Drucksache 17 / 10 948 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 10. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2012) und Antwort Amtshaftung für Schlaglöcher bzw. mehr Schlaglochsanierung in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Konsequenzen zieht der Senat aus der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 05.07.2012 (Az.: III ZR 240/11), in der das Land Berlin wegen der Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht für einen seit Jahren „desolaten“ Gehweg letztinstanzlich zum Schadensersatz verurteilt wurde? Frage 2: Wie gedenkt der Senat, insbesondere vor dem Hintergrund dieser Gerichtsentscheidung, die ihm nach § 7 BerlStrG obliegende umfassende Abhilfeverpflichtung angesichts des hinlänglich bekannten schlechten Zustands der Berliner Straßen und Wege in Zukunft zu erfüllen? Antwort zu 1. und 2.: Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen einer Einzelfallentscheidung auf die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 5 Berliner Straßengesetz (BerlStrG) abgestellt, wonach der Straßenbaulastträger im Falle eines nicht verkehrssicheren Zustands der Straße für eine alsbaldige Wiederherstellung der Verkehrssicherheit zu sorgen hat. Als Straßenbaulastträger zuständig für die Unterhaltung der Straßen sind grundsätzlich die bezirklichen Tiefbauämter. Diese sind - auch vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung - in eigener Verantwortung angehalten, in vergleichbaren Fällen, in denen eine Straße einen nicht verkehrssicheren Zustand aufweist , für die alsbaldige Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands zu sorgen. Den Bezirken wird zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine Globalsumme im Rahmen des Haushaltsgesetzes zugewiesen . Die interne Verteilung der Globalsumme im Rahmen der Bezirkspläne sowie deren Bewirtschaftung erfolgt grundsätzlich in eigener Verantwortung der Bezirke. Die Zuweisung der Globalsummen kann jedoch mit Auflagen und Leitlinien für die Veranschlagung versehen werden. Seit dem Haushalt 2006/2007 wird hiervon von der Senatsverwaltung für Finanzen im Bereich der Hoch- und Tiefbauunterhaltung Gebrauch gemacht. Ziel der Vorgabe ist es, eine an den aktuellen Gebäudewerten und am Bestand der Straßenflächen ausgerichtete Mindestunterhaltung sicherzustellen. Die Leitlinie für die Höhe der zu veranschlagenden Tiefbauunterhaltung bemisst sich nach der Straßenfläche des jeweiligen Bezirks. Frage 3: Wie beurteilt der Senat in diesem Zusam- menhang die Reduzierung der Mittel des Schlaglochsanierungsprogramms in 2012 von 25 Mio. € auf nur noch 5 Mio. €? Antwort zu 3.: Für das Haushaltsjahr 2012 wurde – anders als in den Haushaltsjahren 2010 und 2011 – kein durch Einsparungen des Gesamthaushalts finanziertes zusätzliches Programm zur Beseitigung von Winterschäden vorgesehen. Es wurde vielmehr eine haushaltsmäßige Vorsorge für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 im Einzelplan 29 der Senatsverwaltung für Finanzen, Kapitel 2910 – Übrige Allgemeine Finanzangelegenheiten –, Titel 72001 – Saisonal bedingte Verstärkung der Tiefbauunterhaltung – in Höhe von jeweils 25 Mio. € getroffen. Die „Freigabe“ dieser Mittel liegt in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Finanzen und richtet sich nach dem tatsächlichen Bedarf. Unter Berücksichtigung des erreichten Standes der Mittelbindungen wurden den Bezirken für die Tiefbauunterhaltung auf Vorschlag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zusätzlich zu den veranschlagten Tiefbauunterhaltungsmitteln in Höhe von 32,5 Mio. € bislang 13,294 Mio. € zur Verfügung gestellt. Die Bereitstellung von zusätzlichen Tiefbauunterhaltungsmitteln (über die regulär in den Bezirkshaushaltsplänen veranschlagten Tiefbaumittel hinaus) ändert jedoch nichts an der Verpflichtung der Bezirke, ihrer Verkehrssicherungspflicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nachzukommen. Entsprechende