Drucksache 17/ 10 870 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 21. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2012) und Antwort Mieten im Sozialen Wohnungsbau Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie sind die aktuellen Miethöhen (nettokalt) der ca. 165.000 Berliner Sozialwohnungen des ersten Förderweges ? (Bitte nach Spannen und Anteilen aufführen: bis 4 Euro, 4,01- 4,50 etc.) Antwort zu 1: Für die sich zum 31.12.2011 in den öffentlichen Bindungen befindlichen 149.954 Wohnungen wurde auf Grundlage einer Auswertung der Investitionsbank Berlin zu den tatsächlich geforderten Mieten für rd. 111.500 Wohnungen folgende Mietenverteilung ermittelt: bis 4,50 €/m² Wfl. mtl. 4.782 WE 4,51 - 4,75 12.078 WE 4,76 - 5,00 13.174 WE 5,01 - 5,25. 21.303 WE 5,26 - 5,50 25.768 WE 5,51 - 5,75 21.699 WE 5,76 - 6,00 20.872 WE 6,01 - 6,25 19.722 WE über 6,25 10.556 WE. Frage 2: Bis zu welcher Maximalhöhe (Kostenmiete oder andere Begrenzung) steigen die Mieten der o.g. Sozialwohnungen perspektivisch, sofern die jährliche Steigerung um 13 Cent fortgeführt wird? (Bitte nach Mietspannen , Anzahl und Jahr der letzten Stufe aufführen.) Antwort zu 2: Grundsätzlich sehen die hier anzu- wendenden Verwaltungsvorschriften für Objekte in der Förderphase den jährlichen Abbau der Förderung um 0,1278 €/m² Wohnfläche monatlich vor. Für Objekte der Wohnungsbauprogrammjahre 1972 bis 1986 sehen die hier jeweils anzuwendenden Anschlussförderungsrichtlinien im Rahmen der Bedienung der Aufwendungsdarlehen grundsätzlich gleichfalls eine jährliche Steigerung um 0,1278 €/m² Wohnfläche monatlich vor. Die Ermittlung einer maximalen Steigerung würde letztlich objektbezogene Hochrechnungen der Bedienung der Aufwendungsdarlehen für die einzelnen im Sozialen Wohnungsbau geförderten Objekte erfordern. Dies ist mit vertretbarem Zeit- und Personalaufwand im Rahmen der Kleinen Anfrage nicht leistbar. Es können aber durchaus Nettokaltmieten bis zu rd. 11,00 €/nettokalt entstehen. Frage 3: Wie gestalten sich die Mieten der o.g. Sozialwohnungen im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichsmiete der nicht preisgebundenen Wohnungen ähnlicher Lage? Antwort zu 3: Die durchschnittliche Miethöhe aller ortsüblichen Vergleichsmieten lag gemäß Mietspiegel 2011 mit dem Erhebungsstichtag 01.09.2010 bei 5,21 €/m² Wohnfläche/monatlich. Bezogen auf die dem Mietspiegel jeweils zugeordneten Baualtersklassen zeigt sich, dass in allen vergleichbaren Stufen die Mittelwerte im Mietspiegel 2011 die tatsächlich geforderten Durchschnittsmieten (Ist-Mieten) bei Sozialwohnungen zum Teil deutlich übersteigen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 870 2 - 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 Miethöhe (in €/m² Wfl. mtl.) WP-Jahre bzw. Baualtersklassen Vergleich der Mieten im Sozialen Wohnungsbau mit nicht preisgebundenen Mieten Sozialer WB (31.12.2010) 5,13 3,55 4,89 5,45 5,78 5,54 Mietspiegel 2011 5,20 5,17 5,08 6,64 6,40 7,05 1949 - 1955 1956 - 1964 1965 - 1972 1973 - 1983 (West) 1984 - 1990 (West) 1991 - 2009 Frage 4: Für wie viele der Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus trifft es zu, dass die Mieten höher sind als im frei finanzierten Wohnungsbau ähnlicher Lage, und wie ist die Perspektive dieser Relation? Antwort zu 4: Eine aktuelle Mietenauswertung für die