Drucksache 17 / 10 951 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 10. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2012) und Antwort Wie werden vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Mieterinnen und Mieter konkret beraten und unterstützt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Wohnungen, deren Mieterinnen und Mieter vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind, betreut die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beauftragte Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und angewandte Stadtforschung e.V. (AG SPAS) und in welchen Bezirken liegen diese Wohnungen ? Antwort zu 1: Die beauftragte AG SPAS betreut Mieterhaushalte in 1.223 Sozialwohnungen, die vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind. Auf die Berliner Bezirke verteilen sich die Wohnungen wie folgt: Friedrichshain-Kreuzberg 714 Wohnungen Mitte 157 Wohnungen Neukölln 54 Wohnungen Pankow 44 Wohnungen Tempelhof-Schöneberg 73 Wohnungen Treptow-Köpenick 181 Wohnungen Frage 2: Mit wem kooperiert die AG SPAS (städtische Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften, Private), um ein Angebot für die Anmietung einer neuen Wohnung zu unterbreiten? Antwort zu 2: Die AG SPAS kooperiert mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften degewo, GEWOBAG, Stadt und Land, GESOBAU, WBM, und HOWOGE sowie mit der privatwirtschaftlichen GSW. Zudem wird bei diversen Wohnungsbaugenossenschaften nachgefragt, sofern die wohnungssuchenden Haushalte daran interessiert und in der Lage sind, die Genossenschaftsanteile aufzubringen. Die AG SPAS kooperiert darüber hinaus auch mit bezirklichen Ämtern (Stadtentwicklungsamt und soziale Wohnhilfe) (z.B. Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg, Treptow-Köpenick), die Zugang zum geschützten Marktsegment oder zu belegungsgebundenen Wohnungen haben. Ferner arbeitet sie mit den Mieterberatungsgesell- schaften in bezirklichen Sanierungsgebieten (zum Beispiel Mieterberatungsgesellschaft Prenzlauer Berg, ASUM) zusammen, die über Kenntnisse des freien Wohnungsbestandes in ihren Gebieten verfügen. Bei konkreten Wohnungsangeboten des freien Woh- nungsmarktes, an denen die betroffenen Wohnungssuchenden ihr Interesse äußern, wird die AG SPAS unterstützend tätig (Kontaktaufnahme zu Hausverwaltungen, Maklern usw.). Frage 3: Wie viele Ersatzwohnungen, bei denen es zum Vertragsabschluss zwischen Mieter und Vermieter kam, konnte die AG SPAS bislang vermitteln und in welchen Bezirken liegen diese? Frage 4: Wie hoch ist der Anteil der Umzüge, die im gleichen Bezirk stattgefunden haben? Antwort zu 3 und 4: Bis zum 31. August 2012 konnten von den 113 Mieterhaushalten mit einem Auszugswunsch mit Unterstützung der AG SPAS 80 Haushalte einen neuen Mietvertrag abschließen. 33 Haushalte benötigen mit Stand 31. August 2012 noch Unterstützung zum Finden einer neuen Wohnung. Eine statistische Erfassung nach Bezirken wurde gegenüber der AG SPAS nicht vereinbart. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 951 Frage 5: Welche Kriterien der Angemessenheit hinsichtlich der Größe der Wohnungen im Verhältnis zur Anzahl der Personen im Haushalt, der Miethöhe und der Lage (z.B. bei Kindern im Haushalt, die eine Grundschule besuchen) werden von der AG SPAS bei der Unterstützung der Suche nach einer Ersatzwohnung angewendet ? Frage 6: Kann angemessener Ersatzwohnraum für Transferleistungsbeziehende innerhalb des Rahmens der WAV in ausreichender Zahl angeboten werden? Wenn ja, in welchen Bezirken liegt dieser; wenn nein, wie wird dann verfahren? Frage 7: Kann angemessener Ersatzwohnraum für Menschen mit Behinderungen in ausreichender Zahl angeboten werden? Wenn