Drucksache 17 / 11 325 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Simon Kowalewski (PIRATEN) vom 07. Dezember 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Dezember 2012) und Antwort Personalabbau in den Bezirken – Auswirkungen auf die Jugendämter Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bewusst, dass Leistungsberechtigte nach dem § 1 BEEG (Gesetz zum Elterngeld und zur El- ternzeit) unzumutbar bis zu 13 Wochen auf die Auszah- lung ihres Anspruches warten müssen, weil Elterngeld- stellen unterbesetzt sind und daher Eltern gezwungen sind Schulden aufzubauen? Wenn ja, wie will der Senat dafür Sorge tragen, dass Bezirke und insb. Jugendämter befä- higt werden, die Anträge der Betroffenen zügig, fristge- recht und reibungslos zu bearbeiten? Da die Beantwortung der Frage mit einer Abfrage in den Bezirken und daher mit einem zeitlichen Aufwand verbunden ist, sehe ich - insofern die Frist zur Beantwor- tung der Frage nicht eingehalten werden kann - von Nach- fragen ab. Das Gleiche gilt für die folgenden Fragen. 2. Ist dem Senat bewusst, dass Kitagutscheinstellen in den Jugendämtern zur Zeit nicht regelmäßig besetzt sind, sodass Eltern die begehrten Betreuungsplätze für ihre Kinder nicht rechtzeitig bzw. nicht fristgerecht erhalten und daher ihren Arbeitsplatz verlieren können? Wenn ja, wie will der Senat in Zukunft sicherstellen, dass An- spruchsberechtigte die begehrten Kitaplätze für ihre Kin- der sicher und rechtzeitig erhalten? 3. Ist dem Senat der Vorwurf bekannt, dass ein_e Mit- arbeiter_in im Bezirk 80 bis 140 Fälle, hierunter viele Kinderschutzfälle gleichzeitig bearbeiten muss und dass sich die Sozialarbeiter_innen daher nicht mehr in der La- ge sehen, ihren gesetzlichen Aufgaben der Jugendhilfe nachzukommen und dass sie hierbei insbesondere ihren Kinderschutzauftrag nicht mehr verantwortungsvoll aus- füllen können? Wenn ja, wie will der Senat in Zukunft sicherstellen, dass Mitarbeiter_innen zukünftig entlastet werden? 4. Wie will der Senat in Zukunft dafür Sorge tragen, dass - unter Berücksichtigung steigender Fallzahlen - Fa- milien, Kinder und Jugendliche die dringend notwendigen Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 bis 40 SGB VIII weiterhin rechtzeitig erhalten? 5. Wie will der Senat sicherstellen, dass Mitarbei- ter_innen der Regionalen Sozialpädagogischen Dienste weiterhin hilfebedürftige Familien, Kinder oder Jugend- liche umfassend, fach- und fallgerecht beraten können, d.h. Sprechstunden weiter anbieten können oder Anhö- rungen in Familiengerichten wahrnehmen können? 7. Wie bewertet der Senat die im Brandbrief der Ju- gendausschussvorsitzenden der BVVen formulierte For- derung, dass der Senat dafür Sorge zu tragen hat, dass in den bezirklichen Jugendämtern eine einheitliche Mindest- personalausstattung für die Regionalen Sozialpädagogi- schen Dienste festgelegt wird? 8. Wie bewertet der Senat die im Brandbrief der Ju- gendausschussvorsitzenden der BVVen formulierte For- derung, die Mindestpersonalausstattung in den Berliner Jugendämtern nicht zur Erreichung der Personalzielzahlen heranzuziehen? Zu 1., 2., 3., 4., 5., 7. und 8.: Dem Senat sind die auf- geführten Sachverhalte aus einzelnen Diensten der Ju- gendämter verschiedener Bezirke bekannt, er weist jedoch auf die Verantwortung und Verpflichtung der Bezirke hin, die Leistungsfähigkeit der Jugendämter sicherzustellen; das beinhaltet auch die angemessene Personalplanung und -entwicklung sowie Umsetzung von Personal- und Orga- nisationsstandards. Der Senat verkennt nicht die schwie- rige Personalsituation in einigen Bezirken. Er hat mit den Ergebnissen des Projekts „Personalausstattung eines sozialräumlich organisierten Berliner Jugendamtes“ Vorschläge zur Organisation der Jugendämter (Musterju- gendamt) und ein darauf basierendes Personalbemes- sungsmodell vorgelegt, die eine fachlich fundierte Orien- tierung für die Ausstattung der Jugendämter bieten. Damit wurden Standardvorgaben für alle Bereiche des Jugend- amtes definiert, die eine angemessene Ausstattung der Einrichtungen und Dienste der öffentlichen Jugendhilfe gewährleisten. Der Senat hat den Bezirken wiederholt empfohlen, diese Ergebnisse bei ihrer Personalplanung und Personalentwicklung zu berücksichtigen, damit die Aufgaben angemessen erfüllt werden können. Die Bezir- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 325 2 ke konnten sich bisher - aus grundsätzlichen, den Eingriff in die Globalsummensystematik betreffenden Erwägun- gen im Rat der Bürgermeister - dem Konzept nicht an- schließen. Inzwischen haben 11 von 12 Bezirken ein mit der Se- natsverwaltung für Finanzen abgestimmtes Abbaukonzept vorgelegt. Damit sind alle bisherigen Einschränkungen zur notwendigen Neubesetzung freier Stellen entfallen. Die Umsetzung der Personalzielzahlen liegt – wie die gesamte Personalplanung – in der Verantwortung der Bezirksämter . Dies bezieht Entscheidungen zu Gewichtun- gen innerhalb des gesamten Personalplans des jeweiligen Bezirks ein. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die Bezirke auch unter den vorliegenden Bedingungen die Jugendämter so ausstatten, dass sie ihre Aufgaben fachge- recht erfüllen können. 6. Wie viele Kinder- und Jugendzentren mussten in welchen Bezirken im Jahr 2012 schließen und wie viele Kinder- und Jugendzentren sind im jetzigen oder im kommenden Jahr von Schließung bedroht, weil Sozialar- beiter/-innen aus Jugendzentren abgezogen werden muss- ten, um die Regionalen Sozialpädagogischen Dienste in ihrer Arbeit zu unterstützen? Zu 6: Dem Senat ist bekannt, dass es im Bezirk Mar- zahn-Hellersdorf aus personellen Gründen zu temporären Einschränkungen der Angebote der Jugendarbeit gekom- men ist; der Engpass konnte jedoch zwischenzeitlich be- hoben werden. Darüber hinaus hat der Senat keine Kennt- nis über Schließungen von Kinder- und Jugendzentren aus diesem Grunde für das laufende Jahr oder entsprechende Planungen für 2013. 9. Wie will der Senat dafür Sorge tragen, dass - auf- grund unzureichender Stellenausstattung in einzelnen Besoldungsgruppen - in Jugendämtern eine ungesteuerte Abwanderung in besser bezahlte Aufgabenbereiche ver- hindert wird? Zu 9: Personalfluktuation durch die Wahrnehmung von Entwicklungsmöglichkeiten ist ein regelmäßig auftre- tender Faktor im Rahmen von Personalplanung und Per- sonalentwicklung. Der Senat geht davon aus, dass den Bezirken entsprechende Stellenausstattungen zur Verfü- gung stehen, die in den Leistungsbereichen die fachlich angemessene Personalausstattung ermöglichen. Berlin, den 20. Dezember 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Jan. 2013)