Drucksache 17 / 10 766 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Simon Kowalewski (PIRATEN) vom 17. Juli 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2012) und Antwort Kontrollen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bei Tierversuchseinrichtungen – Nachfragen zur Kleinen Anfrage Nr. 17/10522 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Worauf führt der Senat die relativ hohe Zahl an beanstandeten Verstößen in Tierversuchsanlagen gegen das Tierschutzgesetz in Berlin bei gleichzeitig vergleichsweise wenigen Kontrollen durch das LAGeSo zurück? Zu 1.: Von 314 Kontrollen wurden bei 130 dieser Kontrollen insgesamt 220 Mängel festgestellt. Die relativ hohe Zahl an Beanstandungen ist darauf zurückzuführen, dass alle Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben dokumentiert werden, auch geringfügige. 2. Wie viel Prozent aller Tierversuche in Berlin wurden seit 2005 durch das LAGeSo jährlich kontrolliert? Zu 2.: Der Anteil kontrollierter Tierversuche betrug in den Jahren 2011 - 3%, 2010 - 4,8%, 2009 - 5,5%, 2008 - 2,7%, 2007 - 0,9%, 2006 - 0,5% und 2005 - 2,8%. 3. Wie hoch war im Zeitraum der Anteil der Kon- trollbesuche durch das LAGeSo, die angemeldet bzw. unangemeldet durchgeführt wurden? Zu 3.: 95 % der Kontrollen fanden angemeldet statt, 5% unangemeldet. 4. Was sind die Anlässe/Gründe, damit das LAGeSo aktiv wird, um einen Kontrollbesuch durchzuführen? Zu 4.: Das LAGeSo überwacht risikobasiert. Die Überwachungshäufigkeit richtet sich unter anderem nach den Feststellungen aus früheren Kontrollen, nach der Anzahl und Art der untergebrachten Tiere sowie der Anzahl und Art der durchgeführten Projekte (z. B. besonders belastende Tierversuche). Außerdem geht das LAGeSo Hinweisen nach, die auf eine Nichteinhaltung der tierschutzrelevanten Vorschriften deuten. 5. Wie viel Zeit vergeht im Durchschnitt zwischen Anlass/Grund/Hinweis und Durchführung der Kontrollen bei Tierversuchseinrichtungen? Zu 5.: Wenn Hinweise für eine Nichteinhaltung von tierschutzrelevanten Vorschriften vorliegen, geht das LAGeSo diesen unverzüglich, spätestens am darauffolgenden Tag, nach. 6. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit das LAGeSo Personen/Forschungsteams, a. die Zucht- und Haltungserlaubnis entzieht? b. zukünftig keine Anträge auf Tierversuche mehr genehmigt? c. die Untersagung von Tierversuchen anordnet? Zu 6.: Zu den Teilfragen a. und b. wird auf die Antworten zu den Fragen 9. und 11. der Kleinen Anfrage Nr. 17/10474 verwiesen. Eine Untersagung von Tierversuchen kann angeordnet werden, wenn die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) nicht erfüllt sind. Z. B., wenn es keinen Tierschutzbeauftragten gibt, wenn die Räumlichkeiten nicht geeignet sind oder das Personal nicht entsprechend qualifiziert ist. Auch Änderungen des Tierversuchsvorhabens , die nicht mehr den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 und 3 TierSchG (Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit) entsprechen, können zu einer Untersagung führen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 766 7. Wie läuft ein Kontrollbesuch in Tierversuchs- anlagen durch das LAGeSo in der Praxis ab (bitte Vorgehen erläutern sowie entsprechende Verwaltungsverfahrensvorschriften und Verwaltungsvorlagen zu Kontrollbesuchen wie Erfassungsbögen u.a. beilegen/verlinken )? Zu 7.: Es gibt keine Verwaltungsverfahrensvor- schriften für die Durchführung von Kontrollbesuchen in Tierversuchsanlagen. In der Regel erfolgt eine vorherige Anmeldung der Kontrolle beim Verantwortlichen für die Tierhaltung und beim Tierschutzbeauftragten. Bei der Begehung werden alle zur Tierhaltung gehörenden Räume begutachtet. Besonderes Augenmerk liegt auf der Unterbringung und Pflege der Tiere und der Kontrolle ihres Gesundheitszustandes. Außerdem werden die Kontrollbücher eingesehen (gemäß Verordnung über Aufzeichnungen über Versuchstiere und deren Kennzeichnung ). Die Begehung wird protokolliert. Bei Mängeln werden die notwendigen Maßnahmen besprochen, die innerhalb einer angemessenen Frist erfüllt werden müssen. 