Drucksache 17 / 11 238 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 20. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. November 2012) und Antwort Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurden seit Beginn des Jahres 2012 in Berlin in Obhut genommen und welcher Trend ist angesichts der wach- senden Flüchtlingszahlen in Berlin und im Vergleich der Bundesländer im Hinblick auf diese Personengruppe zu verzeichnen (bitte nach Alter, Nationalität und Geschlecht getrennt auflisten)? Zu 1.: Die Einreisezahlen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Berlin schwanken jedes Jahr. Zum Ver- gleich wird auf die Antwort Nr.1 zur Kleinen Anfrage Nr. 17/10180 zum Thema „Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge“ verwiesen. Ein Trend kann daher nicht zuverlässig verzeichnet werden. 2. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat vor, aus welchen Ländern diese Minderjährigen kommen (bitte prozentuale Anteile bei Häufungen ausweisen)? Zu 2.: 3. Welche wesentlichen Gründe sind nach Kenntnis des Senats ursächlich für die unbegleitete Flucht von Kin- dern und Jugendlichen aus ihren jeweiligen Herkunftslän- dern und welche Trends sind erkennbar? Zu 3.: Angaben zu den Fluchtgründen werden nicht statistisch erfasst. Bezüglich einer Prognose wird auf die Antwort Nr. 7 zur Kleinen Anfrage Nr. 17/10180 verwie- sen. 4. Wie viele der aufgenommenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge waren zum Zeitpunkt ihrer Auf- nahme jünger als 18 und älter als 16 Jahre? 5. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge waren zum Zeitpunkt ihrer Einreise jünger als 16 Jahre? Zu 4. und 5.: Zeitraum In Obhut genommene unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Männlich Weiblich Gesamt 01.01. bis 31.10.2012 203 85 288 Zeitraum In Obhut genommene unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter 16 Jahre 16 bis 17 Jahre Gesamt Männlich Weiblich Männlich Weiblich 01.01. bis 31.10.2012 102 49 101 36 288 Land 2011 01.01. - 31.10.2012 Vietnam 7,0 % 5,2 % Ungeklärt/Libanon 18,3 % 15,6 % Afrika 20,2 % 26,4 % Russische Föderation 19,9 % 17,4 % Andere Länder 34,6 % (davon 44,9 % Afghanistan) 35,4 % (davon 33,3 % Af- ghanistan) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 238 2 6. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befanden sich zum 31.10.2012 in der Erstaufnahme- und Clearingstelle und wie viele der 2012 Eingereisten in Nachfolgeeinrichtungen der Jugendhilfe in den Bezirken (bitte bezirklich aufschlüsseln)? Zu 6.: Eine stichtagsbezogene Abfrage der Aufnahme- zahlen in der Erstaufnahme- und Clearingstelle und der Unterbringung in anderen Jugendhilfeeinrichtungen ist in unserer Datenbank rückwirkend nur mit einem unverhält- nismäßig hohen Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Da in einem anderen Zusammenhang am 16.11.2012 eine Stichtagsabfrage gemacht wurde, werden diese Zahlen verwendet. Zum Stichtag 16.11.2012 waren insgesamt 79 minder- jährige unbegleitete Flüchtlinge in der Erstaufnahme- und Clearingstelle (EAC) untergebracht. 42 Personen waren aufgrund der Ausschöpfung der Kapazitäten der Erstauf- nahme- und Clearingstelle in anderen Jugendhilfeeinrich- tungen untergebracht. Unterbringung in Nachfolgeeinrichtungen vom 01.01. bis 16.11.2012 Bezirksamt Gesamt Mitte 0 Friedrichshain-Kreuzberg 14 Pankow 8 Charlottenburg-Wilmersdorf 31 Spandau 4 Steglitz-Zehlendorf 18 Tempelhof-Schöneberg 12 Neukölln 17 Treptow-Köpenick 26 Marzahn-Hellersdorf 16 Lichtenberg- Hohenschönhausen 21 Reinickendorf 11 Summe 178 7. Wie viele der 2012 eingereisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wurden mit welcher Begrün- dung abgeschoben? Zu 7.: Es wird auf die Antwort Nr. 6 zur Kleinen An- frage Nr. 17/10180 verwiesen. 