Drucksache 17 / 11 109 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 22. Oktober 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2012) und Antwort Folgen des LehrerInnenstreiks vom 5. April 2011 für verbeamtete LehrerInnen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist es zutreffend, dass gegen einige der 5.000 an dem Lehrerstreik beteiligten (verbeamteten) LehrerInnen ein Disziplinarverfahren eröffnet wurde, und wie wird diese Maßnahme begründet? Zu 1.: Ja. Die Beamtinnen und Beamten haben gegen Ihre Be- amtenpflichten gem. §§ 34 Satz 1 und 2; 35 Satz 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und § 59 Satz 1 Landesbeamtengesetz (LBG) verstoßen und sich eines Dienstvergehens im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG schuldig gemacht. 2. Trifft es zu, dass nur gegen Funktionsträger unter den verbeamteten LehrerInnen ein Disziplinarverfahren eröffnet wurde? a) Wenn ja, wie wird das konkret begründet und wie viele LehrerInnen betrifft es insgesamt? (differenziert nach Funktion, Schule und Bezirk) Zu 2. und 2a.: Neben den Funktionsträgern wurden Disziplinarverfahren auch gegen verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer eingeleitet, die sowohl am 04.05.2011 als auch am 09.06.2011 an Streiks teilgenommen haben. Hinsichtlich der Funktionsträgerinnen und Funktions- träger war ein Disziplinarverfahren einzuleiten, da diese durch ihre Funktion als Rektorin bzw. Rektor, Konrektorin bzw. Konrektor, Fachleiterin bzw. Fachleiter u.a. eine zwar nicht immer mit Weisungsbefugnis, aber ausnahmslos eine mit einer gewissen Autorität ausgestattete Stellung inne haben. Diese Stellung beinhaltet eine Vorbildfunktion , die für andere Lehrerinnen und Lehrer richtungweisend ist. Bezüglich der wiederholt streikenden Beamtinnen und Beamten ist von besonderer Bedeutung, dass diese an beiden Streiks teilgenommen haben, obwohl zuvor je- weils durch Bekanntmachungen klargestellt wurde, dass ein Streik gegen ihre Dienstpflichten verstoßen würde. Es liegt somit ein zweimaliger vorsätzlicher Verstoß gegen das Streikverbot vor. Insgesamt sind 183 Beamtinnen und Beamte betroffen . Hiervon sind 8 wiederholt streikende Beamtinnen und Beamte. Eine Aufschlüsselung nach Funktion, Schule und Bezirk ist im Rahmen einer Kleinen Anfrage wegen des erheblichen Aufwandes nicht möglich. 3. Warum wurden die Verfahren erst mit ein- bis anderthalbjähriger Verspätung eröffnet und was wird mit diesem bürokratischen und finanziell aufwendigen Schritt bezweckt? Zu 3.: Die Verfahren wurden in dem Zeitraum zwischen dem 09.06.2011 und dem 19.10.2011 eingeleitet . Es wurde zunächst der Verfahrensabschluss nach dem Bundesbesoldungsgesetz bezüglich der Einbehaltung der Dienstbezüge abgewartet, da der Sachverhalt für das Disziplinarverfahren maßgeblich war. Die Durchführung eines Disziplinarverfahrens ist das dem Dienstherrn vom Gesetzgeber verpflichtend vorgeschriebene Verfahren bei Dienstpflichtverletzungen. 4. Wieso wurde die Teilnahme am LehrerInnen-streik nicht mit einem Gehaltsabzug für die in der Regel zwei versäumten Unterrichtsstunden und einem einfachen Eintrag in die Personalakte geahndet? Zu 4.: Es sind hier zwei Verfahren zu unterscheiden. Zunächst erfolgte bei allen verbeamteten Lehrkräften ein Verfahren nach § 9 Bundesbesoldungsgesetz zwecks Einbehaltung der Besoldung wegen der Nichterfüllung der Dienstpflicht durch das ungenehmigte Fernbleiben vom Dienst. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 109 2 Hiervon ist das Disziplinarverfahren zu unterscheiden, welches bei Vorliegen eines Dienstvergehens gesetzlich zwingend einzuleiten ist. 5. Wieso wurde das aufwändige Verfahren förm- licher Disziplinarverfahren gewählt? 6. Wie begründet der Senat dieses Vorgehen? 7. Will man mit den Disziplinarverfahren eine besonders engagierte LehrerInnengruppe (beispielsweise FachleiterInnen) einschüchtern? Zu 5., 6. und 7.: Das Disziplinarverfahren ist bei er- wiesener Dienstpflichtverletzung gesetzlich vorgeschrieben . Es gilt das Legalitätsprinzip (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Disziplinargesetz). Bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte , die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen , hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Berlin, den 06. November 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Nov. 2012)