Drucksache 17 / 11 344 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 12. Dezember 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Dezember 2012) und Antwort Asbest-Belastung in Wohngebäuden und was man dagegen tun kann Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist die Einschätzung des Senats zum Stand der Asbestsanierung der Berliner Gebäude? Antwort zu 1: Beim Umgang mit asbesthaltigen Pro- dukten in Gebäuden greifen verschiedene Rechtsbereiche: das Bauordnungsrecht, das Arbeitsschutz- bzw. das Ge- fahrstoffrecht und das Abfallrecht sowie die dazugehöri- gen technischen Spezialregelungen. Danach ist zu unter- scheiden zwischen der Pflicht zur Bewertung und – nach Erfordernis – zur Sanierung von schwachgebundenen Asbestprodukten nach der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) i.v.m. der als technische Baubestimmung eingeführ- ten Asbest-Richtlinie und der freiwilligen Sanierung von festgebundenen Asbestbauprodukten. Weder nach dem Bauordnungsrecht noch nach dem Gefahrstoffrecht ist die Entfernung von Asbestprodukten generell geboten. Auch ist der Begriff „Asbestsanierung “ rechtlich nicht definiert: Die bauordnungsrechtlich begründete Sanierung von schwachgebundenen Asbest- produkten kann nach den Methoden der als Technische Baubestimmung eingeführten „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie)“ vom Januar 1996 je nach Dringlichkeitsstufe durch verschiedene Maßnahmen erfolgen (s.a. Antwort zu Fragen 2). Die Gefahrstoffver- ordnung unterscheidet sogenannte ASI-Arbeiten (Ab- bruch, Sanierung, Instandhaltung) von schwach- und fest- gebundenem Asbest. Der Begriff „Sanierung“ wird i.S.d. Gefahrstoffverordnung nur im Zusammenhang mit schwachgebundenen Asbestprodukten verwendet (s.a. Antwort zu Frage 10). Eine Aussage über Asbestsanierungen von Berliner Gebäuden ist allgemein nicht möglich. Für Maßnahmen zur Beseitigung der Risiken durch schwachgebundenen Asbest in landeseigenen Gebäuden und Wohngebäuden der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wurden erstmalig 1990 Programme aufgelegt, über den Stand wurde zuletzt 2006 (Drucksache 15/ 5442 vom 17.08.2006) berichtet (s. a. Antwort zu Frage 3). Eine flächendeckende Erfassung von Daten über As- bestvorkommen in privaten Haushalten ist aus daten- schutzrechtlichen Aspekten und erforderlichen Finanzie- rungsaufwendungen nicht erfolgt. Grundsätzlich wird jedem öffentlichen und privaten Gebäudeeigentümer rechtskonformes Verhalten unterstellt. Für die Beantwortung der Fragen, die die städtischen Wohnungsbaugesellschaften betreffen, wurde eine Ant- wort über den Verband Berlin-Brandenburgischer Woh- nungsunternehmen e.V. (BBU) gesammelt und zur Ver- fügung gestellt. Frage 2: Wie schätzt der Senat die gesundheitlichen Gefahren ein, die von asbesthaltigen Baumaterialien in Wohn- und anderen Gebäuden ausgingen und derzeit aus- gehen? Antwort zu 2: Asbesthaltige Produkte wurden bis An- fang der 1990er Jahre verbaut. Man unterscheidet zwi- schen Asbestfasern in schwachgebundener und festge- bundener Form:  Nach der aufgrund der Bauordnung für Berlin als Technische Baubestimmung bekannt gemachten „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebunde- ner Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtli- nie)“ vom Januar 1996 existieren allgemeinverbindliche Regelungen zur Ermittlung und Bewertung