Drucksache 17 / 11 229 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Bola Olalowo (GRÜNE) vom 21. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. November 2012) und Antwort Technologietransfer in Berlin – Patente, Patenverwertung und Spin-offs Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Patentverwertungen wurden durch die Patentverwertungsagentur ipal GmbH seit ihrer Gründung realisiert und welche Erträge wurden damit erwirtschaf- tet? Welche Kosten standen den erwirtschafteten Einnahmen gegenüber? (Bitte nach einzelner Hochschule und Forschungseinrichtung sowie nach Jahresscheiben auf- schlüsseln) Zu 1.: Seit ihrer Gründung hat die ipal GmbH nach ei- genen Angaben 126 Verträge im Rahmen der Patentver- wertung geschlossen, aus denen bis zum 23.11.2012 Er- träge von ca. 3,4 Mio. EUR erzielt wurden. Das Gesamtvertragsvolumen der Verträge (Summe der fest vereinbarten Zahlungen wie Meilensteinzahlungen , Mindestlizenzgebühren, aber ohne zukünftige, um- satzabhängige Erlöskomponenten) beträgt mehr als 16,5 Mio. EUR. Nachfolgend sind die Erträge nach einzelner Hoch- schule/Forschungseinrichtung und pro Jahr aufgeschlüs- selt: Erträge / EUR 2002 2003 2004 2005 2006 2007 BAM 0 0 0 0 0 0 Charité 0 4.077 26.317 154.500 78.500 94.104 FUB 0 0 0 418 1.492 2.668 HUB 0 0 0 8.820 11.280 0 Paul-Ehrlich-Institut 0 0 0 0 0 36.432 Robert-Koch-Institut 0 0 0 19.363 34.258 65.684 TUB 0 10.000 0 22.000 28.000 45.000 BAM: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung FUB: Freie Universität Berlin HUB: Humboldt-Universität Berlin TUB: Technische Universität Berlin 2008 2009 2010 2011 2012 *) BAM 0 0 0 29.000 0 Charité 105.420 249.590 212.692 239.431 96.614 FU 15.862 20.985 26.011 26.409 1.536 HU 20.000 0 35.330 0 0 Paul-Ehrlich-Institut 6.677 40.000 7.500 16.000 0 Robert-Koch-Institut 88.727 83.390 10.000 10.000 0 TU 122.550 76.755 92.406 152.214 967.122 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 229 2 Die Kosten verteilen sich über die Jahre wie folgt: 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Gesamtkosten 1.026.285 1.597.738 1.861.058 2.034.399 2.107.411 2.287.960 davon Patentkosten 225.984 360.486 539.310 723.158 919.018 1.011.126 2008 2009 2010 2011 2012 Gesamtkosten 2.573.187 2.347.785 3.640.377 3.013.287 2.908.651 davon Patentkosten 918.680 947.713 1.265.188 927.712 983.456 Beide Tabellen Stand 23.11.2012 2. Wie viele der von der ipal GmbH erfassten Patente wurden in Berlin bzw. in Berliner Unternehmen und wie viele außerhalb von Berlin verwertet? (Bitte nach Berlin, bundesweit und international aufschlüsseln.) Zu 2.: Von den 126 Verträgen aus der Patentverwer- tung wurden 50 Verträge mit Berliner Unternehmen ge- schlossen, 55 Verträge mit Unternehmen aus dem übrigen Bundesgebiet und 21 Verträge mit internationalen Unter- nehmen, d.h. 40% der Verträge wurden mit Berliner Un- ternehmen geschlossen. Von den 50 Verträgen mit Berli- ner Unternehmen wurden 25 Verträge mit Neugründun- gen geschlossen, deren zukünftige Entwicklung somit durch auf das jeweilige Geschäftsmodell ausgerichtete Schutzrechte nachhaltig abgesichert ist. 3. Wie schätzt der Senat die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells der ipal GmbH inzwischen ein? Wie wer- den die Gesellschafter der ipal GmbH die langfristige Finanzierung der ipal GmbH sicherstellen? Zu 3.: Grundsätzlich wird die Arbeit der ipal GmbH von den Gesellschaftern als positiv bewertet. Das bisheri- ge Finanzierungsmodell läuft bis Ende 2013 und im III. Quartal 2013 soll ein neues Finanzierungskonzept vereinbart werden. 