Sozialwohnungen nach Lage und Ausstattung liegt nicht vor. Die letzte Auswertung hinsichtlich der Mieten erfolgte durch die Investitionsbank Berlin (IBB) mit Stand Mai 2009. Danach lagen rd. 63 % der Ist-Mieten unterhalb der Mittelwerte gemäß Mietspiegel, bei rd. 37 % wurde der Mittelwert des Mietspiegels überschritten . Frage 5: Welche und wie viele Fälle sind dem Senat bekannt, wo durch die jährlichen 0,13 Cent – Steigerungen im Sozialen Wohnungsbau soziale Härten eingetreten sind und wie reagiert er darauf? Antwort zu 5: Das Eintreten einer sozialen Härte auf- grund des jährlichen planmäßigen Förderabbaus von rd. 0,13 € pro Quadratmeter ist jeweils abhängig von der konkreten Situation des einzelnen Mieterhaushaltes. Weder der Senat noch die IBB führen im Falle von Mietsteigerungen im Umfang des planmäßigen Förderabbaus grundsätzlich eine Prüfung der Einkommensverhältnisse der Mieterhaushalte durch. Für Mieterinnen und Mieter in Objekten ohne Anschlussförderung besteht allerdings auf der Grundlage der in § 2 Gesetz über den Sozialen Wohnungsbau in Berlin – Wohnraumgesetz Berlin - (GVBl. S. 319) normierten Härtefallregelung die Möglichkeit, im Falle mieterhöhungsbedingter sozialer Härten finanzielle Hilfen (Mietausgleich oder Umzugskostenhilfe ) zu erhalten. Frage 6: Welche Schritte hat der Senat unternommen, um im Sinne des Beschlusses 16/2769 (Ziffer 2) des Abgeordnetenhauses , Zitat: „Der Soziale Wohnungsbau (1 Förderweg) in Berlin muss weiterhin seiner Funktion gerecht werden, insbesondere einkommensschwache Haushalte mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Die Mieten im Sozialen Wohnungsbau haben jedoch mittlerweile ein Niveau erreicht, das angesichts der Einkommensschwäche vieler Berliner Haushalte eine undifferenzierte Umlage der planmäßigen Förderkürzungen von 0,13 € pro Quadratmeter und Jahr als nicht mehr sozial vertretbar erscheinen lässt. Ziel ist es deshalb, aus dem System auszusteigen.“ diesen Ausstieg tatsächlich zu erreichen und vor allem soziale Härten zu vermeiden? Antwort zu 6: § 5 Absatz 1 Wohnraumgesetz Berlin bestimmt für Objekte ohne Anschlussförderung im Falle der Zwangsversteigerung, des freihändigen Verkaufs oder des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs das sofortige Ende der öffentlichen Wohnungsbindungen. In diesen Fällen gilt sodann das allgemeine Wohnraummietrecht mit der Bindung an die ortsübliche Vergleichsmiete (Mietspiegel), wodurch für diese Objekte der Ausstieg aus dem bisherigen Kostenmietsystem vollzogen wird. Das Wohnraumgesetz Berlin enthält ferner Regelungen zur Ausweitung der Kündigungs- und Überlegungsfristen für Mieterinnen und Mieter im Falle erheblicher Mieterhöhungen (§ 1) sowie eine Härtefallregelung (§ 2). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 870 Frage 7: Hat das Wohnraumgesetz Berlin vom 1.7.2011 zu dem vorgenannten Ausstieg aus „dem System “ irgendetwas beigetragen? Antwort zu 7: Ja – siehe Antwort zu 6. Frage 8: Wie viele Wohnungen wurden auf Basis des Wohnraumgesetzes bisher barwertig abgelöst, bei wie vielen entfiel bereits die Eigenschaft öffentlich gefördert und für wie viele wurden Vereinbarungen bzgl. der Miethöhen abgeschlossen? Welchen Inhalt haben solche Vereinbarungen? Antwort zu 8: Bisher wurden 17 Kooperationsverträge über die barwertige Rückzahlung des Aufwendungsdarlehens