Drucksache 17 / 10 735 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 09. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2012) und Antwort Landeseigene Wohngebäude beim Liegenschaftsfonds – besondere Verantwortung beim Umgang mit Mieterinteressen und Mieterschutz? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Mietwohnungen werden z. Z. vom Liegenschaftsfonds bewirtschaftet, wie viele davon sind vermietet, wie viele stehen leer? Zu 1.: Von den insgesamt 1.245 Wohnungen, die der Liegenschaftsfonds bewirtschaftet, liegen 881 (70%) im Berliner Umland und 364 (30%) in Berlin. Im Berliner Umland stehen davon 213 Wohnungen (24%) leer und in Berlin stehen 46 Wohnungen (12%) leer. Ein Großteil des Leerstandes ist dem schlechten baulichen Zustand der Wohnungen geschuldet. 2. Welche Strategie verfolgt der Liegenschaftsfonds im Hinblick auf den Verkauf von landeseigenen Liegenschaften mit Mietwohnungen und welchen Stellenwert haben dabei die Interessen betroffener Mieterinnen und Mieter? Zu 2.: Die Vermarktungsstrategie für die Objekte gibt das Land Berlin mit der Übertragung der Grundstücke an den Liegenschaftsfonds bzw. mit grundsätzlichen Vorgaben im Rahmen der Liegenschaftspolitik vor. Die Strategie hinsichtlich Mietwohnungen ist Teil der derzeitigen ressortübergreifenden Abstimmungen im Zusammenhang mit der neuen Liegenschaftspolitik. 3. In welcher Art und Weise werden Senat und Liegenschaftsfonds ihrer besonderen Verantwortung beim Verkauf von vermietetem Wohnraum gerecht? Welchen Vertrauensschutz genießen betroffene Mieterinnen und Mieter? Zu 3.: Die betroffenen Mieterinnen und Mieter genießen den Schutz des gesetzlichen Mietrechts. Der gesetzliche Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ gilt in jedem Fall. Die von der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung am 19.02.2001 dem Abgeordnetenhaus vorgelegten Regularien für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zur Absicherung der Mieterinnen und Mieter (sog. 8-Punkte-Programm, Drs. 14/1026) werden vom Liegenschaftsfonds nicht angewandt. 4. Nach welchen Kriterien entscheidet der Liegen- schaftsfonds über die Art und Weise der Vermarktung von Liegenschaften mit vermietetem Wohnraum? Welches Verkaufsverfahren kommt unter welchen Vorausetzungen zur Anwendung und welche Vorgaben macht der Liegenschaftsfonds Erwerbern von landeseigenem vermietetem Wohnraum im Hinblick auf den besonderen Schutz von Mieterinteressen? Zu 4.: Die Entscheidung über das Verkaufsverfahren trifft der Steuerungsausschuss Liegenschaftsfonds, dem die Senatsverwaltung für Finanzen, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung sowie der jeweilige Bezirk angehören. Nach den derzeit gültigen Kriterien gilt der Vorrang des (bedingungsfreien) Bieterverfahrens . Daneben ist aber auch die Direktvergabe einer Immobilie möglich. 5. Welche Chancen haben betroffene Mieterinnen und Mieter in Liegenschaften des Liegenschaftsfonds, einzeln oder als Bietergemeinschaft oder Genossenschaft ihre Wohnungen oder Wohngebäude selbst zu erwerben? Zu 5.: Entscheidet sich der Steuerungsausschuss für ein Bieterverfahren, so haben Mieterinnen und Mieter sowohl einzeln als auch in Bietergemeinschaften die Möglichkeit, sich am Bieterverfahren zu beteiligen. Entscheidet sich der Steuerungsausschuss für eine Direktvergabe an die Mieterinnen und Mieter, so könnten diese z. B. geschlossen als eine juristische Person aufreten und das Objekt erwerben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 735 6. Hat der Liegenschaftsfonds den Auftrag bzw. die Absicht, das Wohngebäude Zwinglistraße 2, das ihm zum 01.01.2012 vom Bezirksamt Mitte übertragen worden ist, zu veräußern? Zu 6.: Der Liegenschaftsfonds hat – bis auf wenige Ausnahmen – bei allen ihm übertragenen Liegenschaften den Auftrag, diese zu verkaufen. Im Fall Zwinglistr. 2 liegt aber eine Entscheidung des Steuerungsausschusses über die Art der Vermarktung noch nicht vor. 7. Welche Antwort hat der Liegenschaftsfonds den betroffenen Mieterinnen und Mietern in der Zwinglistraße 2 auf ihr schriftliches Angebot gegeben bzw. wird er ihnen geben, über den Erwerb „ihrer“ Liegenschaft zu verhandeln und solange das Bieterverfahren auszusetzen? Zu 7.: Der Vertreter der Mieterinnen und Mieter/Kaufinteressentinnen und Kaufinteressenten wurde am 04.06.2012 vom Liegenschaftsfonds per Mail darauf aufmerksam gemacht, dass keine Direktvergabe des Grundstücks, sondern ein Bieterverfahren vorgesehen ist. Der konkrete Zeitpunkt kann noch nicht benannt werden. Ebenso erfolgten Telefonate, in denen auf die Bieterverfahren und die mögliche Beteiligung der Mieterinnen und Mieter hingewiesen worden ist. Die Möglichkeit einer Direktvergabe wurde nicht in Aussicht gestellt. 8. Welche Chancen haben die Mieterinnen und Mieter oder eine mit ihnen kooperierende Genossenschaft bzw. welche Voraussetzungen müssen bestehen, damit das von ihnen bewohnte Haus ggf. im Direktvergabeverfahren und zum Festpreis erworben werden kann? Zu 8.: Das bedingungsfreie Bieterverfahren ist das Normalverfahren. Die Direktvergabe ist nur in Ausnahmefällen möglich. Hierzu bedarf es eines grundstücksimmanenten Grundes (z. B. Arrondierung mit einem Nachbargrundstück) oder eines besonderen Interesses des Landes Berlin. Dieses Interesse muss fachpolitisch von der jeweils zuständigen Senatsverwaltung begründet werden. Die Kriterien und Verfahren für Direktvergaben sind Bestandteil des in Umsetzung der Richtlinien der Regierungspolitik derzeit erarbeiteten Konzepts zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, das der Senat in Kürze vorlegen wird. 9. Wie wird der Liegenschaftsfonds im Rahmen der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik des Senats in diesem konkreten Fall dem Anspruch gerecht, „gemeinschaftliches , familiengerechtes und generationsübergreifendes Wohnen als Beitrag zur Umkehr von Suburbanisierungsprozessen“ zu fördern? (Zitat aus der Drs. 16/3957) Zu 9.: Die Neue Liegenschaftspolitik befindet sich in ressortübergreifender Abstimmung. Der Liegenschaftsfonds wird diese im Rahmen seiner Kompetenzen umsetzen . Berlin, den 12. September 2012 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2012) 2