Drucksache 17 / 11 360 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 13. Dezember 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dezember 2012) und Antwort Big Brother is watching you – und das mit Spezialfunktionen! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Ich frage den Senat: Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Gibt es im Land Berlin Videokameras, die den öffentlich zugänglichen Raum überwachen, die mit ange- schlossenem Equipment technisch so ausgestattet sind, dass sie bestimmte Spezialfunktionen (wie z.B. Erfas- sung, dass sich ein Gepäckstück längere Zeit nicht mehr bewegt, Gesichtserkennung etc.) ausführen können, die über ein „bloßes“ Beobachten und Aufzeichnen hinausgehen ? a) Wenn ja, welche Funktionen sind das im Einzel- nen? b) Wenn ja, wo, in welchen Bereichen und durch wen werden die unter 1. genannten Kameras im Land Berlin eingesetzt? c) Wenn ja, zur Wahrnehmung welcher Aufgaben werden die unter 1. genannten Kameras im Land Berlin eingesetzt? (Bitte eine genaue Auflistung nach Kamera, Standort, Betreiber, den jeweils spezifischen Funk- tionen und der damit verbundenen Aufgabenwahr- nehmung.) Zu 1.: Die Polizei, Strafverfolgungsbehörden, Gerich- te und Justizvollzugsanstalten in Berlin betreiben keine eigenen Kameras, die den öffentlich zugänglichen Raum überwachen und die mit Spezialfunktionen wie z. B. Ge- sichtserkennungssoftware ausgestattet sind und deren Funktionsweisen über ein Betrachten und Aufzeichnen hinaus gehen. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben, Anstalt des öffentlichen Rechts (BVG AöR), gibt es insgesamt 10 Kameras, die mehr als ein bloßes Betrachten und Auf- zeichnen ermöglichen. Zu a) Die Kameras der BVG AöR sind mit einer spe- ziellen Software ausgestattet und ermöglichen das Detek- tieren und Melden folgender Situationen: - Betreten der Gleisanlagen, - Anbringen von Graffiti oder ähnlichem, - Aufenthalt in nicht erlaubten Bereichen, - Aufenthalt über einen längeren Zeitraum (unab- hängig von Personen oder Gegenständen). Zusätzlich wurden zwei Kameras mit einem Alarm- system ausgestattet, das permanent den Bildinhalt auf mögliche Manipulationen (z. B. Verdrehen oder Verun- reinigen der Kamera) untersucht. Eine Gesichtserkennung oder aber eine darüber hinaus gehende Detektion spezieller Verhaltensweisen ist mit der eingesetzten Software technisch nicht möglich. Zu b) Die Kameras werden ausschließlich durch die BVG AöR und ausschließlich auf dem U-Bahnhof Kott- busser Tor betrieben. Zu c) Die Kameras dienen der Wahrnehmung des Hausrechts der BVG AöR. 2. Aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage 17/10209 (Kameraüberwachung m öffentlichen Raum) ergibt sich, dass es im Land Berlin bereits Erfahrungen mit der automatischen Gesichtserkennung gibt. Laut Antwort des Senats wird diese zur Identifizierung von unbekannten Tätern auf Tataufnahmen genutzt und vom Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt. Seit wann kommt diese Technik im Land Berlin zum Einsatz? a) Wie oft kam diese Technik zum Einsatz? b) Auf welcher Rechtsgrundlage beruht der unter 2. genannte Einsatz der automatischen Ge- sichtserkennung? c) Bei welchen Delikten kommt die unter 2. genannte automatische Gesichtserkennung zum Einsatz? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 360 2 d) Auf welche Datenbanken kann die Polizei zugreifen , um mit der unter 2. genannten automa- tischen Gesichtserkennung Täter auf Tatauf- nahmen zu identifizieren? e) Welche Gliederungen der Polizei dürfen die un- ter 2. genannte automatische Gesichtserkennung für Ermittlungen nutzen? f) Wer ist der Hersteller der Software zur automatischen Gesichtserkennung? Zu 2.: Die Software für die Gesichtserkennung kommt bei der Polizei Berlin seit 2009 zum Einsatz. Es handelt sich hierbei nicht um einen automatischen Abgleich von Gesichtern mit einem Ergebnis, sondern um eine soft- waregesteuerte Unterstützung für den manuellen Abgleich (der Experte für Gesichtserkennung muss mit eigenen Augen visuell vergleichen). Zu a) Die Software wird jährlich in ca. 140 Fällen eingesetzt. Zu b) Die Polizei handelt bei einem Abgleich von Gesichtern in Erfüllung ihres Ermittlungsauftrags gemäß § 163 Strafprozessordnung. Die Rechtsgrundlage ist § 81b Strafprozessordnung. Zu c) Die Gesichtserkennung kommt nur im Rahmen der Strafverfolgung und ohne deliktische Eingrenzung zum Einsatz. Zu d) Die Polizei kann nur die INPOL Datenbank mit den dort im Rahmen von erkennungsdienstlichen Behand- lungen gespeicherten Bildern nutzen. Zu e) Die Gesichtserkennung wird in Berlin von zwei ausgebildeten Lichtbildexperten der Kriminaltechnik durchgeführt. Zu f) Hersteller der Software ist die Firma Cognitec. 3. Kam die automatische Gesichtserkennung darüber hinaus im Land Berlin zum Einsatz? a) Wenn ja, wo und wann? b) Wenn ja, welche Rechtsgrundlage lag jeweils zu Grunde? Zu 3.: Nein. Zu a) Entfällt. Zu b) Entfällt. 4. Ist die automatische Gesichtserkennung schon im Rahmen von Versammlungen oder Großlagen zum Ein- satz gekommen? a) Wenn ja, wo kam sie zum Einsatz und wie oft? b) Wenn ja, welche Rechtsgrundlage lag jeweils zu Grunde? Zu 4.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu a) Entfällt. Zu b) Entfällt. 5. Welche Kosten entstehen durch die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage? Zu 5.:Im Rahmen der durchgeführten Abfrage ist eine Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ver- schiedenen Senatsverwaltungen, der nachgeordneten Be- hörden und der Berliner Verkehrsbetriebe AöR mit der Kleinen Anfrage befasst worden. Die Ermittlung der dadurch insgesamt angefallenen Personal- und Sachkos- ten ist innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 6.: Die mit dieser Kleinen Anfrage erbetenen An- gaben sind ausschließlich für deren Beantwortung erho- ben worden. Eine Einstellung der Daten in das OpenData -Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. Berlin, den 31. Januar 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Feb. 2013)