Drucksache 17 / 11 042 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 27. September 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Oktober 2012) und Antwort Wann verschwindet die Geflügelzucht am Bahnhof Schöneberg? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Für wie zufrieden stellend und den Fahrgästen zu- mutbar hält der Senat die Situation auf dem Bahnhof Schöneberg vor dem Hintergrund schwer verletzter zum Sterben im Gleisbett verurteilter Tauben, Taubenkadavern und ekliger Taubenkotberge? Zu 1.: Der Senat hält die Situation auf dem S-Bahnhof Schöneberg für nicht zufriedenstellend. Sie entspricht auch nicht den im Nahverkehrsplan von Berlin festgelegten Qualitätsstandards, deren Einhaltung einen angenehmen und sicheren Aufenthalt der Fahrgäste sicherstellen soll. 2. Wie bewertet der Senat, dass TierschützerInnen und FachexpertInnen gegenüber der DB AG und ihren Tochterunternehmen wie z.B. DB Station und Service sowie den Subunternehmen seit Jahren Lösungsvorschläge zur Beseitigung der über den Gleisen brütenden Stadttauben unterbreiten und diese Vorschläge überwiegend nicht umgesetzt werden? Zu 2.: Der Senat anerkennt und begrüßt bürgerliches Engagement wie das der Tierschützerinnen und Tierschützern und den Fachexpertinnen und Fachexperten gegenüber der Deutschen Bahn AG (DB AG) und ihren Tochterunternehmen sowie den Subunternehmen. Wenn sinnvolle Vorschläge nicht umgesetzt werden, ist das aus Sicht des Senats unverständlich. 3. Welche Schlussfolgerung zieht der Senat aus dem Umstand, dass in den letzten Monaten mehr Taubenkadaver im Gleisbett festgestellt wurden? Zu 3.: Entsprechende Schlussfolgerungen sind vom Betreiber des Bahnhofs zu ziehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen Nr. 11 und 12 verwiesen. 4. Wie viele Stromabschaltungen zur Bergung angefahrener und hilfloser Jungtauben aus dem Gleis während der nächtlichen Fahrpausen sind dem Senat aus dem letzten Jahr bekannt? Zu 4.: Die DB AG teilt mit, dass es in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt zu sechs Abschaltungen der Stromschienenanlage im Bereich des Bahnhofs Schöneberg mit Ursache "Bergung einer Taube" gekommen ist. Auswirkungen auf den elektrischen Zugbetrieb der S-Bahn gab es in keinem dieser Fälle. 5. Wie bewertet der Senat, dass viele der auf dem Bahnhof verletzten Tauben qualvoll verendet wären, wenn sie nicht auf Kosten kleiner Vogelschutzvereine tiermedizinisch versorgt und gepflegt würden? Zu 5.: Der Senat befürwortet und begrüßt dieses Enga- gement der Vogelschutzvereine ausdrücklich. 6. Wie bewertet der Senat, dass Maßnahmen zur Ver- grämung von Tauben nur dann erfolgreich sein können, wenn das vorhandene Brutplatzangebot auf dem Bahnhof durch wirksame konstruktive Maßnahmen beseitigt wird? Zu 6.: Der Senat hält diese Feststellung grundsätzlich für richtig. 7. Ist dem Senat bekannt, dass die direkt vor den Brutnischen angebrachten Spikes oder Netze, hinter denen häufig flügelschlagende Jungtauben zu beobachten sind, völlig sinnlose Vogelabwehrmaßnahmen darstellen, da sie die Altvögel nicht vom Brüten abhalten, sondern vielmehr eine Todes- bzw. Verletzungsfalle für Jungvögel darstellen? Zu 7.: Dazu teilt das für die Beurteilung von Ver- grämungsmaßnahmen aus Sicht des Tierschutzes zuständige Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt mit, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 042 2 dass ihm dieser, allerdings nur bei nicht sachgerechter Installation auftretender Sachverhalt bekannt ist. 8. