Drucksache 17 / 10 725 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 06. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2012) und Antwort Wie sieht die Praxis der Einstellung von Absolvent_innen und verbeamteten Lehrer_innen aus anderen Bundesländern aus? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Lehrer_innen wurden in den Jahren 2004 bis 2012 als Beamt_innen aus anderen Bundesländern in den Berliner Schuldienst übernommen, ohne dass dafür eine verbeamtete Lehrkraft aus dem Berliner Schuldienst in das abgebende Bundesland wechselte? (aufgeschlüsselt nach Jahren) Zu 1.: Nach den Regelungen der Kultus- ministerkonferenz (KMK) sind Wechsel von Lehrkräften zwischen den Ländern möglich. Neben dem jährlichen Ländertauschverfahren gibt es seit 2001 auch die Möglichkeit, im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens zu wechseln. Maßgeblich sind die Beschlüsse der KMK vom 10.05.2001 und 07.11.2002, die sowohl für Beamtinnen und Beamte als auch für Angestellte gelten. Nach diesen Beschlüssen der KMK können Lehrkräfte jederzeit an Bewerbungsverfahren in einem anderen Land teilnehmen. Sie sind verpflichtet, ihrer Bewerbung eine Erklärung über die Freigabe seitens ihrer Dienststelle beizufügen. Die Länder haben sich hierbei verpflichtet, Freigabeerklärungen so großzügig wie möglich unter Beachtung dienstlicher Interessen zu erteilen. Die Familienzusammenführung steht für die Kultusministerkonferenz im Mittelpunkt der Bemühungen. Im Ländertauschverfahren wechseln jährlich Lehrkräfte anderer Länder nach Berlin, in der gleichen Anzahl wechseln grundsätzlich auch Berliner Lehrkräfte in die jeweiligen Länder. Dieses Verfahren ist in der Regel bedarfsunabhängig und dient der Familienzusammenführung . Der Wechsel von Lehrkräften anderer Länder im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens wird nicht gesondert erfasst, daher sind entsprechende Auswertungen nicht möglich. Nach ungefährer Abschätzung aus dem Jahr 2011 gehen wir davon aus, dass ca. 10 % der Einstellungen durch verbeamtete Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abgedeckt werden. 2. Wie viele Lehrer_innen, die ihr 2. Staatsexamen in Berlin abgelegt haben, wurden in den Jahren 2004 bis 2012 als Angestellte in den Berliner Schuldienst übernommen? (aufgeschlüsselt nach Jahren) 3. Wie viele Lehrer_innen die ihr 2. Staatsexamen in einem anderen Bundesland abgelegt haben, wurden in den Jahren 2004 bis 2012 als Angestellte in den Berliner Schuldienst eingestellt? (aufgeschlüsselt nach Jahren) Zu 2. und 3.: Seit 2009 erfolgen regelmäßige Auswertungen der Einstellungen bezüglich der Bundesländer, in denen das 2. Staatsexamen absolviert wurde (ohne Fächer). Für die Jahre vor 2009 liegen keine Auswertungen vor. Einzeln erfasst werden jedoch nur die Länder Berlin und Brandenburg (siehe nachfolgende Auswertung). Nicht regelmäßig erfasst wird dabei, ob diese Lehrkräfte bereits vorher in einem anderen Bundesland tätig waren (ggf. auch als Beamtinnen und Beamte). Dies kann auch Lehrkräfte betreffen, die ihre Ausbildung in Berlin absolviert haben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10725 Auswertung der Einstellungen 2009 - 2011 nach dem Bundesland des 2. Staatsexamens: Bundesland (Anzahl) Laufbahn Anzahl Berlin Brandenburg andere Lehrkräfte mit 1 Wahlfach 721 517 71 133 Lehrkräfte mit 2 Wahlfächern 359 261 22 76 Lehrkräfte an Sonderschulen 283 223 2 58 Studienrätin und Schulrat 1.346 1.006 94 246 Summe 2.709 2.007 189 513 Bundesland (Prozent) Laufbahn Anzahl Berlin Brandenburg andere Lehrkräfte mit 1 Wahlfach 721 71,7 % 9,8 % 18,4 % Lehrkräfte mit 2 Wahlfächern 359 72,7 % 6,1 % 21,2 % Lehrkräfte an Sonderschulen 283 78,8 % 0,7 % 20,5 % Studienrätin und Studienrat 1.346 74,7 % 7,0 % 18,3 % Summe 2.709 74,1 % 7,0 % 18,9 % 4. Wie viele Lehrer_innen, die ihr 2. Staatsexamen in Berlin abgelegt haben, wurden in den Jahren 2004 bis 2012 nicht in den