4. Wie bewertet der Senat die im Bundesländervergleich geringe Anzahl von Patentanmeldungen pro Ein- wohner in Berlin, insbesondere vor dem Hintergrund der relativ hohen Forschungsintensität in Berlin? Zu 4.: Für einen Standort von außeruniversitären For- schungseinrichtungen mit einem überregionalen Auftrag und einem hohen Anteil von Auftragsforschung für die Industrie – jedoch wenigen mittelständischen Unternehmen kritischer Größe – ist die Zahl der Patentanmeldungen erklärlich. Patentanmeldungen sind für die geförder- ten Forschungseinrichtungen kein Selbstzweck, da die meisten Patente innerhalb ihrer Laufzeit nicht einmal die Kosten einspielen und ihre Nutzung zumeist von Vor- patenten aus der Industrie abhängig ist. In vielen Fällen gibt es in Deutschland auch gar keine Industrien mehr, die diese Technologien nutzen, so dass Patentanmeldungen hiesiger Einrichtungen (z.B. bei Chip-Technologien) zum Teil im Ausland erfolgen. Hinzu kommt, dass die gewerblichen Kooperations- partner sich zumeist die Anmeldung eventueller Schutz- rechte für den gemeinsam entwickelten Anwendungsfall vorbehalten und so Anmeldungen in Berlin entwickelter Technologien an den Standorten/Konzernsitzen dieser Unternehmen außerhalb Berlins oder in Übersee erfolgen. 5. Wie viele Unternehmen in Berlin wurden seit 2007 aus Wissenschaft und Forschung (aufgegliedert nach Spin-offs und Start ups) gegründet? Zu 5.: Es gibt keine Meldepflicht für Gründungen aus der Wissenschaft und Forschung, so dass entsprechende Daten nicht zur Verfügung stehen. Es gibt auch keine einheitliche Definition einer „Aus- gründung“, so dass diese Information nicht von der amtlichen Statistik erfasst wird. Die Hochschulen selbst können nicht alle tatsächlich erfolgten Gründungen von Hochschulangehörigen erfas- sen, sondern lediglich die Anzahl der Gründerinnen und Gründer, die die Unterstützung der jeweiligen Grün- dungsbüros (einschl. Gründerzentren) in Anspruch ge- nommen haben, oder zumindest bei Veröffentlichungen auf ihre Herkunft verwiesen haben. Diese Zahl bildet insofern eine Untergrenze. Im Rahmen der IHK-Studie „Ausgründungsanalyse“, die im Rahmen der Transfer-Allianz in Auftrag gegeben wurde, machten die befragten Hochschulen folgende An- gaben: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 229 3 Quelle: IHK Berlin: „Ausgründungsaktivitäten an Berliner Hochschulen“, Berlin 2011; ASH: Alice Salomon Hochschule Berlin, BHT: Beuth Hochschule für Technik Berlin, HTW: Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, HWR: Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, UdK: Universität der Künste Berlin 6. Wie bewertet der Senat Gründungen aus Wissenschaft und Forschung gegenüber Gründungen, die ohne Wissenschaftsbezug erfolgen, und wie wird demnach die Förderung ausgerichtet? Zu 6.: Wissens- und technologiebasierte Gründungen sind in der Regel stärker wachstumsorientiert und tragen insofern stärker zu zukünftigem Wirtschafts- und Be- schäftigungswachstum in Berlin bei als Gründungen ohne Wissenschaftsbezug. Allerdings ist häufig auch der Fi- nanzierungsbedarf aufgrund von Entwicklungs- und Markteintrittsaufwendungen höher und der Beratungsbe- darf intensiver. Aus diesem Grund stehen für technologieorientierte Gründerinnen und Gründer neben den allgemeinen Bera- tungs- und Finanzierungsangeboten auch spezielle För- derprogramme zur Verfügung. In erster Linie sind dies: - Einstiegsberatung der Gründungsbüros und Transferstellen der Hochschulen (auch im Rahmen der Technologie- und Gründerzentren) - Vertiefende Beratung, Coaching und Workshops für technologieorientierte Gründerinnen und Gründer im Technologie Coaching Center TCC - Zuschüsse und Darlehen für Projekte im Rahmen des Technologieförderprogramms „ProFIT“ - Personalkostenzuschüsse bei der Einstellung von Hochschulabsolventen durch kleine und mittlere Un- ternehmen (KMU) (häufig Gründungsunternehmen) im Rahmen des Programms „Innovationsassisstent/- in“ - Niedrigschwelliger Zuschuss für Kooperationsprojekte zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) (häu- fig Gründungsunternehmen) im Rahmen des Programms „Transfer BONUS“ - Beteiligungskapital für technologieorientierte oder kreative wachstumsstarke Unternehmen (Programm „VC Fonds