Drucksache 17 / 10 878 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 23. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. August 2012) und Antwort BER-Debakel XIX: Flughafen nicht rollstuhlgerecht geplant? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Für den Bau des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) gilt bauplanungs- und bauordnungsrechtlich Brandenburger Recht. Obwohl eine unmittelbare Zuständigkeit des Senats von Berlin daher nicht gegeben ist, hat der Senat von Berlin ein großes Interesse daran, dass der Aspekt der Barrierefreiheit vergleichbar mit den Standards bei neuen Verkehrsbauten in Berlin berücksichtigt wird. Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) hat dem Senat von Berlin eine Stellungnahme übermittelt , die den Antworten zu den Fragen eins und drei bis sieben zugrunde liegt. 1. Treffen Medienberichte zu, dass Fluchttunnel des neu errichteten Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) nicht rollstuhlgerecht geplant und gebaut wurden? Wenn ja, auf welche Fluchttunnel trifft dies zu? Zu 1.: Es ist zutreffend, dass Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer die vertikalen Rettungswege über Treppenhäuser und die damit verbundenen Fluchtwege aufgrund der vorhandenen Stufen nicht nutzen können. Die zusätzlichen Fluchtwege über Treppenhäuser sind aufgrund der großen Ausdehnung des Gebäudes sowie der Anforderungen an die zulässigen Rettungsweglängen erforderlich. Dabei handelt es sich um eine für Sonderbauten wie Flughäfen (z. B. München Terminal 2) sowie diverse Großmärkte übliche Fluchtweggestaltung. 2. Sieht der Senat damit sein im „Behindertenbericht 2011“ festgehaltenes Ziel, dass „die Belange von mobilitätseingeschränkten Menschen im Planungs- und Ausführungsprozess umfassend zu berücksichtigen “ seien, umfassend erfüllt? Zu 2.: Der Arbeitskreis „Barrierefreies Bauen – BER“, dem auch Vertreterinnen und Vertreter aus Berlin angehören, wurde hinsichtlich der Belange für Menschen mit Behinderung im Planungs- und Ausführungsprozess umfassend einbezogen und in den relevanten Bereichen beteiligt. In der Besprechung am 28.01.2009 wurde dem Arbeitskreis das Brandschutzkonzept für mobilitätseingeschränkte Menschen vom Büro hhp Berlin, das zum damaligen Zeitpunkt von der Flughafen Berlin Schönefeld GmbH (FBS) für den Brandschutz beauftragt war, entsprechend den nachfolgenden Antworten zu den Fragen drei und vier erläutert . 3. Welche Maßnahmen würden in einem Brand- oder Katastrophenfall getroffen, um Rollstuhlnutzer /innen zu evakuieren? Zu 3.: Das Kapitel 5 des Brandschutzkonzeptes für das Terminal BER regelt unter "Rettungskonzept für Rollstuhlnutzer" die Entfluchtung. Das Konzept ist in der Planung umgesetzt und damit Gegenstand der Baugenehmigung, da nach § 45 der Brandenburgischen Bauordnung Gebäude barrierefrei zu sein haben, die dem allgemeinen Besucherverkehr dienen. Danach werden entsprechende Wartezonen vor Aufzügen bzw. in den notwendigen Fluren oder Treppenräumen eingerichtet, in denen eine stabile, raucharme Schichtung sichergestellt ist. Dort sind auch Wechselsprechstellen eingerichtet, die eine Kommunikation zur Sicherheitszentrale / Leitstelle der Feuerwehr gewährleisten. Sollte eine Person nicht eigenständig in den nächsten sicheren Bereich fahren können, so ist eine persönliche Ansprache über die Sprechstellen sichergestellt. Die Leitstelle wird dann die im Gebäude befindlichen Räumungshelferinnen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 878 und Räumungshelfer zu dieser Stelle rufen, ggf. wird auch die Feuerwehr zur weiteren Evakuierung herbeigeholt . Sämtliche Aufzüge verfügen ebenfalls über diese Sprechstellen-Ausstattung. 