Drucksache 17 / 11 013 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 24. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. September 2012) und Antwort Wird die neue Rundfunkgebühr zum Dogma? (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welcher Gesamthöhe müssen Berliner Kitas ab 01. Januar 2013 den neuen Rundfunkbeitrag zahlen? Zu 1.: Eine Aussage über die Gesamthöhe der Rund- funkbeiträge ab 2013 ist weder für alle Berliner Kitas noch für die Berliner Jugendhilfe insgesamt möglich, da der neue Tarif von der Anzahl der in den Einrichtungen jeweils Beschäftigten abhängig ist. Eine Aussage über die Anzahl der Beschäftigten würde eine berlinweite Erhebung erfordern, die den Rahmen dieser Kleinen Anfrage sprengt. 2. Warum wurde im Rahmen der Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die bisherige Befreiung für gemeinnützige Einrichtungen wie Kitas abgeschafft und mit welcher Begründung hat das Land Berlin dieser Regelung zugestimmt? Zu 2.: Nach derzeitiger Rechtslage werden Kitas als Einrichtungen der Jugendhilfe gemäß § 5 Abs. 7 Nr. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) auf Antrag von der Rundfunkgebühr befreit. Voraussetzung ist, dass die Einrichtung gemeinnützig ist (§ 5 Abs. 8 RGebStV) und dass sie die Rundfunkgeräte für den betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt bereithält. Eine Befreiung scheidet aus, sofern die Rundfunkgeräte im wesentlichen Arbeitsmittel der Betreuungspersonen sind. Folglich kann nach derzeitigem Rundfunkgebührenrecht in Kitas der Personal-PC (als neuartiges Rundfunkempfangsgerät ) ebenso gebührenpflichtig sein wie Autoradios in Transportfahrzeugen. Eine vollständige Rundfunkgebührenfreiheit von Kitas besteht somit nach derzeitigem Recht nicht. Durch den Wegfall des Gerätebezuges konnte die vorgenannte , spezielle Befreiungsmöglichkeit nicht auf das neue Beitragsrecht übertragen werden. Aufgrund des Systemwechsels kann es zukünftig weder darauf ankommen , ob eine Einrichtung Rundfunkgeräte hat noch ob sie diese im Rahmen ihres gemeinnützigen Zweckes nutzt. Gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind jedoch auch nach dem neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) privilegiert: Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RBStV haben sie unabhängig von der Anzahl der dort Beschäftigten für die Betriebsstätte maximal einen Rundfunkbeitrag zu entrichten (17,98 €/Monat). Sind in der Betriebsstätte weniger als neun Personen beschäftigt, fällt lediglich ein 1/3-Beitrag an (5,99 Euro/Monat). Das bedeutet einerseits, dass diese Einrichtungen von der im nicht-privaten Bereich ansonsten geltenden Mitarbeiterstaffel ausgenommen sind, die je nach Anzahl der Beschäftigten zu mehrfachen Beiträgen führen würde, und andererseits, dass es bei kleinen Betriebsstätten beim Eingangssatz der Mitarbeiterstaffel von einem Drittel des Rundfunkbeitrags bleibt. Ferner sind als weitere Ausnahme zugleich alle auf die Einrichtung zugelassenen Kraftfahrzeuge mit abgegolten. Mit Blick auf die Ziele der Beitrags- und Ertragsstabilität haben die Länder von einer gänzlichen Befreiung sämtlicher gemeinnützigen Einrichtungen abgesehen und eine gleichmäßige Belastung angestrebt, in dem die in § 5 Abs. 3 genannten Einrichtungen zwar im Prinzip zahlungspflichtig sind, jedoch ihr Beitrag je Betriebsstätte unter Einschluss sämtlicher Fahrzeuge auf maximal einen Rundfunkbeitrag gedeckelt wird. 3. In welcher Art und Weise sowie Höhe ist im Kostenblatt zur Kita-Finanzierung finanzielle Vorsorge für diese Beitragspflicht getroffen worden bzw. woher soll die Finanzierung kommen und zu wessen Lasten soll sie gehen? Zu 3.: Die auf der Basis der Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag) erfolgende pauschalierte Gutscheinfinanzierung berücksichtigt den Rundfunkbeitrag in den Kostenblättern nicht gesondert. Die künftigen Rundfunkbeiträge sind jedoch ebenso wie die derzeitigen Rundfunkgebühren Bestandteil der allgemeinen Betriebskosten . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 013 2 4. Wie bewertet der Senat Positionen, wonach die Erhebung eines Rundfunkbeitrags von öffentlich finanzierten Einrichtungen wie den Kitas einer Finanzierung nach dem Prinzip „Rechte Tasche – Linke Tasche“ gleiche, da die Einnahmen aus öffentlich finanzierten Einrichtungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überwiesen werden ? Zu 4.: Der in Deutschland aus verfassungsrechtlichen und in unserer Geschichte liegenden Gründen staatsfern ausgestaltete öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zwar auf gesetzlicher Grundlage finanziert, erhält jedoch keine staatlichen Gelder. Weder die jetzige Rundfunkgebühr noch der zukünftige Rundfunkbeitrag sind Bestandteil irgendeines staatlichen Haushaltes. 5. Welche Initiativen gedenkt der Senat zu ergreifen, um eine Beitragsfreiheit für die öffentlich finanzierten Berliner Kitas auch künftig zu ermöglichen und wird er entsprechende Initiativen der Wohlfahrtsverbände unterstützen ? Zu 5.: Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag tritt zum 1. Januar 2013 in Kraft. Naturgemäß liegen noch keine IstZahlen über Mehr- oder Minderbelastungen vor. Der Staatsvertrag wird jedoch nach dem für Anfang 2014 zu erwartenden 19. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) einer umfassenden Evaluierung unterzogen, in deren Rahmen die Anknüpfungspunkte für die Beitragspflicht und etwaige Mehr- oder Minderbelastungen geprüft werden. Hierbei wird auch die Entwicklung des Anteils der öffentlichen Hand an den Gesamterträgen evaluiert. Ob und welche Konsequenzen daraus für die Zukunft zu ziehen sein werden, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen . Der Rundfunkbeitrag als neues Finanzierungsmittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist insgesamt kostenneutral konzipiert. Dies gilt auch für die Anteile der Privaten, der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors am Gesamtbeitragsaufkommen. Aufgrund des Wechsels des Anknüpfungspunktes der Zahlungspflicht können sich jedoch für den einzelnen bisherigen Gebührenzahler Veränderungen ergeben; das gilt auch innerhalb der öffentlichen Hand. Bei einem Systemwechsel lässt sich dies nicht vermeiden und die Länder haben auch aus Gründen der Akzeptanz der neuen Rundfunkfinanzierung bewusst davon abgesehen, sich durch rein am Ergebnis orientierte Ausnahmevorschriften punktuell zu begünstigen . 6. Wie hoch werden nach Kenntnis des Senats die Gesamtaufwendungen sein, die Einrichtungen der Jugendhilfe insgesamt in Berlin nach den neuen Finanzierungsregelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab 2013 zahlen müssen und wer wird dafür aufkommen? Zu 6.: Siehe Beantwortung von Frage 1. Berlin, den 12. Oktober 2012 K l a u s W o w e r e i t Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Okt. 2012)