Technologie“ und „VC Fonds Kreativwirtschaft “) 7. Beteiligt sich der Senat direkt oder indirekt an Gründungen aus der Wissenschaft und Forschung? Wel- che Förderinstrumente werden hierfür genutzt und in wel- che Höhe wurden diese abgerufen? (Bitte für die letzten fünf Jahre nach Jahresscheiben und Einrichtungen auf- schlüsseln) Zu 7.: Mit dem Förderprogramm VC Fonds Techno- logie Berlin werden Beteiligungen an jungen Berliner Technologieunternehmen mit Wachstumspotenzial einge- gangen, die insbesondere in den - im Rahmen der gemein- samen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg (innoBB) definierten - Clustern von herausgehobener Bedeutung für den Strukturwandel am Standort sind. Der VC Fonds Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 229 4 Technologie Berlin ist das Ergebnis einer gemeinsamen Initiative der Investitionsbank Berlin (IBB) und des Lan- des Berlin. Die Beteiligungen werden vorrangig zur Fi- nanzierung der Entwicklung und Markteinführung inno- vativer Produkte zur Verfügung gestellt. Der VC Fonds Technologie Berlin hat in 2008 14 Vorhaben mit einem Volumen von rd. 4,5 Mio. € finanziert ; in 2009 11 Vorhaben mit einem Volumen von rd. 3,64 Mio. €; in 2010 14 Vorhaben mit einem Volumen von 6,03 Mio. € und in 2011 21 Vorhaben mit einem Volumen von 8,2 Mio. €. Bis heute wurden im laufenden Jahr 15 Beteiligungen mit einem Volumen von rd. 4,2 Mio. € gefördert. 8. Welche Möglichkeiten gibt es, um innovative Entwicklungen aus der Berliner Wissenschaft und For- schung an der Vergabe öffentlicher Mittel zu berücksichtigen ? 9. In welchem Ausmaß werden Gründungen und Institute aus dem Bereich Wissenschaft und Forschung an der Vergabe öffentlicher Aufträge beteiligt und wie wer- den sie berücksichtigt? (Bitte für die letzten fünf Jahre nach Jahresscheiben aufschlüsseln.) Zu 8 und 9.: Grundsätzlich können sich regionale und überregionale Unternehmen und Institute um öffentliche Aufträge bewerben. Öffentliche Aufträge werden öffent- lich bekannt gemacht und jedes interessierte Institut/jede Firma kann sich dann bewerben. Irgendeine bevorzugte Direktvergabe an regionale Akteure verstößt gegen euro- päisches und nationales Vergaberecht. In die Vergabebedingungen können und werden Vor- gaben, die konkrete technische Bedingungen festlegen, aufgenommen. Wegen notwendiger, umfangreicher Erhebungen zur Beantwortung der Frage ist es im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht möglich, detaillierter Angaben zu machen. 10. Wie gedenkt der Senat eine weitere Unterstützung von Spin-offs und Start-ups zu gewährleisten bzw. zu fördern? Gibt es hierzu Planungen oder weiterführende Konzepte, um in Berlin die Kooperation der exzellenten Wissenschaft und Forschung mit der Wirtschaft für die Entwicklung der Region zu nutzen? Zu 10.: Ein erfolgreiches Instrument zur Förderung des Wissens- und Technologietransfers in der Hauptstadt ist die Transfer-Allianz. Sie ist ein freiwilliger Zusam- menschluss von rund 50 Unternehmen, Verbänden, Hoch- schulen, Forschungseinrichtungen und Verwaltungen, deren gemeinsames Anliegen es ist, die Rahmenbedin- gungen für den Technologietransfer zu verbessern, die Vernetzung zu fördern und etwaige Hemmnisse zu besei- tigen. Arbeitsgrundlage der Transfer-Allianz ist ein von ihr beschlossener umfangreicher Maßnahmeplan, der zur- zeit überarbeitet bzw. fortgeschrieben wird. Ein Themenschwerpunkt des Maßnahmeplans ist unter anderem „Ausgründungen als Instrument des Wissens- und Technologietransfers stärken“. Die Transfer-Allianz verfolgt hiermit das Ziel, durch die Initiierung und Umsetzung konkreter Projekte die Unterstützungsmöglichkeiten ins- besondere für Hochschulausgründungen in Zukunft weiter zu optimieren. Berlin, den 11. Dezember 2012 In Vertretung Henner B u n d e ................................................................. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Jan. 2013)