spezifischen Vorgaben für die Zuordnung von Kindern und Jugendlichen, die mehr als eine Familiensprache haben. Dies wird im Gespräch zwischen Schulen und Eltern entschieden. 6. Wird in den einzelnen Schülerinnen- und Schülerakten der ndH vermerkt? Zu 6.: Ja. 7. Hält der Senat das Kriterium ndH für integra- tionsfördernd? Zu 7.: Ja. Der Erwerb der deutschen Sprache auf bildungssprachlichem Niveau ist eine unabdingbare Voraussetzung für einen Schulabschluss, ein wesentlicher Schritt zu einem selbstbestimmten Leben samt Teilhabe an zentralen gesellschaftlichen Angelegenheiten . Dieses Ziel ist nur mit entsprechenden Maßnahmen zu erreichen, die geplant, entwickelt und auf ihre Wirkung hin überprüft werden müssen. Das Merkmal „nichtdeutsche Herkunftssprache“ ist dafür die Planungsgrundlage. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 652 8. Sieht der Senat durch das Erheben des Kriteriums ndH eine mögliche Diskriminierung aufgrund der Herkunft? Zu 8.: Nein. 9. Welche Vorteile entstehen durch das Erheben des Kriteriums ndH gegenüber einer individuellen Förderbedarfsanalyse der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Herkunft? 10. Wann beabsichtigt der Senat die Abschaffung der ndH in der Bildungsstatistik zugunsten einer individuellen Förderplanung? Zu 9. und 10.: Das Merkmal „nichtdeutsche Her- kunftssprache“ ist ein statistischer Indikator und dient als Planungsgrundlage für zusätzliche Fördermaßnahmen . Zusammen mit dem Indikator „lernmittelbefreite Schüler/innen“ ist er die Grundlage für die Zumessung der strukturellen Unterstützung „Sprachförderung “, also für ggf. mehr Lehrerstunden für die entsprechenden Schulen. Das Merkmal „nichtdeutsche Herkunftssprache“ kann Lernausgangslagenerhebungen und Förderbedarfsfeststellungen nicht ersetzen . Diese sind zusätzlich erforderlich, um individuelle Förderung sachgerecht und zielführend zu gestalten. Berlin, den 16. Juli 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2012) 2