Drucksache 17 / 11 225 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Hakan Taş und Regina Kittler (LINKE) vom 19. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. November 2012) und Antwort Verfassungsschutz und politische Bildung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Veranstaltungen zu welchen Themen wur- den vom Landesamt für Verfassungsschutz an Berliner Schulen seit dem 1. Januar 2011 durchgeführt (bitte nach Anzahl der Veranstaltungen, Anzahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, Veranstalter, Ort, Dauer/Um- fang, Thema/Titel, Anlass auflisten)? Zu 1.: Die Abteilung für Verfassungsschutz der Se- natsverwaltung für Inneres und Sport hat im angefragten Zeitraum folgende Veranstaltungen an Berliner Schulen durchgeführt: Nr. Datum Institution Thema Teilnehmer- innen und Teil- nehmer 1 27.1.2011 Schule Hermsdorf Arbeitsweise des Verfassungs- schutzes 20 2 25.11.2011 Albrecht-Dürer-Oberschule Diskussionsrunde: Arbeitsweise und Rechtsextremismus 60 3 30.11.2011 Arndt-Gymnasium Diskussionsrunde: Arbeitsweise und Rechtsextremismus 50 4 12.12.2011 Goethe-Oberschule Diskussionsrunde: Arbeitsweise und Extremismusfelder 20 Wenn nicht anders vermerkt, handelte es sich bei den Veranstaltungen um Vortragsveranstaltungen. Ort, Anlass und Dauer der Veranstaltungen wurden nicht erfasst. 2. Bestreitet der Verfassungsschutz auch außerhalb von Schulen Bildungs- bzw. Informationsveranstaltungen (wenn ja, bitte nach Anzahl der Veranstaltungen, Anzahl der Teilnehmenden, Veranstalter, Ort, Dauer/Umfang, Thema/Titel, Anlass auflisten)? Zu 2.: Der Verfassungsschutz hat seit dem 1. Januar 2011 folgende Informationsveranstaltungen durchgeführt: Nr. Datum Institution Thema Teilnehmerinnen und Teilnehmer 1. 18.3.2011 Hans Seidel-Stiftung Autonome in Berlin 60 2. 24.3.2011 Bildungsstätte der Justizvollzugsverwaltung Arbeitsweise des Verfassungsschutzes und Rechtsextremismus 25 3. 7.4.2011 Verfassungsschutz Berlin/ Brandenburg/Beuth Hoch- schule Wirtschaftsschutztag Berlin- Brandenburg, Thema: Wirtschaftsspio- nage ca. 160 4. 13.4.2011 Arbeitskreis der Sicherheitsbevollmächtigten Ber- lin-Brandenburg Cloud Computing ca. 50 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 225 2 Nr. Datum Institution Thema Teilnehmerinnen und Teilnehmer 5. 9.6.2011 Erfa-Kreis Berlin der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit Wirtschaftsspionage, elektronische An- griffe ca. 40 6. 22.6.2011 Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) Wirtschaftsspionage nicht bekannt 7. 27.6.2011 Partei Die Grünen Aktuelle Entwicklungen, Schwerpunkt Salafismus 20 8. 20.7.2011 Verein Berliner Unterwelten Arbeitsweise des Verfassungsschutzes 23 9. 4.8.2011 Sommeruniversität der Freien Universität Berlin (FU) Arbeitsweise des Verfassungsschutzes, Rechtsextremismus, Linksextremismus 18 10. 6.9.2011 Tetraguard Wirtschaftsspionage nicht bekannt 11. 14.9.2011 PITS (Public IT-Security) 2011 Behördenspiegel Podiumsdiskussion "Zwischen Lücken und “leaken” – Herausforderungen Informationstechnologie - (IT) Sicherheit im digitalen Staat." Thema: Innentäter >500 12. 22.9.2011 Berliner Polizei Arbeitsweise des Verfassungsschutzes, Linke Gewalt 16 13. 5.10.2011 JUMA („Jung, Muslimisch, Aktiv“) Islamismus ca. 20 14. 19.10.2011 Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin Tag der Unternehmenssicherheit, The- ma: „Lagebild elektronische Angriffe“ >150 15. 21./22.10.2011 DeGUT (Deutsche Gründer - und Unternehmertage) Messestand nicht bekannt 16. 1.11.2011 Fridjof-Nansen-Stiftung Arbeitsweise des Verfassungsschutzes 18 17. 3.11.2011 Bildungsstätte der Justizvollzugsverwaltung Arbeitsweise des Verfassungsschutzes, Rechtsextremismus 20 18. 15.11.2011 Bundeswehr, Flugabwehreinheit Husum Arbeitsweise des Verfassungsschutzes, Linksextremismus: Autonome 20 19. 23.11.2011 Deutscher BeamtenbundForum , Fachtagung für eh- renamtliche Richter Wirtschaftsspionage nicht bekannt 20. 7.12.2011 Pan Dacom Networking AG Wirtschaftsspionage nicht bekannt 21. 14.12.2011 Deutsche Universität für Weiterbildung Veranstaltung des Forschungsinstituts für Compliance, Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (FORSI): "Unternehmenssicherheit und Daten- schutzrecht", Thema: Wirtschaftsspio- nage nicht bekannt 22. 