Drucksache 17 / 11 117 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander Spies (PIRATEN) vom 19. Oktober 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2012) und Antwort Geheimgremien der Arbeitsmarktpolitik (I): Kooperationsausschuss nach § 18 b SGB II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Aufgaben hat der Kooperationsausschuss nach § 18b (Sozialgesetzbuch) SGB II konkret, in wel- chem Vertreter/innen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Landes Berlin jährlich die Ziele und Schwerpunkte der Arbeitsmarktpolitik im SGB II vereinbaren? Zu 1.: Gemäß § 18b SGB II bilden die zuständige oberste Landesbehörde und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für jedes Land einen Koope- rationsausschuss. Aufgaben des Kooperationsausschusses sind insbesondere  Koordinierung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) auf Landesebene,  Vereinbarung von Zielen und Schwerpunkten der Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik auf Landes- ebene,  Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Trägern und Trägerversammlung über die Weisungszuständigkeit im Verfahren nach § 44e SGB II,  Beratung der Trägerversammlung bei fehlender Verständigung der Träger über die Bestellung der Ge- schäftsführerin oder des Geschäftsführers der ge- meinsamen Einrichtung,  Empfehlung an die Trägerversammlung bei Abberufung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsfüh- rers (§ 44c Absatz 2 Nummer 1 SGB II) nach Anru- fung durch einen Träger,  Empfehlung, wenn kein Einvernehmen zwischen Bund und Land im Hinblick auf die Durchführung der Rechtsaufsicht über den Aufgabenbereich der Trägerversammlung erzielt wurde,  Empfehlung an die Träger vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Be- deutung (§ 44b Absatz 3 Satz 4 SGB II). 2. Wie häufig hat der Kooperationsausschuss seit dem 01. Januar 2011 getagt, und welche Themen wurden auf den Sitzungen besprochen/verhandelt (Bitte Termine und Gesprächsthemen einzeln auflisten)? Zu 2.: Der Kooperationsausschuss des Landes Berlin und des BMAS hat seit dem 01. Januar 2011 dreimal ge- tagt, am 17. Mai 2011, am 05. Januar 2012 und am 12. Mai 2012. Nach der Geschäftsordnung des Kooperations- ausschusses sind die Beratungen des Kooperationsaus- schusses vertraulich zu behandeln. Demnach können kei- ne Auskünfte zu den einzelnen Themen gegeben werden. 3. Welche Mitglieder sind vom BMAS und vom Land Berlin in den Kooperationsausschuss seit dem 01. Januar 2011 entsandt worden (bitte namentlich sowie die Zeiträume der Mitgliedschaft angeben)? Zu 3.: § 18b Absatz 2 Satz 1 SGB II bestimmt, dass der Kooperationsausschuss sechs Mitglieder hat, die je zur Hälfte von der zuständigen obersten Landesbehörde und vom BMAS entsandt werden. Gemäß § 7 Absatz 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB II) Berlin entsendet die zuständige oberste Landesbehörde in den Kooperationsausschuss nach § 18b SGB II je eine Vertre- terin oder einen Vertreter der für Arbeit, für Soziales und für Finanzen zuständigen Senatsverwaltungen. Zuständige oberste Landesbehörde im Sinne des SGB II ist nach § 7 Absatz 1 AG-SGB II in diesem Falle die für Arbeit zu- ständige Senatsverwaltung. Die Besetzung auf Seiten des Landes erfolgt auf Fachebene jeweils durch den zuständi- gen Abteilungsleiter oder die zuständige Abteilungsleite- rin. Das BMAS entsendet die Unterabteilungsleitung Grundsicherung für Arbeitsuchende IIc, die Referatslei- tung IIc 2 und den Geschäftsführer Grundsicherung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit in den Kooperationsausschuss. