Drucksache 17 / 10 844 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 14. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2012) und Antwort Dragqueen-Benefizpicknick im Tiergarten polizeilich aufgelöst: Ende der Toleranz? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat das ehrenamtliche gesellschaftliche Engagement des „Ordens der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz“ (O.S.P.I.) bekannt? Wie steht der Senat zu dieser Form sozialen Einsatzes von freiwilligen Aktiven ohne jede öffentliche Förderung? Zu 1.: Die 1994 gegründete Mission des Ordens der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz zu Berlin e.V. (O.S.P.I.) und das ehrenamtliche, unbezahlte Engagement der Angehörigen des Ordens sind dem Senat bekannt. Freiwilliges Engagement wie dieses – hier im Bereich der Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten – sind unverzichtbare und hoch anerkennenswerte Aktivitäten, die den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Berlin zu Gute kommen. 2. Auf welcher Grundlage wurde das seit 10 Jahren stattfindende Tiergartenpicknick des O.S.P.I., das der Spendensammlung und Selbstdarstellung der Vereinsaktivitäten dient und an dem in den vergangenen Jahren auch Berliner Senatsmitglieder anwesend waren, toleriert? 3. Aus welchen Gründen kam es beim diesjährigen Picknick am 12. August 2012 zu einer polizeilich veranlassten Beendigung dieser Veranstaltung, nachdem diese Veranstaltung im Tiergarten jahrelang mit gutem Erfolg und kreativer Ausstrahlung ohne nennenswerte Beanstandungen möglich war? Zu 2. und 3.: Der Gebrauch öffentlicher Straßen – das sind Straßen, Wege und Plätze, die durch Widmung im Straßen- und Wegerecht dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt werden – steht jeder Bürgerin und jedem Bürger im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften offen und unterliegt keiner Genehmigungspflicht (Gemeingebrauch). Gemeingebrauch umfasst die Teilnahme am Verkehr, den Aufenthalt , die Kommunikation, das Spielen und dergleichen auf den dafür vorgesehenen Flächen. Wird das öffentliche Straßenland zu anderen Zwecken als Gemeingebrauch oder Anliegergebrauch genutzt, so handelt es sich um eine Sondernutzung, für die beim jeweils zuständigen Bezirksamt eine Genehmigung eingeholt werden muss. Die genannte Veranstaltung wurde erstmalig für den 7. August 2011 bei der Polizei Berlin erfasst. Das „Dragqueen -Picknick" 2011 wurde mit Flyern beworben, in denen dazu aufgerufen wurde, sich auf der Wiese im Tiergarten auf selbst mitgebrachten Decken niederzulassen . Ein Niederlassen mit Decken ist gemäß dem Grünflächenamt Mitte nicht genehmigungspflichtig. Für Aufbauten wie Zelte, Pavillons oder Lautsprecheranlagen besteht hingegen eine Genehmigungspflicht. Genehmigungen für 2011 und auch 2012 in Bezug auf das „Dragqueen -Picknick" wurden gemäß dem Grünflächenamt Mitte nicht beantragt und somit auch nicht erteilt. Während der Veranstaltung am 12. August 2012 gingen bei der Polizei Berlin mehrere Anrufe wegen einer Ruhestörung im Tiergarten ein. Durch Polizeikräfte wurde festgestellt, dass für diese Veranstaltung drei Partyzelte in der Größe von drei mal neun Meter sowie mehrere Sitzbänke und Tische aufgebaut waren. Zudem befand sich ein Discjockey mit Musikboxen, Lichtaufbauten und entsprechenden Kabelverlegungen sowie einem Stromgenerator vor Ort. Der Veranstaltungsbereich hatte insgesamt eine Größe von ca. 30 mal 30 Meter. Nachdem der Veranstalter gegenüber den eingesetzten Polizeikräften angab, keine Ausnahmegenehmigung für die Veranstaltung beantragt zu haben, wurde sie durch ihn unverzüglich beendet. 4. Was kann der Senat unternehmen, damit be- stimmte traditionelle und symbolische Orte des öffentlichen Raumes, wie die „Tuntenwiese“ im Tiergarten, auch zukünftig für LGBTTI*-Aktivitäten nutzbar sind? Zu 4.: Es liegt in der Verantwortung der Organi- satorinnen und Organisatoren von Veranstaltungen für diese, je nach Ausgestaltung, bei den zuständigen Be- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 844 hörden eine Genehmigung zu beantragen. Diese Regelung gilt für alle Arten von Veranstaltungen unabhängig davon, von welchen Gruppen sie durchgeführt werden. Der Senat ermutigt Initiativen aus dem LSBTI-Spektrum (lesbische, schwule, bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen) – wie die Mission des Ordens der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz e.V. – z.B. ihre jährliche Benefiz-Veranstaltung zukünftig entsprechend anzumelden und damit den formalen Weg zur Nutzung der sogenannten „Tuntenwiese“ als traditionsreichem Ort im Tiergarten zu gehen. Berlin, den 12. September 2012 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2012) 2