Drucksache 17 / 10 892 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Evrim Sommer (LINKE) vom 29. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2012) und Antwort Clean Tech Business Park an der Bezirksgrenze zwischen Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Treffen Vermutungen zu, dass auf dem geplanten Clean Tech Business Park Marzahn – einem 90-ha-Gelände zwischen Wolfener und Hohenschönhausener Straße an der Bezirksgrenze zwischen den Bezirken MarzahnHellersdorf und Lichtenberg – auch Unternehmen angesiedelt werden sollen, deren Produktionsprofil (Spezialgase , ökologisch riskante Zulieferprodukte, SpezialabfallVerwertung ) für Mensch und Natur problematisch und im Störfall höchst gefährlich werden könnte? Zu 1.: Im genannten Gebiet wird auf einer Fläche von 90 ha ein Bebauungsplan zur Entwicklung eines Industrie- und Gewerbestandortes erstellt. Innerhalb des Geltungsbereiches wird auf einer Fläche von ca. 24 ha die Ansiedlung von Betrieben, die der Störfallverordnung unterliegt und entsprechend dem Leitfaden der Kommission für Anlagensicherheit (KAS-18) einen Schutzabstand von bis zu 200 m zu schutzbedürftigen Nutzungen erfordert, ermöglicht. Der umlaufende Schutzabstand von 200 m wird im Geltungsbereich des Bebauungsplanes gewährleistet . Gleichzeitig werden schutzbedürftige Nutzungen ausgeschlossen. Das jeweilige Vorhaben unterliegt jedoch immer einer einzelbetrieblichen Betrachtung und bedarf einer Genehmigung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. 2. Hält der Senat ein solches gigantisches Projekt mit dem damit verbundenen gewaltigen Verkehrsaufkommen unter dem Aspekt der Abgasreduzierung und des Klimaschutzes noch für zeitgemäß? Zu 2.: Das Projekt wird in einem Gesamtgebiet von insgesamt ca. 750 ha, das bereits seit 1980 im Zuge der Errichtung der Großsiedlungen Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen als großflächiges Industrie- und Gewerbegebiet vorbereitet und erschlossen wurde, verwirklicht . Das Gebiet besitzt eine gute Verkehrsverbin- dung und befindet sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen. Im Bebauungsplangebiet 10-56 war u. a. das ehemalige Klärwerk Falkenberg angesiedelt. Mit der aktuellen Planung des Clean Tech Business Parks auf dieser Fläche wird dem Prinzip der Raumordnung Rechnung getragen, wonach der Wiedernutzung brachliegender Flächen Vorrang vor einer Inanspruchnahme von Freiflächen zu geben ist. Somit kann durch die Entwicklung des Industriestandortes innerhalb des Stadtgebietes und die damit mögliche Nutzung der vorhandenen Infrastruktur von einer Abgasreduzierung als ein Beitrag zum Klimaschutz gesprochen werden. Darüber hinaus werden im Zuge des Bebauungsplanverfahrens umfangreiche naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt und realisiert. Diese umfassen z. B. die Sicherung übergeordneter Grünzüge in ihrer Funktion für den Biotopverbund und die Klimawirksamkeit, die Schaffung neuer Gehölzflächen entlang der Baugebiete, die Sicherung umfangreicher externer Ausgleichsmaßnahmen sowie eine durchgehende ökologische Baubegleitung. Die Schaffung von ausreichenden Industrieflächen (GI) ist eine der vordringlichsten Maßnahmen zur Umsetzung des im Land beschlossenen „Masterplans Industrie “. Ohne Schaffung solcher Flächen sind keine mittleren und größeren Industrieansiedlungen möglich. 3. Wie steht der Senat zu der Tatsache, dass bisher so gut wie keine öffentliche Aufklärung und sachorientierten Debatten zu diesem Vorhaben erfolgten? Zu 3.: Diese Aussage trifft nicht zu. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens erfolgte eine umfassende Information zum Gesamtvorhaben. Allen Bürgerinnen und Bürgern sowie Institutionen wurde die Möglichkeit zur Äußerung gegeben. Es fanden statt - eine außerordentliche Informationsveranstaltung für die Fachaus-schüsse der BVV zur Aufstellung des Bebauungsplanes, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 892 - die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit ge- mäß § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) (Bekanntmach-ung in Tagespresse), - die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB (Bekanntmachung in Tagespresse und Amts-blatt, - die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 4 a Abs. 3 BauGB aufgrund von Änderungen des Bebau-ungsplanentwurfes (Bekanntmachung in Tagespresse und Amtsblatt) und - eine Informationsveranstaltung für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen zu den geplanten Artenschutzmaßnahmen in der Hönower Weiherkette (Anschreiben an alle relevanten Naturschutzverbände, ansässigen Institutionen sowie Wohnungsbauge-sellschaften, Pressemitteilung). 