Drucksache 17 / 11 197 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 09. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. November 2012) und Antwort Ist die Arbeit der Diversionsbeauftragten als wichtiger Baustein der Präventionsarbeit gegen Jugendkriminalität gefährdet? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Vor dem Hintergrund, dass die Jugendkriminalität stark rückläufig ist, ist zu fragen, ob die Arbeit der Diver- sionsbeauftragten weiterhin in der bisherigen Qualität und Quantität gesichert ist? Zu 1.: Ja, die Arbeit der Diversionsbeauftragten ist in der bisherigen Qualität und Quantität gesichert. 2. Gibt es Fälle, in denen bisherigen Diversionsbeauftragten andere Aufgaben übertragen wurden, wenn ja wie viele und aus welchen Gründen wurden diese Ent- scheidungen getroffen? Zu 2.: Aufgrund der Themennähe wird in fünf Poli- zeidirektionen das Aufgabengebiet des Jugendbeauftrag- ten und des Diversionsbeauftragten in Personalunion wahrgenommen. 3. Wenn es zu einer Veränderung des Personalschlüssels im Bereich der Diversion gekommen sein sollte, wie werden die Aufgaben nunmehr erfüllt? Zu 3.: Zu einer Veränderung des Personalschlüssels im Bereich der Diversion ist es nicht gekommen. 4. Wie wird die Arbeit der Clearingstelle Jugendhilfe /Polizei weiterhin gesichert? Zu 4.: Die Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei arbeitet seit Mai 1994 an den Schnittstellen der Jugendhilfe zur Polizei in Berlin. Sie hat seitdem effektiv dazu beigetra- gen, den Verständigungsprozess unter Einbeziehung wei- terer Akteurinnen und Akteure der Kriminalprävention zu fördern und mit ihrer Arbeit bewiesen, dass eine frühzei- tige und enge Zusammenarbeit spürbar zur Verminderung von Jugendkriminalität und Gewalt beitragen kann. Die Vielfalt der zu bearbeitenden Themen, wie z.B. Schuldistanz, Kindeswohlgefährdung und Jugenddelin- quenz macht jedoch zunehmend deutlich, dass es einen Handlungsbedarf gibt, der auf eine Ausweitung der auf Jugendhilfe und Polizei fokussierten Schnittstellenarbeit zielt. Insbesondere führte die Notwendigkeit, mit ganz- heitlichen Lösungsansätzen erzieherisch wirksam auf die sich verändernden Bedarfslagen entwicklungsgefährdeter junger Menschen zu reagieren, dazu, eine Neuorientie- rung vorzunehmen. Die Clearingstelle arbeitet seit Januar 2012 nach ei- nem Konzept, das zusätzlich zu dem Schwerpunkt Schnittstellenarbeit Jugendhilfe/Polizei den Schwerpunkt auch auf die Schnittstellenarbeit zu den Bereichen Schule und Justiz legt. Mit dieser Aufgabenerweiterung ist die Fortsetzung der Arbeit der Clearingstelle sichergestellt. Um die neue Qualität in der Arbeit auch nach außen hin sichtbar zu machen, hat die Clearingstelle Jugendhil- fe/Polizei eine Umbenennung in Clearingstelle – Netzwerke zur Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz, erfahren. Das Projekt Clearingstelle wurde und wird auch wei- terhin von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Referat III G, gefördert. 5. Wie sieht aktuell die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Jugendhilfe in den Bezirken und auf der Se- natsebene aus? Zu 5.: Die Kooperation ist gut strukturiert. Sie ist Ausdruck einer deutlich gestiegenen Aufmerksamkeit hinsichtlich der Brisanz von Kinder- und Jugenddelin- quenz. Die strukturierte Kooperation betrifft Jugendhilfe, Polizei, Schule und andere Akteurinnen und Akteure der Gewalt- und Kriminalitätsprävention. Die Berliner Polizei ist in bezirkliche und lokale Netzwerke eingebunden, sie wirkt bei bezirklichen und lokalen Veranstaltungen bzw. Aktivitäten mit. Es finden Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 197 2 regelmäßige und/oder fallbezogene bilaterale Treffen statt. Auf der Senatsebene ist die Berliner Polizei weiterhin in verschiedenen Ausschüssen vertreten, wie z. B. im Landesjugendhilfeausschuss, der Arbeitsgemeinschaft ressortübergreifende Kinder- und Jugenddelinquenz und der Steuerungsrunde Diversion. Ein Beispiel erfolgreicher Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Polizei ist die Kooperation zwischen dem Berliner Büro für