Drucksache 17 / 10 690 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Matuschek (LINKE) vom 27. Juni 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2012) und Antwort Wann löst Senator Czaja sein Versprechen ein? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist zurzeit der Anteil des Hartz-IV- Regelsatzes, der für Mobilität vorgesehen ist? 2. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass ins- besondere die Berechnung des für Mobilität vorgesehenen Anteils am Hartz-IV-Regelsatz verfassungswidrig ist? 4. Wann wird der Senator Czaja sein Versprechen aus der 5. Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 08.12.2011 einlösen, sich mit dem Problem der Anpassung des Anteils des Hartz-IV-Regelsatzes, der für Mobilität vorgesehen ist, auseinandergesetzt zu haben und eine neue Regelung herbeizuführen? 5. Sieht sich der Senat in der Verantwortung, das Recht auf Mobilität für Hartz-IV-Empfangende auch dann umzusetzen, wenn die bundesrechtlichen Berechnungen des Anteils des Hartz-IV-Regelsatzes, der für Mobilität vorgesehen ist, unzureichend ist, wenn ja, wie will er dieser Verantwortung nachkommen? Zu 1., 2., 4. und 5.: Entsprechend der Ankündigung von Herrn Senator Czaja wurde die Sach- und Rechtslage zum Mobilitätsanteil im Regelsatz sowie etwaiger Konsequenzen daraus von der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung mit folgendem Ergebnis geprüft: Nach § 27a Abs. 3 SGB XII handelt es sich beim Regelsatz um einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden. Der rechnerische Anteil für Verkehr im Regelsatz beträgt ab 1.Januar 2012 in der Regelbedarfsstufe 1 23,54 Euro. Der Regelsatz und damit auch der Anteil der im Regelsatz berücksichtigten Aufwendungen für Mobilität werden jährlich zum 1. Januar fortgeschrieben bzw. erhöht . Die Veränderungsrate errechnet sich zu 70% aus der Preisentwicklung für regelbedarfsrelevante Güter und zu 30% aus der Nettolohnentwicklung. Inhalt und Höhe der Regelsätze wird bundesgesetzlich geregelt. Die bundes- weite Anpassung erfolgt seitens der Bundesregierung unter maßgeblicher Berücksichtigung der allgemeinen Preisentwicklung. Insofern ist der Regelsatz insgesamt bedarfsdeckend. Die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Fest- setzung des Mobilitätsbedarfs in den einzelnen Regelbedarfsstufen beruht auf Untersuchungen der BöcklerStiftung , deren Grundlage zwei Gutachten von Dr.[T1] Irene Becker und Prof.[T2] Johannes Münder aus August 2011 bilden. Die in den Gutachten vertretene Rechtsauffassung wurde im gesellschaftlichen Raum, insbesondere durch Gewerkschaften und Sozialverbände, aufgegriffen. Eine Bestätigung durch die Rechtsprechung ist bislang nicht erfolgt. 3. Was kostet ab 1. Januar 2013 das Berliner Sozial- ticket? Wie wird diese Preiserhöhung konkret begründet? Zu 3.: Das Berlin-Ticket S wird ab dem 1. Januar 2013 36,00 EUR kosten. Der Preis des Berlin-Ticket S beträgt seit dem 1. August 2005 unverändert 33,50 EUR. Vor dem Hintergrund , dass die Lebenshaltungskosten in Berlin von 2005 bis Februar 2012 um 12,6% gestiegen sind, handelt es sich um die erste maßvolle Preiserhöhung nach über 7 Jahren Preisstabilität. Innerhalb dieses Zeitraums waren die Kundinnen und Kunden des ÖPNV, die nicht zum Kreis der berechtigten Nutzerinnen und Nutzer des Berlin-Ticket S gehören, insgesamt viermal von Tariferhöhungen betroffen. Dies wirkt sich auf den Preis der VBB-Umwelt-Monatskarte Berlin AB dahingehend aus, dass sich dieser von 67,00 EUR auf 79,00 EUR (zum 1. August 2012) erhöhen wird. Trotz der ab dem nächsten Jahr wirksam werdenden Preiserhöhung um 2,50 EUR kostet das Sozialticket damit noch immer weniger als die Hälfte der regulären VBB-Umwelt-Monatskarte Berlin AB. Das Berlin-Ticket S wird somit weiterhin Bestandteil des Tarifangebotes sein können, weil der aus dem Landeshaushalt an die Verkehrsunternehmen BVG und SBahn Berlin GmbH dafür zu zahlende Verlustausgleichsbetrag nunmehr tragbar ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 690 Die zur Ermittlung der Regelsätze eingerechneten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben für Mobilität stellen – ausgehend von der Datenlage der Einkommensund Verbrauchsstichprobe 2008 und dem damit verbundenen Konsumniveau von Personen mit geringem Einkommen – lediglich das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum dar. Das als freiwilliges Angebot des Landes Berlin ausgestaltete Berlin-Ticket S geht mit seinen umfangreichen Nutzungsmöglichkeiten weit über den im Regelsatz errechneten verfassungsrechtlich garantierten notwendigen Mobilitätsbedarf hinaus. Mit dem Berlin-Ticket S können alle öffentlichen Verkehrsmittel im Teilbereich Berlin AB, also dem gesamten Stadtgebiet Berlin, rund um die Uhr genutzt werden. Kinder unter 6 Jahren, Kinderwagen, Gepäck und ein Hund können unentgeltlich mitgenommen werden. Damit können die SGB II – Leistungsberechtigten ihre Mobilität in vollem Umfange sicherstellen. Da mit der Entscheidung des Gesetzgebers, welche Verbrauchsausgaben im Regelsatz berücksichtigt werden, nicht die individuelle Entscheidung jedes Leistungsberechtigten über die Verwendung des Regelsatzes vorweg genommen wird, müssen Mehrausgaben im Bereich der Mobilität im Vergleich zu den eingerechneten Durchschnittsausgaben zwangsläufig zu Minderausgaben in anderen Bereichen führen. Berlin, den 24. Juli 2011 In Vertretung Michael B ü g e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juli 2012) 2