Drucksache 17 / 10 715 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 02. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juli 2012) und Antwort Ausnahmen der Kennzeichnungspflicht für Polizisten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Einheiten der Polizei waren bei der NPD- Kundgebung unter dem Motto „Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein! Stoppt EMS! Raus aus dem Euro!“ am 29. Juni 2012 am Potsdamer Platz in welcher Stärke vor Ort? Zu 1.: Bei der Nationaldemokratischen Partei Deutschland-Kundgebung wurde die 11. Einsatzhundertschaft mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingesetzt . Weitere Einsatzkräfte wurden bei zeitgleich durchgeführten Demonstrationen in örtlicher Nähe eingesetzt . 2. Die anwesenden Polizisten waren an diesem Tag sehr unterschiedlich gekleidet. Einige trugen nur T-Shirts, andere trugen T-Shirts mit Oberkörperschützern, andere trugen Jacken. Jedoch trug keine/r der eingesetzten Polizist /innen an diesem Tag die individuelle Kennzeichnung. Worauf ist dieser Umstand für die oben genannten Arten der Kleidung jeweils zurückzuführen? Zu 2.: Alle eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter der 11. Einsatzhundertschaft versahen ihren Dienst bei unmittelbarer Ausübung des Versammlungsschutzes mit der Einsatzjacke. Die Einsatzjacken waren mit der erforderlichen taktischen Kennzeichnung (Rückenkennung) versehen. a) Falls es für die unter 1. genannte Veranstaltung eine spezielle Dienstanweisung gab, die das Nichttragen der Kennzeichnung veranlasst hat, wie lautete sie und warum wurde sie erteilt? (Bitte entsprechende Dienstanweisung im Originalwortlaut beifügen.) Zu 2 a.: Entfällt. b) Falls es keine Dienstanweisung gab, die das Nicht- tragen vorgab, warum wurden die Kennzeichungen nicht getragen. Wer war als Dienstvorgesetzte/r für die Kontrolle des Tragens der Kennzeichnung verantwortlich ? Zu 2 b.: Die 11. Einsatzhundertschaft wurde im Rahmen des Einsatzes im Nahbereich zeitweise ohne Auftrag bereitgehalten. Es ist möglich, dass vereinzelte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei außerhalb des eigentlichen Einsatzes ohne Einsatzjacke verweilten. Der Hundertschaftsführer der 11. Einsatzhundertschaft war am Einsatztag als Vorgesetzter für die Kontrolle des Tragens der Kennzeichnung verantwortlich. 3. Gibt es allgemein eine Dienstanweisung, die vor- gibt, dass die individuelle Kennzeichnung bei bestimmten Umständen/Situationen nicht getragen werden muss? Zu 3.: Nein. a) Wenn ja, wie lautet diese und auf welche Um- stände/Situationen bezieht sie sich jeweils und warum? (Bitte entsprechende Dienstanweisung im Originalwortlaut beifügen.) Zu 3 a.: Entfällt. 4. Bei welchen Veranstaltungen/Demonstrationen wurde in der Vergangenheit seit der Einführung der Kennzeichnungspflicht (01.09.2011) für Polizist/innen im Land Berlin von der Kennzeichnungspflicht abgewichen und warum? (Bitte Einzelaufschlüsselung nach Ereignis und dem jeweiligen Grund für die Abweichung von der Kennzeichnungspflicht) Zu 4.: Die Pflicht zur Kennzeichnung erstreckt sich für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auch auf die Einsätze zum Schutz von Versammlungen und Veranstaltungen. Dabei wird regelmäßig die Bereitstellung von Einsatzkräften für Lageentwicklungen vorgesehen . Außerdem ist es erforderlich für Maßnahmen der Ver- und Entsorgung geeignete Gelegenheiten zu schaffen. In solchen Bereitstellungsräumen, die sich regelmäßig nicht direkt im Versammlungs-/Veranstaltungsgeschehen , sondern in deren örtlicher Nähe befinden , wird im Einzelfall witterungsbedingt und aufgrund der Einsatzlage die Einsatzjacke nicht getragen und Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 715 es besteht deshalb keine Verpflichtung zum Tragen der taktischen Kennzeichen, weil an der unter der Einsatzjacke getragene Oberbekleidung (Gemeint ist in diesem Fall das „T-Shirt“) keine Befestigungsmöglichkeit vorhanden ist. Ob, wann und wie oft diese Situation eingetreten ist, wird statistisch nicht erfasst. 5. