Drucksache 17 / 11 032 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 27. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. September 2012) und Antwort Wie viel Kundschaft braucht ein Schwimmbad? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Gründe waren und sind ursächlich für die Entscheidung der BBB, die Schwimmhalle in der Sewanstraße auch im Herbst/Winterbetrieb an den Wochenenden nur noch sonntags zu öffnen? Zu 1.: Ursächlich für die Entscheidung der Berliner Bäder-Betriebe (BBB), die Schwimmhalle in der Sewanstraße auch im Herbst-/Winterbetrieb an den Wochenenden nur noch sonntags zu öffnen, war der Rückgang der Besucherzahlen. Bereits ab September 2006 musste - aufgrund der sehr geringen Nachfrage und der damit verbundenen rückläufigen Besucherzahlen - auf die Samstagsöffnung in der Schwimmhalle Sewanstraße verzichtet werden, da die hierdurch entstandenen Betriebsverluste wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten waren. Die - bereits vor der Sanierung - geringen Besucherzahlen rechtfertigten in keiner Weise weiterhin eine Öffnung der Schwimmhalle an beiden Wochenendtagen. Die Frequentierung dieser Schwimmhalle, aber auch anderer Bäder, war an den Samstagen so gering, dass sich die BBB veranlasst sahen, die Samstagsöffnung in einigen Bädern einzustellen. Im Ergebnis dieser Entscheidung haben sich die Besucherinnen und Besucher der Schwimmhalle Sewanstraße von Samstag auf Sonntag umorientiert bzw. sind samstags auf die Schwimmhallen Anton-Saefkow-Platz und „Helmut Behrendt“, am Helene-Weigel-Platz, ausgewichen. Vor der Entscheidung, die Schwimmhalle Sewan- straße samstags nicht mehr zu öffnen, lagen die Besucherzahlen an Samstagen ganztags nur zwischen 45 und 65 Personen; zu einigen Tageszeiten lediglich sogar nur im unteren einstelligen Bereich. Die aktuellen Besucherzahlen an Sonntagen zeigen dagegen eine deutlich bessere Auslastung, schwanken allerdings sehr, wie den unten aufgeführten Beispielen zu entnehmen ist. Besucherinnen und Besucher in den Monaten: Februar 2012: September 2012 05.02.2012: 119 09.09.2012: 89 12.02.2012: 225 16.09.2012: 138 19.02.2012: 339 23.09.2012: 147 26.02.2012: 232 30.09.2012: 119 Gemäß Angaben der BBB steigen die jeweiligen Zahlen erfahrungsgemäß ab dem Monat September an und liegen in den Monaten November bis Februar an den Sonntagen durchschnittlich bei etwa 220-230 Besucherinnen und Besuchern. Unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichts- punkte ist eine Öffnung dieser Schwimmhalle angesichts dieser Besucherzahlen an beiden Wochenendtagen nicht zu vertreten. 2. An welchen Kriterien orientieren sich die BBB bei der Entscheidung, welche Besucherzahlen eine Öffnung rechtfertigen? Zu 2.: Die BBB orientieren sich im Einklang mit dem Bäder-Anstaltsgesetz (BBBG) an der örtlichen Versorgungssituation im Einzugsgebiet, an der Nutzerstruktur und an kaufmännischen Grundsätzen. 3. Wann „rechnet“ sich die Öffnung einer Schwimm- halle für die BBB bzw. wie viele Nutzer/innen bräuchte die Schwimmhalle in der Sewanstraße, um eine Öffnung am Sonnabend zu realisieren? 