Drucksache 17 / 11 369 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 17. Dezember 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Dezember 2012) und Antwort Kosten der Sammelunterkünfte, Hilfen bei der Wohnungssuche für Asylsuchende sowie Leistungen an neu ankommende Asylsuchende Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch sind die durchschnittlichen aktuellen Kosten pro Person und Monat (ohne Verpflegung) für eine Unterbringung von Asylsuchenden in einer Gemein- schaftsunterkunft? Welcher Vergleichswert gilt insoweit für die Prüfung der Angemessenheit der Miethöhe einer privaten Mietwohnung für Asylsuchende im Land Berlin? Zu 1.: Die Berliner Unterbringungsleitstelle ermittelt gemäß den Ausführungsvorschriften über die Anmietung von Wohnraum durch Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AV Wohn-AsylbLG) halb- jährlich die durchschnittlichen monatlichen Kosten der Unterbringung. Sie werden derzeit mit 460,81 € pro untergebrachter Person angesetzt. 2. Trifft es zu, dass der Hinweis an Wohnungsuchende und Vermieter_innen auf den Vergleichswert in den Mietübernahmescheinen der Zentralen Leistungsstelle für Asylbewerber (ZLA) beim Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) entbehrlich ist, weil die ebenfalls zu beachtenden auch für Arbeitslosengeld-II-Berechtigte maßgeblichen Mietobergrenzen nach der Wohnaufwen- dungenverordnung (WAV) immer niedriger liegen und somit eine Unterbringung in einer Wohnung für das Land immer kostengünstiger ist als eine Gemeinschaftsunter- kunft? Zu 2.: Die AV Wohn-AsylbLG, die die Grundlage für die Unterbringung von Leistungsberechtigten nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Wohnungen bildet, sieht den Kostenvergleich verbindlich vor. Angesichts des derzeit geltenden, relativ hohen, durchschnittli- chen Kostensatzes ist der Vergleich aktuell zwar entbehr- lich. Der Kostensatz ist jedoch veränderlich, so dass auf- grund der Kostenentwicklung in Zukunft auch wieder ein Vergleich erforderlich sein kann. 3. Wurden aufgrund der aktuell angespannten Unterbringungssituation im Land Berlin für die Prüfung von konkreten Wohnungsangeboten bei der ZLA neue perso- nelle Kapazitäten geschaffen und wie viele Tage dauert die Prüfung eines Wohnungsangebotes derzeit? Zu 3.: Im Oktober 2012 wurde bei der Zentralen Leis- tungsstelle für Asylbewerber (ZLA) ein Sachgebiet für Mietangelegenheiten eingerichtet. Die Prüfung von Woh- nungsangeboten erfolgt in der Regel noch am Vor- sprachetag. 4. Werden bei der Anmietung von Wohnungen durch Asylsuchende auch Mietkautionen und Genossenschafts- anteile (auf Darlehensbasis) übernommen? Zu 4.: Mietkautionen und Genossenschaftsanteile werden auf Antrag und nach Prüfung des Einzelfalles auf Darlehensbasis übernommen. 5. Erhalten Asylsuchende zum Ablauf der bis zu dreimonatigen Frist der Asylerstaufnahme (§ 47 Asylver- fahrensgesetz - AsylVfG) von Amts wegen verbindliche Mietübernahmescheine der ZLA, welche die für die je- weilige Haushaltsgröße zutreffenden Maßgaben der WAV, die Übernahme von Kautionen und Genossen- schaftsanteilen sowie die Ansprechpartner_innen beim LAGeSo für wohnungsuchende Flüchtlinge und Vermie- ter_innen in nachvollziehbarer Form benennen (wenn ja, bitte Vorlage beilegen)? Zu 5.: Die ZLA händigt Mietübernahmebescheinigun- gen aus, in denen die Größenordnung der anerkennungsfähigen Beträge angegeben ist. Eine verbindliche Zusi- cherung der Übernahme der Unterkunftskosten ist erst nach Prüfung eines konkreten Mietangebotes