Drucksache 17 / 10 932 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 05.September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. September 2012) und Antwort Islamische Bestattungen in Berlin auch zukünftig möglich? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Grabstätten gibt es momentan für islamische Bestattungen? (Bitte nach Bezirken getrennt auflisten.) Frage 2: Wie lange werden die momentan vorhan- denen Grabstätten für muslimische Bestattungen ausreichen ? Antwort zu 1 und 2: In Berlin stehen für Bestattungen nach islamischem Ritus zurzeit auf dem Friedhof Columbiadamm im Bezirk Neukölln sowie auf dem Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau dafür ausgewiesene Grabfelder zur Verfügung. Nach Angaben der Friedhofsverwaltung in Neukölln stehen auf dem islamischen Grabfeld noch 40 Grabstätten zur Verfügung. Es wird eingeschätzt, dass das Grabfeld im Oktober/ November diesen Jahres vollständig belegt sein wird. Auf Initiative der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen fand ein Ortstermin statt zur Identifizierung von gegebenenfalls vorhandenem Reserveflächenpotential im Bestand. Eine Nachverdichtung der bestehenden Grabfelder wurde grundsätzlich nicht ausgeschlossen , bedarf jedoch noch der näheren Prüfung. Darüber hinaus ist eine Erweiterung des Friedhofs beabsichtigt. Die abschließende Klärung steht noch aus. Für den Landschaftsfriedhof Gatow gibt es laut Auskunft der zuständigen Friedhofsverwaltung derzeit ca. 20 freie Grabstätten, die voraussichtlich bis Ende dieses Jahres vergeben sein werden. Jedoch sollen hier die Möglichkeiten für islamische Bestattungen auf dem Friedhof kurzfristig um ca. 2.000 Grabstätten erweitert werden. Frage 3: Wie wird sich der Bedarf in den nächsten zehn Jahren bezüglich islamischer Bestattung entwickeln? Gibt es eine Gesamtstrategie, falls nicht, warum nicht? Antwort zu 3: Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl an Bestattungen nach islamischem Ritus zukünftig in Berlin ansteigen wird, da es durch den demografischen Wandel auch in der islamischen Bevölkerung zu einer höheren Sterberate kommen wird. Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Anteil an Rückführungen von Verstorbenen islamischen Glaubens in ihre Herkunftsländer abnehmen wird. Genau lässt sich diese Entwicklung aufgrund der nicht ausreichend vorhandenen statistischen Daten zu Einwohner-, Sterbe- und Rückführungszahlen von Muslimen in Berlin jedoch nicht beziffern. In den nächsten 10 Jahren wird sich die Anzahl an islamischen Bestattungen aber vermutlich mindestens verdoppelt haben. Um auf diesen zunehmenden Bedarf an Friedhofs- flächen für islamische Bestattungen zu reagieren, setzt der Senat auf eine dezentrales, wohngebietsbezogenes Angebot mit entsprechenden Friedhofsflächen. Neben den zurzeit ausgewiesenen Grabfeldern für islamische Bestattungen auf dem Friedhof Columbiadamm im Bezirk Neukölln und dem Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau gilt es zu prüfen, ob es auch auf anderen Friedhöfen in Gebieten mit einem hohen Anteil an islamischer Bevölkerung Flächenpotentiale für die Einrichtung von islamischen Grabfeldern gibt. Die Friedhofsverwaltungen der Bezirke sind hierzu bereits frühzeitig von der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt aufgefordert worden. Neben Friedhöfen bzw. Friedhofshofsteilen in bezirk- licher Trägerschaft kommen für die Bereitstellung von Grabfeldern für islamische Bestattungen grundsätzlich aber auch konfessionelle Friedhöfe in Betracht, die sich im näheren Umfeld von Wohngebieten befinden, in denen viele Menschen islamischen Glaubens leben. Eine Klärung der tatsächlichen Nachnutzung christlicher Friedhofsflächen für islamische Bestattungen und deren Trägerschaft kann jedoch nur von den Glaubensgemeinschaften selbst herbeigeführt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 932 Darüber hinaus besteht im Land Berlin auch die Möglichkeit zur Realisierung eines eigenen von Muslimen getragenen Friedhofs. Hier muss sich jedoch erst ein geeigneter Träger herausbilden, der