Drucksache 17 / 11 410 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander Spies (PIRATEN) vom 10. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Januar 2013) und Antwort Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der Berliner Jobcenter Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ih- re Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welchem Zweck dienen die örtlichen Arbeitsmarkt - und Integrationsprogramme der Berliner Job- center? Zu 1.: Im örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrations- programm legen die Jobcenter jährlich fest, mit wel- chen Strategien, Ressourcen und ausgewählten Maß- nahmen der gesetzliche Auftrag und die vereinbarten Ziele zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebe- dürftigkeit regional umgesetzt werden sollen. Auf Ba- sis einer detaillierten Kundenstrukturanalyse werden operative Maßnahmeplanungen entwickelt, die nach- haltige Integrationsstrategien ermöglichen. Darüber hinaus enthält das Programm Festlegungen über die strategische Zusammenarbeit der Jobcenter mit den Trägern der Grundsicherung und weiteren Koopera- tionspartnern. 2. An welche Zielgruppen richten sich die örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der Berliner Jobcenter? Zu 2.: Die örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrati- onsprogramme der Jobcenter richten sich an ihre Trä- ger sowie an die übrigen Beteiligten des lokalen Ar- beitsmarktes, die mit den Jobcentern zusammenarbei- ten (Außenperspektive). Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen sie eine wichtige Orientierungs- und Leitfunktion dar. Die systematische Darstellung von Zielen und operativen Strategien ermöglicht es ihnen, das eigene Handeln mit übergeordneten gesetzlichen und geschäftspolitischen Zielen zu verknüpfen (Innen- perspektive). Das Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm ist eine wichtige Grundlage der Kooperation und Zusam- menarbeit zwischen dem Jobcenter und seinen Trägern (Agenturen für Arbeit und Kommune) sowie weiteren Akteuren des lokalen Arbeitsmarktes. Es greift die Schwerpunkte der lokalen Arbeitsmarkt- und Sozial- politik der Träger der Grundsicherung auf und stellt einen Konsens über die strategische Ausrichtung der Geschäftstätigkeit dar. In Verbindung mit den verfüg- baren Ressourcen ist das Arbeitsmarkt- und Integrati- onsprogramm auf die Erreichung von gemeinsamen Zielen ausgerichtet. Darüber hinaus stellt das Arbeitsmarkt- und Integ- rationsprogramm eine wichtige Informationsgrundlage im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und für die Unter- richtung weiterer Akteure der lokalen Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik dar. Es bietet Dritten die Möglichkeit, sich über die Akzentuierung der lokalen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und über die stra- tegische Ausrichtung des Jobcenters zu informieren. 3. Warum sind die örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der Berliner Jobcenter nur in den wenigsten Fällen auf deren Internetauftritten veröffent- licht? Zu 3.: Die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg und der Berliner Senat begrüßen grundsätzlich eine Veröffentlichung des Arbeitsmarkt- und Integrations- programm im Internet, um allen Interessierten Infor- mationen zu den lokalen Handlungsstrategien zur Ver- fügung zu stellen. Die Entscheidung über die Art und Weise der Ver- öffentlichung liegt bei dem jeweiligen Jobcenter bzw. dessen Trägerversammlung. 4. Auf welcher Rechtsgrundlage erstellen die Berliner Jobcenter ein örtliches Arbeitsmarkt- und Integra- tionsprogramm? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 410 2 Zu 4.: Der § 44 c Abs. 6 SGB II sieht die Abstim- mung des örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationspro- gramms in der Trägerversammlung unter Beachtung der Zielvorgaben der Träger vor. 5. Wie ist das Verfahren zur Ausarbeitung der örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der Berliner Jobcenter (bitte unter Angabe der Rechts- grundlagen)? a. Welche Akteure sind zu welchem Zeitpunkt daran beteiligt? b. Sind die Bezirksverordnetenversammlungen an diesem Verfahren beteiligt? Wenn ja, in- wiefern und zu welchem Zeitpunkt? c. Sind die örtlichen Beiräte der Jobcenter nach § 18 d SGB II an diesem Verfahren beteiligt? Wenn ja, inwiefern und zu welchem Zeit- punkt? Zu 5 a. bis c.: Der Prozess der Erstellung des Ar- beitsmarkt- und Integrationsprogramms unterliegt kei- ner gesetzlichen Norm. Im Folgenden wird beispielhaft ein Prozessvorschlag dargestellt, an den sich die Job- center orientieren können: Im Rahmen des Planungsauftaktes werden die Er- gebnisse der vergangenen Perioden qualitativ und quantitativ bewertet. In einem zweiten Schritt, erfolgt eine Analyse der lokalen Ausgangssituationen. Es wer- den Informationen zum Wirtschafts- und Sozialraum ausgewertet, die Arbeitsmarktnachfrage der Arbeitge- berinnen und Arbeitgeber analysiert, Informationen über die Struktur der Jobcenterkunden und die Res- sourcen des kommenden Jahres aufbereitet. Ferner wird eruiert, wie sich die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Folgejahr darstellt. Sofern es spezielle lokale Problemlagen gibt, werden selbige identifiziert und zusätzlich Wirksamkeitsbetrachtungen von Maß- nahmen vergangener Perioden angestellt. Der zu jedem Jobcenter gegründete Beirat (siehe auch Beantwortung der Kleine Anfrage Nr. 17/10744 vom 31.07.2012), besteht aus den Beteiligten des örtli- chen Arbeitsmarktes, wie z. B. Trägern der freien Wohlfahrtspflege, Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer, Kammern und Weiteren. Er berät sein Jobcenter gemäß §18 d SGB II bei der Aus- wahl und Gestaltung der Eingliederungsinstrumente und -maßnahmen. Aus den so gewonnenen Erkenntnissen werden stra- tegische Handlungsfelder und Ziele abgeleitet, die dann in konkreten Umsetzungsstrategien innerhalb der Handlungsfelder münden. Unter Beteiligung der Be- auftragten für Chancengleichheit (§ 18 e Abs. 3 SGB II) erstellt das Jobcenter eine Entwurfsfassung, auf dessen Basis die Planung operativer Maßnahmen und Eingliederungsleistungen erfolgen kann. In der Trägerversammlung wird über den Entwurf des Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramms beraten (§ 44 c Abs. 6 SGB II). Die Bezirksverordnetenversammlungen der Bezirke sind nicht unmittelbar in das formelle Verfahren invol- viert. Jeder Berliner Bezirk ist mit zwei stimmberechtig- ten Mitgliedern in der Trägerversammlung seines Job- centers vertreten. Bezirkliche Schwerpunkte werden so in die Entwicklung lokaler Handlungsstrategien der Jobcenter eingebracht. 6. Welchen Einfluss übt der Senat hinsichtlich der Abstimmung des örtlichen Arbeitsmarkt- und Integra- tionsprogramms im Sinne des gesamtstädtischen Steue- rungsbedarfs durch seine Mehrheit in den Trägerver- sammlungen der Berliner Jobcenter aus (vgl. Begrün- dung zu § 4 Absatz 4 Gesetz zur Ausführung des Zwei- ten Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB II))? Zu 6.: Der Berliner Senat ist durch die Vertreterin- nen und Vertreter der für Arbeit zuständigen Senats- verwaltung in allen Trägerversammlungen der Berliner Jobcenter stimmberechtigt vertreten. In Abstimmung mit den bezirklichen Mitgliedern und ggf. mit den an- deren Senatsverwaltungen nimmt die für Arbeit zu- ständige Senatsverwaltung Einfluss auf alle Entschei- dungen, die im Rahmen des § 44 c SGB II durch die Trägerversammlungen zu treffen sind. Hierzu gehört auch die Beschlussfassung zum jährlichen Arbeits- markt- und Integrationsprogramms der Jobcenter. 