Drucksache 17 / 11 396 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 06. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Januar 2013) und Antwort Wie wurde der Einheitliche Ansprechpartner (EA) in 2012 genutzt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele KundInnen nutzten 2012 den Einheitli- chen Ansprechpartner im Rahmen der EU-Dienstleis- tungsrichtlinie a) auf elektronischem Weg, b) auf schriftlichem Weg (Briefe/Fax), c) auf telefonischem Weg, d) durch Besuch in der Behörde? (Bitte getrennt nach den verschiedenen Wegen auf- führen.) Zu 1.: Die Kundinnen- und Kundennutzung stellt sich für das Jahr 2012 wie folgt dar: a) auf elektronischem Weg : 499 b) auf schriftlichem Weg (Briefe/Fax) : 108 c) auf telefonischem Weg : 167 d) durch Besuch in der Behörde : 6 Diese Zahlen spiegeln ausschließlich den direkten Kontakt der Wirtschaftsbürger und Wirtschaftsbürgerin- nen mit dem Einheitlichen Ansprechpartner wider, d. h. nicht erfasst sind hiermit die Fallzahlen der Kooperati- onspartner sowie die direkte Inanspruchnahme der zu- ständigen Stellen (ca. 1.150 Fälle) über das elektronische Fallmanagement, welche das IT-Fachverfahren den Dienstleistungsunternehmen ebenso ermöglicht. 2. Ist es mittlerweile möglich, die BesucherInnen des elektronischen Auftritts des Einheitlichen Ansprechpart- ners zu zählen, auch wenn sie ihn nur zur Information nutzen? Wenn ja, wie viele waren es in 2012? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Die Zählung ist erst seit der Freischaltung der Stufe 2 des Probeechtbetriebes Ende Oktober 2012 tech- nisch möglich. Eine erste Auswertung ergab: November: 1.700 Benutzungen Dezember: 3.700 Benutzungen Die Anzahl an Zugriffen lag erheblich höher, allein im Dezember bei rd. 520.000. 3. Ist die in der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 17/10100 angekündigte volle Funktionsfähigkeit des Kunden- und Fallmanagement mittlerweile gegeben? Wenn ja, mit welchem Effekt? Wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Ende Oktober 2012 ist das Kunden- und Fall- management (KFM) um weitere Funktionalitäten erwei- tert worden. Das sind insbesondere die Möglichkeit der Abwicklung neuer Prozesse (z. B. Anzeige grenzüber- schreitender vorübergehender Dienstleistungen im Hand- werk), die elektronische Signierung von Anträgen, das Einlegen von Widersprüchen, die Konvertierung von Do- kumenten; für die zuständigen Stellen die Disponenten- funktion (Delegieren von Fällen), die Signaturprüfung sowie die Anbindung des Gewerbefachverfahrens Mi- gewa. 4. Ist der Senat nach der sehr geringen Nutzung 2010 und 2011 nun zufrieden mit der Nutzung des Einheitli- chen Ansprechpartners in 2012 gemessen am selbst ge- steckten Ziel (jeder zehnte Genehmigungsvorgang bei komplexen Verfahren, jeder vierzigste Genehmigungs- vorgang bei einfachen Verfahren)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 396 2 Zu 4.: Der Senat sieht die Entwicklung der Nutzung positiv. Insbesondere vor dem Hintergrund der Zahlen für das 4. Quartal 2012 (rd. 420 Fälle) wäre das selbst ge- steckte Ziel hochgerechnet zumindest halb erreicht. Dar- über hinaus geht der Senat aber davon aus, dass die Inan- spruchnahme weitere Zuwächse verzeichnen wird, so dass der EA dem gesetzten Ziel in 2013 weiter näher kommen wird. 5. Inwieweit wurden die Kooperationspartner des Ein- heitlichen Ansprechpartners (IHK, Handwerkskammer und DGB) in Einzelfällen in nennenswerter Weise ge- nutzt? Wie viele Einzelkontakte im Rahmen der EU- Dienstleistungsrichtlinie konnten diese Kooperationspart- ner jeweils für 2012 verbuchen? Zu 5.: Der Einheitliche Ansprechpartner Berlin nimmt die Angebote der Kooperationspartner dahingehend in Anspruch, dass bei entsprechenden Anfragen auf die kon- kreten Beratungsangebote der Kooperationspartner ver- wiesen bzw. ein Kontakt hergestellt wird. Daneben unterstützen die Kooperationspartner den EA bei komplexen Anfragen. Es ist nicht eigentliche Aufgabe der Kooperations- partner, Einzelfälle zu initiieren und zu bearbeiten. Die Kooperationspartner stehen dem EA in komplementären Fragen in der Schnittstelle zur Wirtschaftsförderung bzw. bei Fragen des Arbeits- und Sozialrechts unterstützend zur Verfügung. 