10.1.2012 E-Company IT-Security „Die IT-Welt wird zum Tatort “, Thema: Wirtschaftsspionage ca. 30 23. 13.2.2012 econique summits GmbH & Co. KG Wirtschaftsspionage ca. 100 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 225 3 24. 15.2.2012 15. Europäischer Polizeikongress Jihadismus: Präventions- u. Deradikali- sierungsansätze in Deutschland 50 25. 16.2.2012 Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Auf- gaben (BAFzA) - Regiestel- le „Toleranz fördern – Kompetenz stärken Islamismus und Salafismus 30 26. 21.2.2012 Bildungsstätte der Justizvollzugsverwaltung Arbeitsweise des Verfassungsschutzes und Rechtsextremismus 20 27. 23.2.2012 „Dialogforum Islam“ BM.I Wien / „AG Islamismus und Islamfeindlichkeit“ Politischer Islam / Islamismus und Is- lamfeindlichkeit 10 28. 13.3.3012 Avira Wirtschaftsspionage nicht bekannt 29. 27.3.2012 Bundesministerium des Inneren: Symposium „Inspire , Youtube & Co. Radi- kalisierung u. Deradikali- sierung durch Medien der „Initiative Sicherheitspartnerschaft “ Zerrbilder von Islam und Demokratie – Argumente gegen extremistische Inter- pretationen von Islam und Demokratie 40 30. 27.3.2012 Ortsverband Tempelhof /Marienfelde der Sozial- demokratischen Partei Deutschlands (SPD) Rechtsextremismus: Verbot der Natio- naldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), NW- („Nationaler Widerstand“) Net nicht bekannt 31. 28.3.2012 Bundesamt für Bevölkerungsschutz : Berliner Fach- tagung Nationale Sicherheit und Bevölkerungsschutz Sicherheit in der Bundeshauptstadt – die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehör- den in der Terrorismusabwehr 50 32. 29.3.2012 Landespolizeischule Rechtsextremismus nach Aufdeckung des NSU („Nationalsozialistischer Untergrund “) 40 33. 19.4.2012 Verein Für Demokratie – Gegen Vergessen Lagebild Rechtsextremismus nach NSU 70 34. 26.4.2012 SPD Kreisverband Reinickendorf Lagebild Rechtsextremismus 20 35. 3.5.2012 Rechtsausschuss des Markenverbandes Wirtschaftsspionage nicht bekannt 36. 9.5.2012 Polizeihochschule Thüringen Lagebild Linksextremismus in Berlin 50 37. 5.6.2012 Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Podiumsdiskussion, Rechtsextremismus: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit “ nicht bekannt 38. 11.6.2012 Fachverband Spectaris Wirtschaftsspionage ca. 10 39. 14.6.2012 Commehr mit Berlin Capital Club Wirtschaftsspionage ca. 15 40. 18.6.2012 CDU Kreisverband Reinickendorf Lagebild Rechtsextremismus nicht bekannt 41. 19.6.2012 Helios Klinik Bad Saarow Arbeitsweise des Verfassungsschutzes 18 42. 19.6.2012 Unternehmensnetzwerk Motzener Str. Wirtschaftsspionage ca. 60 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 225 4 43. 26.6.2012 Verein Berliner Unterwelten Arbeitsweise des Verfassungsschutzes ca. 25 44. 17.7.2012 Verein Berliner Unterwelten Arbeitsweise des Verfassungsschutzes 29 45. 17.8.2012 Erfa-Kreis Wanderer GmbH Wirtschaftsspionage ca. 30 46. 31.8.2012 Moveo Studiengruppe Arbeitsweise des Verfassungsschutzes / Aktuelle Entwicklungen 10 47. 6.9.2012 Tageszeitung „Die Welt“ Wirtschaftsspionage ca. 150 48. 19.9.2012 Runder Tisch Spandau Diskussionsrunde „Reichsregierung /- bürger“ 30 49. 21.9.2012 Personalinstitut Bundeswehr Arbeitsweise des Verfassungsschutzes 40 50. 16.10.2012 Landeskommission Berlin gegen Gewalt Präventionstag – Extremismus im Netz nicht bekannt 51. 17.10.2012 Deutsche Polizei Gewerkschaft Sicherheitsarchitektur Polizei / Verfas- sungsschutz nicht bekannt 52. 20.10.2012 Berliner Jugendfeuerwehr Extremismusfelder 17 53. 24.10.2012 Bundespolizei Fachhochschule Brühl Salafismus – Eine radikale Strömung im Islamismus 30 54. 25.10.2012 Bundespolizei Arbeitsweise des Verfassungsschutzes / Salafismus nicht bekannt 55. 31.10.2012 Verfassungsschutz Berlin/ IHK Berlin Veranstaltung "Von der Idee bis zum Produkt - Ein Original braucht Schutz", Thema: Wirtschaftsspionage und Pro- dukt- und Markenpiraterie ca. 100 56. 6.11.2012 Bildungsstätte der Justizvollzugsverwaltung Arbeitsweise des Verfassungsschutzes / Extremismusfelder 23 57. 7.11.2012 Bundeswehrkrankenhaus Arbeitsweise des Verfassungsschutzes / Salafismus 40 58. 