von Risiken aus Asbestprodukten mit einer Rohdichte unter 1000 kg/m³ (schwachgebundene Asbestprodukte). Die Asbest- Richtlinie enthält Pflichten zur Bewertung und erforderli- chenfalls zur Asbestsanierung in Abhängigkeit der Dring- lichkeit (3 Dringlichkeitsstufen). Sie sieht drei geeignete Verfahren für eine dauerhafte Sanierung vor: Entfernen (Methode 1), Beschichten mit dafür bauaufsichtlich zu- gelassenen Beschichtungssystemen (Methode 2) und die räumliche Trennung (Methode 3). Bei den Sanierungsver- fahren der Asbestrichtlinie für schwachgebundene As- bestprodukte sind die einschlägigen bauordnungs-, ar- beitsschutz- bzw. gefahrstoff- und abfallrechtlichen Vor- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 344 2 schriften einzuhalten. Bei Dringlichkeitsstufe I ist eine Sanierung unverzüglich erforderlich. Die Dringlichkeits- stufen II bzw. III erfordern mittelfristige bzw. langfristige Neubewertungen nach maximal 2 bzw. maximal 5 Jahren.  Für fest gebundene Asbestprodukte liegen derzeit grundsätzlich keine gesundheitsmedizinisch begründeten Gefahrenhinweise vor, die ein bauaufsichtliches Eingrei- fen rechtfertigen. Im Mietwohnungsbau finden sich z.B. auch heute noch asbesthaltige Fußbodenbeläge, sog. Floor-Flex Platten. Solange diese Beläge in einwand- freiem Zustand sind und nicht mechanisch beansprucht werden (Schleifen, Bohren, Sägen), sind keine Gesund- heitsgefahren durch die Freisetzung von lungengängigen Asbestfasern zu erwarten. Anders sieht es aus, wenn die Beläge am Randbereich zerbröckeln oder bereits deutlich aufgebrochen sind. Dann sind eine Bewertung des Ge- fährdungsrisikos und entsprechende Maßnahmen unum- gänglich, die nach den Schutzvorgaben der o.g. einschlä- gigen Schutzvorschriften erfolgen müssen. Die gleichen Aussagen gelten für sonstige fest gebundene asbesthaltige Materialien aus Asbestzement wie z.B. Rohrleitungen in Innenräumen oder Asbestplatten in Fassaden. Auch heute können also noch rechtmäßig verwendete Asbestprodukte in und an Gebäuden vorhanden sein. In diesen Fällen ist besondere Achtsamkeit und entspre- chende Kenntnis aller jeweils Verantwortlichen (Eigen- tümerinnen und Eigentümer, Bauherrinnen und Bauher- ren, ausführendes Unternehmen, Nutzerinnen und Nutzer) im Rahmen ihrer Wirkungskreise gefordert. Dazu gehören die Ermittlungs- und Bewertungspflichten sowie vorge- schriebene Schutzvorrichtungen und Entsorgungsmaß- nahmen bei Umbau- oder Sanierungsarbeiten durch Bau- herren oder Fachunternehmen. Sie gelten auch für jeden Heimwerker bzw. Privateigentümer. Eigentümern ist im dringend zu empfehlen, sich z.B. durch Einbindung von Sachverständigen sachkundig zu machen und zur Vermeidung eines unsachgemäßen Um- gangs mit festgebundenem Asbest durch unkundige Nut- zerinnen und Nutzer, Mieterinnen und Mieter oder Päch- terinnen und Pächter entsprechend zu informieren. Frage 3: Wann wird der Senat einen aktuellen Asbest- Bericht vorlegen, in dem sich die Bürgerinnen und Bürger der Stadt über die Belastung in Wohn- und anderen Ge- bäuden informieren können? Antwort zu 3: Die „Asbestberichte“ gemäß der Vorlagen über die „Asbestsanierungsmaßnahmen", „Asbestsanierungsmaßnahmen II", „Asbestsanierungsmaßnahmen III" und „Asbestsanierungsmaßnahmen IV“ (Drucksachen Nrn. 11/827, 12/698, 12/1438 und 13/2516 vom 15. Mai 1990, 30. September 1991, 28. April 1992 und 25. Feb- ruar 