4. Laut der Antwort der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales auf eine Kleine Anfrage (Drs 17/10138) seien auch Rollstuhlnutzer/innen bei der Gestaltung des BER einbezogen gewesen. Wenn dem so ist, wie erklärt sich der Umstand, dass Fluchttunnel nicht rollstuhlgerecht errichtet worden sein sollen? Zu 4.: Gemäß Auflage aus der Baugenehmigung war die FBB verpflichtet, den Arbeitskreis „Barrierefreies Bauen“ u. a. in die Ausführungsplanung mit einzubeziehen. Daher wurde die Erstellung der Planung für den Neubau des Fluggastterminals BER durch den Arbeitskreis „Barrierefreies Bauen“ begleitet und die Belange von Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzern entsprechend berücksichtigt. Gründe für das gewählte Rettungskonzept für Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer sind zum einen der barrierefreie Ausbau des Fluggastterminals. Danach ist vorgesehen, dass alle öffentlichen Ebenen für Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer über Aufzüge erreichbar sind. Ausgehend von dem Prinzip, dass Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer im Brandfall die Wege nehmen, über die sie in das Gebäude bzw. die einzelnen Ebenen gekommen sind, sind die Aufzüge den Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzern somit als vertikaler Erschließungsweg bekannt und werden daher im Evakuierungsfall bevorzugt aufgesucht. Dementsprechend sind die vorgenannten Wartezonen grundsätzlich an den Aufzügen bzw. in den notwendigen Fluren oder Treppenräumen vorgesehen. Zum anderen empfiehlt die FBB allen Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität, die angebotenen Dienstleistungen zur Betreuung (z. B. Unterstützung beim Ein- und Auschecken, Beförderung zum Sitzplatz im Flugzeug) innerhalb des Flughafens in Anspruch zu nehmen. 5. Wie oft und wann hat sich der „Arbeitskreis barrierefreies Bauen“ seit seiner Einrichtung mit Betroffenen getroffen, um Planungs- und Baumaßnahmen zu erörtern? Wer ist Mitglied dieses Arbeitskreises ? Zu 5.: Im Rahmen des Arbeitskreises „Barriere- freies Bauen“ haben zur Abstimmung der Planung seit dem Jahr 2007 insgesamt 14 Treffen stattgefunden. Im Arbeitskreis sind neben der FBB und dem Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald u. a. der Behindertenverband LDS e. V., die LAG Bau & Verkehr des ABB e. V., der Allgemeine Behindertenverband Land Brandenburg e.V., der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e. V., die Landesbehindertenbeauftragten der Länder Brandenburg und Berlin, die Behindertenbeauftragte des Landkreises Dahme-Spreewald, die AWO Gehörlosenberatung LDS, die REKIS LDS e. V., das Ministerium Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg sowie die Senatsverwaltung für Gesund-heit und Soziales vertreten. 6. Welche Stellungnahmen und/oder Einwände zur Problematik nicht-rollstuhlgerechter Fluchttunnel dieses Arbeitskreises liegen dem Senat vor? (Bitte anhängen ) Zu 6.: Der FBB und dem Senat liegen keine Stellungnahmen und/oder Einwände des Arbeitskreises dazu vor. 7. Sind dem Senat weitere Einrichtungen im Be- reich des BER bekannt, bei denen die Barrierefreiheit nicht oder nur eingeschränkt gewährleistet ist? Zu 7.: Für alle Gebäude im Bereich des Flughafens BER gilt hinsichtlich Barrierefreiheit das Bauordnungsrecht im Land Brandenburg. Alle Einrichtungen im Bereich des BER, bei denen die FBB Antragssteller für die Baugenehmigung war, sind daher gemäß den Vorgaben der Brandenburgischen Bauordnung ausgeführt. Berlin, den 01. Oktober 2012 In Vertretung Michael B ü g e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Okt. 2012) 2