Drucksache 17/ 10 872 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 22. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2012) und Antwort Diskussion über das Werkstatt-Konzept in der Naunystraße? Wer konnte mitreden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Warum haben die ersten Diskussionen über ein neues Konzept der Werkstatt der Kulturen erst in diesem Jahr stattgefunden? Zu 1.: Die Werkstatt der Kulturen ist eine inter- kulturelle soziokulturelle Einrichtung, die vom Senat institutionell gefördert wird. Der Auftrag der Werkstatt hat sich in diesem Jahr nicht verändert. Daher kann auch nicht von einem neuen Konzept gesprochen werden. Allerdings entwickelt die Werkstatt im Dialog mit ihren Nutzerinnen und Nutzern laufend ihre Angebote weiter. So gab und gibt es Veranstaltungen, die von Mieterinnen und Mietern durchgeführt werden, Kooperationsveranstaltungen mit Partnerinnen und Partnern und Veranstaltungen, für die die Werkstatt Gelder akquiriert – z.B. den Karneval der Kulturen, den Musikwettbewerb creole und die Werkstatt Religionen. Um Vereine und professionelle Kulturschaffende aus den unterschiedlichen Minderheiten-Communities zu unterstützen , hat die Werkstatt die Zahl der Veranstaltungen erhöht, für die die Werkstatt die Mittel akquiriert. So wurden Film-, Konzert-, und Lesereihen neu eingeführt. Diese haben auch das Ziel, professionellen Akteuren aus den unterschiedlichen kulturellen Milieus der Stadt auch außerhalb von Festivals Darstellungsmöglichkeiten zu bieten. 2. Warum waren die Communities an den konzep- tionellen Änderungen seit 2006 nicht beteiligt? 3. Falls es frühere Möglichkeiten für die Nutzer und Nutzerinnen gegeben hat an der Konzeptentwicklung zupartizipieren – wo und wie sind sie dokumentiert? Zu 2. und 3.: Bauliche, organisatorische und konzep- tionelle Änderungen wurden von der 2008 berufenen Leiterin der Werkstatt in engem Austausch mit dem Vorstand des Trägervereins sukzessive eingeführt. Im Trägerverein und im Vorstand sind Migrantenvereine vertreten. Seither gab es folgende Änderungen, die die Migranten-Communities betreffen: • Das große, hintere Treppenhaus wurde zum Hauptaufgang, so dass nun nicht über die kleine Wendeltreppe (die als Fluchtweg bestehen bleibt) der große Saal erreicht wird. • Die Bühne im Saal wurde entsprechend um 180 Grad gedreht. • Die Tontechnikerin oder der Tontechniker regeln den Ton vom Saal aus. • Die Vereine können die Küche und das Restaurant (inklusive Gläser und Geschirr) im Erdgeschoss für ihre Buffets nutzen und müssen hierfür nicht mehr den Saal nutzen. • Die Mietpreise sind erhöht worden: Im Saal von 300 € auf 450 €, im Clubraum von 150 € auf 175 €, im Seminarraum 1 von 70 € auf 90 € und in den Seminarräumen 2 bis 4 von 35 € auf 50 €. • Den Mieterinnen und Mietern der Communities werden Veranstaltungsbetreuerinnen und Veranstaltungsbetreuer zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat die Werkstatt seit 2008 eine intensive Zusammenarbeit mit migrantischen Kuratorinnen und Kuratoren aufgebaut, die Stelle eines Fundraisers, der mit und für Vereine Finanzpläne erstellt, eingerichtet und einen wöchentlichen Kinoabend etabliert, feste Konzertreihen für Musikerinnen und Musiker aus den ethnischen Communities angeboten und das Finale des Bundeswettbewerb creole zwei mal nach Berlin geholt und den Wettbewerb insgesamt etabliert. Ein weiteres Beispiel ist die Produktion von mehrfach preisgekrönten Filmen, die in Zusammenarbeit mit Kindern aus unterschiedlichen Schulen gemacht wurden. 4. Warum haben (siehe Drucksache 17/10473) drei verschiedene Veranstaltungen zu diesem Thema stattgefunden ? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 872 Zu 4.: Der Senat begrüßt es, dass die Werkstatt Ver- anstaltungen zum Gedenken an die Mordopfer, die durch Rassisten ums Leben kamen, durchgeführt hat. Für weitere Veranstaltungen gab es keine finanziellen Möglichkeiten. 