1998), über die „Bestandsanalyse über Asbestgefahren “ (Drucksache Nr. 14/731 vom 10. Oktober 2000) sowie die letzte Fortschreibung “Asbestsanierungsmaßnahmen V“ (Drucksache 15/ 5442 vom 17.08.2006) basieren auf den Bewertungsmethoden und Handlungserfordernis- sen für schwachgebundene Asbestprodukte. Sie sind nicht auf festgebundene Asbestprodukte übertragbar und erfas- sen lediglich die landeseigenen Gebäude und die Wohn- gebäude der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Eine aktuell laufende Abfrage bei den für die Bauun- terhaltung zuständigen landeseigenen Immobilienbetreu- ern bzw. Wohnungsbaugesellschaften ist noch nicht abge- schlossen. Anhand der bereits übermittelten Informatio- nen kann zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden:  Die Bewertung landeseigener oder landesbetreuter Gebäude erfolgte und erfolgt immer noch nach der von der damaligen Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr aufgestellten Prioritätenliste entsprechend des Baujahrs bzw. Umbaujahrs, der Gebäudenutzung und der Gebäudekonstruktion bzw. technischen Ausrüstung ent- sprechend der Technischen Baubestimmung „Asbestrichtlinie “. Die bewerteten Gebäude wurden je nach Sanierungsdringlichkeit entweder asbestsaniert, einige abgerissen, oder sie werden im vorgeschriebenen Turnus regelmäßig folgebewertet.  Zuständigkeits-, Eigentumsverschiebungen und sonstige Gebäudeabgänge ermöglichen keine nachvoll- ziehbare Vergleichbarkeit der in der Vergangenheit auf- gestellten Daten.  Im Rahmen von großen Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen werden seit einigen Jahren Gebäude i.A. nicht nur das Vorhandensein von schwach- oder festge- bundenen Asbestverwendungen begutachtet, sondern es wird darüber hinaus eine Gesamtbewertung aller bekann- ten Risikostoffe durch Schadstoffgutachten durchgeführt. Seit ca. 2004 ist z.B. der Bezirk Mitte dazu übergangen nur noch komplette Schadstoffgutachten bzw. Schadstoff- kataster, u.a. über Asbest, Künstliche Mineralfasern (KMF), Polychlorierte Biphenyle-(PCB), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK),Holzschutzmittel, Formaldehyd, Schimmel, je nach Verdacht) zu erstellen. Auf Grund fehlender aktueller Bestandsunterlagen und der notwendigen Haushaltsmittel konnte der Bezirk Mitte bis heute nicht für alle Gebäude Schadstoff-Gutachten beauftragen. Nach Eingang der Abfrageergebnisse zum Stand des Umgangs mit Asbest werden die Informationen in sach- dienlicher Form zusammengestellt und dem Abgeordne- tenhaus zur Verfügung gestellt. Ein öffentlich zugängli- cher Informationspool für Bürgerinnen und Bürger über Asbestvorkommen im Berliner Gebäudebestand kann – wegen fehlender rechtlicher und sachlicher Grundlagen – jedoch derzeit nicht realisiert werden. Weil die Asbest- programme sich lediglich auf schwachgebundenen Asbest beziehen und nur die landeseigen betreuten Gebäude um- fassen, scheint es empfehlenswert, über die Fortführung der Asbestberichte in der ursprünglichen Form hinsicht- lich ihres Informationsgehalts zu diskutieren. Frage 4: Welche landeseigenen Wohnungsbaugesell- schaften haben Wohngebäude, die noch mit Asbest be- lastet sind und in welcher Anzahl? Antwort zu 4: Bis auf die HOWOGE befinden sich in den Wohngebäuden der anderen fünf städtischen Woh- nungsbaugesellschaften Asbestprodukte. Der bisher vor- liegende Rücklauf auf