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 117 2 4. Welches Mitglied hat(te) den Vorsitz im Koopera- tionsausschuss inne (bitte alle Vorsitzenden und deren Amtszeit seit 1. Januar 2011 angeben)? Zu 4.: Den Vorsitz im Kooperationsausschuss hat seit 2011 das BMAS inne. 5. Wie sind die Abstimmungsverfahren für verbindli- che Beschlüsse und Empfehlungen im Kooperationsaus- schuss geregelt? a. Wie ist das Abstimmungsverfahren bei Stimmgleichgewicht ? b. Hat die Stimme des /der Vorsitzenden des Kooperationsausschusses eine besondere Gewichtung bei Stimmgleichheit? c. Werden Entscheidungen in Anwesenheit aller Ausschussmitglieder und/oder mit Stimmmehrheit der jeweils Anwesenden gefasst? d. Werden im Kooperationsausschuss Entscheidungen auch schriftlich, telefonisch bzw. online ge- fasst? Zu 5.: Nach der Geschäftsordnung des Kooperations- ausschusses trifft dieser die Beschlüsse im Rahmen der ihm für die gemeinsamen Einrichtungen übertragenen Aufgaben – mit Ausnahme der Entscheidung nach § 44e SGB II – einvernehmlich. a. Bei Verfahren nach § 44b Absatz 3 Satz 4 SGB II befassen die Träger vor Ausübung ihres Weisungs- rechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung den Kooperationsausschuss. Die Mitglieder des Kooperati- onsausschusses können zu der Weisung einvernehmlich eine Empfehlung abgeben. § 44d Absatz 2 Satz 3 bis 6 SGB II regelt das Verfah- ren bei fehlender Einigung zur Bestellung oder Abberu- fung der Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung. Es ist eine Verständigung auf einen Vorschlag erforder- lich, sodass sich - wie im Fall des § 44b Absatz 3 Satz 4SGB II- die Frage nach dem Verfahren bei Stimmen- gleichgewicht nicht stellt. Das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten über die Weisungszuständigkeit nach § 44b Absatz 3 und § 44c Absatz 2 SGB II ist in § 44e Absatz 2 SGB II geregelt. Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass der Kooperations- ausschuss durch Beschluss mit Stimmenmehrheit ent- scheidet. Gemäß § 44e Absatz 2 Satz 2 entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme der oder des Vorsitzenden des Kooperationsausschusses. Nach § 47 Absatz 3 SGB II führt im Aufgabenbereich der Trägerversammlung das BMAS die Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde. Kann kein Einverneh- men hergestellt werden, ist der Kooperationsausschuss damit zu befassen. Eine Empfehlung kann auch hier nur abgegeben werden, wenn sie einvernehmlich zustande kam. b. Es wird auf die Antwort zu a. verwiesen. Die Stimme des oder der Vorsitzenden hat Relevanz in Ver- fahren bei Meinungsverschiedenheiten über die Wei- sungszuständigkeit nach § 44e SGB II (§ 44e Absatz 2 Satz 2 SGB II). c. In der Geschäftsordnung, die sich der Kooperationsausschuss gegeben hat, ist geregelt, dass unabhängig von der Anzahl der an einer Sitzung des Kooperationsaus- schusses teilnehmenden Mitglieder das BMAS und die durch die zuständige oberste Landesbehörde entsandten Vertreterinnen und Vertreter jeweils drei Stimmen haben. d. Die Beschlussfassung erfolgt in den Sitzungen. Die Geschäftsordnung sieht auch vor, dass in Angelegen- heiten mit besonderer Dringlichkeit und in den Fällen von § 44d Absatz 2 Satz 3 bis 6 SGB II, § 44e Absatz 2 SGB II und § 47 Absatz 3 Satz 1 bis 3 SGB II die Beschluss- fassung ausnahmsweise telefonisch oder per Videokonfe- renz und im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgen kann. Beschlüsse werden schriftlich niedergelegt. Bei Be- schlussfassungen im Umlaufverfahren hat sich der Ko- operationsausschuss auf das E-Mail-Verfahren verstän- digt. 6. Existieren themenspezifische Arbeitsgruppen? Wenn ja, welche und wie häufig haben sich diese seit dem 1. Januar 2011 getroffen und welche Themen wurden auf den Sitzungen besprochen (bitte Termine und Gesprächs- themen einzeln auflisten)? Zu 6.: Der Kooperationsausschuss hat keine Arbeits- gruppen eingerichtet. 