Drucksache 17 / 11 028 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Krüger (CDU) vom 25. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. September 2012) und Antwort Pflegestellen bzw. Pflegefamilien für Kinder und Jugendliche in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist die aktuelle Zahl von Pflegestellen in den einzelnen Bezirken derzeit ausreichend? 3. Gibt es dafür Anzeichen, dass in naher Zukunft mit einem Ansteigen des Bedarfs zu rechnen ist? 5. Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Ge- winnung übernahmebereiter Familien derzeit? Zu 1., 3., 5.: Am Stichtag 31.12.2011 waren 2.681 Kinder in ca. 1.300 Pflegefamilien untergebracht, davon 1.575 Kinder in einer auf längere Dauer angelegten Vollzeitpflege , 1.006 hatten einen erweiterten Förderbedarf, 193 waren in einer befristeten Vollzeitpflege und 14 Kinder wurden im Rahmen der Krisenpflege betreut. Der Anteil der Vollzeitpflege auf Grundlage des § 33 SGB VIII an allen stationären Hilfen zur Erziehung in Berlin beträgt 30 %. Für bestimmte Zielgruppen wie z.B. für kleine Kinder in Krisensituationen und für Kinder/Jugendliche mit Migrationshintergrund fehlen geeignete Pflegefamilien. Am 31.12.2011 wurden rund 345 kleine Kinder in der Altersgruppe 0 - 6 Jahre in Heimen betreut. Abzüglich der Kinder, für die eine Vollzeitpflege nicht die geeignete Hilfe darstellt, besteht ein Bedarf von ca. 200 weiteren Unterbringungen pro Jahr im Rahmen der Vollzeitpflege. Der Bedarf an Vollzeitpflegestellen ist seit mehreren Jahren annährend konstant. Der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung liegen keine Anzeichen für ein Ansteigen des zuvor dargestellten Bedarfs in naher Zukunft vor. Die Entscheidung, Pflegeeltern werden zu wollen, ist immer auch abhängig von den konkreten Lebenssituationen der Familien (z.B. in Hinblick auf die Einkommens - und Wohnungssituation) und den allgemeinen Unterstützungsleistungen für Familien. Aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen, ist es in Großstädten schwieriger, neue Pflegefamilien zu finden. Potenzielle Pflegeeltern müssen ferner bestimmte Voraussetzungen erfüllen und persönlich geeignet sein, um ein Pflegekind aufnehmen zu können. Die Pflegeeltern müssen eine fördernde und annehmende Beziehungsbasis aufbauen können und sich dennoch klar sein, dass die Aufenthaltsdauer des Pflegekindes in der Familie unbestimmt ist. Weitere Anforderungen an Pflegeeltern sind die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung im Hilfeplanungsprozess, die Kooperation mit dem Jugendamt und mit weiteren Diensten sowie die Aufrechterhaltung des Kontakts zu den Herkunftseltern. Auf diese Anforderungen werden sie in einer Schulung vorbereitet und laufend durch die Pflegekinderdienste der Jugendämter bzw. der Pflegekinderdienste der freien Träger unterstützt. Die Erfahrungen zeigen, dass neben allgemeinen und zielgruppenspezifischen Werbekampagnen, die sich z.B. an Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Paare und Familien mit Migrationshintergrund richten, die kontinuierliche und qualifizierte Begleitung von Pflegefamilien entscheidend ist. Die Prozesse zur Qualitätsentwicklung dieses Dienstes beziehen sich deshalb insbesondere auf berlineinheitliche Verfahren und Standards sowie auf die Intensivierung der Werbung. 2. Gibt es ggf. in einzelnen Bezirken Wartelisten für Kinder und Jugendliche; wie sind diese bis zum Übergang in eine Pflegefamilie untergebracht? Zu 2.: Wenn es nicht gelingt, eine geeignete Vollzeit- pflegestelle zu finden und das Kind bzw. der Jugendliche nicht mehr in seiner Herkunftsfamilie verbleiben kann, erfolgt eine Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung im Rahmen der stationären Hilfe zur Erziehung nach § 27 ff Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII). Bei der Unterbringung von kleinen Kindern werden insbesondere familienanaloge Betreuungssettings ausgewählt . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 028 2 4. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Bezirke bei der Zuordnung von Kindern und Jugendlichen zu Pflegefamilien? 6. Auf welche Weise unterstützt der Senat die Be- zirke bei der Bewältigung dieser Aufgaben? Zu 4. und 6.: Der Prozess der Auswahl und Ver- mittlung eines Kindes in eine Pflegefamilie im Rahmen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII ist fachlich eine Kernaufgabe des Jugendamtes und zentral für das Gelingen der Hilfe. Grundlagen und Standards dazu sind in den Ausführungsvorschriften über Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege und teilstationäre Familienpflege geregelt. Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat darüber hinaus in einer Arbeitsgruppe mit den Bezirken fachliche Standards zur Vollzeitpflege in Berlin erarbeitet und die zentralen Schlüsselprozesse in den Pflegekinderdiensten (z.B. Überprüfung von Bewerberinnen und Bewerbern zur Vollzeitpflege, Vermittlung eines Pflegekindes und Beratung und Begleitung in der Pflegekinderhilfe) gemeinsam mit den Bezirken entwickelt und erläuternde Arbeitsblätter erstellt, die diese Prozesse strukturieren helfen. Im Fach- und Finanzcontrolling Hilfe zur Erziehung wurde ferner das gemeinsam mit den Bezirken erarbeitete einheitliche Aufgabenprofil für die Pflegekinderdienste beschlossen. In einem weiteren Schritt beteiligen sich neben der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung 4 Bezirke (mit unterschiedlicher organisatorischer Anbindung der Pflegekinderdienste) ab dem 3. Quartal 2012 an dem extern unterstützten Projekt „Optimierung der Geschäftsprozesse im Jugendamt“, um die Vereinheitlichung der komplexen Geschäftsprozesse im Bereich der Pflegekinderdienste nachhaltig sicherzustellen und somit die Vollzeitpflege in Berlin weiter zu stärken. Berlin, den 12. Oktober 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Okt. 2012)