die Abfrage bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften bezieht sich vorwiegend auf das Vorkommen von asbesthaltigen Vinyl-Asbest-Platten Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 344 3 in Wohnungen. Nach jüngster Erhebung des Verbandes Berlin-Brandenburgischer-Wohnungsunternehmen (BBU) vom 08. Januar 2013 wird bei den städtischen Woh- nungsbaugesellschaften (außer der HOWOGE) noch von ca. 48.000 Wohnungen mit Vinyl-Asbest-Platten ausge- gangen. Frage 5: Wann wurden bei den landeseigenen Woh- nungsunternehmen jeweils die Mieterinnen und Mieter letztmalig über die ggf. bestehenden Gefahren oder Risi- ken durch asbesthaltige Bauteile informiert? Antwort zu 5: Die betroffenen Mieterinnen und Mieter der städtischen Wohnungsunternehmen wurden teilweise bereits über Mieterbroschüren oder Anschreiben hinsicht- lich der Asbestthematik informiert oder werden in naher Zukunft eine schriftliche Information dazu erhalten. Frage 6: Welche privaten Wohnungsbauunternehmen haben Wohngebäude, die noch mit Asbest belastet sind, und in welcher Anzahl? Antwort zu 6: Von nicht städtischen Wohnungsunter- nehmen oder sonstigen privaten Wohnungseigentums- verwalterinnen und Wohnungseigentumsverwaltern lie- gen dem Senat keine Informationen dazu vor. Frage 7: Welche Informationspraxis gegenüber der Mieterschaft ist dem Senat aus den privaten Unternehmen bekannt? Antwort zu 7: Über die Informationspraxis der nicht städtischen Wohnungsunternehmen oder sonstigen priva- ten Wohnungseigentumsverwalterinnen und Wohnungs- eigentumsverwaltern liegen dem Senat keine Informatio- nen vor. Frage 8: In welcher Weise hält der Senat alle Woh- nungsunternehmen an, die Asbestsanierung in einem de- finierten Zeitrahmen abzuschließen? Antwort zu 8: Ein rechtlich definierter Zeitrahmen für die Sanierung im Sinne von Entfernen von Asbest exis- tiert nicht. Es ist davon auszugehen, dass die gesetzlichen und fachspezifischen Vorgaben für den Umgang mit As- best ordnungsgemäß eingehalten sind. Durch die hohe Sanierungsrate der städtischen Woh- nungsbaugesellschaften werden nach und nach die be- troffenen Wohnungen nach Maßgabe der allgemeinen und fachspezifischen Rechtsvorgaben saniert. Frage 9: Geht der Senat davon aus, dass Asbest grund- sätzlich rückstandsfrei (z.B. auch inklusive des Klebers von Bodenbelägen) aus Wohngebäuden entfernt werden muss? Antwort zu 9: Es besteht grundsätzlich kein Gebot zur Entfernung von Asbestprodukten nach der Gefahr- stoffverordnung (s. dazu auch Antwort zu Fragen 1 und 2). Soll jedoch ein asbesthaltiger Bodenbelag z.B. im Rahmen von Renovierungsarbeiten, vollflächig entfernt werden, sind nach aktuellen Hinweisen des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Si- cherheit Berlin (LAGetSi) alle dazu gehörigen Teile aus- zubauen. Hierzu gehören neben dem Bodenbelag selbst auch der Kleber, sofern letzterer ebenfalls asbesthaltig ist. Sollen an einem asbesthaltigen Bodenbelag lediglich In- standsetzungsarbeiten vorgenommen werden, sind nur einzelne defekte Teile (zum Beispiel einzelne Vinyl-As- best-Platten, sogenannte Flex-Platten) zu entfernen und durch asbestfreie zu ersetzen. Das Bauordnungsrecht trifft zu dieser Frage keine der- artige Unterscheidung (s.a. Antwort zu Frage 2). Aus Gründen der bauordnungsrechtlichen Gefahrenabwehr nach § 3 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) sind