4. Wie beurteilt der Senat den Fakt, dass bislang offensichtlich auch die Lichtenberger Bezirksverwaltung, die Hohenschönhausener Bürgerschaft bzw. Unternehmen über das Projekt nicht in Kenntnis gesetzt wurden, obwohl die mit dem Clean Tech Business Park verbundenen Verkehrs-, Umwelt- und Lärmbelästigungen sowie möglichen problematischen Auswirkungen vor allem die Einwohnerschaft des Dorfes Falkenberg, der Großsiedlungen zwischen Welsekiez und Hauptstraße, das Naturreservat des Barnim-Parks, das Tierheim Falkenberg und z. B. mehrere ökologische Landwirtschaftsbetriebe treffen könnten? Zu 4.: Diese Annahme ist falsch. Im Rahmen der früh- zeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (TÖB) gemäß § 4 Abs. 1 BauGB sowie der TÖB gemäß § 4 Abs. 2 BauGB erfolgte die Beteiligung des Nachbarbezirkes Lichtenberg aufgrund seiner Eigenschaft als regulärer TÖB. Im Ergebnis der Beteiligung erfolgte eine intensive und konstruktive Abwägung im Hinblick auf die Belange des Immissionsschutzgesetzes . So wurden Gebietsausweisungen im nördlichen Geltungsbereich von GI (Industrieflächen) in GE (Gewerbeflächen) geändert und eine Lärmkontingentierung vorgenommen, um Auswirkungen auf die nördlich angrenzenden Wohngebiete zu vermeiden. 5. Welche gesamtstädtischen bzw. überbezirklichen Abwägungen erfolgten vor der Standortgenehmigung und den Investitionsentscheidungen von Land und Bezirk, oder wurden diese Entscheidungen allein unter Berücksichtigung der Tatsache getroffen, dass zwischen dem vorgesehenen Standort des Clean Tech Business Park und der Wohnbebauung auf der Marzahner Seite ein entsprechender räumlicher Abstand besteht? Zu 5.: Die Standortentscheidung wurde durch Bezirk und Senat aufgrund der hervorragenden Standortbedingungen getroffen: - Hohes Potenzial an großen, brachliegenden Flächen mit der Eignung zur Ansiedlung von Betrieben der erneuerbaren Energien (wie z. B. Biogasanlagen, Photovoltaikproduzenten) einschl. erforderlicher Schutzab-stände. - Einbettung in einen überörtlichen Industrie- und Gewerbestandort. - Lage innerhalb störungsunempfindlicher Nachbarnutzungen . - Nähe zu den Großsiedlungen Marzahn und Hohenschönhausen (Arbeits- und Ausbildungsplätze ). - Gute Verkehrsanbindung zum Zentrum wie auch zum Berliner Autobahnnetz. 6. Welche Sicherheits- und anderen Auflagen haben Senat und Bezirksverwaltung Marzahn-Hellersdorf verfügt , damit sowohl eine eventuell akute als auch eine potenzielle Gefährdung der Umwelt, der Wohn- und Produktionsqualität möglichst ausgeschlossen ist? Zu 6.: Bisher wurde noch kein SEVESO-Vorhaben im Plangebiet genehmigt und es laufen auch keine Genehmigungsverfahren, demzufolge wurden auch keine Sicherheitsauflagen erteilt. Der Bebauungsplan ermöglicht auf einer bestimmten Teilfläche die Ansiedlung von SEVESO-Betrieben, die entsprechend dem Leitfaden der Kommission für Anlagensicherheit (KAS-18) einen Schutzabstand von maximal 200 m erfordern. Betriebe, die mit Stoffen arbeiten, welche einen höheren Abstand erfordern, sind im Plangebiet unzulässig. Weiterhin werden im Plangebiet sensible Nutzungen komplett ausgeschlossen. In den angrenzenden Bebauungsplangebieten wurden entsprechende Abstufungen vorgenommen , um dieses Ziel zu unterstützen. 7. Wie will der Senat darauf Einfluss nehmen, dass die Einwohnerschaft, die Unternehmen sowie die entsprechenden Bürgerinitiativen und Naturschutzgremien aus Hohenschönhausen in alle Bürgerbeteiligungsverfahren, die zur Zeit offensichtlich nur für Marzahn-Hellersdorf vorgesehen sind, gleichberechtigt einbezogen sind? Zu 7.: Eine umfassende Information aller Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände und Institutionen wurde im Rahmen der Beteiligungsverfahren sowie in außerordentlichen Informationsveranstaltungen durchgeführt (siehe Antwort zu Frage Nr. 3). Darüber hinaus wird durch den Bezirk über intensive Marketingarbeit regelmäßig in den Medien sowie wirtschaftsorientierten Veranstaltungen über das Projekt informiert. Berlin, den 25. September 2012 In Vertretung Nicolas Z i m m e r ……………………………………… Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Okt. 2012) 2