4. Welche Einsparungen erzielen die BBB am Stand- ort Sewanstraße durch die Schließung am Sonnabend? Zu 3. und 4.: Für eine Schwimmhalle mit 25-m- Becken, wie in der Sewanstraße, sollten bei 8 Betriebsstunden (Einschichtbetrieb) wenigstens 150-200 zahlende Badegäste anwesend sein. Eine Kostendeckung kann allerdings hierbei nicht annähernd erreicht werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 032 2 Zu berücksichtigen ist ein effizienter Einsatz von Ressourcen, insbesondere des Personals. Eine Öffnung des Bades am Samstag würde zusätzliches Personal erfordern (2-3 Beschäftigte bei einer Öffnung im Einschichtbetrieb ) und wäre wirtschaftlich nur mit einem signifikanten Besucher- bzw. Einnahmezuwachs vertretbar. Dies ist nicht zu erwarten. Es ist erfahrungsgemäß eher mit einer „Wanderung“ bzw. einem Ausweichen der Besucherinnen und Besucher auf andere Schwimmhallen bzw. auf andere Öffnungszeiten zu rechnen (vgl. Beantwortung zu 11.). 5. Welche weiteren Schwimmbäder sind nach Einschätzung der BBB wegen zu geringer Besucherzahlen nur eingeschränkt geöffnet? Zu 5.: Da die Besucherzahlen samstags in fast allen Bädern sukzessive zurückgegangen sind, wurde der Badebetrieb am Samstag auch in den Schwimmhallen Buch, Fischerinsel, Zingster Straße und in der Kleinen Schwimmhalle Wuhlheide eingestellt. Folgende 25 Schwimmhallen können am Samstag noch besucht werden: Bad-Nr. Bad-Name Öffnungszeiten am Samstag 1 Stadtbad Mitte 14:00 - 21:00 4 Stadtbad Tiergarten 09:00 - 17:00 9 Kombibad Seestraße - Hallenbad 09:00 - 15:00 12 Schwimmhalle Ernst-Thälmann-Park 06:30 - 14:00 14 Schwimmhalle Holzmarktstraße 09:00 - 17:00 15 Bad am Spreewaldplatz 11:00 - 18:30 18 Stadtbad Schöneberg 09:00 - 22:30 19 Sport- und Lehrschwimmhalle Schöneberg 07:00 - 12:00 21 Stadtbad Charlottenburg - Alte Halle 15:00 - 22:00 22 Stadtbad Charlottenburg - Neue Halle 06:30 - 14:00 26 Stadtbad Spandau-Nord 09:00 - 18:00 29 Stadtbad Wilmersdorf I 07:00 - 18:00 34 Schwimmhalle Hüttenweg 14:15 - 21:00 36 Paracelsus-Bad 09:00 - 22:00 38 Stadtbad Märkisches Viertel 08:00 - 15:00 42 Stadtbad Lankwitz 09:00 - 22:30 47 Kombibad Mariendorf - Hallenbad 08:00 - 15:00 49 Stadtbad Neukölln (Kleine und Große Halle) 09:00 - 22:30 54 Schwimmhalle Baumschulenweg 08:00 - 12:30 61 Schwimmhalle Allendeviertel 08:00 - 16:00 65 Schwimmhalle Anton-Saefkow-Platz 08:00 - 22:00 71 Schwimmhalle am Helene-Weigel-Platz „Helmut Behrendt“ 10:30 - 17:00 75 Schwimmhalle im Sportforum Hohen-schönhausen 07:00 - 15:30 76 Schwimmhalle Kaulsdorf 10:00 - 17:00 79 Schwimm- und Sprunghalle im Europasport-park (SSE) 12:00 - 19:00 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 032 3 6. Auf welcher Rechtsgrundlage entscheiden die BBB über ihrer Meinung nach bedarfsgerechte Öffnungszeiten und wer ist an dieser Entscheidung zu beteiligen? Zu 6.: Die BBB handeln auf der Grundlage des Gesetzes über die Anstalt öffentlichen Rechts Berliner Bäder-Betriebe (Bäder-Anstaltsgesetz – BBBG). Die Anstalt hat ihre Aufgaben nach kaufmännischen Grundsätzen, unter Beachtung gemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte sowie unter Berücksichtigung sozial-, umwelt- und strukturpolitischer Grundsätze zu erfüllen. Die Öffnungszeiten der Schwimmhallen werden jedes Jahr im Rahmen der Sitzungen mit den Regionalen Beiräten besprochen. Hinsichtlich der Samstagsschließung der Schwimmhalle Sewanstraße wurden seit 2006 keine Einwände seitens der Regionalen Beiräte erhoben. 