Drucksache 17 / 10 924 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 30. August 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. September 2012) und Antwort Können sich die Jugendämter an Recht und Gesetz halten? Können Berlin und seine Jugendämter die seit 01.07.2012 zwingenden neuen Vorschriften im Vormundschaftsrecht erfüllen? - III Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was hat die zuständige Senatsverwaltung getan, um als rechtlich verantwortlicher und zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe, zu garantieren, dass die Amtsvormünder und Jugendämter den neuen seit wenigen Wochen zwingenden Vorschriften des BGB und SGB VIII, wonach ein vollzeitbeschäftigter Amtsvormund nur noch max. 50 Mündel haben darf, dieser zu seinem Mündel ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen hat und es mindestens einmal monatlich zu besuchen hat, rechtmäßig nachkommen zu können? 2. Wie hoch sind aktuell die Fallzahlen der Amts- vormundschaften pro Bezirk pro Amtsvormund? 3. Wie viele zusätzliche Personalstellen wurden pro Bezirk geschaffen? 5. Welche Veränderungen ergaben sich gegenüber der letzten Abfrage zu den Fallzahlen und wie kam es zu diesen Veränderungen? Zu 1., 2., 3. und 5.: Die Bezirke sind in eigener Zu- ständigkeit gehalten, im Zuge eigenverantwortlich durchzuführender Personalplanungen und -entwicklungen die bezirklichen Jugendämter so auszustatten, dass sie ihre Aufgabe als sozialpädagogische Fachbehörde sachgerecht erfüllen können. Für eine fachgerechte Aufgabenerfüllung sind dabei auch Ausscheidungsplanungen und perspektivische Personalbedarfe angemessen zu berücksichtigen. Ohne dass im Rahmen der Kleinen Anfrage ein voll- ständiger Überblick gegeben werden kann, lässt sich nach Rückäußerungen einiger Jugendämter ableiten, dass derzeit eine Spannweite von 43 – 65 Fällen pro Vollzeitstelle besteht. Zur Realisierung der vorgegebenen Fallzahlobergrenze nutzen die Jugendämter verschiedene Möglichkeiten des Personalmanagements wie innerorganisatorische Umstrukturierungen , Stellenumsetzungen und Finanzierung zusätzlicher Stellen aus Bezirksmitteln. Anhand der aktuellen Bezirksangaben lässt sich eine deutliche Entwicklung und Annäherung an die seit Jahresbeginn geltende Gesetzesnorm erkennen. 4. Welche Qualifizierungsangebote wurden ent- wickelt und wie werden diese angenommen? Zu 4.: Die Jugendämter melden in eigener Zu- ständigkeit ihre fachdienstbezogenen und fachdienstübergreifenden Fortbildungsbedarfe rechtzeitig bei der für die Organisation und Durchführung zuständigen Sozialpädagogischen Fortbildungsstätte Berlin-Brandenburg (SFBB) an. Entsprechende Veränderungs- bzw. Anpassungserfordernisse der Bedarfsanmeldungen, resultierend zum Beispiel aus gesetzlichen Veränderungen im Vormundschaftsrecht , finden hierbei Eingang. Insbesondere mit Blick auf die von den Amtsvormünderinnen und den Amtsvormündern dem Mündel gegenüber zu realisierende Herstellung und Verstetigung einer persönlichen, vertrauensvollen Kontaktausgestaltung werden bereits bestehende Fortbildungsangebote entsprechend erweitert. Hierzu zählen auch zusätzliche Fortbildungsangebote, die beispielsweise der Rollenschärfung und Beziehungsgestaltung und dem Abbau von Schnittstellenproblematiken (Amtsvormundschaftsbereich/Allgemeiner Regionaler Sozialdienst) dienen. Sämtliche Fortbildungsangebote richten sich sowohl an Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger sowie an bereits praxiserfahrene Amtsvormünderinnen und Amtsvormünder . Die von der SFBB für die Fachdienste Kindschaftsrechtliche Beratung und Vertretung (Amtsvormundschaft /Amtspflegschaft) angebotenen Fortbildungsveranstaltungen decken den Bedarf. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 924 6. Haben sich inzwischen die Bemühungen des Landes Berlin, ehrenamtliche Vormünder zu gewinnen verstärkt, wenn ja wie und mit welchem Ergebnis? Zu 6.: Der in der Kleinen Anfrage 17/10105 unter Frage 15 übermittelte Sachstand wird zusammenfassend wie folgt aktualisiert. Neben der Arbeiterwohlfahrt, Landesverband Berlin e.V., die zur Entlastung der bezirklichen Jugendämter seit Jahren die Vereinsvormundschaften und Pflegschaften für ausländische Minderjährige (ohne unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) führt, sind zwischenzeitlich drei weitere eingetragene Vereine auf der Grundlage von § 54 SGB VIII (Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsvormundschaften ) in diesem Segment tätig. Die zum Aufgabenfeld gehörende Anwerbung, Schulung und Begleitung von ehrenamtlich tätigen (potentiellen) Einzelpersonen ist erfahrungsgemäß arbeits- und zeitintensiv, bedarf eines gewissen Vorlaufes, bedarf der Vereinsetablierung bei den Familiengerichten als Alternative im Rahmen der familiengerichtlichen Bestellungspraxis und eröffnet daher den Jugendämtern erst mittelfristig Inanspruchnahmemöglichkeiten, jedoch sind Kooperationsabsprachen zwischen Jugendämtern und diesen Vereinen bereits gängige Praxis. Wenngleich auch die für Jugend zuständige Senats- verwaltung als auch die Jugendämter nach wie vor das Ziel verfolgen, dem gesetzlich vorgegebenen Vorrang der ehrenamtlich zu führenden Einzelvormundschaft stärker als bisher entsprechen zu können, darf nicht verkannt werden, dass die in der Kleinen Anfrage 17/10008 unter Frage 8 aufgezeigten Schwierigkeiten und Hemmnisse, den Familiengerichten geeignete Einzelpersonen zu benennen , nach wie vor gegeben sind. Berlin, den 04. Oktober 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Okt. 2012) 2