Gewähr dafür bietet, einen solchen Friedhof, der möglichst allen Muslimen der verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam offen steht, langfristig zu betreiben. Die für das Friedhofswesen zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat hierzu bereits mit interessierten islamischen Organisationen diverse Beratungsgespräche geführt. Frage 4: In welchen Bezirken plant der Senat auf welchen Flächen die Einrichtung muslimischer Gräberstätten ? Antwort zu 4: Es ist nicht Aufgabe der Senats- verwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, islamische Grabfelder auf Friedhöfen in Berlin einzurichten. Es sind die jeweiligen Friedhofsträger, die zu entscheiden haben, ob und wie eine Ausweisung von Grabfeldern für islamische Bestattungen auf ihren Friedhöfen realiserbar ist. Darüber hinaus besteht im Land Berlin auch die Möglichkeit zur Realisierung eines eigenen von Muslimen getragenen islamischen Friedhof. Wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt, gibt es jedoch bisher dafür noch keinen geeigneten Träger. Frage 5: Mit welchen Vertreterinnen und Vertretern welcher islamischer Vereine und Migranten-Organisationen arbeitet der Senat bei der bedarfsgerechten Planung islamischer Bestattung in Berlin zusammen? Werden Initiativen von Vereinen, Grabstätten zu suchen und zu erreichten, unterstützt? Antwort zu 5: In Berlin gibt es eine Vielzahl an islamischen Gemeinden und Vereine, die sich nur zum Teil zu Verbänden zusammengeschlossen haben. Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Friedhofs- entwicklungsplanes, der 2006 vom Senat beschlossen wurde, wurde die Türkisch-Islamische Union der Anstalten für Religion in Berlin (DITIB) von der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung zu ihren Vorstellungen zu islamischen Bestattungen in Berlin befragt. Eine Antwort blieb aus. Im Berliner Islamforum beim Beauftragten des Senats von Berlin für Integration und Migration, in dem u.a. mehrere islamische Organisationen (Ahmadiyya – Muslimische Gemeinde Berlin, Förderverein alevitisches Gedächtnis, Haus der Weisheit e.V., Initiative Berliner Muslime (IBMUS), Inssan für kulturelle Interaktion e.V., Interkulturelles Zentrum für Dialog und Bildung e.V. (IZDB), Islamische Föderation in Berlin, Islamisches Kultur- und Erziehungszentrum Berlin e.V. (IKEZ), Islamisches Kulturzentrum der Bosniaken in Berlin e.V., Kulturzentrum Anatolischer Aleviten e.V., TürkischIslamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB), Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ), AlHuleh e.V.) sowie die Türkische Gemeinde zu Berlin e.V. und der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg vertreten sind, wurde bereits mehrmals über die Möglichkeiten islamischer Bestattungen in Berlin informiert. Darüber hinaus fanden, wie in der Antwort zu Frage 3 angegeben, von Seiten der für das Friedhofswesen zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bisher Beratungsgespräche mit einzelnen interessierten islamischen Vereinen statt. Frage 6: Gibt es Pläne für interreligiöse Bestattungs- orte? Wenn ja: Wer ist in ihre Entwicklung einbezogen? Wenn nicht: Warum nicht? Antwort zu 6: Auf landeseigenen Friedhöfen in Berlin wird unabhängig von Konfession und Weltanschauung bestattet. Darüber hinaus gibt es neben den zahlreichen landeseigenen sowie evangelischen und katholischen Friedhöfen auch Friedhöfe bzw. Friedhofsteile für Verstorbene des jüdischen, buddhistischen, islamischen und orthodoxen Glaubens wie auch des Humanistischen Verbandes . Diese multikuturelle Friedhofslandschaft wie auch interreligiöse Bestattungsorte werden von Seiten des Senats grundsätzlich begrüßt und unterstützt. Die Anlage eines solchen Friedhofs oder auch eines Friedhofsteiles für Mitglieder verschiedener Kirchen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sollte jedoch von diesen Gemeinschaften selbst ausgehen. Berlin, den 26. Oktober 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................................. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2012) 2