Drucksache 17 / 10 960 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Robert Schaddach (SPD) vom 11. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. September 2012) und Antwort Abschiebegewahrsam Grünau Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in den Jahren 2010 und 2011 sowie werden derzeit von der Polizei Berlin im Abschiebungsgewahrsam Köpenick beschäftigt (Aufschlüsselung nach Jahren sowie nach Vollzugsbeamten, PAngGD, Verwaltungsbeamten/- angestellten, soziales und psychologisches Betreuungspersonal )? Zu 1.: Das im Abschiebungsgewahrsam eingesetzte Personal gliedert sich für die Jahre 2010 – 2012 wie folgt: 2010 2011 2012 Stichtag 31.08.2012 Polizeivollzugsdienst 36,00 36,00 31,00 Tarifbeschäftigte Gefangenenwesen 159,82 145,59 139,59 Verwaltung 13,00* 12,00* 9,00* Sonstige 1 (Honorararzt) 1 (Honorararzt) 1 (Honorararzt) Summe Personal 209,82 194,59 180,59 * davon eine Dienstkraft zur sozialen Betreuung der Insassen und eine Psychologin mit Zugleichaufgabe Leiterin der Konfliktkommission. 2. Welche Ausgaben für Personal sind in der Polizei Berlin in den Jahren 2010 und 2011 entstanden? Zu 2.: Für das im Abschiebungsgewahrsam einge- setzte Personal sind im Jahr 2010 Personalausgaben in Höhe von 9.828.354 €, im Jahr 2011 in Höhe von 9.394.430 € entstanden. 3. Welche Ausgaben für Instandhaltung, Reinigung, Verpflegung, Unterbringung und Bewirtschaftung der Liegenschaft „Abschiebungsgewahrsam Köpenick, Grünauer Straße 140“ sind in den Jahren 2010 und 2011 entstanden? Zu 3.: Für das Jahr 2010 entstanden Betriebskosten in Höhe von 747.350,80 €, für das Jahr 2011 in Höhe von 763.841,92 €. 4. Wie hoch waren die Gesamtkosten zur Unter- haltung des Abschiebungsgewahrsams in den Jahren 2010 und 2011? Zu 4.: Die Gesamtkosten zur Unterhaltung des Ab- schiebungsgewahrsams (inkl. Miete in Höhe von 1.547.719,20 €) betrugen für das Jahr 2010 12.123.424 € und für das Jahr 2011 11.705.991,12 €. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 960 5. Gibt es Pläne für eine Schließung des Standortes an der Grünauer Straße und für einen neuen Standort? Gibt es zudem Pläne zu einer Zusammenlegung mit dem Abschiebungsgewahrsam des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt und dbzgl. Verhandlungen mit den zuständigen brandenburgischen Behörden? Zu 5.: Es trifft zu, dass derzeit nach einer wirtschaftlichen Lösung zum Betrieb des Abschiebungsgewahrsams Köpenick gesucht wird. In diesem Zusammenhang fanden Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Landes Brandenburg statt, um die Möglichkeiten einer Kooperation auf dem Gebiet der Abschiebeeinrichtungen zu sondieren. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. 6. Wie viele Menschen befanden sich im November/ Dezember 2002 in Berlin insgesamt in Abschiebehaft (alle anderen Fragen beziehen sich ebenfalls auf diese Monate)? Die Aufteilung soll nach a) Geschlecht b) Altersgruppen c) Nationalitäten erfolgen. Zu 6.: Alter Gesamt <16 16 - <18 18 - 60 >60 572 männliche Personen 1 31 539 1 Nov. 2002 739 167 weibliche Personen 0 11 156 0 493 männliche Personen 0 21 472 0 Dez. 2002 626 133 weibliche Personen 0 7 125 1 November 2002 Dezember 2002 Nation männlich weiblich Nation männlich weiblich Ägypten 1 0 Ägypten 2 0 Albanien 3 0 Albanien 6 0 Algerien 17 0 Algerien 14 0 Armenien 2 0 Armenien 1 0 Aserbaidschan 1 1 Aserbaidschan 4 