Drucksache 17 / 11 247 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 22. November 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. November 2012) und Antwort Teilnahme von Nicht-Kita-Kindern an verpflichtendem Sprachtest und verpflichtender Sprachförderung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich die Ergebnisse der Sprachstand- feststellungen von Nicht-Kita-Kindern bei den letzten fünf Erhebungen entwickelt (Auflistung nach Jahren, Be- zirken und Herkunftssprache)? Zu 1.: Die Ergebnisse der Sprachstandsfeststellungen der Jahre 2009 bis 2012 sind der Anlage 1 zu entnehmen. Erst seit die statistische Auswertung der erfragten Daten mit dem IT-Fachverfahren „Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ)“ erfolgt, ist eine einheitliche, gesamtstädtische Auswertung möglich. Angaben zur Herkunftssprache der Kinder werden für die Sprachstandsfeststellung nicht erhoben. 2. Wie sieht das Einladungs-, Erinnerungs- und Mahnverfahren konkret für a) den verpflichtenden Sprachtest und b) die verpflichtende Sprachförderung bei festgestelltem Sprachdefizit aus und welche Behörden sind jeweils inwiefern daran beteiligt? Zu 2.: Das Einladungs-, Erinnerungs- bzw. Mahnver- fahren zur Sprachstandsfeststellung wird von den bezirk- lichen Schulämtern durchgeführt. Bis zum 1. März des Jahres vor Eintritt in die Schule werden die Erziehungsberechtigten vom zuständigen Schulamt schriftlich aufgefordert, sich in einer Kita zu melden, die der „Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Sprachstandsfeststellungsverfahren für Kinder, die keine Einrichtung der Jugendhilfe besuchen“ beigetreten ist. Mit der schriftlichen Aufforderung erhalten die Erziehungsberechtigten eine Liste mit Kitas in Wohnortnähe, die Sprachstandsfeststellungsverfahren durchführen. Bis zum 1. April sind die Erziehungsberechtigten auf- gefordert, in einer dieser Kitas einen Termin zur Durchführung der Sprachstandsfeststellung zu vereinbaren. Die Sprachstandsfeststellungen werden in der Zeit vom 15. April bis zum 31. Mai mit dem Erhebungsinstrument Deutsch Plus 4 durchgeführt. Bis spätestens Ende Juni teilt die Kita dem Schulamt das Ergebnis der Sprach- standsfeststellung mit. Nach Ablauf des Testzeitraums in den Kitas überneh- men die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung die Sprachstandsfeststellung. Die Erzie- hungsberechtigten erhalten hierzu vom bezirklichen Schulamt ein Schreiben mit den näheren Informationen. Die Sprachstandsfeststellungsverfahren, die durch die Sprachberaterinnen und Sprachberater durchgeführt wer- den, finden überwiegend in den Schulen statt, an denen diese als Lehrkräfte tätig sind. Kinder, bei denen Sprachförderbedarf festgestellt wurde, sind verpflichtet, an einer einjährigen vorschuli- schen Sprachförderung teilzunehmen (§ 55 Absatz 2 Schulgesetz). Kommen Erziehungsberechtigte der Pflicht zur An- meldung ihres Kindes zur Sprachstandsfeststellung bin- nen einer gesetzten Frist nicht nach, erhalten sie vom be- zirklichen Schulamt ein Erinnerungsschreiben. Bleibt ein Kind der Sprachstandsfeststellung bzw. bei festgestelltem Sprachförderbedarf der Sprachförderung in der Kita fern, können die bezirklichen Schulämter gegenüber den Erzie- hungsberechtigten von den Mitteln des Verwaltungsvoll- streckungsrechts Gebrauch machen, beispielsweise ein Zwangsgeld festsetzen. 