5. Inwiefern war die Diskussion am 22.01.2012 (siehe Drucksache 17/10473) über das Werkstattkonzept in die Veranstaltung des Migrationsbeirates mit dem Bündnis gegen Rassismus eingebunden? 6. Wie waren die Teilnehmer_innen darüber infor- miert worden, dass es in dieser Veranstaltung die Möglichkeit gab, über die Werkstattnutzung und -konzeption zu sprechen? 7. Warum gab es keine Ankündigung auf der Website? 8. Am 08.05.2012 fand gemäß der oben genannten Drucksache die zweite Diskussion mit den WerkstattNutzer _innen statt: Inwiefern war diese Diskussion in die angekündigte Preisverleihung eingebunden? 9. Wie waren die Teilnehmer_innen darüber infor- miert worden, dass es in dieser Veranstaltung die Möglichkeit gab, über die Werkstattnutzung und -konzeption zu sprechen? 10. Warum gab es keinen Hinweis auf diesen Pro- grammpunkt auf der Website? Zu 5.-10.: Dem Senat ist nicht ersichtlich, weshalb eine „Einbindung“ erfolgen sollte. Siehe im Übrigen insbesondere die Antwort zu Frage 7 der genannten Kleinen Anfrage (Drucksache.Nr. 17/10473). 11. Am 10.05.2012 fand in der Naunystraße die von Kultursprünge e.V. in Kooperation mit der Werkstatt organisierte Diskussion „FACING BLACK PEOPLE“ statt. Inwiefern war die Diskussion über das WerkstattKonzept (siehe Drucksache 17/10473) angekündigt und in die Veranstaltung eingebunden? 12. Wie waren die Teilnehmer_innen darüber informiert worden, dass es in dieser Veranstaltung die Möglichkeit gab, über die Werkstattnutzung und -konzeption zu sprechen? 13. Warum sieht der Einladungstext auf der Website einen derartigen Programmteil nicht vor? Zu 11.-13.: Der Umstand, dass in Berlin zeitgleich in drei Theatern weiße Schauspielerinnen und Schauspieler schwarz geschminkt auftraten (Black Face), hat in den schwarzen Communities zu großem Unmut geführt und auch Medien haben dies aufgegriffen. Die Werkstatt und das Ballhaus Naunynstraße haben auf den Diskussionsbedarf reagiert und die Veranstaltung Facing Black People durchgeführt. Dem Senat ist auch hier nicht ersichtlich , weshalb eine „Einbindung“ erfolgen sollte. 14. Welche Anregungen und Kritikpunkte von welcher Veranstaltung haben zu einer Veränderung in Programm und/oder Organisation der Werkstatt geführt? Zu 14.: Die Werkstatt hat auf häufiger geäußerte Kritik reagiert. Kritisiert wurden: das Fehlen regelmäßig stattfindender Filmveranstaltungen, die Veranstaltungen seien nicht professionell ausgerichtet (schlechter Sound, holpriger Programmablauf, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Besucherinnen und Besucher fehlten, Pappgeschirr, offene Mülltüten), eine nicht aktuelle Internetseite , das Fehlen einer Facebook-Seite, veraltete Programmhefte, keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, begrenzte Sprach- und Kulturkompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, keine regelmäßig stattfindenden Konzerte (da ansonsten lediglich zum Karneval der Kulturen und während des creoleWettbewerbs Musikerinnen und Musiker Auftrittsmöglichkeiten haben). In diesen Fällen hat die Werkstatt Veränderungen eingeleitet. Zudem gibt es häufiger genannte Anregungen, auf die die Werkstatt mangels finanzieller Mittel bisher nicht reagieren konnte: mehr Werbung in Form von Plakaten und Programmheften, regelmäßig stattfindende Empowerment -Trainings für Migrantenorganisationen und regelmäßig stattfindende Lesungen, regelmäßig stattfindende Kulturabende mit aus dem Ausland eingeladenen politisch aktiven Autorinnen und Autoren, Musikerinnen und Musikern, Regisseurinnen und Regisseuren und Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten. 15. Inwiefern waren Senat und Trägerverein in diese programmatischen Diskussionen über die Werkstatt eingebunden ? Zu 15.: Der Senat war über die Steuerung der Zu- wendung durch die Abteilung III der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen - Der Integrationsbeauftragte des Senats - eingebunden, der Trägerverein über seinen Vorstand und seine Mitgliederversammlungen . Berlin, den 20. September 2012 In Vertretung Farhad Dilmaghani Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Sep. 2012) 2