Vorsorge ist im Rahmen des bezirklichen Globalhaushaltes zu treffen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 948 Frage 4: Wie viele Schadensersatzprozesse sind der- zeit gegen das Land Berlin aufgrund der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auf öffentlichen Straßen und Wegen anhängig? Frage 5: Welche Schadensersatzbeträge werden in diesen Verfahren insgesamt und unterteilt nach Fällen geltend gemacht? Antwort zu 4. und 5.: Der Senat führt hierüber keine Statistik. Gleichwohl war er bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat eine Abfrage bei den Bezirksämtern durchgeführt. Es werden nachstehend die Äußerungen der Bezirksämter wiedergegeben, von denen eine Rückmeldung erfolgte: Bezirksamt (BA) Tempelhof-Schöneberg von Berlin: „Derzeit ist ein Klageverfahren im BA Tempelhof- Schöneberg rechtshängig. Zur Anhängigkeit von Verfahren können diesseits keine Angaben getätigt werden, da diese ja ggf. noch allein beim Gericht liegen. In jüngster Vergangenheit haben wir zwei weitere Verfahren letztendlich beim Landgericht (LG) "verloren". Wir haben nun auch den ersten Fall auf dem Tisch, in welchem eine geschädigte Bürgerin sich auf das unter 1. genannte Urteil bezieht. Inwieweit berechtigt, obliegt der weiteren Prüfung . Im rechtshängigen Klageverfahren geht es um 4.500 Euro zuzüglich Prozesskosten. Die beiden vor kurzem abgeschlossenen Fälle beliefen sich auf 1. ) 1.200 Euro zuzüglich Gutachterkosten und weitere Prozesskosten und 2.) auf ca. 2.000 Euro.“ Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin: „1. Klage LG Berlin Fahrradunfall Schadenersatz/Schmerzensgeld 5.084,17 € 2. Klage LG Berlin Fahrradunfall Schadenersatz/Schmerzensgeld 10.263,82 € 3. Klage LG Berlin Sturz Bürgersteig Schadenersatz/Schmerzensgeld 1.157,50 € 4. Klage LG Berlin Beschädig. KfZ durch Umkippen Verkehrsschild Schadenersatz/Schmerzensgeld 2.258,44 € 5. Klage LG Berlin Schlagloch Fahrbahn Schadenersatz/Schmerzensgeld 2.061,26 €“ Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin: „Bezug nehmend auf Ihre o.g. E-Mail teile ich mit, dass im Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin derzeit ein Vorgang (07/10 (A)) vor dem Landgericht Berlin bezüglich des Vorwurfs der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anhängig ist. Bei diesem Verfahren wird ein Schaden am PKW in Höhe von 3.200,00 Euro und 359,50 Euro Rechtsanwaltsgebühren geltend gemacht.“ Bezirksamt Spandau von Berlin: „Aufgrund von Urlaub und Krankheit der betreffenden Bearbeiterinnen und Bearbeiter ist eine abschließende Stellungnahme nicht möglich. Die Zahl der gerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen ist jedoch gering (aktuell < 5), in den allermeisten Fällen können diese außergerichtlich zurückgewiesen werden.“ Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin: „Bei dem Tiefbauamt Treptow-Köpenick sind zurzeit 5 Schadensersatzprozesse bei Gericht anhängig. Zusätzlich befinden sich noch 25 Anträge in Bearbeitung, über die noch nicht entschieden wurde. Für die anhängigen Gerichtsverfahren werden insgesamt Beträge von rund 31.200 € zuzüglich Zinsen gegen das Tiefbauamt Treptow-Köpenick geltend gemacht. Dabei handelt es sich um Fassadenschäden (20.000 €), Personenschäden wegen Unfällen auf Gehwegen (rd. 9.200 €) und Fahrzeugschäden wegen Unfällen auf Straßen (rd. 2.000 €). Zusätzlich sind für Anwaltsgebühren im Jahr 2012 bereits 1.180 € aufgewendet worden.“ Bezirksamt Pankow von Berlin: „Derzeitig sind gegen das Bezirksamt Pankow drei derartige Schadensersatzprozesse anhängig. Insgesamt geht es bei diesen anhängigen Verfahren um eine Schadensersatzsumme von 8.550,00 € (650,00 €; 6.400,00 € und 1.500,00 €).“ Bezirksamt Reinickendorf von Berlin: „3 Schadensersatzprozesse Gesamt 9.700 € davon 1.400 € 800 € 7.500 €“ Von den übrigen Bezirksämtern liegt keine Stellung- nahme vor. Berlin, den 26. Oktober 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Nov. 2012) 2