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass diese teuren und unwirksamen Vergrämungsmaßnahmen vor allem den Herstellern dieser Erzeugnisse und den für die Reparatur zuständigen Schädlingsbekämpfungsfirmen nutzen? Zu 8.: Grundsätzlich bewertet der Senat Ver- grämungsmaßnahmen als positiv und notwendig. Leider sind sie nicht immer ausreichend wirksam. Es ist nicht Aufgabe des Senats, die wirtschaftlichen Aspekte von Vergrämungsmaßnahmen zu beurteilen. 9. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass diese Spikes wegen ihrer Verletzungsgefahr gegen die Vorschriften des § 13.1 Tierschutzgesetz (vgl. auch Veröffentlichung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin zu „Tierschutzaspekte bei der Installierung von Taubenabwehrsystemen “) verstoßen? Zu 9.: Spikes dienen der Vogelvergrämung. Die Be- urteilung, ob verwendete Spikes dem Verbot nach § 13 Abs. 1 Tierschutzgesetz unterfallen, obliegt einer Prüfung der zuständigen Behörde im Einzelfall. 10. Ist dem Senat bekannt, dass die einzige sichere Möglichkeit der Beseitigung von Brutmöglichkeiten in dem Verschluss von Brutnischen bzw. dem Anbringen von Schrägblechen, auf denen Tauben sich nicht halten können, besteht? Zu 10.: Dass der Verschluss von Brutnischen bzw. das Anbringen von Schrägblechen Brutmöglichkeiten wirksam beseitigt, ist dem Senat bekannt. Ob es sich dabei um die einzig sicheren Möglichkeiten handelt, wird bezweifelt . 11. Welchen Einfluss will der Senat nehmen, damit trotz der verschiedenen Zuständigkeiten der verschiedenen Tochterunternehmen der DB AG ein tierschutz- und fachgerechtes Konzept für die Vogelabwehr erarbeitet und umgesetzt wird, so dass die BerlinerInnen den Bahnhof Schöneberg künftig so benutzen können, wie sich das für einen hauptstadtfähigen Umsteigebahnhof gehört? 12. Auch vor dem Hintergrund von z.T. auch durch die Medien dokumentierten (vgl. dapd 21.01.2012) lebensgefährlichen Rettungsversuchen, bei denen sich Menschen zum Sprung in die Gleisanlagen hinreißen ließen, um verletzte Tauben zu retten, frage ich, wie will der Senat Einfluss auf die zögerliche Entscheidungsfindung der Beteiligten bei der DB AG nehmen? Zu 11. und 12.: Der Senat unterhält hinsichtlich des Zustandes der S-Bahnhöfe keine Vertragsbeziehungen mit dem für die Verkehrsstationen zuständigen Eisenbahn- infrastrukturunternehmen, der DB Station & Service AG und hat demzufolge keine rechtliche Handhabe gegenüber der DB Station & Service AG. Die Vertragsbeziehung besteht hier zwischen dem für den S-Bahnverkehr zuständigen Eisenbahnverkehrsunternehmen - in diesem Fall der S-Bahn Berlin GmbH - und der DB Station & Service AG. Der Zustand der S-Bahnhöfe geht im Rahmen des zwischen dem Land Berlin und der S-Bahn Berlin GmbH geschlossenen Verkehrsvertrages nur indirekt als Kriterium bei der Bewertung der Kundenzufriedenheit ein. Es ist daher Aufgabe der S-Bahn Berlin GmbH, den vertragsgemäßen Zustand der S-Bahnhöfe bei der DB Station & Service AG einzufordern. Nichtsdestotrotz nimmt der Senat im Rahmen der Be- sprechungen mit der DB Station & Service AG Einfluss, um einen angemessenen Zustand der S-Bahnhöfe zu erreichen . Berlin, den 2. November 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2012)