möglich, das über die Wohnungsgröße, Mietkosten, Betriebs- und Heizkosten Auskunft gibt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 369 2 6. Welche konkreten Leistungen nach dem Asylbe- werberleistungsgesetz (AsylbLG) für Krankenversorgung, persönlichen Bedarf, Unterbringung, Nahrung und Klei- dung erhalten aus Berlin umverteilte Asylbewerber _innen, sogenannte „Sonderaufnahmen“, die sich z.B. wegen eigener Krankheit, Schwangerschaft, Krankheit Angehöriger usw. zunächst noch kurzfristig bis zum An- tritt der Reise zur zuständigen Aufnahmeeinrichtung wei- ter im Land Berlin aufhalten müssen? 7. Ist es zutreffend, dass Asylsuchende, die als „Sonderaufnahme “ gelten, vom LAGeSo derzeit zwar eine Kostenübernahme für einen Platz in einer Gemeinschafts- unterkunft erhalten, aber keine Krankenscheine, keine Kleidung, und keinen Barbetrag nach AsylbLG zum persönlichen Bedarf (für Fahrscheine usw.)? a. Sind Höhe und Art der in Berlin in den ersten Wo- chen nach Ankunft an Asylsuchende erbrachten Leistun- gen nach AsylbLG abhängig von der tatsächlichen Auf- enthaltsdauer und dem Status als „Sonderaufnahme“? b. Wie ist diese behördliche Praxis mit dem AsylbLG und dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Exis- tenzminimum aus Artikel 1 und 20 Grundgesetz (vgl. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum AsylbLG vom 18. Juli 2012) vereinbar? c. Gibt es eine unterschiedliche Behandlung umverteilter Asylantragsteller_innen, die von der tatsächlichen Aufenthaltsdauer, das heißt etwa wenige Tage bis mehre- re Wochen, im Land Berlin abhängt? Zu 6. und 7.: Für Asylsuchende, die aufgrund der Ver- teilentscheidung an eine andere Erstaufnahmeeinrichtung im Bundesgebiet weiterzuleiten sind, ist nach den Vor- schriften des AsylbLG die Leistungsbehörde am Aufnah- meort zuständig. Bis zum Erreichen des Aufnahmeortes erbringt die Behörde am tatsächlichen Aufenthaltsort le- diglich unabweisbar gebotene Leistungen. Soweit der Personenkreis nur ein bis zwei Nächte bis zur Weiterreise in Berlin bleibt, gewährt die ZLA daher lediglich die un- abweisbar gebotenen Leistungen. Dies sind in der Regel Unterkunft und Verpflegung in der Erstaufnahme- einrichtung sowie Reiseproviant. Weitere Leistungen werden erbracht, wenn im Einzel-fall ein unabweisbarer Bedarf besteht. Asylsuchende, die aufgrund der Verteilentscheidung an eine andere Erstaufnahmeeinrichtung im Bundesgebiet weiterzuleiten sind, jedoch z. B. wegen eines bevorste- hen-den Geburtstermins vorübergehend in Berlin bleiben, erhalten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, Behand- lungsscheine zur Krankenversorgung nach § 4 AsylbLG und ggf. sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG entspre- chend des individuellen Bedarfes (z. B. Mehrbedarf bei Schwangerschaft). Asylbewerberinnen und Asylbewerber, deren Asylver- fahren in Berlin durchgeführt wird, erhalten während der Dauer der Wohnverpflichtung in der Erstaufnahmeein- richtung Sachleistungen wie in § 3 Abs. 1 AsylbLG geregelt . Dies bedeutet, dass längstens bis zu drei Monaten die Unterkunft und Verpflegung in der Erstaufnahmeeinrich- tung erfolgt und zusätzlich das Taschengeld bar ausge- zahlt wird. Darüber hinaus erhält auch dieser Personenkreis Be- handlungsscheine zur Krankenversorgung nach § 4 AsylbLG. Nach dem Ende der Wohnverpflichtung werden die Grundleistungen komplett bar ausgezahlt. Berlin, den 28. Januar 2013 In Vertretung Michael B ü g e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Feb. 2013)