3. Wie viele Eltern von Nicht-Kita-Kindern wurden jeweils bei den letzten fünf verpflichtenden Sprachstan- derhebungen a) zur Teilnahme eingeladen, b) wie viele wurden zur Teilnahme erinnert, c) wie viele wurden zur Teilnahme ermahnt und d) wie viele haben trotz Ermah- nung nicht teilgenommen (Auflistung nach Jahren, Bezir- ken und Herkunftssprache)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 247 2 4. Wie viele Eltern von Nicht-Kita-Kindern wurden jeweils nach den letzten fünf Sprachstanderhebungen und bei festgestelltem Sprachdefizit a) aufgefordert ihr Kind an der verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen zu lassen, b) wie viele wurden zur Teilnahme erinnert, c) wie viele wurden zur Teilnahme ermahnt und d) wie viele haben trotz Ermahnung nicht teilgenommen (Auflistung nach Jahren, Bezirken und Herkunftssprache)? Zu 3. und 4.: Die Anzahl der verschickten Erinne- rungs- bzw. Mahnschreiben im Zusammenhang mit der Durchführung der Sprachstandsfeststellungen und der vorschulischen Sprachförderung werden nicht zentral erfasst. Angaben zur Anzahl der ab 2009 zur Sprachstands- feststellung verschickten Einladungen, getesteten Kinder, offener Fälle, verschickten Auflagen zur Sprachförderung und zur Anzahl der Kinder, die trotz Sprachförderbedarf nicht an der verpflichtenden vorschulischen Sprachförde- rung teilnahmen, sind der Anlage 2 zu entnehmen. Für das Jahr 2008 und zur Herkunftssprache der Kin- der liegen keine Angaben vor (vgl. Antwort zu Frage 1). 5. Besteht die Möglichkeit, ein Zwangsgeld gegen Eltern festzusetzen, die sich weigern, ihre Nicht-Kita- Kinder gemäß § 55 SchulG a) am verpflichtenden Sprach- test „Deutsch Plus“ und/oder b) an der verpflichtenden Sprachförderung bei festgestelltem Sprachdefizit an einer möglichst wohnortnahen Jugendhilfeeinrichtung teilneh- men zu lassen und wenn ja, wie sieht das konkrete Ver- fahren aus und welche Behörden sind inwiefern daran beteiligt? Zu 5.: Ja. Bei der Aufforderung zur Teilnahme an der Sprachstandsfeststellung und zur Teilnahme an der vor- schulischen Sprachförderung handelt es sich um Verwal- tungsakte i. S. des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Daher können diese im Wege der Verwaltungsvollstreckung nach § 5a des Gesetzes über das Ver- fahren der Berliner Verwaltung (BlnVwVfG) i. V. mit den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsge- setzes (VwVG) durchgesetzt werden. Gemäß § 13 VwVG muss das Zwangsmittel (z. B. Zwangsgeld gemäß § 12 VwVG) zunächst schriftlich an- gedroht werden, bevor es gemäß § 14 VwVG festgesetzt wird. Gemäß § 7 VwVG wird ein Verwaltungsakt von der Behörde - vorliegend das bezirkliche Schulamt - vollzo- gen, die ihn erlassen hat. 6. Wenn ja: wie häufig wurde in den letzten fünf Jah- ren ein Zwangsgeld gegen Eltern angedroht, die sich wei- gerten, ihre Nicht-Kita-Kinder a) am verpflichtenden Sprachtest und b) an der verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen zu lassen (Auflistung nach Jahren, Bezirken und Herkunftssprache)? 7. Wenn ja: wie häufig wurde in den letzten fünf Jah- ren ein Zwangsgeld gegen Eltern angesetzt, die sich wei- gerten, ihre Nicht-Kita-Kinder a) am verpflichtenden Sprachtest und b) an der verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen zu lassen (Auflistung nach Jahren, Bezirken und Herkunftssprache)? Zu 6. und 7.: Die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld nach den Vorschriften des Verwaltungs- Vollstreckungsgesetzes (VwVG) wird von den bezirkli- chen Schulämtern vollzogen. Daten zur Häufigkeit der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld werden im IT-Fachverfahren ISBJ-Sprachstand nicht abgebildet und auch nicht anderweitig zentral erfasst. 