Drucksache 17 / 10 988 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Antje Kapek (GRÜNE) vom 20. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. September 2012) und Antwort Wie weiter mit der IBA 2020 (II)? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wird das von Frau Lüscher auf der Veranstal- tung am 11.9. vorgestellte Schlagwort „Draußenstadt = Drinnenstadt“ das Hauptthema der IBA 2020? Welche Ziele und Maßnahmen verbergen sich hinter diesem Schlagwort? Antwort zu 1: Die Überschrift „Draußenstadt = Drinnenstadt “ ist ein Arbeitstitel. Sie drückt aus, dass sich die Internationale Bauausstellung (IBA) Berlin 2020 im Un- terschied zu den vergangenen IBAs nicht in erster Linie um die vielbeachteten Stadträume der Inneren Stadt kümmern, sondern das Augenmerk insbesondere auf sol- che Räume lenken will, die tatsächlich oder gefühlt „draußen“ liegen, die bislang nicht im Fokus der öffentlichen Aufmerksam stehen. Die Idee ist, mit der IBA exemplarische Lösungen dafür zu erarbeiten, die Verbin- dungen, die Brücken zwischen dem „Drinnen“ und dem „Draußen“ zu stärken und die oft monofunktionalen und/oder ungeordneten Stadträume zu attraktiven, leben- digen Quartieren zu entwickeln. Damit könnte die IBA Ansätze hervorbringen, die einerseits dem drohenden Auseinanderdriften von Stadträumen begegnen, anderer- seits dem steigenden Druck auf die begehrten Wohnvier- tel in der Inneren Stadt etwas entgegensetzen. Als Themenschwerpunkte möglicher Projekte zeich- nen sich in der Diskussion derzeit ab: „Die hybride Stadt“, „Wohnen in Vielfalt“ sowie „Stadt selbst bauen“. Einige IBA-Projekte können voraussichtlich durch öffent- liche Infrastrukturmaßnahmen begleitet werden. Im Übri- gen wird die IBA aber selbst keine baulichen Maßnahmen umsetzen, sondern will in erster Linie den Wettbewerb um gute Ideen und innovative Ansätze in noch näher zu konkretisierenden Disziplinen und Themen befeuern. Frage 2: Welche konkreten Stadträume sieht der Senat für die geplante „Reurbanisierung der Peripherie“ im Rahmen der IBA 2020 vor? Antwort zu 2: Grundsätzlich ist die IBA Berlin 2020 dezentral geplant. Dennoch wird es voraussichtlich einige Projekträume geben, in denen quartiersbezogene Konzep- te bevorzugt umgesetzt werden können und sollen. Im Augenblick werden unterschiedliche Räume auf ihre Eig- nung geprüft. Ein Vorschlag zu diesen Räumen wird Ge- genstand der in Erarbeitung befindlichen Senatsvorlage sein. Eine der interessanten Typologien könnten zum Bei- spiel Großwohnsiedlungen sein. Frage 3: Inwieweit sollen die gewählten Stadträume durch die IBA baulich nachverdichtet werden? Antwort zu 3: Die IBA Berlin 2020 zielt mit der Stra- tegie „Raumstadt“ auf einen sorgfältigen und verantwortlichen Umgang mit der Ressource Fläche. Dies ist im konkreten Fall – sobald die Projekträume der IBA Berlin 2020 definiert sind – öffentlich zur Diskussion zu stellen. Grundsätzlich geht es darum, sorgfältig abzuwägen, wo Flächen mit Blick auf Klimaanpassung oder Lebensquali- tät langfristig freigehalten werden müssen, wo Flächen für zukünftige, noch nicht absehbare Anforderungen gesi- chert werden sollen, wo durch temporäre Nutzungen Stadt „ausprobiert“ werden soll und wo durch eine Bebauung oder Verdichtung ein Mehrwert für die Stadt realisiert werden kann. Eine Nachverdichtung