7. Inwieweit sind die örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der Berliner Jobcenter mit dem Programm „BerlinArbeit” des Berliner Senats abgestimmt ? Zu 7.: Im Rahmen von BerlinArbeit wird erstmalig ein umfangreiches gemeinsames Rahmen-Arbeits- marktprogramm des Landes Berlin und der Regionaldi- rektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit erstellt. Dieses Rahmenprogramm befindet sich noch in der Abstimmung. Es wird künftig eine Grund- lage für die Erstellung und Umsetzung der lokalen Ar- beitsmarktprogramme in Berlin bieten. 8. Welchen Einfluss haben die Bezirke auf die inhaltliche und programmatische Ausrichtung der örtli- chen Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme? Zu 8.: Den Berliner Bezirken obliegt gem. § 3 des Berliner Ausführungsgesetz SGB II (AG-SGBII) die Verantwortung für die zweckmäßige und rechtmäßige Erbringung der Leistungen des kommunalen Trägers gem. § 6 Abs.1 Satz 2 SGB II (wie z.B. der sozialinteg- rativen Leistungen nach § 16a SGB II), soweit nicht das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz oder andere Ge- setze die Zuständigkeit der Hauptverwaltung (z.B. Lei- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 410 3 tungsaufgaben) bestimmen. In diesem Sinne wirken die Bezirke mit ihren zuständigen Stellen bei der Er- stellung der Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme mit und sind an dessen Beschluss durch ihre stimmbe- rechtigten Vertreterinnen und Vertreter im Rahmen der Trägerversammlung (siehe auch Antwort zu Frage 5.) beteiligt. 9. Gibt es bundes- oder landesweite Vorgaben für inhaltliche Standards der Arbeitsmarkt- und Integrati- onsprogramme der Jobcenter? Welche „berlinweit einheitliche Grundstruktur“ der örtlichen Arbeitsmarktund Integrationsprogramme wurde 2011 vereinbart, wie in Anlage 5 der Rahmenvereinbarung nach § 44 b Abs. 2 SGB II beschrieben? Welche Änderungen sind seitdem daran vorgenommen worden? Zu 9.: Die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung hat sich mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg im November 2011 darauf verständigt, eine einheitli- che Grundstruktur für die Erstellung des Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramms trägerseitig vorzugeben (siehe Anlage). Dieses Gliederungsschema basiert im Wesentlichen auf Ergebnissen einer länderübergreifen- den Arbeitsgruppe von Praktikern, Vertreterinnen und Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände und der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2009. Dieses Gliederungsschema soll einerseits strukturell vergleichbare Berliner Programme sicherstellen, ande- rerseits soll es offen sein, für die lokalen Besonderhei- ten und bezirklichen Schwerpunkte. Das Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm soll die Situation auf dem gesamtstädtischen Arbeitsmarkt wie auch lokale Ziel- setzungen und individuelle Handlungsansätze der Job- center zu spezifischen Problemlagen erkennen lassen. In welchem Verhältnis stehen die örtlichen Ar- beitsmarkt- und Integrationsprogramme zu den operati- ven Programmen sowie den Eingliederungsbilanzen der Berliner Jobcenter? Zu 10.: Im Arbeitsmarkt- und Integrationspro- gramm werden die operativen Umsetzungsstrategien