Drucksache 17 / 11 243 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Friederici (CDU) vom 21. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. November 2012) und Antwort Zukunft der Sozialwohnungen in der Palisadenstraße Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie stellt sich aktuell die Situation der Mie- terinnen und Mieter im Bestand der Sozialwohnungen in der Palisadenstraße 41-46 in Berlin-Friedrichshain dar? Antwort zu 1: Zum 1. November 2012 waren die im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus (Erster Förderweg) geförderten Objekte Palisadenstraße 41 bis 46 mit 124 Sozialwohnungen vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen. Nach Kenntnis des Senats hat der Vermieter am 12. Oktober 2012 Mieterhöhungserklärungen abgegeben und die Nettokaltmiete zum 1. Februar 2013 einheitlich auf 7,60 €/m² monatlich erhöht. Der Eigentümer verzichtete damit explizit auf Geltendmachung der an sich zuläs- sigen Kostenmiete von über 13 €/m² monatlich. Unmittelbar nach der Zustellung der Mieterhöhungserklärungen wurde Mitte Oktober 2012 die Mieterbera- tung Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und ange- wandte Stadtforschung e.V. (AG SPAS) beauftragt, auf- klärend und unterstützend in den Wohnhäusern Palisaden- straße 41 bis 46 tätig zu werden. Alle Mieterhaushalte wurden schriftlich über das zusätzliche Beratungsangebot informiert. Auf der am 17. Oktober 2012 stattgefundenen Mieterversammlung in der Palisadenstraße konnten durch die Vertreterin der AG SPAS bereits erste drängende Fra- gen der Mieterinnen und Mieter beantwortet werden. Bis Ende November 2012 sind 18 Mieterhaushalte in den direkten Beratungskontakt mit der AG SPAS getre- ten. Aufgrund des meist hohen Alters und der zum Teil bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen der Rat- suchenden stand für 16 der Ratsuchende der Verbleib in ihrer Wohnung im Mittelpunkt der Beratungsgespräche. Zwei Mieterhaushalte äußerten ihren Auszugswunsch und baten um Unterstützung beim Finden einer neuen Woh- nung. Die Investitionsbank Berlin hat darüber hinaus Anfang September 2012 alle Mieterhaushalte in der Palisaden- straße 41 bis 46 über die aufgrund der Mietausgleichsvor- schriften 2011 vom 20. September 2011 (Amtsblatt Seite 2345) gegebenen Möglichkeiten zur finanziellen Unter- stützung informiert. Bis Ende November 2012 haben 62 Mieterhaushalte aus den Wohnobjekten Mietausgleich und ein Haushalt Umzugskostenhilfe beantragt. Bei den bereits erfolgten 34 Bewilligungen von Mietausgleich wurde meist aufgrund des Alters und/oder der Schwerbe- hinderung ein besonderer Härtefall anerkannt. Bei der Ermittlung des Mietausgleichs werden Miet- erhöhungen bis zum entsprechenden Mittelwert aus dem aktuellen Berliner Mietspiegel berücksichtigt. Der anzu- wendende Mittelwert der Sozialwohnungen in der Palisa- denstraße 41 bis 46 mit einer Wohnungsgröße von 40 bis unter 60 m² liegt bei 7,04 €/m² monatlich. Bei einer derzeitigen Nettokaltmiete von 6,06 €/m² monatlich werden bei Mieterhaushalten, die die Bundeseinkommensgrenzen des § 9 Abs. 2 Gesetz über die soziale Wohnraumförde- rung (WoFG) einhalten, anfänglich bis zu 90 % der Miet- erhöhung bis zum anzuwendenden Mietspiegelmittelwert übernommen. Im vorliegenden Fall werden daher 0,88 €/m² monatlich als Mietausgleich übernommen. Der Mieterhaushalt muss 0,66 €/m² monatlich bis zu der vom Vermieter verlangten Nettokaltmiete von 7,60 €/m² monatlich selbst tragen. Die Bundeseinkommensgrenze liegt für einen Einpersonenhaushalt bei 1.000 € monatlich, was bei Renterinnen und Rentnern monatlichen Bruttoeinkünften von rund 1.120 € entspricht. Liegt ein besonderer Härtefall vor, kann das Bruttoeinkommen auch bei rund 1.230 € monatlich liegen, um den Höchstanspruch auf Mietausgleich zu realisieren. Liegt das Einkommen über der Bundesein- kommensgrenze wird in Abhängigkeit von der Über- schreitung