Drucksache 17 / 11 164 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Jasenka Villbrandt (GRÜNE) vom 02. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. November 2012) und Antwort Betreuungsvereine in Berlin – Hauptsache billig? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Aufgabe kommt nach Ansicht des Senates den Betreuungsvereinen in Berlin zu und wie wird sich diese nach Ansicht des Senates in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Zu 1.: Die Aufgaben der anerkannten Betreuungsver- eine ergeben sich aus § 1908 f Abs. 1 Nr. 2, 2a und 3 BGB. Danach obliegt es den Betreuungsvereinen, sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuerin- nen und Betreuer zu bemühen, diese in ihre Aufgaben einzuführen, fortzubilden und sie sowie Bevollmächtigte zu beraten, plan-mäßig über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen zu informieren und einen Erfah- rungsaustausch zwischen den Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern zu ermöglichen. Die gesetzlich festgelegten Aufgaben sind wie vorgenannt dauerhaft von den aner- kannten Betreuungsvereinen wahrzunehmen. 2. In welchem Umfang unterstützt das Land Berlin in den zwölf Bezirken die dortigen Betreuungsvereine? Zu 2.: In jedem Bezirk ist jeweils ein anerkannter Be- treuungsverein tätig, der vom Land Berlin finanziell un- terstützt wird. Die Finanzierung erfolgt auf vertraglicher Basis. Es bestehen insgesamt 12 Leistungsverträge, die die Erfüllung der o. g. Aufgaben zum Gegenstand haben. Das jährliche Finanzierungsvolumen beträgt derzeit ins- gesamt 776.123 €. Da die bestehenden Verträge zum 31.12.2012 auslau- fen, wurde eine Öffentliche Ausschreibung durchgeführt, um weitergehende Verträge abschließen zu können. Im Ergebnis wurden für den Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 insgesamt 12 Folge-verträge mit einer Ver- längerungsmöglichkeit von max. 3 Jahren abgeschlossen. Die vertragliche Finanzierung gewährleistet den Be- treuungsvereinen Planungs-sicherheit und dem Land Ber- lin eine stabile Infrastruktur in diesem Förderbereich. 3. Was sind nach Ansicht des Senates die wichtigsten Qualitätskriterien für die Arbeit eines Betreuungsvereins? Zu 3.:Die für die Betreuungsvereine maßgeblichen Qualitätskriterien sind in dem umfassenden Qualitätsleit- faden für Betreuungsvereine festgelegt (Link: http://www.berlinerbetreuungsverei - ne.de/downloads/Qualitaetsleitfaden_der_IG_Betreuungsvereine _Berlin.pdf). Der von der Interessengemeinschaft der Ber- liner Betreuungsvereine – der sämtliche in Berlin tätigen Betreuungsvereine angehören - erarbeitete und von der für das Sozialwesen zuständigen Senatsverwaltung bestä- tigte Leitfaden umfasst alle die Aufgaben nach § 1908 f Abs. 1 BGB betreffenden wesentlichen Qualitätskriterien. 4. In welcher Form sind diese Qualitätskriterien und – sofern nicht unter 3. genannt - Kriterien wie Zahl der ak- tivierten ehrenamtlichen Betreuungen, Zahl der Fortbil- dungen und Begleitveranstaltungen für ehrenamtliche Betreuungen, Zahl der notwendig gewordenen Betreu- ungswechsel, Qualität der Zusammenarbeit mit den be- zirklichen Betreuungsbehörden – in die Ausschreibung zur Förderung des jeweiligen bezirklichen Betreuungs- vereines in den kommenden drei Jahren (mit zweijähriger Verlängerungsoption) eingeflossen, sofern nicht unter 3. genannt? Zu 4.: Die in dem o. g. Qualitätsleitfaden aufgeführten Qualitätskriterien sowie weitere Qualitätsanforderungen sind Bestandteil des zum Vertrag gehörenden Leistungs- profils. Das Leistungsprofil ist als Anlage der Vergabeunter- lage in das Vergabeverfahren eingeflossen. Bei Zustande- kommen eines Vertrages sind die Vereine verpflichtet, die in dem Leistungsprofil festgelegten Qualitätskriterien zu erfüllen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den in der Fragestellung genannten Kriterien, wie der Zahl der aktivierten ehrenamtlichen Betreuungen, Zahl Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 164 2 der Fortbildungen und Begleitveranstaltungen, Zahl der notwendig gewordenen Betreuerinnenwechsel und Be- treuerwechsel nicht um Qualitätskriterien im Sinne der Antwort zu 3. handelt; Vielmehr wird mit diesen Kriterien die Fachkunde bzw. die Kompetenz einer Bieterin oder eines Bieters erfasst. Die Kriterien Fachkunde, Leistungs- fähigkeit und Zuverlässigkeit sind Eignungskriterien, die vor der Wertung der Angebote im Rahmen der Eignungs- feststellung einer Bieterin oder eines Bieters zu überprü- fen sind. In die Wertung gehen nur solche Angebote ein, die den Anforderungen der Eignungsprüfung entsprechen. Vorliegend wurde die Eignung der Bieterinnen und Bieter zur Ausführung der Leistungen bereits im Verfahren zur Anerkennung als Betreuungsverein grundsätzlich festge- stellt. In der Wertungsphase sind keine weiteren Eig- nungsprüfungen vorzunehmen. 