Drucksache 17 / 10 841 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 14. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2012) und Antwort Private Wildtierhaltung – folgenschwere Liebhaberei für die öffentliche Hand Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass die private Haltung von Wildtieren in Deutschland in den letzten 20 Jahren stark angestiegen ist und die jährlichen Importe Deutschlands von lebenden Reptilien sich mittlerweile auf 440- 850.000 und auf 220-380.000 Süßwasserzierfische belaufen ? Zu 1.: Daten über die Entwicklung der privaten Haltung von Wildtieren in Deutschland sowie den Import lebender Reptilien und Süßwasserfische liegen dem Senat nicht vor. 2. Wie viele Geschäfte (Tierhandlungen, Baumärkte, Gartencenter) verfügen in Berlin über eine tierschutzrechtliche Genehmigung zum Verkauf von Tieren wildlebender Arten? Zu 2.: In Berlin verfügen nach Kenntnis des Senats 72 Geschäfte über eine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Handel mit Wirbeltieren gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 b) Tierschutzgesetz . Welche Geschäfte davon mit Wildtieren handeln, ist dem Senat nicht bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil mit solchen Tieren handelt. 3. Wie viele Börsen, auf denen Wildtiere (Reptilien, Amphibien, Fische, Wirbellose sowie nicht-do-mestizierte Vögel und Säuger) verkauft werden, haben 2011 in Berlin stattgefunden? a) Inwieweit lässt sich hier ein Anstieg der Börsentermine im Vergleich zu vor 10 Jahren feststellen? b) Inwiefern lassen sich Angaben zum Verschieben des angebotenen Artenspektrums machen? c) Wie viele Verstöße gegen die BMELV-Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten wurden 2011 auf solchen Veranstaltungen geahndet? Zu 3.: Im Jahr 2011 wurden in Berlin insgesamt 23 Tierbörsen angemeldet und genehmigt. Es ist ein Anstieg der Termine zu verzeichnen. So fand vor 10 Jahren in einem Bezirk noch keine Reptilienbörse statt, in 2011 dagegen 5. Zur möglichen Verschiebung des auf den Börsen angebotenen Artenspektrums können keine Angaben gemacht werden. Nur ein Bezirk berichtet von nur wenigen, gering- fügigen Verstößen gegen die Börsenordnung, die vor Ort sofort abgestellt werden konnten. Dieser Bezirk verweist darauf, dass die mit dem Veranstalter der Reptilienbörsen abgestimmte Börsenordnung in vielen Teilen höhere Tierschutzanforderungen beinhaltet als die Leitlinien vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV-Leitlinien). 4. Wie viele nicht-heimische Wildtiere wurden in den Jahren 2007 bis 2011 in Berlin aufgefunden (getrennt nach lebendig und tot)? a) Wo wurden die lebenden Fundtiere untergebracht? b) Wie häufig konnten die Besitzer ausfindig ge- macht werden? Zu 4.: Es liegen keine Daten zu tot aufgefundenen nicht heimischen Wildtieren vor. Sofern nicht heimische Wildtiere der zuständigen Be- hörde als Fundtiere übergeben werden, werden diese in der amtlichen Tiersammelstelle untergebracht. Regelungen über die statistische Erfassung aufgefundener nichtheimischer Wildtiere bestehen nicht. Es kann daher nur eine Aussage zu „exotischen“ Fundtieren für die Jahre 2008 und 2009 gemacht werden. 2008 wurden 55 und 2009 wurden 60 „exotische“ Fundtiere (verschiedene Vogelarten, Schildkröten u. a. Reptilien) in der Tiersammelstelle untergebracht. Die Halterinnen und Halter (Eigentümerinnen und Eigentümer) von exotischen Fundtieren können nur selten ausfindig gemacht werden, da entsprechende Kennzeichnungen bzw. Register zu deren Ermittlung fehlen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 841 Seit 2010 besteht eine Übersicht für Fundtiere, die artengeschützt sind und von der Halterin/Eigentümerin bzw. vom Halter/Eigentümer wieder abgeholt wurden: 2010 7 Vögel (4 Graupapageien, 1 Blaustirnamazone, 1 Gelbstirnamazone, 1 Gelbkopfamazone) sowie 2 Landschildkröten 2011 4 Vögel (3 Graupapageien, 1 Mohrenkopfpapagei) 2012 (bisher) 2 Vögel (1 Prachtrosella, 1 Ara) und 2 Landschildkröten 5. Wie viele Wildtiere wurden in den Jahren 2007 bis 2011 in Berlin beschlagnahmt? a) Wie viele davon aus Tierschutzgründen, wie viele aus Gründen des Artenschutzes? b) Wie viele Beschlagnahmungen erfolgten in Privat- haushalten? c) Wie viele Aufgriffe erfolgten durch den Zoll, z.B. an Flughäfen? Zu 5.: Aus Tierschutzgründen oder zum Teil zur Ge- fahrenabwehr wurden in den Jahren 2007 bis 2011 77 Wildtiere beschlagnahmt, davon 51 in Privathaushalten . Aus Gründen des Artenschutzes (Verstoß gegen EG- Artenschutzverordnung) wurden in den Jahren 2007 bis 2011 451 Wildtiere beschlagnahmt. Daten zum Ort der Beschlagnahme aus Artenschutzgründen liegen nicht vor. Der Senat hat keine Kenntnis über die Anzahl von Aufgriffen durch den Zoll. 6. Wie viele Fälle von Zoonose-Erkrankungen liegen den Gesundheitsbehörden von Berlin für die letzten 10 Jahre vor? Wie viele Fälle Reptilien-assoziierter Salmonellosen wurden gemeldet? Zu 6.: Dem Senat liegen die gewünschten Daten nicht vor. Die Aufarbeitung der Daten für den 10-jährigen Zeitraum durch die Gesundheitsämter der Bezirke ist mit einem nicht zu rechtfertigenden Verwaltungsaufwand verbunden. 