Drucksache 17 / 10 862 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Schäfer (GRÜNE) vom 21. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2012) und Antwort Erweiterung des Erdgasspeichers ohne aktuelles geologisches Gutachten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat den Antrag der BES Berliner Erdgasspeicher GmbH beim auch für Berlin zuständigen Bergamt Cottbus, den 1992 für 20 Jahre bewilligten Rahmenbetriebsplan für den Berliner Erdgasspeicher um nunmehr 40 weitere Jahre zu verlängern? Zu 1.: Der Antrag befindet sich im Prüfverfahren beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der beteiligten Träger öffentlicher Belange (TÖB). Dabei unterliegt u.a. die beantragte Laufzeit von 40 Jahren einer besonderen Prüfung, die noch nicht abgeschlossen ist. 2a. Wie beurteilt der Senat die Absicht der BES, in diesem Zusammenhang die Speicherung von Erdgas um 70 % auf 1.085.000.000 m3 zu erhöhen? Zu 2a: Das in einem Gutachten aus dem Jahr 1992 des Niedersächsischen Landesamts für Bodenforschung (NLfB) für das Bergamt Hannover (Bergamt für das Land Berlin) festgestellte Speichervolumen in Höhe von 1.085 Mio. m3 stellt einen theoretischen Wert dar. Entscheidendes Kriterium für den Speicherbetrieb ist nicht das mögliche Speichervolumen sondern der maximale Speicherdruck. Die Beschaffenheit des Erdgasspeichers lässt jedoch eine Befüllung mit einem maximalen Speicherdruck von 128 bar bis zu einem theoretischen Wert praktisch nicht zu. Die BES hat das theoretisch angedachte Speichervolumen in die Hauptbetriebspläne, die alle zwei Jahre angepasst werden müssen (§ 52 Bundesberggesetz), übernommen. Die Pläne bewegen sich seitdem in diesem Rahmen. Aus formalen Gründen wurden die Parameter (Drücke, Speichermenge) in die aktuelle Verlängerung des Rahmenbetriebsplans aufgenommen . 2b: Welches waren 1992 die Gründe, die Genehmigung für den Erdgasspeicher auf 20 Jahre zu befristen? Zu 2b: Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans Nr. 2 für die Errichtung und Befüllung des Erdgasspeichers stammt aus dem Jahr 1984. Mit der Befristung der Genehmigung auf 20 Jahre wurde der Zeitraum der Entwicklung für dieses bergbauliche Vorhaben berücksichtigt (Niederbringung der Bohrungen, Einrichtung der Sonderplätze usw.). 3. Trifft es zu, dass die Antragstellerin die Verlän- gerung der Genehmigung um 40 Jahre auf Basis eines geologischen Gutachtens von 1992, das wiederum auf geologischen Untersuchungen aus den 80er Jahren basiert , beantragt? Zu 3.: Nein. Das geologische Gutachten aus dem Jahre 1992 stellte eine Zusammenfassung der zum damaligen Zeitpunkt auf der Grundlage von Bohrungen und Seismik vorhandenen geologischen Untersuchungen dar. Die Fortschreibung des Gutachtens erfolgte seit 1992 durch mehrere Untersuchungsprojekte und Studien auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. 4. Teilt der Senat die Einschätzung, dass sich die geo- logische Forschung und die geologische Forschungsmethodik seit den 80er Jahren weiterentwickelt haben? Könnte aus Sicht des Senats ein aktuelles geologisches Gutachten deshalb zu neuen Erkenntnissen über potenzielle Risiken und notwendige Vorsorgemaßnehmen kommen, zumal auch die Nutzung des Speichers um rund 70 % erweitert wird? Zu 4.: Der Senat teilt die Einschätzung, dass sich die geologische Forschung und die geologische Forschungsmethodik seit den 80er Jahren weiterentwickelt haben. Alle bisher erstellten geologischen Untersuchungen und Studien für den Erdgasspeicher beruhen auf neuesten geologischen Fachkenntnissen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat es nicht für notwendig, dass die BES ein Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 862 aktuelles Gutachten über potenzielle Risiken und notwendige Vorsorgemaßnahmen erstellen lässt. 5. Warum wird vor einer Entscheidung über den An- trag auf Verlängerung des Rahmenbetriebsplans keine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Einbeziehung der aktuellen wasserrechtlichen Anforderungen durchgeführt? Ist der Senat bereit, die dazu erforderlichen Aktivitäten noch zu entwickeln? Zu 5.: Vorhaben, die bereits vor Ablauf der Um- setzungsfrist der UVP-Richtlinie (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten) begonnen oder genehmigt worden sind, bedürfen im Nachhinein keiner Umweltverträglichkeitsprüfung . Die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans Nr. 2 entspricht inhaltlich dem mit dem Rahmenbetriebsplan 1984 zugelassenen Vorhaben. Daher ist auch kein Planfeststellungsverfahren zur Zulassung des Rahmenbetriebsplans gemäß § 52 Abs. 2a Bundesberggesetz durchzuführen. 