5. Wie begründet der Senat die Aufnahme oder das Fehlen der jeweiligen Qualitätskriterien? Zu 5.: Entgegen der der Fragestellung offenbar zu Grunde liegenden Annahme sind – wie bereits in der Antwort zu 4. ausgeführt wurde – die für die Betreuungsvereine maßgeblichen Qualitätskriterien als Bestandteil des Leistungsprofils im Vergabeverfahren berücksichtigt worden. Nachdem sowohl die Qualitäts- als auch die Leistungskriterien in der Vergabeunterlage abschließend, eindeutig, zweifelsfrei beschrieben worden sind, verbleibt der Preis als einziges Zuschlagskriterium. Aus vergaberechtlicher Sicht ist bei der Bewertung von Angeboten, die sich wegen der strengen Vorgaben der Vergabeunterlage allein im Angebotspreis unterschei- den können, auch nur dasjenige Kriterium mit differenzie- rungspotential anzuwenden (Kulartz/Marz/Portz/Pries- VOL/A, Wiedemann, § 18 Rn. 6). 6. Wie wird sich durch die Ausschreibung die Höhe der Zuwendungen für Betreuungsvereine pro Jahr und Bezirk voraussichtlich verändern? Zu 6.: Die jährlichen Ausgaben für anerkannte Be- treuungsvereine ändern sich durch die Ausschreibung wie folgt: Bezirk Ausgaben 2012 (EUR) jährliche Ausgaben 2013 - 2015 (EUR) Veränderung 2013 gegenüber 2012 (EUR) Mitte 64.500 60.000 - 4.500 Friedrichshain-Kreuzberg 65.430 59.500 - 5.930 Pankow 65.430 54.500 - 10.930 Charlottenburg-Wilmersdorf 63.500 64.900 + 1.400 Steglitz-Zehlendorf 65.100 64.900 - 200 Tempelhof-Schöneberg 66.100 64.900 - 1.200 Spandau 64.678 63.170 - 1.508 Marzahn-Hellersdorf*) 65.145 63.920 - 1.225 Neukölln 63.540 63.400 - 140 Lichtenberg 64.780 59.000 - 5.780 Treptow-Köpenick 64.020 64.020 - Reinickendorf 63.900 54.500 - 9.400 gesamt 776.123 736.710 - 39.413 *) Marzahn – Hellersdorf Ausgaben 2014 und 2015 je 62.620 €, somit Gesamtausgaben 2013 – 2015 735.410 € und Differenzbetrag 40.713 €. 7. Wie viele BerufsbetreuerInnen, wie viele ehrenamt- liche BetreuerInnen und wie viele Betreuungsvereine ha- ben in den letzten 10 Jahren in Berlin gearbeitet bzw. wurden zugelassen (bitte gegliedert nach Jahr, Bezirken und Gesamtberlin sowie Änderung absolut und prozentu- al)? Zu 7.: In den letzten zehn Jahren waren insgesamt 12 Betreuungsvereine in Berlin tätig. Im August dieses Jah- res hat ein weiterer Betreuungsverein die Arbeit aufge- nommen. Die Tätigkeit als Betreuungsverein setzt voraus, dass der Verein von der für das Sozialwesen zuständigen Senatsverwaltung als solcher anerkannt worden ist. Die Anerkennung gilt für das Land Berlin und ist nicht auf einzelne Bezirke beschränkt. Zur Frage der in Berlin tätigen Betreuerinnen und Be- treuer ist grundsätzlich die Senatsverwaltung für Justiz zuständig, die hierzu Folgendes mitgeteilt hat: Es liegen keine Erkenntnisse vor, wie viele ehrenamtliche Betreue- rinnen und Betreuer und wie viele Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer insgesamt in Berlin arbeiten. Die ein- zelnen Berliner Betreuungsgerichte führen nur Dateien darüber, wie viele Betreuerinnen und Betreuer jeweils in ihren Gerichtsbezirken arbeiten, wobei einzelne Betreue- rinnen und Betreuer auch in mehreren Gerichtsbezirken tätig sein können. Eine Statistik für ganz Berlin besteht nicht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 164 3 8. Wie haben sich die Ausgaben für BerufsbetreuerIn- nen im Vergleich zu ehrenamtlichen BetreuerInnen in den letzten 10 Jahren entwickelt (bitte gegliedert nach Ausgaben insgesamt und pro Betreuungsfall, Bezirk und Gesamtberlin, Jahr, absolute und prozentuale Verände- rung)? Zu 8.: Die Ausgaben für Betreuerinnen und Betreuer sind dem Einzelplan 06, Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, zu entnehmen (s. Anlage). Die in der Anlage ausgewiesenen Ausgaben pro Jahr beziehen sich auf Berlin insgesamt. Darüber hinausgehende statistische Erkenntnisse liegen nach Mitteilung der Senatsverwal- tung für Justiz und Verbraucherschutz nicht vor. Berlin, den 01. Dezember 2012 In Vertretung Michael B ü g e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Dez. 2012) Titel 526 01 / Kostenentwicklung in Rechtssachen der ordentlichen Gerichtsbarkeit von 2000 bis 2009 Sachgebiet Unterkonto 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer 110 772.025 € 1.625.520 € 2.270.261 € 1.941.014 € 2.303.973 € 2.694.404 € 2.624.192 € 2.849.017 € 2.914.176 € 2.930.218 € 3.072.249 € 3.064.762 € Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer 111 12.545.306 € 17.625.617 € 18.817.236 € 21.883.489 € 24.268.536 € 26.141.019 € 37.402.549 € 36.961.613 € 38.860.940 € 41.203.054 € 46.054.804 € 46.056.626 € ka17-11164 ka17-11164Anlage