7. Tagte der Kooperationsausschuss für das Land Ber- lin bereits gemeinsam mit dem Kooperationsausschuss für das Land Brandenburg? Existieren Vereinbarungen dazu (falls ja, bitte beilegen)? Zu 7.: Der Kooperationsausschuss des Landes Berlin tagte nicht gemeinsam mit dem Kooperationsausschuss des Landes Brandenburg. Vereinbarungen hierzu gibt es nicht. 8. Ist für den Kooperationsausschuss eine Geschäfts- stelle eingerichtet worden? Wenn ja, wo ist sie angesie- delt? Zu 8.: Bei der für Arbeit zuständigen Senatsverwal- tung, die gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 AG-SGB II als zu- ständige oberste Landes fungiert, wird die Aufgabe einer Geschäftsstelle für den Kooperationsausschuss wahrge- nommen. Angesiedelt ist diese Aufgabe im Referat II C, SGB II-Koordinierung, Arbeitsförderung. 9. Aufgrund der im SGB II offen gelassenen Verfah- rensfragen kommt der Geschäftsordnung des Kooperati- onsausschusses eine wichtige Rolle zu: Ist die Geschäfts- ordnung des Kooperationsausschusses öffentlich? Wenn ja, wo und wie kann man diese einsehen (bitte beile- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 117 3 gen/verlinken)? Wenn nein, warum wurden sie bislang nicht veröffentlicht (bitte begründen und Rechtsgrundlage erläutern)? Zu 9.: Nach § 18b Absatz 3 Satz 3 SGB II gibt sich der Kooperationsausschuss eine Geschäftsordnung. Der Inhalt dieser Geschäftsordnung ist allerdings nicht näher gesetzlich festgelegt, sodass es im pflichtgemäßen Ermes- sen des Ausschusses steht, welche Regelungen er im Ein- zelnen trifft. Die Geschäftsordnung für den Kooperations- ausschuss des BMAS und des Landes Berlin basiert auf der zwischen dem BMAS und den Ländern abgestimmten Muster-Geschäftsordnung. Eine Verständigung darauf, dass diese veröffentlicht werden soll, ist bislang nicht getroffen worden. Die Geschäftsordnung bildet die Grundlage für die Ausgestaltung der Inhalte und Organi- sation des Kooperationsausschusses mit dem Ziel, die praktische Arbeit im Ausschuss auf Landesebene zu er- leichtern. In der Geschäftsordnung werden Regelungen zum Verfahren für den Kooperationsausschuss getroffen. Da entsprechend der Geschäftsordnung die Sitzungen des Kooperationsausschusses nicht öffentlich sind und eine Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung der Beratun- gen besteht, sind bislang keine Gründe ersichtlich, die für eine Veröffentlichung sprechen. 10. Sind die Protokolle des Kooperationsausschusses öffentlich? Wenn ja, wo und wie kann man diese einsehen (bitte beilegen/verlinken)? Wenn nein, warum wurden sie bislang nicht veröffentlicht (bitte begründen und Rechts- grundlage erläutern)? Zu 10.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Protokolle sind demnach nicht öffentlich. 