Diversionsvermittlung und -beratung der Stiftung SPI – Stiftung Sozialpädagogisches Institut „Walter May“ - und der Berliner Polizei. Die Diversionsmittlerinnen und Diversionsmittler haben ihre Büros in den örtlichen Polizeidirektionen. Aufgrund der jahre- langen Zusammenarbeit ist die Tätigkeit der Sozialarbei- terinnen und Sozialarbeiter bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Polizei bekannt und anerkannt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diversionsbüros beteiligen sich auch an der Schulung der Polizei zur Diversion, indem sie an Informationsveranstaltungen ak- tiv teilnehmen. Direktionsübergreifend finden jährlich Treffen zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Diversionsbüros und allen Diversionsbeauftragten der Polizei statt. Des Weiteren gibt es eine regelmäßige Zu- sammenarbeit zwischen dem Diversionsbüro und der Zentralstelle für Jugendsachen (LKA Präv) der Polizei in Bezug auf die Fortbildung von Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern. Weitere Beispiele für eine ressortübergreifende Zu- sammenarbeit sowie Zusammenarbeit und Netzwerkarbeit auf Bezirks-, Stadtteil- und auf sozialräumlicher Ebene lassen sich in Aktivitäten zur Umsetzung gemeinsam ge- troffener Vereinbarungen und Absprachen wieder finden. Diese basieren u. a. auf:  dem im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Berliner Öffentliche Jugendhilfe erarbeiteten sowie abge- stimmten Arbeitspapier „Standards in den Arbeitsbeziehungen von der Jugendhilfe im Strafverfahren zu der Polizei“, mit dem die Berlin einheitlichen Standards in der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Polizei vorgegeben werden,  den Ergebnissen der mit Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses gegründeten Landesarbeits- gemeinschaft (LAG) Kinder- und Jugenddelinquenz nach §78 Sozialgesetzbuch SGB VIII zur gemein- samen Lagebeurteilung zur Kinder- und Jugendde- linquenz sowie einer effizienten Koordinierung und Steuerung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinder- und Jugenddelinquenz auf Landesebene,  den Ergebnissen der auf Senatsebene tagenden Ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Kinder- und Ju- genddelinquenz, in der die für Jugend, Inneres und Justiz zuständigen Senatsverwaltungen, einschließ- lich der Landeskommission Berlin gegen Gewalt und die Berliner Polizei, vertreten sind,  dem Rundschreiben Jug Nr. 03/2004 der damaligen Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport zu den „Aufgaben der Jugendhilfe im Rahmen der Prävention krimineller Karrieren und beim sachgerech- ten Umgang mit jungen Intensivtätern“, wo u. a. festgeschrieben ist, sich auf bezirklicher Ebene re- gelmäßig über die jeweils aktuellen Entwicklungen der Kinder- und Jugenddelinquenz und die Erarbei- tung daraus abzuleitender Handlungsstrategien so- wie die Koordinierung gemeinsamer Präventions- maßnahmen auszutauschen,  der praxisbezogenen Arbeitshilfe „Handreichung zur Datenübermittlung im Bereich Kinder- und Jugend- delinquenz“, die als ein Ergebnis des Erfahrungsaustausches zur Umsetzung der „Gemeinsamen Allgemeinen Verfügung der Senatsverwaltungen für Jus- tiz und Inneres zur Strafverfolgung von Intensivtä- tern“ vorliegt und das Verfahren der Datenübermittlung im Bereich Kinder- und Jugenddelinquenz, ein- schließlich der Datenflüsse von besonderer Bedeu- tung, regelt. Für die Verbreitung guter Beispiele in der praktischen Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Polizei bieten dar- über hinaus die Publikationen der Clearingstelle, wie die UMSICHTEN und der Berliner Newsletter zur Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz eine Plattform, über die Neuigkeiten, aktuelle Entwicklungen, neue Projekte und andere Informationen wie Termine und Neuerschei- nungen landesweit und ressortübergreifend publik ge- macht werden. Dies trägt dazu bei, den Akteurinnen und Akteuren aller Berufsgruppen eine bessere Vernetzung und Aktualisierung ihres Wissens zu ermöglichen. Berlin, den 20. Dezember 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Jan. 2013)