Ge- bäude so instand zu halten, dass keine Gesundheitsgefah- ren entstehen. In diesem Sinn eignen sich möglichst emmissionsreduzierte Sanierungsverfahren – insbesondere bei laufender Gebäudenutzung – für die Einhaltung des Bauordnungsrechts. In Anlehnung an die als Techni- schen Baubestimmung eingeführte „Asbestrichtlinie“, die den Verbleib schwachgebundener Asbestprodukte in Ge- bäuden ausdrücklich erlaubt, sofern sie ordnungsgemäß beschichtet oder räumlich gekapselt sind (s. a. Antwort zu Frage 2), widerspricht das Belassen eines – auch asbesthaltigen festgebundenen Klebers – unter Beachtung von baulichen Schutzmaßnahmen nicht dem bauordnungs- rechtlichen Schutzziel. Die sich aus den verschiedenen Vorgaben resultieren- den offenen technischen und methodischen Fragen befin- den sich noch in einem Klärungsprozess. Hierzu ist beab- sichtigt, eine Fachrunde bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt einzurichten, die die bau- und arbeitsschutztechnischen sowie rechtliche Aspekte beleuchtet und die einvernehmliche Verfahrensweisen entwickeln soll. Frage 10: Wie hat sich die Rechtslage bezüglich der Asbestsanierung seit dem 1. Dezember 2010 verändert? Welche Linie zur Umsetzung der neuen Rechtslage wird vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) vertreten und wie wird sie durchgesetzt? Antwort zu 10: Das Gefahrstoffrecht beinhaltet kein Entfernungsgebot für Asbest. Es beschäftigt sich aus- schließlich mit dem sicheren Umgang bei Tätigkeiten mit Asbest. Mit Inkrafttreten der neuen Fassung der Gefahr- stoffverordnung im Dezember 2010 entfiel die Möglich- keit für behördliche Ausnahmen nach dem alten § 20 Ab- satz 1. Somit gibt es keine Ausnahmemöglichkeit mehr von dem Grundsatz „Arbeiten an asbesthaltigen Teilen von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Anlagen, Fahrzeu- gen und sonstigen Erzeugnissen sind verboten.“ Vom Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 344 4 Verbot ausgenommen sind sogenannte ASI-Arbeiten (Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten). A- SI-Arbeiten sind in Anlehnung an die „Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 519: Asbest - Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ Arbeiten folgendermaßen definiert: (1) Unter Abbrucharbeiten versteht man das vollstän- dige Herausnehmen der asbesthaltigen Bauteile oder Er- zeugnisse. (2) Zu Sanierungsarbeiten zählen ausschließlich Ar- beiten zur Beseitigung von Gefahren durch schwach- gebundenem Asbest, wie zum Beispiel Asbestschnüre oder Dichtungen. Sanierungsmaßnahmen umfassen das Entfernen, das Beschichten und die Räumliche Trennung. (3) Instandhaltungsarbeiten umfassen alle Maßnahmen zur Bewahrung des Soll-Zustandes (Wartung), zur Fest- stellung und Beurteilung des Ist-Zustandes (Inspektion) und zur Wiederherstellung des Soll-Zustandes (Instand- setzung). Unter Instandhaltungsarbeiten fallen die erfor- derlichen Nebenarbeiten, wie z.B. Ausbessern von Be- schädigungen. Die laufende Kontrolle der Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten erfolgt durch das LAGetSi im Rahmen der Prüfung der Anzeige dieser Arbeiten bei der Behörde durch die ausführenden Unternehmen sowie durch Aufsichtstätigkeit vor Ort. Frage 11: Welche Behörden im Land Berlin befassen sich wie aktiv mit der Frage der Asbestsanierung des Ge- bäudebestandes und speziell