Berliner Schuldienst übernommen? (aufgeschlüsselt nach Jahren) Zu 4.: Eine entsprechende Auswertung ist nicht möglich, diese Daten werden im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens nicht erfasst. Nicht alle Absolventinnen und Absolventen des landeseigenen Vorbereitungsdienstes bewerben sich für eine Tätigkeit im Berliner Schuldienst, sondern in anderen Bundesländern. Hierbei handelt es sich nicht generell um ein „Abwandern“, denn viele Bewerberinnen und Bewerber für den Vorbereitungsdienst stammen auch aus anderen Bundesländern und sind nur für die Ausbildung nach Berlin gekommen, sie kehren zurück in ihre HeimatBundesländer . 5. Wie waren jeweils die durchschnittlichen Examensnoten der Gruppen aus den Fragen 1 bis 4 insgesamt und nach Fächern aufgeschlüsselt? Zu 5.: Einstellungen in den Berliner Schuldienst werden nach dem schulischen Bedarf sowie dem Gebot zur Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerberinnen und Bewerber vorgenommen. Hierbei ist neben anderen Kriterien auch die Note der 2. Staatsprüfung als hervorgehobenes Kriterium zu beachten. Die Bestenauslese ist bei jeder Einstellung anzuwenden. Eine entsprechende Auswertung zu Durchschnittsnoten ist nicht möglich, die Examensnoten werden nach erfolgter Einstellung nicht für statistische Auswertungen erfasst. 6. Wie erklärt die Senatsbildungsverwaltung den Widerspruch zwischen ihrer Aussage „Berlin verbeamtet keine Lehrer“ und der Tatsache, dass sie aktiv bei in anderen Bundesländern verbeamteten Lehrer_innen das Beibehalten des Beamtenstatus im Falle einer Einstellung in den Berliner Schuldienst bewirbt? Zu 6.: Zur Durchführung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 10.05.2001 haben sich die Länder auf bestimmte Grundsätze und Verfahrensweisen verständigt, denen der Schulausschuss und die Amtschefkonferenz der KMK zugestimmt haben. Nach dem zuletzt dazu erlassenen Rundschreiben II Nr. 105/2003 vom 11.11.2003 der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport werden Lehrkräfte im Beamtenverhältnis im Wege der Versetzung übernommen . Eine aktive Werbung für Bewerbungen von verbeamteten Lehrkräften aus anderen Bundesländern erfolgt nicht. Ein Verzicht auf den Beamtenstatus bei Bewerberinnen und Bewerber nach erfolgter Auswahl 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10725 würde in Berlin zu einem deutlichen Rückgang der Bewerbungszahlen führen. 7. Wie rechtfertigt die Senatsbildungsverwaltung, dass sie den außerhalb der Regelungen zum Austausch von Landesbeamt_innen eingestellten verbeamteten Bewerber_innen aus anderen Bundesländern lebenslang die Differenz der Besoldung ihres Herkunftslandes zur Besoldung Berliner Landesbeamt_innen als Zulage zahlt, anstatt Absolvent_innen und jungen angestellten Lehrkräften wenigstens die Verbeamtung nach Berliner Besoldung anzubieten, um diese für die Berliner Schule zu halten? Zu 7.: Sofern die Beamtinnen und Beamten aus dienstlichen Gründen nach Berlin versetzt werden, erhalten sie neben den Bezügen nach Berliner Landesrecht eine Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz/Überleitungsfassung Berlin, die die Differenz zu ihrer bisherigen Besoldung ausgleicht. Dienstliche Gründe für die Versetzung sind gegeben, wenn die Lehrkräfte im Bewerbungs- und Einstellungsverfahren ausgewählt werden oder wenn sie Mangelfächer unterrichten. Demgegenüber erhalten Beamtinnen und Beamte, die aus persönlichen Gründen das Bundesland wechseln (Familienzusammenführung im Wege des Ländertauschverfahrens) diese Zulage grundsätzlich nicht - es sei denn, sie unterrichten Mangelfächer, dann überwiegen die dienstlichen Gründe für die Versetzung. Diese Regelung steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass das Land Berlin schon seit Jahren darauf verzichtet, Beamtenverhältnisse bei Lehrkräften zu begründen. Berlin, den 20. Juli 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. August 2012) 3