Drucksache 17 / 10 733 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 09. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2012) und Antwort Open Source in der Berliner Verwaltung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welchen Bereichen der öffentlichen Verwaltung im Land Berlin werden Open Source-Anwendungen bislang eingesetzt und um welche Anwendungen handelt es sich? Zu 1.: Im Client- und Desktopbereich gibt es einen signifikanten Einsatz von OpenOffice. So sind in den Berliner Finanzämtern rd. 8.100 Arbeitsplätze, im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf rd. 1.350 und im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg rd. 1.600 Arbeitsplätze mit OpenOffice ausgestattet. Im Serverbereich werden im IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) Berlin rd. 40 % der Rechner mit Open Source-Betriebssystemen betrieben, in der Hauptverwaltung und den Bezirken rd. 20 %. Während im ITDZ hierzu fast ausschließlich die Distribution RedHat Linux eingesetzt wird, kommen in der Haupt- und den Bezirksverwaltungen hauptsächlich die Distributionen SuSe Linux und Debian GNU zum Einsatz. Auch einige IT-Verfahren in der Berliner Verwaltung sind auf Open Source-Basis aufgebaut, wie beispielsweise das elektronische Verfahren zur Inventarisierung und Registrierung von Anfragen bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit (ELVIRA), die IT-Bestands- und Planungsübersicht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport oder das Beschäftigtenportal des Bezirksamtes MarzahnHellersdorf . Daneben werden in IT-Fachverfahren auch verschiedene Open Source Komponenten genutzt, wie z.B. die Open Source-Plattform J2EE beim Senatsinformations - und Dokumentationssystem (SIDOK). Bei Web-orientierten Anwendungen, wie dem Formularservice , der Virtuellen Poststelle, dem Verfahren EUDienstleistungsrichtlinie sowie dem Verfahren Personenstandsregister werden verschiedene Open SourceProdukte eingesetzt, wie der Webserver „Apache“, der auf JAVA basierende Servlet-Container „tomcat“, der Applikationsserver „JBoss“ oder die Datenbank “MySQL“. Es kann von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport keine vollständige und detaillierte Übersicht über Open Source-Anwendungen in der Berliner Verwaltung vorgelegt werden, weil die IT-Bestands- und Planungsübersicht nicht derartig detaillierte Daten erhebt und weil die Zuständigkeit für Planung und Einsatz der Produkte bei den einzelnen Ressorts und Bezirksverwaltungen liegt. 2. Wie hat sich das prozentuale Verhältnis von Open Source-Fachanwendungen zu proprietären Fachanwendungen entwickelt? Zu 2.: Wie bereits unter 1. dargelegt, werden in der Berliner Verwaltung verschiedene Fachanwendungen eingesetzt, die vollständig oder teilweise auf Open Source-Basis entwickelt wurden. Vollständig opensource -basiert entwickelt wurde beispielsweise die ITBestands - und Planungsübersicht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Teilweise open-source-basiert entwickelt wurde beispielsweise das IT-Fachverfahren zur Unterstützung des Einheitlichen Ansprechpartners bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung. Die IT-Bestands- und Planungsübersicht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport liefert keine Informationen , auf welcher Basis die einzelnen IT-Fachverfahren realisiert wurden, insofern kann auch kein prozentuales Verhältnis von Open Source- Fachanwendungen zu proprietären Fachanwendungen angegeben werden . 3. In welchen Berliner Verwaltungen werden offene Standards für Schnittstellen- und Kommunikationsbereiche genutzt? Zu 3.: Entsprechend den Festlegungen der „IT-Stan- dards der Berliner Verwaltung 2012“ werden in der Berliner Verwaltung für Schnittstellen- und Kommunikationsbereiche offene Standards genutzt. Dazu gehören XML-basierte Schnittstellen und OSCI-basierende Dokumentenstrukturen , wie XMeld im Bereich des Meldewesens , XJustiz im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs und XDomea im Bereich des allgemeinen Dokumentenmanagements und der elektronischen Aktenführung . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 733 4. Wie ist das prozentuale Verhältnis von offenen Dokumenten- und Schnittstellenstandards zu proprietären in der Berliner Verwaltung? Zu 4.: Vollständige und detaillierte Informationen über den Umfang des Einsatzes von Dokumenten- und Schnittstellenstandards in der Berliner Verwaltung liegen nicht vor und könnten nur mit erheblichem Aufwand bei den einzelnen Behörden abgefragt werden. Insofern kann auch kein prozentuales Verhältnis angegeben werden. 