8. Was ist der Grund dafür, dass die jährliche Anzahl der Kontrollbesuche durch das LAGeSo seit 2005 derart stark schwankt (2005: 28, 2008: 75, 2010: 34)? Zu 8.: Schwankungen in der Kontrolldichte sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass dem Kontrollpersonal , das auch für andere Aufgaben im Tierversuchsbereich eingesetzt wird, dafür nicht gleichbleibende zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen. So sind z. B. Anträge auf Genehmigung von Tierversuchen aus rechtlichen Gründen vorrangig zu bearbeiten. 9. Wie hat sich die Anzahl der zu prüfenden Anträge und Anzeigen von Tierversuchen, Kontrollen von Tierversuchsanlagen im Vergleich zu den Personalkapazitäten der dafür zuständigen Tierärzte beim LAGeSo in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte tabellarisch darstellen und Verhältnis bewerten)? Zu 9.: Die Entwicklung der zu prüfenden Anträge und Anzeigen von Tierversuchen pro Jahr ist der Antwort zur Frage 2 der Kleinen Anfrage 17/10550 zu entnehmen. Die dort aufgeführten Zahlen umfassen sowohl Anträge zur Durchführung von Tierversuchen als auch Anzeigen von Tierversuchen. Die Zahl der Kontrollen von Tierversuchsanlagen (Tierhaltungen) pro Jahr im Zeitraum 2005 bis 2012 wurde bereits in der Tabelle 2 zu den Fragen 3 und 4 der Kleinen Anfrage 17/10522 dargestellt. Im Zeitraum 2002 bis 2004 fand noch keine elektronische Datenerfassung der Kontrollen statt. Entsprechende Zahlen sind daher nicht verfügbar. Seit 2002 stehen 2 Vollzeitstellen, die mit Tierärzten besetzt sind, zur Verfügung. 2010 wurde eine weitere Vollzeitstelle geschaffen. 2003 wurde zusätzlich eine Stelle für Tierärzte zur Weiterbildung eingerichtet, die alle 4 Jahre neu besetzt wird. Mit der Schaffung dieser zusätzlichen Stellen konnte angesichts der bekannten haushalterischen Rahmenbedingungen ein weitgehend angemessener Ausgleich zur Entwicklung der Anzahl der in Berlin durchgeführten Tierversuche in den letzten 10 Jahren erreicht werden. 10. Welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu treffen, damit in Zukunft deutlich mehr – auch unangemeldete Kontrollen – der Tierversuchseinrichtungen in Berlin durchgeführt werden können? 11. Wann und in welchem Ausmaß ist mit einer Aufstockung der angesprochenen personellen Kapazitäten der Kontrollorgane des LAGeSo zu rechnen? Warum hat der Senat während der Haushaltsberatungen hier nicht erhöhten Personalbedarf angemeldet? Zu 10. und 11.: Rechtliche Vorgaben zur Kontroll- frequenz bei Tierversuchen und Tierversuchseinrichtungen gibt es nicht. In Anbetracht der Verstärkung des im Tierversuchsbereich eingesetzten Personals in den zurückliegenden Jahren sieht der Senat momentan keine Notwendigkeit zur weiteren Personalaufstockung. 12. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlaufend zu aktualisieren? Zu 12.: Die Fragen wurden anhand einer LAGeSo- internen Datenbank und der Akten beantwortet. Datenbank und Akten enthalten personenbezogene zu schützende Daten sowie zu schützendes geistiges Eigentum der Antragstellerin bzw. des Antragstellers. Berlin, den 16. August 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sep. 2012) 2