6. Hat der Senat auf einer wasserrechtlichen Prüfung des Vorhabens bestanden und wenn nein: warum nicht? Zu 6.: Die wasserrechtliche Prüfung der beantragten Verlängerung des Rahmenbetriebsplans des Erdgasspeichers erfolgte im Rahmen der üblichen Beteiligung der Wasserbehörde als Träger öffentlicher Belange durch das LBGR Brandenburg. Die Bergbehörde hat gemäß § 19 Wasserhaushaltsgesetz die Entscheidung im Einvernehmen mit der Wasserbehörde zu treffen. 7. Wie groß ist die unterirdische horizontale Aus- dehnung des Speichers heute und wie groß im Falle der beantragten erweiterten Nutzung (mit Bitte um Darstellung auf einer Karte)? Zu 7.: Die Ausdehnung ist durch geologische Struk- turen des Erdgasspeichers horizontal begrenzt und beschränkt sich auf die Schichten des Buntsandsteins. Als Anlage zu der Kleinen Anfrage ist eine Darstellung beigefügt , die die unterirdische Ausdehnung des Erdgasspeichers aufzeigt. 8. Wie wird sichergestellt, dass dem Vorhaben keine anderen öffentlichen Interessen, zum Beispiel eine Geothermienutzung , entgegenstehen? Zu 8.: Beim Erdgasspeicher handelt es sich um ein be- stehendes Vorhaben, das im öffentlichen Interesse liegt. Weitere Anträge zur Nutzung des tieferen Untergrundes können gemäß Bundesberggesetz durch weitere potenzielle Vorhabensträger bei der zuständigen Behörde gestellt werden. In einer Einzelfallprüfung wird untersucht und entschieden, ob weitere Vorhaben zulassungsfähig sind. Dies gilt auch für Vorhaben der Geothermie. Der Betrieb des Erdgasspeichers schließt nach derzeitigem Kenntnisstand eine Nutzung tiefer Geothermie im Bereich des Speichers grundsätzlich aus. Dieser Ausschluss konkurrierender tiefenwirksamer bergbaulicher Nutzungen bezieht sich auf einen Bereich von rund 5 Kilometer Radius. 9. Teilt der Senat die Einschätzung, dass das Berg- recht und das Wasserrecht sich in den nächsten Jahren verändern könnten? Ist es aus Sicht des Senats auszuschließen , dass eine Betriebsgenehmigung für weitere 40 Jahre dazu führen könnte, dass in 20 Jahren ein Erdgasspeicher in Berlin betrieben wird, der dann gar nicht mehr genehmigungsfähig sein könnte? Was spricht aus Sicht des Senats dafür, in diesem Jahr dennoch eine Genehmigung für 40 weitere Jahre auszusprechen? Zu 9.: Der Senat teilt die Einschätzung, dass sich auch das Bergrecht und das Wasserrecht in den nächsten 20 Jahren ändern können. Bereits die Entwicklung der letzten 20 Jahre hat dies gezeigt. Das Bundesberggesetz sieht für die Bergbautätigkeit ein gestaffeltes Genehmigungsverfahren vor. Die Verlängerung der Zulassung hat keine Gestattungswirkung, d.h. für jede Maßnahme – auch für den normalen Speicherbetrieb – müssen weitere befristete Genehmigungen beantragt werden. Das Bergrecht und das Wasserrecht lassen nachträgliche Auflagen zu, sodass jederzeit auf die aktuelle Entwicklung reagiert werden kann. 10. Wie hoch ist der Ertragswert des Speichers heute schätzungsweise? Um welchen Betrag würde er im Falle einer Genehmigung der Vergrößerung des Speichers steigen? Zu 10.: Dem Senat stehen über den Ertragswert des Erdgasspeichers keine Informationen zur Verfügung. Auch sind Fragen der Wirtschaftlichkeit nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens. 11. Hat das Land Einnahmen durch den Betrieb des Speichers? Wenn ja: In welcher Art und in welcher Höhe? Erheben andere Bundesländer für vergleichbare Projekt Gebühren oder Konzessionsabgaben, die das Land Berlin nicht erhebt. Zu 11.: Für die Bearbeitung einer Genehmigung und Ausstellung eines Genehmigungsbescheids erhebt die zuständige Behörde Gebühren nach dem Gesetz über Gebühren und Beiträge (GebG) vom 22. Mai 1957, zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juli 2006 (GVBl. S. 713). Die Höhe der Gebühren für Amtshandlungen, die die zuständige Behörde den Projektträger in Rechnung stellt, ergeben sich nach § 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren im Bergwesen (BergGebO) vom 11. Januar 1983 in der Fassung vom 24. Juni 2008 (GVBl. S. 167). Hinzu kommt, dass die BES der Gewerbesteuer unterliegt. Weiterhin wird der Forstverwaltung die Nutzung von Forstgelände für Leitungen und Flächeninanspruchnahme auf Forstgelände des Landes Berlin ver- 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 862 gütet. Gebühren für Amtshandlungen nach dem Bundesberggesetz werden auch in anderen Bundesländern erhoben . Inwieweit diese zusätzliche Gebühren oder Abgaben erheben, ist dem Senat nicht bekannt. 12. Wie ist der weitere Zeitplan des Genehmigungs- verfahrens? Zu 12.: Die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zum Antrag auf Verlängerung des Rahmenbetriebsplans lief bis zum 31. August 2012. Im Oktober 2012 wird den TÖB die Möglichkeit gegeben, Anregungen oder Bedenken mündlich gegenüber dem LBGR und der BES darzulegen. Vorgesehen ist, dass das Verfahren Ende 2012 abgeschlossen ist. Berlin, den 07. September 2012 In Vertretung Christoph v on K n o b e l s d o r f f …………………………………………… Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Sep. 2012) 3 ka17-10862 K1710862_Anlage