6. Welche Maßnahmen hat der Senat in 2012 unter- nommen, um die Nutzungszahlen des Einheitlichen An- sprechpartners zu erhöhen? Inwieweit wurde hierzu die Kooperation mit der IHK, der Handwerkskammer, dem DGB oder anderen genutzt? Zu 6.: Eine Agentur wurde mit der Entwicklung eines Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeitskonzeptes für den Einheitlichen Ansprechpartner Berlin beauftragt. Durch sie wurde ein neues Profil für den „EA Berlin “ erarbeitet, bei dem nicht mehr der Name „Einheitlicher Ansprechpartner“ im Mittelpunkt steht, sondern eine Botschaft, die auf sein Angebot verweist: „Unternehmen leicht gemacht - einfach.online.genehmigt.“ Mit dem dazu parallel neu entwickelten Design wur- den verschiedene Werbemaßnahmen, im Zuge der Frei- schaltung der sog. Stufe 2, im Herbst 2012 gestartet. So wurden Anzeigen in Tageszeitungen parallel zur Messe deGUT 2012 sowie zum Jahreswechsel in verschiedenen Stadtmagazinen geschaltet. Zusätzlich wurde im Dezember eine zunächst halbjäh- rige Werbekampagne mittels Seitenstreifenfolien in Fahr- zeugen der Berliner U-Bahn gestartet. Auch in 2012 war der „EA Berlin“ auf Wirtschaftsmessen vertreten. Dabei konnten u. a. verschiedene Kon- takte in der Gründerszene geknüpft werden, zu Institutio- nen, die künftig als Multiplikatoren auf das Angebot des „EA Berlin“ verweisen werden. Gemeinsame Werbemaßnahmen mit den Kooperati- onspartnern wurden in 2012 nicht realisiert. Berlin konzentriert die Maßnahmen auf den Bereich des Landes. Vor dem Hintergrund der bislang umgesetz- ten Maßnahmen und der positiven Entwicklung der Fall- zahlen soll die Wirkungsweise der Aktivitäten zunächst abgewartet und überprüft werden Das Bundeswirtschaftsministerium und die Europäi- sche Kommission haben in Bezug auf eine gemeinsame Werbestrategie im November 2012 auf die föderalen Strukturen und die sich daraus ergebenden Verantwort- lichkeiten in der Bundesrepublik verwiesen und ein ge- meinsames Vorgehen, auch aufgrund fehlender Haus- haltsmittel, abgelehnt. 7. Sind die bereits bestehenden Verlinkungen zur Plattform des Einheitlichen Ansprechpartners innerhalb der Internetauftritte anderer Behörden im Land Berlin, z. B. die der einzelnen Berliner Ordnungs- bzw. Gewerbe- ämter inzwischen prägnanter gestaltet worden, wie dies vom Senat selbst Anfang 2012 laut Drs. 17/10100 ange- regt wurde? Zu 7.: Ja, die Verlinkung auf das online Portal des Einheitlichen Ansprechpartners wurde von allen Bezirken unterstützt und die Verlinkungen wurden wunschgemäß auf verschiedenen bezirklichen Internetseiten umgesetzt. Auch auf dem gemeinsamen Auftritt der Berliner Ordnungsämter, der Seite des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten und unter www.berlin.de konnten die jeweiligen Verlinkungen präzisiert werden. Innerhalb der Dienstleistungsdatenbank des Verwal- tungsführers des Landes Berlin wird aufgrund einer Initi- ative des „EA Berlin“ bei gewerberechtlich relevanten Dienstleistungen (Gewerbean-, -ab- und –ummeldungen) auf das Online-Angebot des „EA Berlin“ verwiesen bzw. direkt verlinkt. 8. Welche der in Drs. 17/10100 angekündigten Nach- nutzungen der Software für den Einheitlichen Ansprech- partner für welche Dienstleistungen sind weiterhin in Pla- nung bzw. in der Umsetzung? Wie weit sind diese jeweils fortgeschritten, und wann ist jeweils mit dem Start dieser Nachnutzungen zu rechnen? 9. Welche konkreten Nachnutzungen sind darüber hinaus geplant und in welchem Planungs- bzw. Umset- zungsstand befinden sie sich? Zu 8. und 9.: Elektronisches Baugenehmigungsver- fahren - eBG (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt) Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat mit dem Verfahren eBG mit der Nachnutzung der EU- DLR (EU-Dienstleistungsrichtlinie) Komponenten be- gonnen. Eine konkrete Nachnutzung erfolgt im Rahmen des genannten Verfahrens mit den EU-DLR Komponen- ten  CIT Kundenmanagement  CIT Fallmanagement  Identitätsmanagement/Selbstregistrierung  Formularmanagement  Interfacemanager Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 396 3 Anliegen- und Beschwerdemanagement (Landes- amt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten) Im Rahmen einer Voruntersuchung wurden die Möglich- keiten zur Nachnutzung geprüft. Im Ergebnis ist die Nut- zung von Komponenten der EU-DLR auch im Rahmen dieses Vorhabens möglich. Ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen, das den Nutzungsumfang noch konkretisieren muss, steht noch am Anfang. Der Projektstart ist für 2013 vorgesehen, die Realisierung erfolgt im Jahr 2014. service.berlin.de (Senatsverwaltung für Inneres und Sport) Das Internetportal "service.berlin.de" soll als zentrale Anlaufstelle für alle über das Internet abwickelbaren An- liegen dienen. Basisfunktionen des Portals (Behördenfin- der) werden voraussichtlich im Februar 2013 freigeschal- tet werden. Die weiteren Planungen basieren auf der um- fangreichen Nachnutzung der EU-DLR Komponenten. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport identifi- ziert gemeinsam mit dem ITDZ Berlin systematisch die derzeit gegebenen Nachnutzungspotenziale auf Basis aus- gewählter Geschäftsprozesse. 10. Welche Kosten hat die Errichtung des Einheitli- chen Ansprechpartners insgesamt verursacht (ohne Be- triebskosten?) Zu 10.: Die Gesamtkosten für die Errichtung des Ein- heitlichen Ansprechpartners beliefen sich auf rd 6 Mio € (fast ausschließlich für die IT-Investitionen). 11. Welche Betriebskosten hat der Einheitliche An- sprechpartner in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils verursacht (bitte jeweils aufgeschlüsselt für Personal, IT und sonstige Sachkosten)? Zu 11. : Personalkosten (€) Sachkosten (€) 2010: 75.400 1.490.000 2011: 76.300 1.512.000 2012: 125.700 1.545.000 Bei den Sachkosten handelt sich zu ca. 90 % um IT- Kosten. 12. Welche Stückkosten wurden damit nach Kosten- und Leistungsrechnung für die jeweiligen Jahre erzielt? Zu 12.: Die Darstellung der Stückkosten in der Kos- ten- und Leistungsrechnung (KLR) ist nicht aussagefähig, da diese die Investitionsaufwände für EU-DLR Kompo- nenten beinhalten, die für eine berlinweite Nutzung kon- zipiert wurden. Zudem hat sich trotz der deutlich positi- ven Entwicklung der Fallzahlen die gewünschte Inan- spruchnahme noch nicht in vollem Umfang eingestellt. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die überwiegende Anzahl der Fälle des KFM im direkten Kontakt mit den Bezirken abgewickelt werden. Auch diesen Umstand drückt die KLR nicht aus. Eine Gegenüberstellung der für den EA in der KLR errechneten Stückkosten mit den Fallzahlen ist daher nicht zielführend. 13. Wie bewertet der Senat die hohen Gesamt- bzw. Betriebskosten des Einheitlichen Ansprechpartners unter dem Aspekt des Kosten-/Nutzenverhältnisses? Zu 13.: Die Kosten (Investitions- und Betriebskosten) sind vor dem Hintergrund der E-Governmentstrategie des Landes zu sehen. Die Höhe der Kosten beim EA ergibt sich daraus, dass durch die EU-DLR die Basis für weitere Online-Nutzungen geschaffen wurde. Dass diese Auf- wände durch die Kosten- und Leistungsrechnung dem EA zugeschlagen werden, ist nur dem Umstand geschuldet, dass diese Entwicklungen mit der EU-DLR als Pilotver- fahren verknüpft wurden. Das Kosten- und Nutzenver- hältnis kann erst abschließend beurteilt werden, wenn die erwarteten Nachnutzungen realisiert sind. 14. Da Berlin ja nicht allein steht mit den hohen Kos- ten und der geringen Nutzung des Einheitlichen An- sprechpartners, welche Maßnahmen plant der Senat gege- benenfalls im Verbund mit lokalen oder überregionalen Partnern, anderen Bundesländern, der Bundesregierung und/oder der EU-Kommission um die Nutzungszahlen des Einheitlichen Ansprechpartners zu steigern? Zu 14.: Siehe Antwort zu 6. 15. Wie und durch wen soll die nach § 7 des Gesetzes über den Einheitlichen Ansprechpartner für das Land Ber- lin (EAG Bln) vorgesehene und somit dieses Jahr fällige Evaluation der Inanspruchnahme des Einheitlichen An- sprechpartners, der organisatorischen Rahmenbedin- gungen, der zugrunde liegenden rechtlichen Regelungen sowie der Auswirkungen auf die Verwaltungsverfahren vorgenommen werden? Zu 15.: Die Aufgabe wird durch die Firma Ramboll wahrgenommen. Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag werden die Fragestellungen analysiert, bewertet und Handlungsempfehlungen formuliert. Berlin, den 28. Januar 2013 In Vertretung Guido B e e r m a n n .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Feb. 2013)