8. Welche Gründe sind dem Senat dafür bekannt, dass Eltern ihre Nicht-Kita-Kinder nicht am verpflichten- den Sprachtest und/oder bei festgestelltem Sprachdefizit an der verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen lassen und was unternimmt er dagegen? Zu 8.: Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur vorschulischen Sprachförderung kommen nicht alle Eltern ihrer Verpflichtung zur Sprachstandsfeststellung und Sprach- förderung nach. Die Gründe hierfür lassen sich im ISBJ- Sprachstand nicht abbilden. Aus Gesprächen mit Schul- amtsmitarbeiterinnen und Schulamtsmitarbeitern ist je- doch bekannt, dass die Kinder häufig ihren Lebensmittel- punkt nicht in Berlin haben, oder die Aufforderung zur Sprachstandsfeststellung postalisch nicht zustellbar ist. Berlin, den 11. Dezember 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Dez. 2012) Anlage 1 Die folgenden Tabellen enthalten Übersichten zu den Ergebnissen der mit Deutsch Plus 4 gestesteten Kinder für die Jahre 2008 bis 2012. Ergebnisse der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder 2009 (Stand 30.09.2009) Bezirk Anzahl der getesteten Kinder davon Kinder mit Förderbedarf in Prozent Mitte 93 30 32,2% Friedrichshain/Kreuzberg 31 10 32,2% Pankow 41 6 14,6% Charlottenburg/Wilmersdorf 51 7 13,7% Spandau 47 10 21,2% Steglitz/Zehlendorf 27 3 11,1% Tempelhof/Schöneberg 66 16 24,2% Neukölln 120 60 50,0% Treptow/Köpenick 29 8 27,6% Marzahn/Hellersdorf 46 16 34,8% Lichtenberg 33 13 39,4% Reinickendorf 57 18 31,6% gesamt 641 197 30,7% Ergebnisse der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder 2010 (Stand 31.12.2010) Bezirk Anzahl der getesteten Kinder davon Kinder mit Förderbedarf in Prozent Mitte 107 74 69,2% Friedrichshain/Kreuzberg 29 15 51,7% Pankow 24 7 29,2% Charlottenburg/Wilmersdorf 36 10 27,8% Spandau 45 17 37,8% Steglitz/Zehlendorf 32 1 3,1% Tempelhof/Schöneberg 42 15 35,8% Neukölln 96 56 58,3% Treptow/Köpenick 27 10 37,0% Marzahn/Hellersdorf 84 37 44,0% Lichtenberg 47 15 31,9% Reinickendorf 56 28 50,0% gesamt 625 285 45,6% Ergebnisse der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder 2011 (Stand 31.12.2011) Bezirk Anzahl der getesteten Kinder davon Kinder mit Förderbedarf in Prozent Mitte 105 71 67,6% Friedrichshain/Kreuzberg 31 19 61,2% Pankow 26 5 19,2% Charlottenburg/Wilmersdorf 29 11 37,9% Spandau 63 24 38,0% Steglitz/Zehlendorf 28 7 25,0% Tempelhof/Schöneberg 52 23 44,2% Neukölln 109 72 66,0% Treptow/Köpenick 30 14 46,6% Marzahn/Hellersdorf 62 30 48,3% Lichtenberg 51 28 54,9% Reinickendorf 59 32 54,2% gesamt 645 336 52,1% Ergebnisse der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder 2012 (Stand 01.09.2012) Bezirk Anzahl der getesteten Kinder davon Kinder mit Förderbedarf in Prozent Mitte 81 52 64,2% Friedrichshain/Kreuzberg 36 22 61,1% Pankow 30 6 20,0% Charlottenburg/Wilmersdorf 22 9 40,9% Spandau 95 42 44,2% Steglitz/Zehlendorf 33 3 9,1% Tempelhof/Schöneberg 59 34 57,6% Neukölln 102 68 66,6% Treptow/Köpenick 17 8 47,0% Marzahn/Hellersdorf 60 28 46,6% Lichtenberg 42 28 66,6% Reinickendorf 56 26 46,4% gesamt 633 326 51,6% Anlage 2 Die folgenden Tabellen enthalten Angaben zur Anzahl der zur Sprachstandsfeststellung verschickten Einladungen, zur Anzahl der getesteten Kinder , zur Anzahl der offenen Fälle, zur Anzahl der verschickten Auflagen zur Sprachförderung und zur Anzahl der Kinder, die trotz Sprachförderbedarf nicht an der verpflichtenden vorschulischen Sprachförderung teilnahmen. 