5. Wie hat sich prozentual im Client- und Desktop- bereich der Berliner Verwaltung das Verhältnis von Microsoft-Produkten und Open Source-Produkten entwickelt ? Zu 5.: Die aktuelle Erhebung zur Erstellung der IT- Bestands- und Planungsübersicht 2012 hat ergeben, dass der Anteil von Open Source-Betriebssystemen im Clientund Desktopbereich bei rd. 8% (MicrosoftBetriebssysteme rd. 92%) liegt. Der Anteil von opensource -basierter Office-Software liegt bei rd. 22 % (Microsoft-Office-Software rd. 78%). 6. Welche Verwaltungen nutzen den vom ITDZ an- gebotenen Desktop auf Basis von Open Source? Wie beurteilt der Senat dieses Ergebnis und worin sieht er die Gründe für diesen erreichten Stand? Zu 6.: Der Open Source-Arbeitsplatz wurde im Jahr 2008 im ITDZ entwickelt. Er beinhaltet einen PC mit vorinstalliertem Betriebssystem und Open Source-OfficeAnwendungen als Open Source-Basispaket mit optionalen Ergänzungsmöglichkeiten. Dieser Open Source-Arbeitsplatz wurde seitens des ITDZ Berlin intensiv auf Messen, in Printmedien und in direkten Kundengesprächen beworben . Gleichwohl wird das Angebot des ITDZ bislang noch von keiner Verwaltung genutzt. Aus Sicht des Senats ist die fehlende Nachfrage zum einen in den sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und individuellen Ausprägungen in den dezentralen Einsatzbereichen , die bereits Open Source einsetzen, begründet. Zum anderen konnte in Bereichen ohne eigene Open Source-Ansätze die Wirtschaftlichkeit eines Umstiegs auf Open Source nicht nachgewiesen werden. 7. Auf welcher Basis von Standards und Software wird der zukünftig standardisierte IT-Arbeitsplatz für die Berliner Verwaltung konzipiert? Zu 7.: In den vom Abgeordnetenhaus gebilligten Richtlinien der Regierungspolitik vom 20. Dezember 2011 wird zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen IT-Systeme und IT-Lösungen im Land Berlin ein Gesamtkonzept für die Planung, Finanzierung, Einführung und Nutzung von IT-Systemen und IT-Lösungen bis zum Haushalt 2014/15 angekündigt. Im Rahmen dieser Gesamtkonzeption soll auch „ein standardisierter IT-Arbeitsplatz entwickelt und vom ITDZ im Wettbewerb angeboten“ werden. Der Senat sieht in der Nutzung eines standardisierten IT-Arbeitsplatzes in der Berliner Verwaltung ein erhebliches Modernisierungs- und Effizienzsteigerungspotenzial . Vor diesem Hintergrund hat der Senat in seiner Sitzung am 12.06.2012 die Senatsverwaltung für Inneres und Sport unter Beteiligung der interessierten Ressorts mit der Umsetzung der weiteren Arbeiten zur Klärung der technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beauftragt. Eine Abfrage der Ressorts und Bezirksämter zur Mitarbeit in einer verwaltungsweiten Arbeitsgruppe ist erfolgt . Die Arbeitsgruppe wird auch die Fragen zu Standards und Software des standardisierten IT-Arbeitsplatzes klären. Die Arbeitsgruppe wird demnächst ihre Arbeit aufnehmen. 8. Welche Strategie verfolgt der Senat beim Projekt E-Akte hinsichtlich des Einsatzes von Open SourceAnwendungen ? Zu 8.: Im Projekt E-Akte wird derzeit unter der Feder- führung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport ein Umsetzungskonzept erarbeitet, welches den Weg zur landesweiten Einführung beschreibt und alle erforderlichen organisatorischen, technischen und finanziellen Voraussetzungen benennt. Zudem wird das Umsetzungskonzept einen praxistauglichen technischen Lösungsvorschlag unterbreiten, der auf aktuellen Technologien aufbaut , die vielfältigen Erkenntnisse moderner Vorgangsbearbeitung und elektronischer Aktenführung berücksichtigt und dabei für die breite Nutzung in der Verwaltung besonders einfach und intuitiv bedienbar ist. Das Konzept soll eine brauchbare Grundlage für die Vergabe der für die elektronische Akte benötigten Softwarelösung liefern, die schnell und kostengünstig auszurollen ist. Zu diesem Zweck wird auch eine Marktanalyse durchgeführt, deren Ziel es ist, ein vom Projekt vorgeschlagenes Lösungsmodell zu validieren und gute Ansätze aus existierenden Lösungen in das Umsetzungskonzept zu integrieren, ohne jedoch eine abschließende Produktauswahl vorwegzunehmen . Das Lösungskonzept muss die Gegebenheiten beim Einsatz von Bürosoftware im Land Berlin berücksichtigen . Dazu gehört auch die Anforderung, die Funktionalitäten des zukünftigen DokumentenManagement -Systems in Standard-Bürosoftware und OpenOffice integrieren zu können und offene Standards (wie z.B. CMIS oder XDomea) zu verwenden. Berlin, den 01. August 2012 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. August 2012) 2