Drucksache 17 / 10 765 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Simon Kowalewski (PIRATEN) vom 17. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2012) und Antwort Tierversuche und Kontrollen beim Max-Delbrück-Centrum (MDC) - Nachfragen zur Kleinen Anfrage Nr. 17/10521 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Seit 2005 wurden im Max-Delbrück-Centrum 24 Verstöße gegen das Tierschutzgesetz (TierSchG) festgestellt . Die bisherige Darstellung zeigt nur, gegen welche Paragraphen Verstöße vorlagen. Welche Verstöße wurden konkret festgestellt und in welchen Jahren - vor allem gegen § 2 und § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 TierSchG? Zu 1.: Bei Kontrollen der verschiedenen Tierhaltungen des MDC wurden folgende Verstöße festgestellt: 2005: Auflage aus Haltungserlaubnis nicht umgesetzt (Haltungsraum, der aufgelöst werden sollte, wurde weiter genutzt). 2007: Auflage aus Haltungserlaubnis nicht umgesetzt (Verlängerung der Haltungserlaubnis nicht beantragt); Haltung einer Tierart ohne aktuelle Haltungserlaubnis; Dokumentation im Kontrollbuch nicht vollständig. 2008: Auflage aus Haltungserlaubnis nicht umgesetzt (Verlängerung der Haltungserlaubnis nicht beantragt); Auflage aus Haltungserlaubnis nicht umgesetzt (Käfigkennzeichnung nicht ausreichend); Käfige zum Teil zu klein bzw. zu niedrig und zu dicht besetzt; zum Teil zu wenig oder kein Beschäftigungsmaterial; Luftfeuchtigkeit zu niedrig; keine klare Handlungsanweisung für den Umgang mit alten oder körperlich eingeschränkten Tieren; Verwendung einer tierschutzrechtlich umstrittenen Tötungsmethode (Äther); Haltung von Tierarten ohne aktuelle Haltungserlaubnis; Dokumentation im Kontrollbuch nicht vollständig. 2009: Auflage aus Haltungserlaubnis nicht umgesetzt (Käfigkennzeichnung nicht ausreichend); keine klare Handlungsanweisung für den Umgang mit alten oder körperlich eingeschränkten Tieren; Käfige zum Teil zu klein bzw. zu dicht besetzt; zum Teil zu wenig oder kein Nistmaterial bzw. Unterschlupfmöglichkeiten. 2011: Siehe Antwort zu Frage 3. 2. Wegen welcher Verstöße wurden gegen welche Personen/Forschungsteams im MDC seit 2005 im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens eine Verwarnung ausgesprochen? a. Welche Konsequenzen hat/hatte diese Verwar- nung bei erneuten Verstößen dieser Personen in den Folgejahren? b. Welche Konsequenzen hat/hatte dies bei der Beantragung neuer Tierversuchsvorhaben in der Folgezeit? c. Welche Konsequenzen hat/hatte dies für die Tierschutzbeauftragten der Einrichtungen und der zukünftigen Wahrnehmung ihrer Funktion? Zu 2.: Verwarnungen wurden aus folgenden Gründen ausgesprochen: - Auf dem Anhörungsbogen wurden nicht alle persönlichen Daten genannt (§ 111 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), - Versuchstiermeldungen waren falsch und/oder zu spät gemacht worden (Verstoß gegen § 3 Versuchstiermeldeverordnung), - die versuchsbegleitenden Aufzeichnungen gemäß § 9a TierSchG waren nicht vollständig, nicht richtig und/oder nicht unterschrieben (Verstoß gegen § 9a TierSchG), - es wurden Tiere für Organentnahmen eingesetzt, ohne dies vorher beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) anzuzeigen (Verstoß gegen § 6 Abs. 1 S. 6, 7 und 9 TierSchG), - es wurden mehr Tiere in genehmigungspflichtigen Vorhaben eingesetzt, als genehmigt worden waren (geringfügige Tierzahlüberschreitung) (Verstoß gegen § 8 Abs. 1 TierSchG) und - es wurde versäumt, Änderungen in genehmigungspflichtigen Vorhaben beim LAGeSo anzuzeigen (§ 8a Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 7 TierSchG). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 765 Die Namen der verwarnten Personen unterliegen dem Datenschutz. Zu a.: Bei erneuten Verstößen kann ein Bußgeld erhoben werden. Zu b.: In der Vollzugspraxis ergaben sich bisher keine Konsequenzen bei der Beurteilung neuer Tierversuchsanträge der verwarnten Personen. Zu c.: Von Seiten des LAGeSo hatten die Verwar- nungen keine Konsequenzen. 3. Welche Beanstandungen/Verstöße wurden bei Kontrollen des MDC durch das LAGeSo im Jahr 2011 festgestellt (bitte vor allem die Verstöße gegen § 2 TierSchG detailliert erläutern)? Zu 3.: Im Jahr 2011 wurden bei der Kontrolle der Tierhaltung des MDC in einzelnen Tierhaltungen folgende Mängel festgestellt: Pflege und Haltung der Tiere (§ 2 TierSchG): - Luftfeuchtigkeit zu niedrig, - zu wenig Nistmaterial bei einigen Tieren, - fehlende Unterschlupfmöglichkeiten bei einigen Tieren, - Überbelegung in einem Mauskäfig. Kontrollbücher (§ 11 a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG): Verbleib bzw. Herkunft und Eingangstag von Tieren nicht genau dokumentiert. 