2009 (Stichtag 31.12.2009) Bezirk Anzahl der verschickten Einladungen Anzahl der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder Sprachstandsfeststellung nicht erfolgt (offene Fälle ) Bescheid mit Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung verschickt Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung nicht erfüllt Mitte 349 109 Statistisch nicht erhoben 36 15 FriedrichshainKreuzberg 200 31 Statistisch nicht erhoben 9 3 Pankow 284 50 Statistisch nicht erhoben 8 3 CharlottenburgWilmersdorf 339 63 Statistisch nicht erhoben 11 3 Spandau 164 58 Statistisch nicht erhoben 16 8 Steglitz-Zehlendorf 268 31 Statistisch nicht erhoben 5 1 TempelhofSchöneberg 212 68 Statistisch nicht erhoben 17 5 Neukölln 318 124 Statistisch nicht erhoben 61 19 Treptow-Köpenick 88 37 Statistisch nicht erhoben 11 5 Marzahn-Hellersdorf 127 53 Statistisch nicht erhoben 18 7 Lichtenberg 143 44 Statistisch nicht erhoben 19 10 Reinickendorf 174 72 Statistisch nicht erhoben 25 9 gesamt 2666 740 Statistisch nicht erhoben 236 88 2010 (Stichtag 31.12.2010) Bezirk Anzahl der verschickten Einladungen Anzahl der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder Sprachstandsfeststellung nicht erfolgt (offene Fälle ) Bescheid mit Auflage zur verpflichtenden Sprachförde- Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung rung verschickt nicht erfüllt Mitte 284 107 16 71 27 FriedrichshainKreuzberg 127 29 61 2 2 Pankow 141 24 13 7 3 CharlottenburgWilmersdorf 228 36 26 9 4 Spandau 116 45 17 16 4 Steglitz-Zehlendorf 169 32 17 1 0 TempelhofSchöneberg 193 42 37 8 3 Neukölln 276 96 73 54 17 Treptow-Köpenick 73 27 10 10 3 Marzahn-Hellersdorf 134 84 31 34 17 Lichtenberg 134 47 13 10 8 Reinickendorf 132 56 43 27 10 gesamt 2007 625 357 249 98 2011 (Stichtag 31.12.2011) Bezirk Anzahl der verschickten Einladungen Anzahl der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder Sprachstandsfeststellung nicht erfolgt (offene Fälle ) Bescheid mit Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung verschickt Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung nicht erfüllt Mitte 322 105 31 69 37 FriedrichshainKreuzberg 148 31 93 17 12 Pankow 117 26 15 2 1 CharlottenburgWilmersdorf 194 29 28 9 3 Spandau 156 63 7 24 11 Steglitz-Zehlendorf 183 28 17 8 0 TempelhofSchöneberg 194 52 16 23 8 Neukölln 262 109 102 72 40 Treptow-Köpenick 71 30 3 13 2 Marzahn-Hellersdorf 129 62 19 30 6 Lichtenberg 139 51 15 28 11 Reinickendorf 158 59 47 29 8 gesamt 2073 645 393 324 139 2012 (Stichtag 01.09.2012) Bezirk Anzahl der ver- schickten Einladungen Anzahl der mit Deutsch Plus 4 getesteten Kinder Sprachstandsfeststellung nicht erfolgt (offene Fälle ) Bescheid mit Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung verschickt Auflage zur verpflichtenden Sprachförderung nicht erfüllt Mitte 302 81 68 50 23 FriedrichshainKreuzberg 192 36 83 20 5 Pankow 148 30 36 6 2 CharlottenburgWilmersdorf 186 22 74 9 4 Spandau 190 95 10 42 20 Steglitz-Zehlendorf 121 33 20 3 1 TempelhofSchöneberg 197 59 65 34 18 Neukölln 262 102 76 68 40 Treptow-Köpenick 62 17 15 8 4 Marzahn-Hellersdorf 141 60 37 24 14 Lichtenberg 165 42 29 27 17 Reinickendorf 156 56 34 26 9 gesamt 2122 633 547 317 157 ka17-11247 ka17-11247Anl1 ka17-11247Anl2