Drucksache 17 / 10 736 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 09. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2012) und Antwort Zukunft des Wohngebietes Wilhelmstraße – Qualifizierung des Bestands oder Luxusneubauten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Wohnungen in wessen Eigentum existieren derzeit im Wohngebiet Wilhelmstraße zwischen Unter den Linden und Leipziger Straße? Antwort zu 1: Die Anzahl der Wohnungen im Wohn- gebiet Wilhelmstraße beträgt ca. 1200. Sie befinden sich überwiegend im Besitz einer privaten Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH und zu einem kleineren Teil in Teileigentum (Eigentumswohnungen). Frage 2: Wie beurteilt der Senat die Qualität und Zu- kunftsfähigkeit des Wohnungsbestandes an der Wilhelmstraße , welche städtebaulichen, bautechnischen, gestalterischen u.ä. Maßnahmen hält er für notwendig? Antwort zu 2: Das Wohngebiet Wilhelmstraße ist weitgehend als „allgemeines Wohngebiet“ durch Bebauungspläne (I-202b und I- 202c) gesichert. Für den Bereich des Bebauungsplans I-202a wird ein ergänzendes Verfahren gemäß § 214 Baugesetzbuch (BauGB) durchgeführt mit derselben städtebaulichen Zielsetzung. Für die privaten Grundstücke sieht der Senat keinen Handlungszwang , da sich keine städtebaulichen oder bautechnischen Mängel erkennen lassen. Bautechnische und gestalterische Maßnahmen sind Aufgaben des Eigentümers. Frage 3: Welche Verpflichtungen zum Umgang mit den Bestandsgebäuden und zur Sicherung der Mieterrechte haben die Erwerber ehemaliger WBM-Bestände in den entsprechenden Kaufverträgen übernommen (Bitte differenziert nach Zeitpunkt, Umfang und Inhalt der Verträge auflisten)? Welche Schritte unternimmt der Senat, um gegen die Nichteinhaltung der Verpflichtungen vorzugehen ? Antwort zu 3: Im Rahmen der Privatisierung von Wohnungsbeständen der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte wurde das Wohngebiet an der Wilhelmstraße mit Grundstückskaufvertrag vom 21. November 2002 an eine private Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH veräußert. Im § 6 des Kaufvertrages wurde ein Kündigungsschutz vereinbart, dass der Käufer gegenüber den Bestandsmietern auf eine Kündigung des Mietverhältnisses unter Berufung auf berechtigte Interessen im Sinne der § 573 II Nr. 2 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verzichtet. Dieser Klausel entsprechend wurden die zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels bestehenden Mietverträge ergänzt. Dem Senat ist nicht bekannt, dass gegen diese Verpflichtung verstoßen wird. Frage 4: Welche Pläne hat die WBM zum weiteren Umgang mit den Wohnungsbeständen in ihrem Eigentum ? Antwort zu 4: Die WBM äußert sich zu dieser Frage am 12. Juli 2012 wie folgt: „Die WBM hat direkt an der Wilhelmstraße keine Be- stände mehr. Als Bestandshalter steht für die WBM die langfristige Bewirtschaftung und der Erhalt ihrer Mietwohnbestände unter Beachtung des Gesellschaftszwecks und des Bündnisses für soziale Wohnungspolitik im Fokus. Dies gilt natürlich auch für die Bestände der WBM im Umfeld des hier interessierenden Gebietes Wilhelmstraße (Leipziger Straße 114-120 / Mauerstraße 65-68).“ Frage 5: Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Zukunftsvorstellungen der anderen Eigentümer? Antwort zu 5: Für das Grundstück Wilhelmstraße 56 – 59 beabsichtigt der Eigentümer einen Neubau für ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Über weitere Zukunftsvorstellungen dieses Eigentümers ist dem Senat zurzeit nichts bekannt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 736 Der Eigentümer des Grundstücks Cora-Berliner- Straße 2 beabsichtigt ein Gebäude zu errichten; favorisiert wird eine Hotelnutzung, es könnte aber auch ein Wohnund Geschäftshaus werden. Über die Zukunftsvorstellungen der Eigentümer der Wohnungen in Teileigentum ist dem Senat nichts bekannt . Frage 6: Wie ist das Abgeordnetenhaus über die teil- weise Außerkraftsetzung des von ihm beschlossenen BPlanes I-202 c durch Gerichtsurteil in Kenntnis gesetzt worden? Antwort zu 6: Das Abgeordnetenhaus von Berlin wurde nicht informiert. Es gibt diesbezüglich keine Berichtspflicht oder andere Regularien. Frage 7: Aus welchen Gründen hat der Senat seiner- zeit darauf verzichtet, in der Folge des Gerichtsurteils mit der Außerkraftsetzung einiger Festsetzungen des B-Planes eine gerichtsfeste Nachbesserung des Planes vorzunehmen ? Antwort zu 7: Die Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt hatte in den Bebauungsplan I-202c, der am 29. August 2005 festgesetzt wurde, neben der Nutzungsart (Allgemeines Wohngebiet) auch den Umriss des bestehenden Baukörpers als Festsetzung übernommen . Diese enge Baukörperausweisung sollte den Gebäudebestand sichern. Möglich wäre danach nur gewesen , ein neues Gebäude in der vorhandenen Kubatur wiederzuerrichten. Der Grundstückseigentümer hat nach Festsetzung des Bebauungsplanes I-202c in einem Normenkontrollverfahren dessen Rechtmäßigkeit durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg überprüfen lassen. Durch das Gericht wurde festgestellt, dass mit den Festsetzungsinhalten eines Bebauungsplanes eine reine Bestandssicherung rechtlich nicht möglich ist. Das Gericht hat am 11. Oktober 2007 die Baukörperausweisung im Bebauungsplan für unwirksam erklärt, da die Festsetzung einen unzulässigen Eingriff in die Eigentümerrechte darstellt . Die Festsetzung zur Art der Nutzung – hier Allgemeines Wohngebiet (WA) – wurde vom OVG ausdrücklich nicht beanstandet. Mit dieser gerichtlichen Feststellung wurde dem Ziel der reinen Bestanderhaltung der Boden entzogen, wobei das andere Ziel, die Erhaltung des Allgemeinen Wohngebiets bestehen blieb. Das Maß der Nutzung leitet sich damit aus § 34 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile) ab. Vor diesem Hintergrund wurde von einer Über- arbeitung des Bebauungsplans I-202c abgesehen. Berlin, den 23. August 2012 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. August 2012) 2