8. Wie bewertet der Senat die Auskömmlichkeit der Kapazitäten für einreisende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowohl in der Erstaufnahme- und Clearing- stelle als auch in den Folgeeinrichtungen der Jugendhilfe? Zu 8.: Die Kapazität für Neuaufnahmen von unbeglei- teten minderjährigen Flüchtlingen in der Erstaufnahme- und Clearingstelle ist limitiert und die Aufnahmezahlen sind in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen, weshalb der Senat derzeit bemüht ist, zusätzliche Res- sourcen zur Verfügung zu stellen. Sogenannte Folgeein- richtungen der Jugendhilfe verfügen über eine breite An- gebotspalette und werden zunehmend mit dem Personen- kreis der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge belegt. 9. Wie bewertet der Senat den gesundheitlichen Zu- stand der bisher in diesem Jahr eingereisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge und welche Maßnahmen hält der Senat vor, um den diesbezüglichen Anforderungen gerecht zu werden? Zu 9.: Zahlen zum gesundheitlichen Zustand von un- begleiteten minderjährigen Flüchtlingen werden statis- tisch nicht erhoben. Die Erstaufnahme- und Clearingstelle führt die aufgenommenen Personen gemäß Trägervertrag allen festgelegten medizinischen Untersuchungen zu. Im Erstgespräch erfolgt eine persönliche Befragung zum Ge- sundheitszustand, angegebene Beschwerden werden um- gehend ärztlich untersucht und erforderliche medizini- sche Maßnahmen eingeleitet. Zur Vermeidung der Ver- breitung ansteckender Krankheiten findet regelhaft eine Vorstellung im Tropenmedizinischen Institut statt. 10. Wie wird der Senat dem Recht der eingereisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auf Schulbesuch gerecht? Ist eine unverzügliche Beschulung nach Einreise gesichert und wer gewährleistet diese? Zu 10.: Direkt nach der Aufnahme in der Erstaufnah- me- und Clearingstelle besteht die Möglichkeit, einen hausinternen Deutschkurs zu besuchen. Nach der schul- ärztlichen Untersuchung erfolgt eine Einschulung in der Johann-Thienemann-Schule in speziellen Lerngruppen für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse oder in einem Sprachkurs beim Projekt „Flucht nach Vorn“ des Sozialpädagogischen Instituts. Der Schulbesuch der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge erfolgt zunächst im Bezirk Steglitz- Zehlendorf, da dort die Erstaufnahme-/Clearingstelle an- gesiedelt ist. Die Aufnahme und Beschulung ist dort folgenderma- ßen geregelt: An ausgewählten Grundschulen und weiterführenden Schulen werden Schulplätze vorgehalten durch die Ein- richtung von Lerngruppen für Neuzugänge ohne Deutsch- kenntnisse. Der Beginn des Schulbesuchs erfolgt so früh wie möglich, maximal eine Woche nach der Anmeldung im Schulamt. Ist der Bedarf an Schulplätzen größer als die zur Ver- fügung stehende Anzahl, werden neue Lerngruppen ein- gerichtet und zusätzliche Lehrkräfte bereitgestellt. Durch eine monatliche Datenerhebung über die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Lerngruppen wird die Ein- richtung der Lerngruppen gesteuert. Nach Verlassen der Erstaufnahme-/Clearingstelle werden die Jugendlichen in dem Bezirk beschult, in dem sie wohnen. Sie werden gemäß ihres Alters, ihres Bil- dungsstandes und ihrer Deutschkenntnisse in eine Regel- klasse oder eine Lerngruppe für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse aufgenommen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 238 3 11. Wie wird gesichert, dass die Vormundschaften über diese Kinder verantwortungsvoll wahrgenommen werden? Zu 11.: Zur Beschleunigung des Clearingverfahrens wird regelhaft die Amtsvormundschaft des Jugendamtes Steglitz-Zehlendorf vorgeschlagen, die auch vom jeweils zuständigen Familiengericht bestellt wird, wenn unbeglei- tete minderjährige Flüchtlinge keinen Wunsch nach einem Einzelvormund äußern oder eine Benennung durch die Eltern erfolgte. Die Rahmenbedingungen für die Führung von Vormundschaften sind im Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts geregelt. 12. Welchen besonderen Herausforderungen sieht sich der Senat gegenüber angesichts seiner Verantwortung für das Wohl dieser elternlos eingereisten Minderjährigen und wie wird er dieser auch in Übereinstimmung mit der UN-Kinderrechtskonvention gerecht? Zu 12.: Es wird auf die Antwort Nr. 10 zur Kleinen Anfrage Nr. 17/10180 verwiesen. Berlin, den 09. Januar 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Jan. 2013)