2 Äthiopien 1 0 Benin 1 0 Benin 2 0 Bosnien 15 3 Bosnien 20 3 Bulgarien 15 36 Bulgarien 24 48 China 2 1 China 3 1 Côte de Ivoire 3 0 Côte de Ivoire 3 0 Dominikanische Rep. 0 1 Deutschland 2 0 Ecuador 1 0 Frankreich 2 0 Eritrea 1 0 Georgien 4 1 Georgien 5 1 Ghana 4 1 Ghana 2 1 Guinea 3 0 Guinea 2 0 Indien 76 0 Indien 81 0 Indonesien 1 0 Iran 1 0 Israel 1 0 Jugoslawien 40 4 Jordanien 1 0 Kamerun 2 0 Jugoslawien 46 9 Kasachstan 0 1 Kamerun 5 1 Kenia 2 0 Kasachstan 0 1 Kirgisistan 0 1 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 960 November 2002 Dezember 2002 Nation männlich weiblich Nation männlich weiblich Kenia 2 0 Kosovo (YU) 7 0 Kolumbien 1 0 Kroatien 4 0 Kosovo (YU) 8 1 Lettland 3 7 Kroatien 6 1 Libanon 13 0 Lettland 3 3 Liberia 1 0 Libanon 12 0 Litauen 5 1 Liberia 2 0 Mali 1 0 Litauen 11 2 Marokko 2 0 Mali 1 0 Mazedonien 8 1 Marokko 1 0 Moldau 9 3 Mauretanien 1 0 Mongolei 4 2 Mazedonien 9 0 Nicaragua 1 0 Moldau 7 1 Nigeria 11 1 Mongolei 9 5 Pakistan 5 0 Nigeria 3 2 Peru 1 0 Pakistan 6 0 Polen 35 12 Peru 1 0 Rumänien 15 7 Polen 47 12 Russland 19 7 Rumänien 27 14 Senegal 1 0 Russland 22 11 Sierra Leone 4 2 Senegal 1 0 Slowakei 1 0 Sierra Leone 7 2 Sri Lanka 3 0 Sri Lanka 4 0 Sudan 1 1 Sudan 0 2 Thailand 0 1 Togo 1 0 Togo 1 0 Tschechische Rep. 0 3 Tschechische Rep. 0 1 Tunesien 4 0 Tunesien 5 0 Türkei 37 0 Türkei 31 0 Ukraine 58 28 Ukraine 47 27 ungeklärt 18 0 ungeklärt 15 1 Usbekistan 2 0 Usbekistan 1 0 Vietnam 35 12 Vietnam 34 6 Weißrussland 4 2 Weißrussland 5 2 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 960 7. Wie lange befanden sich die Abschie- bungshäftlinge durchschnittlich in Abschiebungshaft? Wie viele Personen saßen in den Jahren 2010 und 2011 a) länger als drei Monate, b) länger als sechs Monate, c) länger als zwölf Monate? Zu 7.: Die Verwahrten befanden sich im Jahr 2010 durchschnittlich 36 Tage im Abschiebungsgewahrsam und im Jahr 2011 durchschnittlich 26 Tage. <3 Monate 3 - <6 Monate 6 - <12 Monate >12 Monate männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich Nov. 2010 121 19 20 1 0 0 0 0 Dez. 2010 111 13 21 1 0 0 0 0 Nov. 2011 53 5 1 0 0 0 0 0 Dez. 2011 51 6 1 0 0 0 0 0 8. Wie viele Menschen wurden in Berlin in den Jahren 2010 und 2011 tatsächlich abgeschoben? Die Aufteilung soll ebenfalls nach a) Geschlecht b) Altersgruppen c) Nationalität erfolgen. Zu 8.: Im Jahr 2010 wurden 533 und im Jahr 2011 453 Personen abgeschoben. Die Aufgliederung nach Nationalitäten kann nicht dargestellt werden, weil der Aufwand dafür zu groß ist. Daten zu Geschlecht und Altersgruppen werden statistisch nicht erfasst. 9. Wie viele Menschen in Abschiebungshaft haben gegen ihre Inhaftierung Rechtsmittel eingelegt und wie viele Menschen konnten nach Einlegung von Rechtsmitteln eine Duldung erwirken bzw. aus der Abschiebungshaft entlassen werden? Zu 9.: Daten zu eingelegten Rechtsmitteln und deren Erfolg werden nicht erfasst. 