und Maßnahmenplanungen des Jobcenters fixiert, die grundsätzlich geeignet sind, die strategischen Zielset- zungen zu erfüllen. In der Eingliederungsbilanz wird dargestellt, zu welchen Ergebnissen die Maßnahmen des Arbeits- markt- und Integrationsprogramms geführt haben, in welcher Weise Integrationen herbeigeführt, Hilfebe- dürftigkeit minimiert und damit die strategischen Ziel- setzungen erfüllt haben (vgl. § 54 SGB II). Berlin, den 22. Februar 2013 In Vertretung Farhad Dilmaghani Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Feb. 2013) Kopfzeile des Jobcenters Berliner Gliederung des Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm (AMIP) – SenIAS II C 51 – Stand: November 2011 Seite 1 von 2 Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm (AMIP) der Berliner Jobcenter Gliederungsschema 1. Präambel/Einleitung z.B. Leitgedanken, Leitziel(e), Adressaten des AMIP, 2. Profil des Jobcenters 2.1. lokale Arbeitsmarktlage z.B. Angaben zu bezirklicher Arbeitslosigkeit, Beschäftigungsquoten, zum regionalen Stellenmarkt und zum Fachkräftebedarf, zur wirtschaftlichen Struktur, zu Besonderheiten des lokalen Arbeitsmarktes etc. 2.2. lokale Ausbildungsmarktlage z.B. Angaben zu Schulabgängern, Bewerberzahl, Altbewerber, Ausbildungskapazitäten, Schulabschlüssen, Ausbildungsreife der Kunden etc. 2.3. Kundenstruktur z.B. Angaben zu Leistungsberechtigten (eLb, neLb), Profillagen nach Alter und Kundengruppen, Bedarfsgemeinschaften, Dauer der Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Aufstocker, Alleinerziehende, junge Menschen unter 25, Ausländeranteil/Migrantenanteil, Schulbildung und Berufsausbildung etc. 2.4. Kooperation mit Netzwerkpartnern: z.B. Spitzenverbände (IHK,HWK, UVBB, LIGA, DGB und weitere),Träger von Arbeitsmarktdienstleistungen, Treuhänder des Landes Berlin (Comovis), Zusammenarbeit mit Beratungs- und Anlaufstellen, Kooperationsvereinbarungen, Transparenz von Maßnahme-Planungen 3. Ziele 3.1. Bundeseinheitliche Ziele 3.2. lokale Ziele z.B. mit den Trägern lokal vereinbarte Ziele, Integrationsquoten für einzelne Maßnahmen (z.B. BJO, 50Plus) und ggf. vereinbarte Zielwerte zu den Handlungsfeldern nach Nr.4, 4. Ausgewählte Handlungsfelder 4.1. Handlungsfeld /Ziel 4.1.1. Beschreibung des Handlungsfeldes 2 Berliner Gliederung des Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm (AMIP) – SenIAS II C 51 – Stand: November 2011 Seite 2 von 2 4.1.2. Zielgruppe und Kontext z.B. Art und Größe der Kundengruppe, Bezug zur Kundenstruktur und Arbeitsmarktanalyse, Profillagen 4.1.3. Umsetzungsstrategie/Aktivitäten z.B. Angaben zu den einzelnen Maßnahmen, Art und Umfang des Instrumenteneinsatzes, Ressourceneinsatz, zeitlicher Rahmen etc. 4.1.4. Kooperationsvereinbarungen / Zusammenarbeit mit Dritten z.B. Angaben zu Kooperationsvereinbarungen, Nutzung/Vernetzung kommunaler Programme, Ko-Finanzierung von Maßnahmen durch das Land Berlin, Bedarfsplanung zu kommunalen Eingliederungsleistungen nach §16a, 4.1.5. Wirkungserwartung 4.1.6. Zielnachhaltung 5. Finanzielle Ressourcen 5.1. Eingliederungstitel z.B. Angaben zum Umfang der (voraussichtlich) zur Verfügung stehenden Eingliederungsmittel, Einsatz und Verteilung von arbeitsmarktpolitischen Eingliederungsleistungen, Übersicht geplanter Maßnahme-Eintritte und deren durchschnittliche Dauer, Prozentuale Verteilung der EGL, Budgetbeschränkungen, zweckgebundene Mittel, Neubindungsspielraum, Verpflichtungsermächtigungen, Umschichtungsbedarf etc. 5.2. Sondermittel (Sonderprogramme) z.B. aus Bundesprogrammen wie 50Plus, Bürgerarbeit, Integration Alleinerziehender etc. ka17-11410 K1711410_Anlage