monofunktionaler Wohn- oder Schlafstädte könnte zum Beispiel in diesem Sinne das Ziel verfolgen, eine funktionale Anreicherung zu gewähr- leisten (Einzelhandel, Bildungseinrichtungen, Arbeitsor- te). Die Schaffung zusätzlichen Wohnraums in Bestands- quartieren mit gemischten Typologien aus der Vor- und Nachkriegszeit könnte zur städtebaulichen Aufwertung, etwa durch das Schließen von Raumkanten, oder zur Um- setzung des Ziels einer nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen (Auslastung von Infrastrukturen, Klimaschutz durch kurze Wege, Vermeidung von Zersiedlung). Ein anderes wichtiges Thema der Raumstadtstrategie ist die Reaktivierung von leerstehenden Großimmobilien. Frage 4: Was versteht der Senat unter dem auf der IBA-Veranstaltung am 11.9. vorgestellten Schlagwort der „hybriden Stadt“? Welche konkreten Ziele und Maßnahmen sind damit verbunden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 988 2 Antwort zu 4: „Die hybride Stadt“ steht für das Thema „Mischung“. Urbanität und Lebendigkeit stehen im engen Zusammenhang mit der Mischung von Funktionen, Struk- turen und Nutzungen. In den meist von vornherein mono- funktional geplanten und gedachten Strukturen der Nach- kriegszeit gibt es oft eine „Erlebnislücke“. Es geht der IBA darum, vielfältigere Nutzungsmöglichkeiten für un- terschiedliche Bevölkerungsgruppen zu eröffnen. Projekte könnten sich zum Beispiel mit der Integration von Bil- dungseinrichtungen in die Quartiere, mit der Aktivierung von Grün- und Freiflächen oder mit der Funktionsanrei- cherung in Erdgeschosszonen auseinandersetzen. Frage 5: Wird die IBA 2020 die energetische und städtebauliche Qualifizierung des Wohnungsbestands oder den Neubau den Mittelpunkt stellen? Antwort zu 5: Neben der „hybriden Stadt“ ist ein zweites Thema der IBA Berlin 2020 „Wohnen in Vielfalt “. Damit verbunden ist die Frage, welche Wohnungen, welche Wohngebäude, welche Wohnumfelder wir in Zu- kunft brauchen. Es geht unter anderem um Wohnungs- größen und -grundrisse, um die Bezahlbarkeit von Wohn- raum, um innovative Wohnformen und um den energeti- schen Stadtumbau. Dabei entscheidet sich die IBA Berlin 2020 grundsätz- lich nicht zwischen Neubau und Bestand. In den einzel- nen Themenfeldern geht es darum, Innovationen zu gene- rieren und exemplarische Lösungsansätze für die drän- genden Zukunftsaufgaben zu entwickeln, ob im Neubau oder im Bestand. Für das Thema „Energieeffizienz und Energiewende“ gibt es zum Beispiel im Neubau heute bereits aus technologischer Sicht hinreichend Lösungen. Interessant für die IBA Berlin 2020 sind im Neubau An- sätze, die den Energie-Plus-Standard mit dem Anspruch an bezahlbares Wohnen verknüpfen. Wichtiger in diesem Themenfeld ist – allein mit Blick auf die Größenordnungen – die Ertüchtigung des Bestands. Innovationsbedarf gibt es hier vor allem im Hinblick auf die Frage, wie in Quartieren mit zersplitterten, kleinteiligen Eigentumsver- hältnissen die Umsetzung von quartiersbezogenen Ener- giekonzepten zu organisieren und zu finanzieren ist. Es wurden dazu Studien vergeben, deren Ergebnisse bei ei- ner Veranstaltung am 6. November 2012 in der Alten Zollgarage, Flughafen Tempelhof, öffentlich zur Diskus- sion gestellt wurden. Berlin, den 15. November 2012 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Nov. 2012)