der Wohngebäude? Antwort zu 11: Die Bauaufsichtsbehörden der Bezirke sind zuständig bei Verstößen gegen die Technische Bau- bestimmung „Asbestrichtlinie“ oder gegen die allgemeinen Anforderungen des § 3 Abs. 1 BauO Bln (Gefahren- abwehr). Sie werden i.A. aufgrund begründeter Ver- dachtsanzeigen tätig. Dazu zählen z.B. die Anordnung zur Beseitigung von Gefahren aber auch die Nutzungsunter- sagung, wenn eine konkrete Gefahr festgestellt ist. Für die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vor- schriften bei Arbeiten mit Asbestprodukten ist das Lan- desamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und techni- sche Sicherheit (LAGetSi) eingebunden. Arbeiten mit Asbest sind beim LAGetSi anzuzeigen und werden durch das LAGetSi überwacht (s.a. Antwort zu Frage 10). Für die behördliche Überwachung der Entsorgung von gefährlichen Abfällen ist die Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt IX B 3 im Zusammenwirken mit der Sonderabfallgesellschaft Brandenburg Berlin SBB zuständig. Frage 12: Wie schätzt der Senat konkret die Asbest- thematik in Gebäuden der GEWOBAG ein, über die vor wenigen Monaten in den Medien insbesondere hinsicht- lich der Floor-Flex-Platten berichtet wurde? Antwort zu 12: Die GEWOBAG gibt an, dass vor 1993 in rund 14.000 Wohnungen Vinyl-Asbest-Platten verbaut wurden. Bei 2.500 dieser Wohnungen wurden bereits in den letzten Jahren die entsprechenden Boden- blatten ordnungsgemäß ausgebaut. Bereits 2000 und 2006 informierte die GEWOBAG punktuell zum Thema As- best. Im 2. Quartal 2012 wurden alle Mieter informiert, in deren Wohnungen ein Asbestverdacht nicht ausgeschlos- sen werden kann. Die Mieterinformationen werden im 1. Quartal 2013 abgeschlossen sein. Bei Neuvermietungen erhält der Mieter ebenfalls eine entsprechende Informa- tion über asbesthaltige Bodenbeläge. Die GEWOBAG geht von einer zusätzlich benötigten Summe von 5 Mio. Euro pro Jahr für den Ausbau von Vinyl-Asbest-Platten und asbesthaltigem Kleber aus. Zu den rechtlichen Rand- bedingungen s.a. Antworten zu den Fragen 1, 2 und 9. Frage 13: Mit welchen Kosten rechnet der Senat für die Beseitigung von Asbestbauteilen bei den landeseige- nen Wohnungsunternehmen? Antwort zu 13: Sollten die etwa 48.000 Wohnungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen, in denen As- best-Bodenbelag noch verbaut ist, saniert werden, so würden nach einer aktuellen Schätzung des BBU bei dem bisherigen Ausbauverfahren Kosten von ca. 124,8 Mio. € entstehen. Durch den zusätzlichen Ausbau des asbesthaltigen Klebers würden die Kosten nach dieser Schätzung des BBU auf 285,5 Mio. € bei komplexen Sanierungsvorhaben von mehr als 10 zusammenhängenden Wohnungen steigen. Deutlich teurer sind die Kosten bei der Sanierung von einzelnen Wohneinheiten. Durch die teurere Baustellen- einrichtung würden hier Kosten von 411,8 Mio. Euro ent- stehen. Der Anteil von komplexen Sanierungen und Einzelsa- nierungen wird sich im Zuge einer schrittweisen Sanie- rung die Waage halten. Damit werden nach Aussagen des BBU die geschätzten Sanierungskosten für die etwa 48.000 Wohnungen in städtischen Bestand bei etwa 350 Mio. Euro liegen. Für die Herstellung eines neuen Fußbodenbelags sind Kosten in Höhe von insgesamt ca. 78 Mio. € anzunehmen. Berlin, den 07. März 2013 In Vertretung Ephraim Gothe ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2013)