Drucksache 17 / 10 850 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 15. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. August 2012) und Antwort Filtersoftware an Berliner Bildungseinrichtungen III – Rechtliche Fragen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Gesetze, Vorschriften, Artikel oder Rege- lungen auf Landes-, Bundes- oder Europaebene fordern die Einschränkung der Verfügbarkeit von Inhalten offener Datennetze an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen heraus? Zu 1.: Bei den Maßnahmen zum Schutz vor jugend- gefährdenden Inhalten im Netz lässt sich der Senat von den entsprechenden einschlägigen Vorschriften leiten und setzt sie um. In diesem Zusammenhang wären zu nennen: - Drucksachen 15/2556 und 15/4266 Bericht über die Maßnahmen zum Jugendmedienschutz in Berlin - Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 einschließlich den Ergänzungen und Änderungen - Rundschreiben II Nr. 20/2004 Regelung für die rechtssichere Nutzung des Internets an Schulen - Ausführungsvorschriften über die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht im schulischen Bereich und die Verkehrssicherungspflicht sowie die Haftung (AV Aufsicht) vom 25. April 2006. 2. Sind dem Senat einschlägige Urteile, insb. der Ver- waltungsgerichtsbarkeit bekannt, in denen der Einsatz von Filtersoftware an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen oder die Unterlassung eine Rolle gespielt hat? Zu 2.: Dem Senat sind keine einschlägigen Urteile, insbesondere der Verwaltungsgerichtsbarkeit bekannt, in denen der Einsatz von Filtersoftware an Berliner Bildungseinrichtungen wie an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen oder die Unterlassung eine Rolle gespielt hätten. 3. Kann aus den in der Antwort der Frage 1 aufge- führten Gesetzen, Vorschriften, Artikeln oder Regelungen geschlussfolgert werden, dass der Einsatz von Filter- software an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen rechtlich zwingend notwendig ist? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? 6. Inwiefern trägt der Einsatz von Filtersoftware dazu bei, der Aufsichtspflicht von pädagogischem oder betreuendem Personal an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen gerecht zu werden? Zu 3. und 6.: Die Schule muss geeignete Maßnahmen treffen, um den Zugang der Schülerinnen und Schüler zu jugendgefährdenden Inhalten zu verhindern. In dem Rundschreiben II Nr. 20/2004 „Regelung für die rechtssichere Nutzung des Internets an Schulen“ wird dazu u. a. ausgeführt, dass dabei generell „der Einsatz von Kontrollen , die ohne oder mit geringeren Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte der Schülerinnen und Schüler auskommen , bevorzugt werden, also beispielsweise durch den Einsatz von Filtersystemen, des Page-Labelling oder eine unmittelbare Kontrolle durch die aufsichtführende Lehrkraft.“ 4. Sind dem Senat Alternativen zum Einsatz von Filtersoftware an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen bekannt, um den aufgeführten Gesetzen, Vorschriften, Artikeln oder Regelungen gerecht zu werden? Zu 4.: Aus Sicht des Senats käme als Alternative entweder eine intensivere direkte Kontrolle durch eine höhere Anzahl von aufsichtführenden Lehrkräften, das Einrichten von sogenannten Whitelists oder ein grundsätzliches Verbot der Internetnutzung in Schulen und Bildungseinrichtungen infrage. Diese Varianten werden seitens der Senatsverwaltung für Bildung, Jungend und Wissenschaft als nicht zielführend im Hinblick auf die Verpflichtung, die Entwicklung von Medienkompetenz zu befördern, angesehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 849 5. Nach Art. 5, Abs. 2 des Grundgesetzes kann der Zugang zu Informationen zum „Schutze der Jugend“ eingeschränkt werden. Ist der Senat der Auffassung, dass der Einsatz von Filtersoftware an Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen dem Kinder- und Jugendschutz gerecht wird? Wenn ja, wie begründet der Senat dies technisch, rechtlich und pädagogisch? Wenn nein, welche Gründe gibt es - trotz der Wirkungslosigkeit von Filtersoftware – diese an Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen weiter einszusetzen? Zu 5.: Grundsätzlich ist festzustellen, dass wie auch immer geartete Filterlösungen allein nicht zielführend zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Berliner Schule beitragen: „Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen, sich Informationen selbstständig zu verschaffen und sich ihrer kritisch zu bedienen ...“ (§ 3 (2) 3. SchulG). Nicht das Ausblenden der Realität, sondern die bewusste kritische Auseinandersetzung mit den Medien ist Gegenstand der Medienpädagogik. Filter sind nur insofern Hilfsmittel, um straftatbewehrte Sachverhalte in der Schule zu unterbinden. In diesem Zusammenhang wird auf das Rund- schreiben II Nr. 20/2004 der ehem. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 13.02.2004 über „Regelungen für die rechtssichere Nutzung des Internets an Schulen“ verwiesen. 7. Meine Kleine Anfrage vom 21.03.12 (Drs. 17/10246) hat ergeben, dass dem Senat nicht bekannt ist, wie oder gar ob Schulen Inhalte offener Datennetze filtern, die nicht einen der 425 EduNet Standard Server einsetzen. Kann hieraus geschlussfolgert werden, dass – bei 704 öffentlichen Schulen in Berlin – Schüler und Schülerinnen an allen, vielen oder an einigen der übrigen 279 Schulen der unbeschränkte Zugang zu offenen Datennetzen zur Verfügung steht oder stehen könnte? Wenn ja, warum ist der Senat nicht daran interessiert, die Einhaltung der in der Antwort auf die Frage 2 aufgeführten Gesetze, Vorschriften, Artikel oder Regelungen zur Einschränkung der Verfügbarkeit von Inhalten offener Datennetze Berliner Bildungseinrichtungen, insb. an Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen sicherzustellen der zumindest zu prüfen? Zu 7.: Durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wird nicht erfasst, ob Filtersoftware oder welche Filter auf den Nicht-StandardServern eingesetzt werden. Für die Einhaltung der Gesetze sind letztlich die Schulleitung und die aufsichtführenden Lehrkräfte verantwortlich. Berlin, den 31. August 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2012) 2