11. Sind die Verbindlichkeitserklärungen des Senats für die Abstimmungen und Vereinbarungen, die im Ko- operationsausschuss getroffen werden, für die gemeinsa- men Einrichtungen (Jobcenter) im Land Berlin öffentlich? Wenn ja, wo und wie kann man diese einsehen (bitte bei- legen/verlinken)? Wenn nein, warum wurden sie bislang nicht veröffentlicht (bitte begründen und Rechtsgrundlage erläutern)? a. Welche Stelle innerhalb des Senats ist für die Verbindlichkeitserklärungen konkret zuständig? b. Wie ist das Verfahren zur Abgabe der Verbindlichkeitserklärungen innerhalb des Senats und wo ist dies geregelt? Zu 11.: Es gab bislang keine Beschlüsse, die einer Verbindlichkeitserklärung des Senats bedurften. a. In der Anlage 1 zu § 4 Absatz 1 Satz 1 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes Berlin (Zuständigkeits- katalog AZG) ist unter Nummer 12 Absatz 2 geregelt, dass es Aufgabe der für Arbeit zuständigen Senatsverwal- tung ist, die Verbindlichkeit der Abstimmungen und Ver- einbarungen im Kooperationsausschuss für die gemein- samen Einrichtungen im Land Berlin im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen Senatsverwaltungen zu er- klären. Diese Regelung resultiert daraus, dass der Bun- desgesetzgeber eine direkte Bindungswirkung der im Ko- operationsausschuss erfolgten Abstimmungen und Ver- einbarungen für die gemeinsamen Einrichtungen nicht vorgenommen hat. Sofern die Leistungsträger „Bundesagentur für Arbeit“ und „kommunaler Träger“ diese Vereinbarungen und Abstimmungen gutheißen, können sie diese im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Aus- übung ihrer Rechte nach § 44b Absatz 3 SGB II für die gemeinsamen Einrichtungen für verbindlich erklären. Damit im Land Berlin einheitlich eine Verbindlichkeit für alle gemeinsamen Einrichtungen erreicht werden kann, ist die Zuständigkeit für die Verbindlichkeitserklärung auf der Seite des kommunalen Trägers „Land Berlin“ als Aufgabe von gesamtstädtischer Bedeutung auf der Haupt- verwaltungsebene angesiedelt und zwar bei der für Arbeit zuständigen Senatsverwaltung. b. Wie unter a. dargelegt wird die Verbindlichkeit entsprechender Beschlüsse oder Vereinbarungen des Ko- operationsausschusses von der für Arbeit zuständigen Senatsverwaltung im Einvernehmen mit den fachlich zu- ständigen Senatsverwaltungen erklärt. Mithin muss eine einstimmige Entscheidung herbeigeführt werden. Die Senatsverwaltung für Arbeit. Integration und Frauen geht dabei auf die betreffende Senatsverwaltung zu, die fach- lich zuständig ist, die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, für Bildung, Jugend und Wissenschaft oder für Finanzen. 12. Sind die Beschlüsse des Kooperationsausschusses öffentlich? Wenn ja, wo und wie kann man diese einsehen (bitte beilegen/verlinken)? Wenn nein, warum wurden sie bislang nicht veröffentlicht? Zu 12.: Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 ver- wiesen. Beschlüsse sind demnach nicht öffentlich. 13. In welchen Fällen von „Meinungsverschiedenheiten “ über die Weisungszuständigkeit nach § 44e SGB II ist der Kooperationsausschuss von den Trägern oder der Trägerversammlung bzw. den Geschäftsführern der Job- center seit dem 1. Januar 2011 angerufen worden (bitte alle Fälle mit einer kurzen Beschreibung der „Meinungsverschiedenheit “ auflisten, die anrufende Stelle sowie die Entscheidung des Kooperationsausschusses über die Fra- gen der Zuständigkeit angeben)? Zu 13.: Es gab bisher keine Anrufung des Kooperati- onsausschusses des Landes Berlin und des BMAS wegen einer Meinungsverschiedenheit über die Weisungszustän- digkeit nach § 44e SGB II. Berlin, den 27. November 2012 In Vertretung Farhad Dilmaghani Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Dez. 2012)