dieser Einkommensgrenze ein verminderter Mietausgleich gewährt. Bei Überschreitung der Einkom- mensgrenze um 50 % wird kein Mietausgleich mehr ge- währt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 243 2 Frage 2: Welche Maßnahmen hat der Senat mit dem Eigentümer der o.g. Sozialwohnungen vereinbart, um eine Regelung zu ermöglichen, die die wirtschaftliche Leis- tungsfähigkeit der Bestandsmieter nicht überfordert? Antwort zu 2: Durch die Nichtgewährung der An- schlussförderung entsteht beim Eigentümer regelmäßig eine erhebliche Liquiditätslücke. Zur Sicherung einer kos- tendeckenden Bewirtschaftung und Vermeidung der In- solvenz steht der Eigentümer im Kontakt mit der Investi- tionsbank Berlin. Ein Baustein zur Liquiditätssicherung sind Mieterhöhungen bis zu einem für die konkrete Lage marktfähigen Mietniveau. Der Senat hat zur Abfederung finanzieller Härten für die Mieterinnen und Mieter bei Wegfall der Anschluss- förderung die Mietausgleichsvorschriften 2011 erlassen. Frage 3: Kommen ggf. auch Härtefallregelungen zur Anwendung und wenn ja, wie sehen diese Regelungen konkret aus? Antwort zu 3: Die Mietausgleichsvorschriften 2011 (MietA-VV 2011) enthalten verschiedene Regelungen für Härtefälle. Ein besonderer Härtefall wird gemäß Nummer 3 Absatz 3 MietA-VV 2011 unter anderem angenommen, wenn ein Haushaltsmitglied das 70. Lebensjahr vollendet hat oder wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder ein anerkannter Grad der Behinderung von wenigstens 80 (%) vorliegen. Bei Anerkennung eines besonderen Härtefalles wird zu Gunsten der Mietausgleich beantra- genden Haushalte bei der Einkommensermittlung ein Ab- zug von 10 Prozentpunkten angewandt, was in Abhängig- keit vom konkreten Einzelfall zu einem höheren An- spruch auf Mietausgleich führen kann. Gemäß Nummer 6 Absatz 2 MietA-VV 2011 wird bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls der Abbau des Mietausgleichs nach jeweils einem Jahr von 20 % auf 12,5 % reduziert. Mietausgleich kann deshalb bei besonderen Härtefällen bis zu acht Jahren gewährt werden, während im Normalfall höchstens eine fünfjährige Ge- währung möglich ist. Bei Empfängerinnen und Empfängern von Wohngeld, Leistungen nach Sozialgesetzbuch (SGB) II und SGB XII, die in stationären Einrichtungen oder unter Nutzung am- bulanter Dienste nach § 75 Absatz 3 SGB XII wohnen, in für Rollstuhlnutzung geeigneten Wohnungen leben oder pflegebedürftig mit Pflegestufe sind, wird auf die Redu- zierung des Mietausgleich ganz verzichtet. Frage 4: Kennt der Senat ähnlich gelagerte Fälle? Antwort zu 4: Die mit der Mieterberatung beauftragte Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und angewandte Stadtforschung e.V. (AG SPAS) berät aktuell insgesamt Mieterhaushalte in 19 Wohnobjekten mit 1.347 Wohnun- gen, die aufgrund des Wegfalls der Anschlussförderung im Sozialen Wohnungsbau mehrheitlich von erheblichen Mieterhöhungen betroffen sind. Die Problemlagen in den Wohnhäusern sind sehr un- terschiedlich. In einzelnen Wohnobjekten gibt es viele Mieterinnen und Mieter mit Leistungsbezug nach SGB II und/oder sehr große Familien. Die Besonderheit in den Förderobjekten Palisaden- straße 41 bis 46 liegt im ehemaligen Vorbehalt für den Personenkreis der Seniorinnen und Senioren. Der Vermieter hatte laut Darstellung des Bezirksamtes Friedrichs- hain-Kreuzberg trotz genereller Freistellung von den Be- legungsbindungen seit fünf Jahren weiterhin vor allem an Seniorinnen und Senioren vermietet, so dass ältere Men- schen weiterhin die Mieterschaft prägen. Nach Darstel- lung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg soll im Unterschied zu anderen betroffenen Wohnobjekten aller- dings die Zahl der Transferleistungsempfängerinnen und Transferleistungsempfänger eher gering sein. Berlin, den 12. Dezember 2012 In Vertretung E p h r a i m G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dez. 2012)