Drucksache 17 / 11 236 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marion Seelig und Udo Wolf (LINKE) vom 20. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. November 2012) und Antwort V-Leute und verdeckte Ermittler in der Fußball-Fanszene Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Einsatz von V-Leuten in der Fußball-Fanszene oder setzen Berliner Behörden selbst V-Leute ein und wenn ja, seit wann? Zu 1.: Ein gezielter Einsatz von V-Personen (VP) in der Fußball-Fanszene durch die Polizei Berlin erfolgt grundsätzlich nicht. Lediglich anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006 erfolgte ein gefahrenabweh- render Einsatz vor dem Hintergrund der besonderen Be- deutung dieser Veranstaltung für die internationale Hooligan-Szene zur Verhinderung bzw. vorbeugenden Bekämpfung von schweren Straftaten aus diesem Bereich. Im Einzelfall erhält das für die Führung von VP zu- ständige Landeskriminalamt durch VP aus anderen Phä- nomenbereichen Randinformationen über die gewalttätige Hooliganszene. Beispielsweise werden als Randinformationen so ge- nannte „Drittortauseinandersetzungen“ bekannt. „Drittortauseinandersetzungen“ sind Gruppenschläge- reien, die konspirativ von Residenten verschiedener Fuß- ballvereinsstädte geplant und an teilweise weit von Fuß- ballspielen abgesetzten Örtlichkeiten durchgeführt wer- den. Wurden sie in der Vergangenheit mit dem konkreten Austragungsort bekannt, erfolgte die zeitnahe Weitermel- dung an das entsprechende Land oder Bundesland. 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Einsatz von verdeckten Ermittlern in der Fußball-Fanszene oder setzen Berliner Behörden selbst verdeckte Ermittler ein und wenn ja, seit wann? Zu 2.: Die Polizei Berlin setzt keine Verdeckten Er- mittler (VE) in der Fußball-Fanszene ein. 3. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Einsatz von anderen verdeckten Ermittlungsmethoden in der Fußball-Fanszene oder setzen Berliner Behörden selbst andere verdeckte Ermittlungsmethoden ein und wenn ja, welche und seit wann? Zu 3.: Bei der Polizei Berlin werden „andere“ verdeckte Ermittlungsmethoden angewandt, soweit die recht- lichen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorlie- gen. 4. Wenn von Berliner Behörden die in 1.-3. genannten Ermittlungsmethoden eingesetzt werden, a) wo, in welchem Rahmen und mit welchem Einsatzziel werden sie eingesetzt, b) wer entscheidet genau über diesen Einsatz, c) welche Erkenntnisse und Informationen erhoffen sich die Sicherheitsbehörden davon? Zu 4. a) bis c): Der gefahrenabwehrende VP-Einsatz steht nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungs- gesetz (ASOG) Berlin unter dem Anordnungsvorbehalt eines „Beamten des höheren Dienstes“. Der gefahrenabwehrende VE-Einsatz „darf nur durch den Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt angeordnet werden“. Im Strafverfahren stehen VP-Einsätze unter dem Zu- stimmungsvorbehalt der Staatsanwaltschaft und VE- Einsätze unter dem Zustimmungsvorbehalt der Staatsan- waltschaft bzw. des Gerichts. Würde ein Einsatz von Vertrauenspersonen im Be- reich der Fußballszene erfolgen, diente dieser einerseits aus Sicht der Gefahrenabwehr dem frühzeitigen Erken- nen/ Feststellen von Mobilisierungspotentialen und Pla- nungen, die Grundlagen für die Begehung von schweren Straftaten sein können. Andererseits zielte ein solcher VP-Einsatz gleichzeitig auf die Zulieferung von ermittlungsrelevanten Erkennt- nissen ab, die ohne den Einsatz von VP aussichtslos bzw. wesentlich erschwert zu erlangen wären, um so die Auf- klärung/ Strafverfolgung von schweren Straftaten in die- sem Zusammenhang zu gewährleisten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 236 2 5. Werden V-Leute und verdeckte Ermittler nach Kenntnis des Senats auch bei internationalen Fußballspie- len (Champions-League, Europa-League, Länderspiele) eingesetzt? Zu 5.: Nein. 6. Ist dem Senat bekannt, ob V-Leute, Informanten und verdeckte Ermittler auch in der Dritten Liga und da- runter eingesetzt werden und wenn ja, in welchen Ligen und Vereinen geschieht dies und auf welcher Gefahren- analyse basierend? Zu 6.: Im Rahmen des in der Antwort zu Frage 1. dar- gestellten gezielten Einsatzes anlässlich der Fußball-WM 2006 wurde bekannt, dass Auseinandersetzungen von Hooligans auch im Regional- und Oberligabereich statt- finden. 7. Ist der Senat der Ansicht, dass nachrichtendienstliche bzw. verdeckte polizeiliche Ermittlungsmethoden innerhalb der Fußball-Fanszene verhältnismäßig und ge- eignet sind, Straftaten zu verhindern oder aufzuklären (bitte begründen)? Zu 7.: Verdeckte Ermittlungsmethoden sind denkbar soweit die rechtlichen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen (siehe auch Antwort zu Frage 4.). 8. Waren der Einsatz von V-Leuten, Informanten oder verdeckten Ermittlern oder von diesen erhobene In- formationen Bestandteil von Verabredungen oder Bera- tungen der Innenministerkonferenz (IMK) und wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen? Zu 8.: Der grundsätzliche Einsatz von VP und VE so- wie die Inanspruchnahme von Informanten als Einsatz- mittel der Polizeien in Bund und Ländern ist wie jedes andere sicherheitsfachliche Thema auch wiederkehrend Gegenstand in den Gremien der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK). Der Einsatz von V-Leuten, Informantinnen/Infor- manten oder VE in der Fußball-Fanszene war bisher als Thema nicht Gegenstand der Tagesordnung der IMK. 9. Welche Positionen hat der Senat zu dieser Frage bei der IMK eingenommen? Zu 9.: Entfällt. 10. Welche Straftaten wurden nach Kenntnis des Senats durch den Einsatz von V-Leuten oder verdeckten Ermittlern in der Fußball-Fanszene aufgeklärt? Zu 10.: In Berlin wurden keine Straftaten in der Fuß- ball-Fanszene durch den Einsatz von VP oder VE aufge- klärt. 11. Ist dem Senat bekannt, ob V-Leute, verdeckte Ermittler oder Informanten im Rahmen ihrer Tätigkeit in den Fanszenen selbst illegale Handlungen ausgeführt ha- ben? Zu 11.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. Hätten in Berlin geführte VP an Auseinandersetzungen teilge- nommen, wären sie entsprechend verfolgt worden. 12. Welche Abteilungen oder Ressorts welcher Sicherheitsbehörden befassen sich im Land Berlin mit Er- mittlungen im Bereich Kriminalität im Umfeld von Fuß- ballspielen? Zu 12.: Beim Landeskriminalamt Berlin (LKA) ist das Fachkommissariat LKA 712 zuständig für sämtliche For- men präventiver und repressiver Maßnahmen im Zusam- menhang mit Sportereignissen, unabhängig von der Sportart. Berlin, den 21. Dezember 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Jan. 2013)