10. Findet eine obligatorische medizinische sowie psychologische Zu- und Abgangsuntersuchung der Abschiebungshäftlinge statt, in deren Rahmen die Zumutbarkeit einer Abschiebung gewährleistet bzw. abgewägt werden kann? Zu 10.: Obligatorische medizinische oder psy- chologische Zu – und Abgangsuntersuchungen werden nicht durchgeführt, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Es wird ein Eingangsgespräch durch den Sanitätsdienst angeboten, bei dem sich neu eingelieferte Insassinnen und Insassen auf freiwilliger Basis zu gesundheitlichen Aspekten äußern und ggf. ihre gesundheitlichen Probleme schildern können. Dabei werden sowohl die medizinischen als auch die sozialpädagogischen und psychologischen Angebote unterbreitet . Es liegt in der freien Entscheidung einer/eines jeden Einzelnen, diese Angebote wahrzunehmen. Die Verwahr-, Flug- und Reisefähigkeit hängt jeweils von der individuellen und aktuellen physischen und psychischen Verfassung des Insassen ab. Die Entscheidung über die Zumutbarkeit der Abschiebung in gesundheitlicher Hinsicht trifft letztendlich der Polizeiärztliche Dienst. 11. Wurde die „Dauerbeleuchtung des Verwahrraums“ zwischenzeitlich aufgehoben, wie von der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter empfohlen? Welche praktischen Konsequenzen erwachsen durch die in der Gewahrsamsordnung vorgenommene Änderung des fraglichen Abschnitts in „Beobachtung bei Nacht“? Zu 11.: Die bisher in der Gewahrsamsordnung enthaltene Dauerbeleuchtung des Verwahrraums war für besondere Ausnahmen bei Häftlingen mit außergewöhnlich hohem Aggressions- bzw. Selbstverletzungspotential vorgesehen. Gleiches gilt für die nunmehr geltende Beobachtung bei Nacht. Nur für diese Fälle ist es unter Vorbehalt der Anordnung durch die Gewahrsamsleitung möglich, ein Notlicht einzuschalten, welches in der Leuchtstärke einem Nachtlicht für Kinder entspricht. In den vergangenen vier Jahren war dies in einem Fall erforderlich, weil eine den Insassen schützende Beobachtung sonst nicht möglich gewesen wäre. 12. Welche Anstrengungen unternimmt die Senatsver- waltung, um den Ausbau der Sport- und Freizeitmöglichkeiten für die Insassen zu ermöglichen? Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zu diesem Zweck eingesetzt? Zu 12.: Die Planung zur Einrichtung eines Kraftraumes ist zurückgestellt worden, weil die Kosten dafür aufgrund der zurzeit sehr geringen Auslastung des Abschiebungsgewahrsams wirtschaftlich außer Verhältnis stehen. Das bestehende Sportangebot (Fußball, Basketball, Tischtennis, Gymnastikraum) kann weiterhin wahrgenommen werden. 4 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 960 Im Abschiebungsgewahrsam gibt es eine weibliche und zwei männliche Polizeibeschäftigte, die zur Sportanleitung qualifiziert wurden. 13. Gibt es regelmäßige und für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Abschiebungsgewahrsams Köpenick verpflichtende interkulturelle Schulungen/ Fortbildungen (Nennung nach Turnus und zeitlicher Umfang)? Wann fand die letzte dieser Schulungen/ Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Abschiebungsgewahrsams Köpenick statt? Von welcher Institution und nach welchen Qualitätskriterien werden diese durchgeführt? Zu 13.: Alle Polizeibeschäftigten im Gefangenen- bewachungsdienst haben im zweijährigen Turnus an einer einwöchigen Fortbildung teilzunehmen. Davon wird ein Tag für die Erweiterung der interkulturellen Kompetenz genutzt. Die letzte Schulung fand vom 27.08.2012 bis zum 31.08.2012 statt. Dieses Themenfeld wird durch den Bereich der politischen Bildung der Landespolizeischule in Zusammenarbeit mit verschiedenen Migrantenverbänden nach den für die Fortbildung üblichen Qualitätskriterien abgedeckt. Berlin, den 7. November 2012 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Nov. 2012) 5 Stichtag 31.08.2012