ja, wo liegt dieser; wenn nein, wie wird dann verfahren? Antwort zu 5, 6 und 7: Die AG SPAS berücksichtigt die bisherige Wohnungssituation, die dargelegten Wünsche und Erfordernisse für den Ersatzwohnraum sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit der Wohnungssuchenden. Bei Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern nach Sozialgesetzbuch (SGB) II und SGB XII muss die AG SPAS darauf achten, dass der Wohnraum im Sinne der Wohnaufwendungenverordnung und AV Wohnen angemessen ist. Eingeschätzt wird, dass die Mehrzahl der Haushalte, die nur mit Hilfe der AG SPAS einen Ersatzwohnraum finden können, auf Leistungen nach SGB II bzw. SGB XII angewiesen sind. Hauptaufgabe der AG SPAS ist die Beratung und konkrete Hilfestellung der Mieterinnen und Mieter in den vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Wohnhäuser. Eine statistische Erfassung der finanziellen Leistungsfähigkeit oder des Grades der Behinderung ist nicht Vertragsinhalt. Frage 8: Welche Härtefallregelungen finden für die Mieterinnen und Mieter in Seniorenwohnhäusern, anerkannten Projekten des betreuten Wohnens u.ä. Anwendung ? Antwort zu 8: Die Mietausgleichsvorschriften 2011 (MietA-VV 2011) vom 20. September 2011 (ABl. Seite 2345) enthalten abgestufte Härtefallregelungen. Gemäß Nummer 3 Absatz 3 MietA-VV 2011 wird neben den definierten Problemlagen in den einzelnen Haushalten auch ein besonderer Härtefall angenommen, wenn • es sich um ein anerkanntes Projekt des betreuten Wohnens von geistig, seelisch, psychisch oder körperlich behinderten Menschen handelt oder ein anerkanntes Projekt zur Hilfe oder zum Schutz für die Bereiche der Jugend-, Frauen und Sozialpolitik oder • es sich um ein Wohnobjekt handelt, das als Sonderwohnform mit spezieller karitativer, therapeutischer oder altengerechter Zweckbestimmung (z. B. Seniorenwohnhaus ) gefördert wurde. Bei der Einkommensermittlung findet zugunsten der besonderen Härtefälle ein pauschaler Abzug von 10 Prozent statt. Dies bewirkt gegebenenfalls einen höheren Mietausgleichsanspruch oder die längere Möglichkeit zur Bewilligung von Umzugskostenhilfe. Die Höhe des monatlichen Mietausgleichs wird gemäß Nummer 6 Absatz 2 MietA-VV 2011 jeweils nach Ablauf eines Jahres um 20 Prozent des Ursprungsbetrages reduziert . Bei besonderen Härtefällen findet ein reduzierter Abbau von 12,5 Prozent jährlich statt. Insgesamt darf Mietausgleich daher im Normalfall höchstens fünf Jahre und bei besonderen Härtefällen bis zu acht Jahren gewährt werden. Bei Wohngeldempfängerinnen bzw. Wohngeldem- pfängern sowie Leistungsempfängerinnen bzw. Leistungsempfängern nach SGB II und Leistungsempfängerinnen bzw. Leistungsempfängern nach SGB XII wird, soweit sie • in stationären Einrichtungen und ambulanten Diensten nach § 75 Absatz 3 SGB XII leben und deren Betreuung auf Dauer bzw. langfristig angelegt ist, • in Rollstuhlbenutzer-Wohnungen leben oder • pflegebedürftig sind mit Einstufung nach § 15 SBG XI und in eigenen Wohnungen leben, auf die Reduzierung des Mietausgleichs im Leistungszeitraum ganz verzichtet (Nummer 6 Absatz 2 MietAVV 2011). Umzugskostenhilfe kann gemäß Nummer 11 Absatz 1 MietA-VV 2011 regelmäßig bis zum Ablauf des fünften Jahres und bei besonderen Härtefällen bis zum Ablauf des achten Jahres nach Ende der Grundförderung gewährt werden. Frage 9: Wie wird verfahren, wenn für betroffene Mieterinnen und Mieter keine angemessene Wohnung angemietet werden kann? Antwort zu 9: Die AG SPAS ist nur dann in der Lage, betroffene Mieterinnen und Mieter zu versorgen, wenn die Wohnungswünsche (Zimmerzahl, Wohnfläche, Ausstattung, Lage im Haus und gewünschte Umgebung usw.) mit der Personenzahl des Haushalts, ihrer Mietzahlungsfähigkeit (zum Beispiel bei Haushalten, die Leistungen nach SGB II beziehen, Geringverdienern) und den Wohnungsangeboten (zum Beispiel Miethöhe und Ortsbezug) der Gesellschaften kompatibel sind. Die AG SPAS hat keinen direkten Einfluss auf das Zustandekommen eines Mietvertrages zwischen Anbietern und betroffenen Wohnungssuchenden, ist aber vermittelnd tätig. Die Suche nach Wohnraum wird solange fortgesetzt, bis ein Ergebnis erzielt wird. Je nach Einzelfall bemüht sie sich dabei sowohl um ein Entgegenkommen des Wohnungsanbieters als auch um eine realitätsbezogene Reflektion des Mieterwunsches. Im Falle einer drohenden Räumung wird die soziale Wohnhilfe eingeschaltet. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 951 Frage 10: Wird in Einzelfällen die volle Miethöhe aus- geglichen oder lediglich die Differenz bis zum Mietspiegel -Mittelwert? Wenn ja, in wie vielen Fällen ist so verfahren worden? Antwort zu 10: Gemäß Nummer 5 MietA-VV 2011 wird für die Berechnung des Mietausgleichs die Differenz zwischen der bisherigen und der neu zu zahlenden Miete berücksichtigt. Liegt die neu zu zahlendende Miete über dem maßgeblichen Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete im anzuwendenden Berliner Mietspiegel, ist die Differenz bis zu diesem Mittelwert für die Berechnung des Mietausgleichs zu berücksichtigen. Frage 11: Inwieweit handelt die AG SPAS voraus- schauend, indem sie – anhand der Daten zum Zeitpunkt des Endes der Grundförderung der Wohnhäuser und der Zahl der betroffenen Wohnungen – bereits im Vorfeld der zu erwartenden Umzugsgesuche Ersatzwohnraum reserviert o.ä.? Antwort zu 11: Die AG SPAS soll den wohnungs- suchenden Mieterinnen und Mietern unter anderem helfen, Ersatzwohnraum zu finden. Eine Abrede mit den Wohnungsunternehmen bereits perspektivisch Wohnungen frei zu halten, ist nicht möglich, weil sich die Anforderungen an den benötigten Wohnraum nach der konkreten Situation des hilfesuchenden Haushalts richten (zum Beispiel Haushaltsgröße, Einkommen, gesundheitliche Einschränkungen, wesentliche soziale Bezüge). Frage 12: Wie kontrolliert der Senat die Einhaltung der inhaltlichen Vorgaben für Mieterberatung und - unterstützung beim Wegfall der Anschlussförderung durch die beauftragte Beratungsfirma? Antwort zu 12: Vertraglich wurden die von der AG SPAS zu erbringenden Leistungen, wie Mieterinformation , Mieterberatung und Hilfestellung beim Finden von Ersatzwohnraum, bestimmt. In zahlreichen Gesprächen werden auftauchende Probleme, insbesondere hinsichtlich der Leistungserbringung (Finden von Ersatzwohnraum) zielorientiert erörtert. Beschwerden seitens der Mieterinnen und Mieter in den betreuten Objekten, die auf eine Missachtung der inhaltlichen Vorgaben für die Mieterberatung und -unterstützung hinweisen würden, liegen dem Senat nicht vor. Über die erbrachten Leistungen rechnet die AG SPAS einmal monatlich ab. Frage 13: Welches weitere Vorgehen plant der Senat nach Auslaufen des Vertrages mit der AG SPAS am 14. September 2012? Was hat die in Drs. 17/10120 angekündigte Prüfung, ob und in welcher Form eine zusätzliche Beratung für die betroffenen Mieterinnen und Mieter wieterhin notwendig ist, ergeben? Antwort zu 13: Der Senat hat nach Prüfung die zusätzliche Mieterberatung für vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Mieterinnen und Mieter in Sozialwohnungen öffentlich ausgeschrieben. Zur Sicherung der Mieterberatung bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens wurde der bestehende Vertrag mit der AG SPAS um anderthalb Monate bis Ende Oktober 2012 verlängert . Berlin, den 25. September 2012 In Vertretung Ephraim Gothe ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Okt. 2012) 3