Drucksache 17 / 10 833 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Freiberg (CDU) vom 13. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. August 2012) und Antwort "Drückerkolonnen" bei Berliner Stadtrundfahrten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Situation, dass an den wichtigen touristischen Punkten Berlins, u.a. Potsdamer Platz, Kurfürstendamm, Spandauer Straße, nationale und internationale Touristen durch „Drückerkolonnen“ zu Stadtrundfahrten angeworben und durch fehlende Sprachinformationen , unklare Ausweisung der Fahrpreise sowie täuschende Benennung der Stadtrundfahrtbusse verunsichert und desinformiert werden? Zu 1.: Zu „Drückerkolonnen“, die für Stadtrund- fahrtenunternehmen arbeiten, liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Es ist bekannt, dass einige Berliner Busunternehmen, die unter anderem auch Stadtrundfahrten anbieten, ihre Tickets auch über freie Ticketverkäuferinnen und Ticketverkäufer auf Provisionsbasis vertreiben . Zu generellem Fehlverhalten der Verkäuferinnen bzw. Verkäufer oder gar gezielten Täuschungen oder Betrügereien liegen dem Senat keine eigenen Erkenntnisse vor. Er wird aber die zuständigen Stellen anhalten, hierauf vermehrt zu achten. 2. Wie viele Stadtrundfahrtunternehmen mit wie vielen Bussen sind in Berlin gewerberechtlich registriert (soweit möglich Nennung der einzelnen Unternehmen)? Zu 2.: In Berlin gibt es mehrere Unternehmen, die mit einer unterschiedlichen Anzahl von Kraftomnibussen Stadtrundfahrten betreiben. Die genaue Anzahl der Unternehmen kann nicht benannt werden. Mit der zugrundeliegenden Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen sind die Unternehmen berechtigt, auch Stadtrundfahrten durchzuführen. Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten als Genehmigungsbehörde mitzuteilen , in welchem Umfang oder ob überhaupt Stadtrundfahrten oder andere Verkehre gefahren werden. Auch aus der Tätigkeitsbeschreibung in der Gewerbeanmeldung ist nicht immer eindeutig erkennbar, ob Stadtrundfahrten zum Leistungsspektrum des Unternehmens gehören. 3. Welche Genehmigungen auf Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes werden benötigt, damit Stadtrundfahrtbusse halten und parken können? 4. Welche gewerberechtlichen Genehmigungen und ggf. Genehmigungen zur Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes werden von Ticketverkäufern benötigt, um einen Ticketverkauf für touristische Stadtrundfahrten durchzuführen? Zu 3. und 4.: Die Busunternehmen selbst sind ge- nehmigungspflichtig nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Zuständige Behörde für Berlin ist das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO). Außerdem besteht eine Anzeigepflicht nach § 14 der Gewerbeordnung (GewO).Ticketverkäuferinnen und Ticketverkäufer, die bei diesen Unternehmen angestellt sind, unterliegen selbst keinen personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften. Sie benötigen auch keine Reisegewerbekarte, weil Unternehmen, die über eine gewerbliche Niederlassung verfügen und die eine anderweitige Erlaubnis besitzen, für die eine Zuverlässigkeitsprüfung erforderlich ist, gemäß § 55a Nr. 7 der GewO von der Reisegewerbekartenpflicht befreit sind (vgl. auch Schönleiter in: Landmann/ Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung, 60. Ergänzungslieferung ; § 55a, Rn 45). Bei freiberuflicher Tätigkeit benötigen die Ticketverkäuferinnen und Ticketverkäufer hingegen eine Reisegewerbekarte. Beim Aufstellen eines Ticketverkaufsfahrzeugs oder eines Standplatzes mit temporären oder dauerhaften Aufbauten (z.B. Kassenhäuschen) handelt sich um eine Sondernutzung, für die eine Erlaubnis beim örtlich zuständigen Bezirksamt beantragt werden muss. Das Ansprechen potenzieller Kundinnen und Kunden auf öffentlichem Straßenland durch einzelne Ticketverkäuferinnen und Ticketverkäufer ist dagegen, genau wie das Verteilen von Werbematerial, keine Sondernutzung, da es dem ortsüblichen Gemeingebrauch zugerechnet wird. Insofern bedarf es keiner Erlaubnis nach § 11 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 833 Für