4. Wann und in welchen Bereichen/Standorten des Max-Delbrück-Zentrums fanden die Kontrollbesuche seit 2005 statt (bitte Termine der Kontrollen angeben)? Zu 4.: Kontrollen verschiedener Tierhaltungen des Max-Delbrück-Zentrum am Standort Buch fanden am 29.04.2005, 11.08.2005, 30.08.2005, 29.08.2006, 02.11.2006, 07.11.2006, 14.02.2007, 14.08.2007, 31.10.2007, 17.04.2008, 20.10.2008, 12.12.2008, 23.06.2009, 13.08.2009, 17.-20.11.2009, 26.05.2010, 21.01.2011, 13.05.2011, 20.04.2012 und 19.06.2012 statt. 5. Fanden auch unangemeldete Kontrollen des MDC statt? Und wenn ja, wann? Inwiefern unterschieden sich die Befunde dieser Kontrollen von den angemeldeten Kontrollen? Zu 5.: Der Großteil der Kontrollen fand angemeldet statt, einige auch unangemeldet. Die letzten unangemeldeten Kontrollen wurden 2011 durchgeführt. Die Ergebnisse der Kontrollen unterschieden sich nicht. Der Zeitaufwand war bei unangemeldeten Kontrollen jedoch wesentlich höher, da die Ansprechpersonen nicht immer direkt vor Ort waren. 6. Im Jahr 2010 wurden gegen das MDC 31 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Aufgrund welcher Verstöße (bitte detaillierte Erläuterung) wurden gegen welche Forschungsgruppen diese Verfahren eingeleitet ? Wie erklären Sie die dramatische Häufung der Verfahren am MDC in diesem Jahr (verglichen mit den Vorjahren sowie auch verglichen mit anderen Tierversuchseinrichtungen in Berlin)? Zu 6.: Im Jahr 2010 wurden im MDC insgesamt 31 Verstöße gegen rechtliche Vorgaben bei Tierversuchen festgestellt, welche teilweise im Rahmen desselben Versuchsvorhabens begangen wurden. Gegen Leiterinnen bzw. Leiter und/oder Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter von Versuchsvorhaben des MDC wurden im selben Jahr insgesamt 25 Ord-nungswidrigkeitenverfahren wegen folgender Verstöße eingeleitet: - Auf dem Anhörungsbogen wurden nicht alle persönlichen Daten genannt (§ 111 Abs. 1 OwiG), - Versuchstiermeldungen waren falsch und/oder zu spät gemacht worden (Verstoß gegen § 3 Versuchstiermeldeverordnung ), - die versuchsbegleitenden Aufzeichnungen gemäß § 9a TierSchG waren nicht vollständig, nicht richtig und/oder nicht unterschrieben (Verstoß gegen § 9a TierSchG), - es wurden Tiere für Organentnahmen eingesetzt, ohne dies vorher beim LAGeSo anzuzeigen (Verstoß gegen § 6 Abs. 1 S. 6, 7 und 9 TierSchG), - es wurden mehr Tiere in genehmigungspflichtigen Vorhaben eingesetzt, als genehmigt worden waren bzw. es wurden Tierversuche ohne Genehmigung durchgeführt (Verstoß gegen § 8 Abs. 1 TierSchG) und - es wurde versäumt, Änderungen in genehmigungspflichtigen Vorhaben beim LAGeSo anzuzeigen (§ 8a Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 7 TierSchG). Die Namen der Forschungsgruppen unterliegen dem Datenschutz. Im MDC konnten 2010 mehr Versuchsvorhaben kontrolliert werden als in anderen Jahren, insofern wurden auch mehr Verstöße festgestellt. Die Verstöße waren in der Mehrzahl geringfügig bzw. formaler Natur. 7. Wie wurde nach Bekanntwerden der massiveren Verstöße bzw. im Rahmen der 31 Ordnungswidrigkeitsverfahren im Hinblick auf die Tierschutzbeauftragten des MDC vorgegangen? Wurden diese durch zuverlässigere , kompetentere Personen ersetzt? Zu 7.: Da die Zuverlässigkeit und Kompetenz der Tierschutzbeauftragten vom LAGeSo nicht in Frage gestellt wurden, bestand keine Notwendigkeit, gegen diese vorzugehen (siehe auch Antwort zu Frage 9.). 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 765 3 8. Wie bewertet der Senat, dass entgegen bisheriger Behauptungen seitens des MDC bei Kontrollen durch das LAGeSo auch nach 2009 Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt wurden? Zu 8.: Derartige Behauptungen des MDC sind dem Senat nicht bekannt. 9. Haben die in der Kleinen Anfrage Nr. 17/10474 (Frage Nr. 12) angekündigten Gespräche zwischen der Leitung des LAGeSo und dem Träger des MDC bereits stattgefunden, um sicherzustellen, dass die Tierschutzbeauftragten ihren Verpflichtungen in Zukunft besser nachkommen? Welche konkreten Maßnahmen wurden von Seiten des LAGeSo vorgeschlagen, um die innerbetrieblichen Kontrolle und den Tierschutzvollzug innerhalb des MDC zu verbessern? Zu 9.: Ja, diese Gespräche haben stattgefunden. Von Seiten des LAGeSo wurde vorgeschlagen, weitere, möglichst hauptamtliche Tierschutzbeauftragte einzustellen, auch im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie 2010/63/EU in nationales Recht. Zudem wurde die Erstellung interner Verfahrensanweisungen oder auch die Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle empfohlen. 10. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlaufend zu aktualisieren? Zu 10.: Die Fragen wurden anhand einer LAGeSo- internen Datenbank und anhand der Akten beantwortet. Datenbank und Akten enthalten personenbezogene, zu schützende Daten sowie zu schützendes geistiges Eigentum der Antragsteller. Berlin, den 20. August 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2012)