12.11.2012 Pro Cooperatio Wirtschaftsspionage ca. 20 Wenn nicht anders vermerkt, handelte es sich bei den Veranstaltungen um Vortragsveranstaltungen. Ort, Anlass und Dauer der Veranstaltungen wurden nicht erfasst. 3. Bietet der Verfassungsschutz seine Angebote aktiv gegenüber Schulen an (wenn ja, in welcher Form?) oder werden diese von den Schulen nachgefragt? Zu 3.: Den Schulen werden Veranstaltungen nicht ak- tiv angeboten. Auf der Internetseite des Berliner Verfas- sungsschutzes gibt es einen Link, über den Interessentin- nen und Interessenten eine Anfrage für eine Veranstaltung stellen können. Auch Schulen können als Interessenten dieses Angebot nutzen. 4. Welche Einnahmen und Ausgaben hat der Verfas- sungsschutz durch diese Veranstaltungen und wie hoch ist das Budget des Landesamts für Verfassungsschutz, das für diese Aktivitäten veranschlagt wurde? Zu 4.: Die Vorträge des Berliner Verfassungsschutzes sind kostenfrei. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter füh- ren die Veranstaltungen im Rahmen ihrer Dienstzeit durch; die Broschüren werden kostenfrei abgegeben. Das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit der Abteilung Verfassungsschutz der Senatsverwaltung für Inneres und Sport beträgt im Jahr 2012 45.000 Euro. 5. Findet der Senat es richtig, dass durch den Verfas- sungsschutz Aufgaben der politischen Bildung wahrge- nommen werden und wenn ja, in welchen Bereichen hält der Senat politische Bildung durch den Verfassungsschutz für besonders erstrebenswert? 6. Welche Vorteile sieht der Senat darin, dass die o.g. Aktivitäten zur politischen Bildung durch den Verfas- sungsschutz anstatt durch die vorhandenen Institutionen, deren Kernaufgabe diese Arbeit ist (z.B. Landeszentrale für Politische Bildung, Mobile Beratung gegen Rechtsext- remismus), ausgeübt werden und sieht der Senat Defizite Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 225 5 bei der politischen Bildungsarbeit der letztgenannten In- stitutionen? Zu 5. und 6.: Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Verfassungs- schutzgesetz Berlin (VSG Bln) ist es Aufgabe der Verfas- sungsschutzbehörde, neben den dort genannten staatlichen Institutionen auch die Öffentlichkeit über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Be- stand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten. Der Verfassungsschutz handelt gemäß seinem gesetz- lichen Auftrag, die Öffentlichkeit zu unterrichten, wenn er in Veranstaltungen über extremistische Bestrebungen informiert. Präventionsarbeit in allen Extremismusfeldern ist dem Senat besonders wichtig. Hierunter fällt auch die Information über Aktivitäten zur Werbung und Bindung junger Menschen durch extremistische Gruppierungen. Die in den Antworten zu Frage 1 und 2 genannten Veran- staltungen dienten der Erfüllung des gesetzlichen Infor- mationsauftrags. Die Veranstaltungen sind daher als In- formationsveranstaltungen des Verfassungsschutzes zu qualifizieren. Die Arbeit des Berliner Verfassungsschutzes erfolgt unabhängig von der Aufgabenerfüllung der Landeszentra- le für politische Bildung oder anderer entsprechender Ein- richtungen. 7. Versteht sich der Verfassungsschutz als Bildungs- träger und findet eine Koordinierung mit anderen Bil- dungsträgern statt, die öffentlich finanziert sind (z.B. Landeszentrale für Politische Bildung, MBR)? Zu 7.: Nein. 8. Werden bestimmte Zielgruppen (wie Verwaltun- gen und politische Entscheidungsträger) und Programm- schwerpunkte durch die Aktivitäten zur politischen Bil- dung des Verfassungsschutzes ins Auge gefasst und wird durch den Senat die Auffassung vertreten, dass bestimmte Zielgruppen, Inhalte oder programmatische Schwerpunkte durch die herkömmlichen, öffentlich finanzierten Träger bisher vernachlässigt wurden? Zu 8.: Es wird auf die Antwort zur Frage 3 verwiesen. Der Verfassungsschutz stellt der Öffentlichkeit Informati- onen als Angebot zur Verfügung. 9. Ist der Senat weiterhin der Auffassung, dass es Aufgabe des Verfassungsschutzes ist, neben staatlich re- pressiven auch zivilgesellschaftliche Maßnahmen gegen verfassungsfeindliche Gruppierungen aufzuzeigen? Zu 9.: Ja. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. Berlin, den 17. Dezember 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Jan. 2013)