7. Wie viele und welche Tiere wildlebender Arten, die aufgrund ihrer Körperkraft oder ihres Giftes, einen Menschen lebensbedrohlich verletzten können, werden in Berlin gehalten? Zu 7.: In Tierhaltungen, die der Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten unterliegen, werden etwa 617 Tiere gehalten. Wie viele solcher Tiere, deren Haltung dieser Verordnung nicht unterliegen, in Berlin gehalten werden, ist nicht bekannt. 8. Wie viele Polizei-/Feuerwehreinsätze waren seit 2006 zur Sicherstellung entlaufener/ausgesetzter Wildtiere erforderlich? Zu 8.: Aufgrund polizeilicher Anordnungen erfolgte in den Jahren 2006 bis 2011 die Unterbringung von 44 sichergestellten Wildtieren. Die Berliner Feuerwehr führt für die Thematik „ent- laufener/ausgesetzter Wildtiere“ kein eigenständiges Alarmierungsstichwort . Diese Fälle werden allgemein als „Tier in Notlage“ oder noch häufiger als „Amtshilfe für die Polizei“ erfasst. Beide Begriffe decken ein breites Spektrum von Einsätzen ab. Eine eindeutige Differenzierung in Bezug auf Wildtiereinsätze ist daher anhand des Stichwortes nicht möglich. 9. Wie oft wurde seit 2006 Serum aus dem hiesigen Giftdepot benötigt und mussten weitere Giftdepots in Anspruch genommen werden, um das erforderliche Gegengift zu beschaffen (wenn ja, welche)? Zu 9.: Seit 2006 wurde in einem Fall Antiserum aus dem Serum-Depot Berlin benötigt. Über eine Inanspruchnahme anderer Depots ist dem Senat nichts bekannt. 10. Wie hoch sind die Kosten für die Versorgung und Unterbringung von exotischen Wildtieren pro Jahr und wer trägt sie? Zu 10.: Auf der Grundlage des zwischen dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Lichtenberg - Amt für regionalisierte Ordnungsaufgaben - und dem Tierschutzverein für Berlin und Umgebung e. V. geschlossenen Vertrages werden Fundtiere 3 bis 5 Tage in der amtlichen Tiersammelstelle untergebracht. Wenn sich die Besitzerin bzw. der Besitzer nicht meldet, wird das Tier dann an den Tierschutzverein zur Weitervermittlung übergeben. Die vereinbarten Tagessätze richten sich nach der Größe der Tiere (Kleintiere und Vögel: 5,67 € pro Tag, Hunde ähnlich große Tiere 16,37 € pro Tag). Sofern sich die Halterin/Eigentümerin bzw. der Halter/Eigentümer des Tieres meldet bzw. ermittelt werden kann (Ausnahmefall), werden dieser bzw. diesem in Form eines Gebührenbescheides die Kosten für Transport und Unterbringung in Rechnung gestellt. Ansonsten trägt das Land Berlin die Kosten für die Unterbringung bis zur Übergabe an den Tierschutzverein. Von Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämtern und unteren Naturschutzbehörden sichergestellte, beschlagnahmte oder eingezogene Tiere werden bis zur ihrer behördlichen Freigabe in der Tiersammelstelle verwahrt. Die Tagessätze für die Verwahrung sind die gleichen wie für Fundtiere. Die Kosten für Transport und Unterbringung dieser Tiere werden der Halterin/Eigentümerin bzw. dem Halter/Eigentümer auferlegt. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 841 11. In welchem Umfang wurden Bußgelder gegen Privatpersonen wegen Verstößen bei der Wildtierhaltung verhängt? Zu 11.: Aufgrund von Verstößen gegen die Verord- nung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten und Tierschutzvorschriften zur Wildtierhaltung ergingen ca. 16 Bußgelder gegen Privatpersonen. 12. In welchem Umfang wurden Bußgelder gegen Händler wegen Verstößen beim Wildtierhandel verhängt? Zu 12.: Von den Unteren Naturschutzbehörden der Berliner Bezirke wurden im Zeitraum 2007 bis 2011 insgesamt 146 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstößen gegen VO (EG) Nr. 338/97 (Verordnung der Europäischen Gemeinschaft) abgeschlossen. Dabei wurden Bußgelder in Höhe von insgesamt 5.300,00 € verhängt. Da entsprechende Daten nicht gesondert erfasst werden, ist eine Differenzierung dieser Daten nach Verfahren gegen Privatpersonen und Gewerbe treibende Personen nicht möglich. 13. Wie viele Ausnahmegenehmigungen zur Haltung gefährlicher Wildtiere haben die zuständigen Behörden erteilt und wie viele Verstöße wurden im Zusammenhang mit der Haltung von gefährlichen Wildtieren registriert? Zu 13.: Im Zeitraum 2007 bis 2011 wurden 542 Aus- nahmegenehmigungen erteilt. Zur Anzahl der Verstöße im Zusammenhang mit der Haltung von gefährlichen Wildtieren können mangels entsprechender Datenerfassung keine Angaben gemacht werden. Zu abgeschlossenen Bußgeldverfahren siehe Antwort zu Frage Nr. 11. Berlin, den 06. September 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2012) 3