für insgesamt 684 Wohnungen geschlossen. Die Verfügungsberechtigten haben sich in sämtlichen dieser Verträge zur Einhaltung einer von der jeweiligen Wohnlage des Objekts abhängigen Höchstmiete verpflichtet. Für 375 Wohnungen haben sich die Eigentümerinnen und Eigentümer zu Mietsenkungen verpflichtet. Bei barwertiger Rückzahlung des Aufwendungsdar- lehens im Rahmen eines Kooperationsvertrages endet die Eigenschaft "öffentlich gefördert" ab dem Zeitpunkt der Rückzahlung für jede zweite der im Objekt freiwerdenden Wohnung. Mindestens die Hälfte der im Objekt befindlichen Wohnungen unterliegen jedoch weiterhin einer planmäßigen öffentlichen Bindung von 20 Jahren. Bis zum heutigen Stand ist dem bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt geführten Wohnungsbindungskataster noch keine Wohnung gemeldet worden, für welche die Eigenschaft „öffentlich gefördert“ auf der Grundlage eines dieser Kooperationsverträge beendet worden ist. Die Kooperationsverträge stellen eine auf der Grund- lage der §§ 3, 4 und 6 Wohnraumgesetz Berlin - WoG Bln - in Verbindung mit den Aufwendungsdarlehen-Rückzahlungsvorschriften 2011 zwischen dem Land Berlin und dem Verfügungsberechtigten des Objekts geschlossene Vereinbarung dar. Hierin sind jeweils die folgenden Punkte geregelt: - Höhe und Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung des Aufwendungsdarlehens zum Barwert, - Belegungs- und Mietbindungen, - Vorzeitiges Ende der Belegungs- und Mietbindungen für frei werdende Wohnungen, - Mietbindungen (Festlegung einer von der Wohnlage abhängigen Miethöchstgrenze), - Mietbegrenzungen bei Modernisierungsmaßnahmen, - Weitergabe der Verpflichtungen bei Rechtsnachfolge, - Verpflichtungen zur Umsetzung des Kooperationsver- trages, - Unwirksamkeit des Vertrages, Vertragsverstoß und Vertragsstrafe. Frage 9: Welche grundlegenden Planungen verfolgt der Senat zum Umgang mit den Beständen des Sozialen Wohnungsbaus? Antwort zu 9: In seiner Vorlage des Wohnraum- gesetzes Berlin (Abgeordnetenhaus Drucksache 16/4065 vom 14.04.2011, S. 3 - 4) hat der damalige Senat erläutert , dass im Sinne einer Stufenlösung mit dem Gesetzentwurf zunächst einvernehmliche kooperationsvertragliche Einzelfalllösungen angestrebt werden, deren Umsetzung auf einen Zeitraum bis zum Ende des Jahres 2013 begrenzt ist. Danach soll entschieden werden, ob weitergehende gesetzliche Vorgaben notwendig sind. Die in diesem Zusammenhang erforderliche Evaluierung hat der jetzige Senat nunmehr eingeleitet, indem die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hierzu einen Gutachtenauftrag ausgeschrieben hat (siehe dazu Beschlussprotokoll der Sitzung des Hauptausschusses vom 29. August 2012, Tagesordnungspunkt 32). Der Senat geht davon aus, dass die im kommenden Jahr erwarteten Gutachtenergebnisse sowie die öffentliche Diskussion über den Sozialen Wohnungsbau dazu beitragen werden, die Anforderungen an Recht und Finanzierung des Sozialen Wohnungsbaus sowie an die Eigentümerinnen und Eigentümer von Sozialmietwohnungen weiter zu befördern, so dass auf dem Hintergrund der Diskussion voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 dem Abgeordnetenhaus konkrete Vorschläge zur weiteren Beratung zugeleitet werden können. Berlin, den 25. September 2012 In Vertretung G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Okt. 2012) 3