das Halten und Parken von Stadtrundfahrtbussen wird keine Genehmigung zur Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes benötigt. Die erforderlichen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen zur Beschilderung der Abfahrts- und Haltebereiche treffen die bezirklichen Straßenverkehrsbehörden bezogen auf die örtlichen Gegebenheiten in eigener Zuständigkeit. Sofern eine Fallkonstellation vorliegt, bei der nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung oder eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist, so bedarf es aufgrund der in § 13 des Berliner Straßengesetzes geregelten Zuständigkeitskonzentration keiner gesonderten Sondernutzungserlaubnis . Die Straßenverkehrsbehörde hat in diesen Fällen vor ihrer Entscheidung die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Straßenbaubehörde zu hören. Die von dieser ggf. geforderten Bedingungen, Auflagen, Auflagenvorbehalte und Sondernutzungsgebühren werden dann im Rahmen der Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung nach der Straßenverkehrsordnung berücksichtigt. Bezieht sich die übermäßige Straßenbenutzung auf Gehwege (ohne Auswirkungen auf den Fahrzeugverkehr), ist gemäß der Anlage zum Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), dem Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKat Ord), auch im übergeordneten Straßennetz, die Straßenverkehrsbehörde des jeweiligen Bezirks zuständig. Ansonsten liegt die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung gemäß Nr. 35 Abs. 2 ZustKat Ord bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB) als zentraler Straßenverkehrsbehörde . Unabhängig von den in der Kleinen Anfrage erfragten benötigten gewerberechtlichen Genehmigungen und Sondernutzungen sind, je nach Fallkonstellation, ggf. weitere Vorschriften zu beachten. So stellt beispielweise das Verteilen von Werbematerial auf öffentlichem Straßenland zwar keiner Sondernutzung nach dem Berliner Straßengesetz dar, ist jedoch erlaubnispflichtig nach § 8 Absatz 2 des Straßenreinigungsgesetzes. 5. Wie wird bei der Erteilung der Genehmigungen sichergestellt, dass auch internationale Touristen über die Vertragsinhalte und -bedingungen im Sinne des Verbraucherschutzes informiert werden? Zu 5.: Die Sicherstellung von Belangen des Ver- braucherschutzes ist nicht Regelungsgehalt der gewerberechtlichen Anzeige- bzw. Erlaubnispflichten und auch nicht der straßenverkehrsrechtlichen- und straßenrechtlichen Erlaubnisse bzw. Genehmigungen. 6. Welche Zuständigkeiten bestehen hinsichtlich der Kontrolle zur Einhaltung von Genehmigungen und eventuellen Auflagen bei Stadtrundfahrtbussen und Ticketverkäufern und welche Erkenntnisse hat der Senat über Beanstandungen sowie Verstöße gegen behördliche Genehmigungen und Auflagen? Zu 6.: Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) ist Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für die Unternehmen, die gewerblichen Personenverkehr durchführen. Eingriffsermächtigungen bezogen auf den Ticketverkauf sind nicht vorhanden. Verstöße der Busunternehmen gegen personenbeförderungsrechtliche Bestimmungen können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Bei schweren Verstößen ist die/der Gewerbetreibende ggf. nicht mehr als zuverlässig im gewerberechtlichen Sinne zu beurteilen. Dies kann zum Verlust der Berufszulassung führen. Für die Kontrolle und Ahndung von Verstößen im Zusammenhang mit der Reisegewerbekartenpflicht und Sondernutzungen öffentlichen Straßenlandes sind die bezirklichen Ordnungsämter zuständig. Erkenntnisse über Beanstandungen oder Verstöße in der in der Kleinen Anfrage beschriebenen Art liegen dem Senat nicht vor. 7. Sind dem Senat im Zusammenhang mit Stadtrund- fahrten Beschwerden von nationalen und internationalen Touristen bekannt und liegen dem Senat Informationen über mögliche strafrechtliche Verfahren und deren Zahl vor? Zu 7.: Beschwerden in der in der Kleinen Anfrage be- schriebenen Art sind dem Senat nicht bekannt. Berlin, den 11. Oktober 2012 In Vertretung Nicolas Z i m m e r .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Okt. 2012) 2