Drucksache 17 / 10 961 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 12. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. September 2012) und Antwort Veröffentlichung von Verträgen der Daseinsvorsorge Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche von öffentlichen Stellen geschlossenen Verträge unterliegen § 7a (1) des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes (IFG)? Bitte zählen Sie diese je öffentlicher Stelle auf? Zu 1.: Die in § 7a Abs. 1 des Berliner Informations- freiheitsgesetzes (IFG) angesprochenen Verträge zwischen öffentlichen Stellen und Privaten werden nicht zentral bzw. behördenübergreifend erfasst. Potenziell berührt sind sowohl die Hauptverwaltung als auch Bezirksverwaltungen sowie landesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Eine landesweite Abfrage konnte in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgen. Eine vertragliche Übertragung von Unternehmens- beteiligungen in den von § 7a Abs. 1 IFG genannten Bereichen hat es im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Finanzen in den folgenden Fällen gegeben: - Veräußerungen von Aktien der GASAG Berliner Gaswerke AG in verschiedenen Tranchen, d.h. auf die RWE Energie AG sowie die Ruhrgas AG (April 1994), die VEBA Energiebeteiligungs GmbH (Juli 1995), die Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-AG sowie die Gaz de France Deutschland GmbH (März 1998), - Vertrag zur Übertragung der Aktien des Landes an der FHW Fernheizwerk Neukölln AG auf die Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-AG (Juli 1995), - Veräußerung der Beteiligung des Landes an der Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-AG an die PreussenElektra AG, die VIAG AG sowie die Southern Energy Holding Beteiligungsgesellschaft mbH (September 1997), - Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) vom 18. Juni 1999 zwischen dem Land Berlin und der RWE Aqua GmbH sowie der Compagnie Générale des Eaux Deutschland GmbH und deren jeweiligen Muttergesellschaften und weiterhin mit der Allianz Capital Partners GmbH sowie Änderungsvereinbarungen vom 6. Januar 2000, 20. Dezember 2000, 14. Juni 2001, 20. Dezember 2002, 24. Oktober 2003 und 5. Februar 2008. In dem von § 7a Abs. 1 IFG erfassten Bereich der Wasserversorgung/ Abwasserentsorgung wird das Gesetz überlagert durch das per Volksentscheid angenommene „Gesetz für die vollständige Offenlegung von Geheimverträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe “ vom 4. März 2011. Dieses Gesetz verpflichtet in § 1 Abs. 1 zu einer Offenlegung aller Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden, die im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe stehen und zwischen dem Land Berlin sowie den privaten Anteilseignern geschlossen worden sind. 2. Für welche dieser Verträge bzw. welche Vertrags- bestandteile wurde durch den privaten Vertragspartner das Vorliegen von Voraussetzungen nach § 7a (2) IFG dargelegt und anerkannt, sodass kein Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht? Zu 2.: Akteneinsichts- bzw. -auskunftsbegehren gab es in Bezug auf die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe . Alle relevanten Dokumente sind jedoch inzwischen veröffentlicht worden (s. Antwort zu Frage 4a). 3. Für welche dieser Verträge besteht kein öffent- liches Informationsinteresse nach § 17 (3) IFG? Wie genau gestaltet sich das Verfahren nach dem dies festgestellt wird und wie lauten die jeweiligen Begründungen. Zu 3.: Mit Ausnahme des Konsortialvertrages zur Teilprivatisierung der BWB konnte ein öffentliches Informationsinteresse nicht festgestellt werden. Nach Erläuterungen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit Rundschreiben vom 23. November 2010 zu den seinerzeit Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 961 in Kraft getretenen Änderungen des IFG kann ein öffentliches Informationsinteresse im Einzelfall etwa bei einer Vielzahl von Anträgen auf Aktenauskunft oder - einsicht in Verträge vorliegen oder sich sonst aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Die Entscheidung über die Veröffentlichung im konkreten Einzelfall obliegt der jeweiligen öffentlichen Stelle, die die Akten führt. Sollte - über die Teilprivatisierung der BWB hinaus - in weiteren Fällen ein öffentliches Informationsinteresse festgestellt werden, müssten die Vertragspartner über die Rechtslage und die Möglichkeit einer Veröffentlichung informiert werden, um ihnen Gelegenheit zu geben, ein möglicherweise entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse darzulegen. Wenn Bestimmungen eines Vertrages, der - wie in den aufgeführten Fällen - vor Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes vom 8. Juli 2010 geschlossen wurde, der Gewährung von Akteneinsicht oder -auskunft entgegenstehen, sind Nachverhandlungen mit dem Ziel einer Anpassung des Vertrages aufzunehmen. Der Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung der BWB hat insoweit einen besonderen Stellenwert, weil das Land weiterhin zu 50,1% an den BWB beteiligt ist und der Vertrag fortgesetzte Bedeutung für die Tätigkeit des Unternehmens sowie die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Landes Berlin hat. Im Gegensatz dazu haben die anderen, in der Antwort zu 1. genannten Verträge keinen Einfluss auf das aktuelle operative Geschäft der Gesellschaften, da sich das Land dauerhaft von diesen Beteiligungen getrennt hat. Hinzu kommt, dass die damaligen Käufergesellschaften teilweise die von ihnen ursprünglich erworbenen Beteiligungen nicht mehr halten oder selbst in anderen Unternehmen aufgegangen sind. Letzteres trifft auch auf die ehemalige Bewag als Zielgesellschaft zu. 4. Wurden die Verträge, die somit nach § 17 (3) IFG zu veröffentlichen sind, veröffentlicht? Zu 4.: Ja, bezogen auf den Konsortialvertrag zur Teil- privatisierung der BWB. a) Wenn ja, wo? Zu 4a.: Der Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung der BWB kann mit allen Anlagen und sämtlichen, in der Antwort zu 1. genannten Änderungsvereinbarungen im Internet unter „http://www.berlin.de/sen/finanzen/index.html“ eingesehen werden. Zusätzlich ist dort das Protokoll über den Vollzug des Konsortialvertrages vom 18. Juni 1999 veröffentlicht. Die Dokumente können auch auf der Internet-Seite des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgerufen werden. Darüber hinaus sind die genannten Dokumente im Amtsblatt für Berlin als Sonderdruck zur Bekanntmachung in der Ausgabe Nr. 7 vom 17. Februar 2012 (ABl. S. 226) herausgegeben worden. b) Wenn nein, wann ist mit der Veröffentlichung zu rechnen? Zu 4b.: Entfällt (s. Antwort zu 3.). Der Kaufvertrag vom 18. Juli 2012 über den Erwerb des Geschäftsanteils der RWE Aqua GmbH an der RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs GmbH (RVB), mit dem eine teilweise Rekommunalisierung der Berlinwasser-Gruppe beabsichtigt ist und der dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorliegt, ist - obwohl vom Anwendungsbereich des § 7a Abs. 1 IFG nicht erfasst - ebenfalls auf der genannten Internet-Seite der Senatsverwaltung für Finanzen veröffentlicht worden. Berlin, den 26. September 2012 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Okt. 2012) 2