Drucksache 17 / 10 900 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 30. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2012) und Antwort Islamische Friedhöfe in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Sind die Meldungen zutreffend, dass es in Kürze in Berlin keine ausreichenden Plätze für islamische Bestattungen geben wird? Antwort zu 1: Zurzeit gibt es zwei kommunale Friedhöfe mit speziell ausgewiesenen Grabfeldern für islamische Bestattungen: den Friedhof Columbiadamm im Bezirk Neukölln und den Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau. Auf dem Friedhof Columbiadamm im Bezirk Neukölln werden laut Auskunft der zuständigen Friedhofsverwaltung die Kapazitäten an Grabstätten für islamische Bestattungen Ende Oktober 2012 zunächst vollständig erschöpft sein. Eine Erweiterung des Friedhofs ist aber beabsichtigt, allerdings steht die abschließende planerische Klärung hierzu noch aus. Auf dem Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau werden die ausgewiesenen Grabfelder für islamische Bestattungen laut Auskunft der dortigen Friedhofsverwaltung ebenfalls, voraussichtlich zum Ende des Jahres 2012, belegt sein. Jedoch sollen hier die Möglichkeiten für islamische Bestattungen auf dem Friedhof in Kürze erweitert werden. Frage 2: Sind in diesem Kontext die Meldungen zutreffend, dass eine ursprünglich zugesagte Erweiterung des Friedhofs am Columbiadamm in Richtung ehemaliger Flughafen Tempelhof nicht realisiert wird? Falls ja, mit welcher Begründung? Antwort zu 2: Die Erweiterung des Friedhofs Colum- biadamm wird nach wie vor im Grundsatz unterstützt, jedoch nicht auf der vom Bezirksamt Neukölln favorisierten Fläche, für die es auch keine verbindliche Zusage gab. Dieses Gebiet, die sogenannte Picknick-Area, hat sich wegen des Baumbestandes und der vorhandenen Infrastruktur zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt und soll der Bevölkerung weiterhin zur Erholungsnutzung zur Verfügung stehen. Die Erweiterung des Friedhofs Columbiadamm ist Bestandteil der Gesamtentwicklung Tempelhofer Freiheit, die planerische Klärung dazu ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Lösungen im räumlichen Zusammenhang zum Friedhof werden derzeit mit dem Ziel einer schnellen Bereitstellung weiterer Grabfelder geprüft. Frage 3: Teilt der Senat die Auffassung, dass der - durchaus erweiterbare - islamische Teil des Landschaftsfriedhofs in Gatow wegen der großen Entfernung zu den Wohngebieten keine zumutbare Alternative darstellen kann? Antwort zu 3: Der Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau bietet seit 1988 Grabfelder für islamische Bestattungen an. Von 1991 bis 2004 gab es in Berlin keine entsprechend anderen Grabfelder. Auf Grund seiner Stadtrandlage erfüllt der Friedhof nicht das Kriterium einer wohnortnahen Versorgung mit Friedhofsflächen, insbesondere was die Nähe zu Stadtteilen mit einem hohen islamischen Bevölkerungsanteil betrifft. Von einigen Muslimen und Muslimas wird er jedoch bevorzugt ausgewählt, weil auf den eingerichteten islamischen Grabfeldern zuvor nicht bestattet wurde und eine klare räumliche Trennung zu nicht islamischen Gräbern besteht . Außerdem gibt es auf dem Friedhof die Möglichkeit zur Nutzung einer Räumlichkeit für rituelle Waschungen. Diese Kriterien sind für manche Muslime und Muslimas entscheidende Faktoren, sich im Rahmen einer islamischen Bestattung für diesen Friedhof zu entscheiden. Frage 4: Teilt der Senat die Auffassung, dass mus- limische Einwohnerinnen und Einwohner Berlins, insbesondere auch nach Verabschiedung des Partizipationsund Integrationsgesetzes, einen Anspruch auf entsprechende wohnortnahe Friedhofsflächen haben? Falls, nein, warum nicht? Falls ja, welche Maßnahmen gedenkt der Senats einzuleiten, damit hier schnell sachgerechte Lösungen gefunden werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 900 Antwort zu 4: Die zu verzeichnende steigende Nach- frage nach Möglichkeiten der Bestattung nach islamischen Ritus zeigt, dass Berlin vermehrt zur Heimat vieler Muslime und Muslima wird. Das wird außerordentlich begrüßt. Aufgrund des zunehmenden Bedarfs an Friedhofsflächen für islamische Bestattungen prüft die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, wie dieser Entwicklung unter Berücksichtigung der religiösen und traditionellen Bedürfnissen nachgekommen werden kann. Es wird dabei nicht darauf abgezielt, einen islamischen Zentralfriedhof zu schaffen. Der Senat setzt vielmehr auf eine dezentrale, wohngebietsbezogene Versorgung mit entsprechenden Friedhofsflächen. Neben der Möglichkeit einer Erweiterung für den Friedhof Colmbiadamm wurde und wird auch geprüft, ob es auf anderen Friedhöfen in Berlin Flächenpotentiale für die Einrichtung von islamischen Grabfeldern gibt. Die Friedhofsverwaltungen der Bezirke sind bereits frühzeitig von der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt dazu aufgefordert worden. Eine entsprechende Analyse wurde im März 2012 erstellt. Neben Friedhöfen und Friedhofsteilen in bezirklicher Trägerschaft kommen für die Bereitstellung von Grabfeldern für islamische Bestattungen grundsätzlich aber auch konfessionelle Friedhöfe in Betracht, die sich im näheren Umfeld von Wohngebieten befinden, in denen viele Menschen islamischen Glaubens leben. Eine Klärung der tatsächlichen Nachnutzung christlicher Friedhofsflächen für islamische Bestattungen und deren Trägerschaft kann jedoch nur von den Glaubensgemeinschaften selbst herbeigeführt werden und wird sicher noch einige Zeit beanspruchen.Hier müssen allerdings noch Gespräche insbesondere mit den muslinischen Glaubensgemeinschaften geführt werden, um deren Bedürfnisse angemessen berücksichtigen zu können. Darüber hinaus besteht im Land Berlin auch die Möglichkeit zur Realisierung eines eigenen von Muslimen und Muslimas getragenen Friedhofs. Hier muss sich jedoch erst ein geeigneter Träger herausbilden, der Gewähr dafür bietet, einen solchen Friedhof, der möglichst allen Muslimen und Muslimas der verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam offen stehen sollte, langfristig zu betreiben. Die für das Friedhofswesen zuständige Senatsverwaltung hat hierzu bereits mit interessierten islamischen Organisationen diverse Beratungsgespräche geführt. Berlin, den 14. September 2012 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Okt. 2012) 2