7. Warum haben sich die BBB entschieden, auf eine Öffnung am Sonnabend zu verzichten, statt für den Besuch der Schwimmhalle vor Ort und in der Nachbarschaft aktiv zu werben? Zu 7.: Eine erneute Öffnung der Schwimmhalle am Samstag würde - nach Angaben der BBB - voraussichtlich nicht zur Verbesserung des wirtschaftlichen Ergebnisses der Schwimmhalle führen, da sich die Besucherzahl am Wochenende mindestens verdoppeln und auf beide Wochenendtage gleichmäßig verteilen müsste. Dies ist jedoch , auch bei Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahme , erfahrungsgemäß nicht zu erwarten. (Vgl. Antwort zu 4.) 8. In welcher Art und Weise sind die BBB vor der Entscheidung über eine Schließung am Sonnabend auf den Bezirk Lichtenberg zugegangen, um auf die Situation aufmerksam zu machen und gemeinsame Überlegungen für eine stärkere Auslastung anzustellen? 9. War die „Sonnabend-Schließung“ Gegenstand einer der Sitzungen des zuständigen Regionalbeirats der BBB? Wenn ja, wie stand bzw. steht dieser zur Sonnabend-Schließung? Zu 8. und 9.: Ansprechpartner bei der Gestaltung der Öffnungszeiten sind die Regionalen Beiräte. In den jeweiligen Sitzungen werden Veränderungen der Öffnungszeiten und der Belegungen durch Schulen und Vereine gemeinsam diskutiert. Der damalige Vertreter des Bezirksamtes Lichtenberg hatte die im Jahr 2006 getroffene Entscheidung nicht bemängelt. Auch in den nachfolgenden Jahren wurde die Samstagsschließung der Schwimmhalle Sewanstraße vom Bezirk nicht thematisiert . 10. Wie bewerten die BBB den Beschluss der BVV Lichtenberg im Hinblick auf die Wiedereinführung einer Öffnung am Sonnabend und warum nutzen die BBB diesen Beschluss nicht, um mit dem Bezirk ins Gespräch zu kommen? 11. Unter welchen Voraussetzungen sind die BBB bereit, den Betrieb der Schwimmhalle in der Sewanstraße am Sonnabend wieder aufzunehmen? Zu 10. und 11.: Die Kosten für eine Erweiterung der Öffnungszeiten können nicht durch die zu erzielenden Einnahmen gedeckt werden. Die BBB werden dieses Thema im Rahmen der nächsten Sitzung des Regionalen Beirats erneut beraten und seitens des Bezirksamtes eingebrachte Vorschläge, unter Berücksichtigung der kaufmännischen Grundsätze, prüfen. Vorbehaltlich der Ergebnisse der Beratung im Regionalen Beirat ziehen die BBB derzeit eine Wiedereinführung der Samstagsöffnungszeit für die Schwimmhalle Sewanstraße nicht in Erwägung, da erfahrungsgemäß nicht mit einem signifikanten Besucheranstieg zu rechnen ist, sondern eher eine Umverteilung der Besucherströme - sowohl in der Schwimmhalle Sewanstraße als auch zwischen den Schwimmhallen Sewanstraße, Anton-Saefkow-Platz und „Helmut Behrendt“ am HeleneWeigel -Platz erwartet wird. In der an Samstagen als Alternative gewählten Schwimmhalle „Helmut Behrendt“ (am Helene-WeigelPlatz , in Berlin-Marzahn, die über ein 50-m-Schwimmbecken verfügt), wurde im September 2012 folgende Anzahl an Badegästen verzeichnet: 01.09.2012: 274 Besucherinnen und Besucher 08.09.2012: 206 Besucherinnen und Besucher 15.09.2012: 205 Besucherinnen und Besucher 29.09.2012: 227 Besucherinnen und Besucher. Diese verzeichneten Besucherzahlen rechtfertigen - unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte und auch unter Berücksichtigung der oben aufgeführten, an Samstagen geöffneten, 25 Schwimmhallen - die Öffnung einer zweiten Schwimmhalle am Samstag in unmittelbarer Nähe nicht. Berlin, den 22. Oktober 2012 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2012) Bad-Name