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit die Kennzeichnungspflicht uneingeschränkt und situationsunabhängig ohne Ausnahme für alle eingesetzten Polizist/innen in Berlin durchgesetzt wird? Zu 5.: Auf dem Oberkörperschutz, der ballistischen Weste, dem langärmligen Oberteil der Unterwäsche, ggf. Einsatzhemden und privat beschafften T-Shirts müssten entsprechende Flauschbänder angebracht werden. 6. Falls es an finanziellen Mitteln fehlen sollte, um eine Durchsetzung ohne Ausnahmen zu gewährleisten, weil es bei bestimmter Oberbekleidung an Befestigungsmöglichkeiten der Kennzeichnung fehlt (z.B bei T-Shirts im Sommer, vgl. Kleine Anfrage Nr. 17/10488, Antwort zu Frage 4), wie hoch wären die Kosten zu beziffern, um ein Tragen der Kennzeichnung auch an diesen Bekleidungsartikeln zu ermöglichen? Zu 6.: Folgende Kosten würden bei Ausstattung der Oberbekleidung mit Flauschbändern im Rückenbereich pro Dienstkraft und Bekleidungsteil entstehen: Einsatzhemden, T-Shirts und ähnlich: jeweils ca. 5 Euro Westenhüllen (Oberkörperschutz/ballistische Weste): jeweils ca. 9,50 Euro Der tatsächliche Bedarf für eine nachträgliche Aus- stattung der Einsatzkräfte ist nicht bekannt. Teilweise sind die benötigten Flauschbänder auf den Westen vorhanden. Es müssten ca. 4.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend ausgestattet werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht regelmäßig für Einsätze herangezogen werden, sind nicht mit dem Einsatzanzug, aber mit der ballistischen Weste ausgestattet . Diese sind bei den genannten 4.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Einsatzanzug nicht berücksichtigt. 7. Welcher konkrete Anlass führte dazu, dass die Polizei die unter 1. genannte Kundgebung und auch die anwesenden Gegendemonstranten filmte? Zu 7.: Bei der genannten Kundgebung wurden keine Videoaufzeichnungen durchgeführt. 8. Über welchen Zeitraum ist auf der unter 1. ge- nannten Veranstaltung gefilmt worden und wie viele Minuten Videomaterial sind dadurch entstanden und wie wurde dieses ausgewertet und mit welchem Ergebnis? Zu 8.: Entfällt. 9. Wie viele Zivilpolizist/innen waren bei der unter 1. genannten Veranstaltung vor Ort? Zu 9.: Es wurden insgesamt 15 Beamtinnen und Beamte in Zivil bei der unter 1. genannten Veranstaltung und weiteren zeitgleich durchgeführten Demonstrationen in örtlicher Nähe eingesetzt. a) Welche Regelungen gibt es für Zivilpolizist/innen im Zusammenhang mit der bestehenden Kennzeichnungspflicht , wenn diese auf Demonstrationen bei bestimmten Lagen offensichtlich als Polizist/innen aktiv werden? Zu 9 a.: Keine. b) Sollte es hierzu keine Regelungen geben, wird um Mitteilung gebeten, was dagegen spricht, Zivilpolizist /innen leichte Westen mit Kennzeichnung bei sich führen zu lassen, die bei konkreten polizeilichen Eingriffshandlungen (Festnahme, Durchsuchung usw.) aus der Hosentasche genommen und getragen werden müssen? Zu 9 b.: Aus taktischen Gründen und um eine Ge- fährdung verdeckt arbeitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verhindern, ist das zwingende Mitführen einer Weste und somit eine individuelle Kennzeichnung dieser nicht möglich. 10. Welche Kosten entstehen durch die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage? Zu 10.: Die Bemessung der Kosten hinsichtlich der Bearbeitung der Kleinen Anfrage ist weder leistbar noch sinnvoll. Das Erheben der Kosten würde eine an den quantitativen wie qualitativen Faktoren orientierte Einzelfallprüfung erfordern. Diese Einzelfallprüfungen könnten für sich bereits mehr Kosten verursachen als die eigentlich inhaltlichen Fragestellungen dies tun würden. 11. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlaufend zu aktualisieren? Zu 11.: Die vorstehenden Fragen wurden mittels Ge- schäftsanweisungen, Polizeidienstvorschriften, Einsatzunterlagen sowie Einsatzdokumentationen (Verlaufsbericht /Funkprotokoll) beantwortet. Teilweise fallen diese Unterlagen unter die Verschlusssachenanweisung und sind nicht für eine Veröffentlichung geeignet. Berlin, den 23. Juli .2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2012) 2