Drucksache 17 / 11 415 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 10. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Januar 2013) und Antwort Nutzung sozialer Netzwerke zu Fahndungszwecken Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Bedeutung misst der Senat Ermittlungen in sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter, WKW, etc.) zur Kriminalitätsprävention und zu kriminalpolizeilichen Ermittlungen zu? Zu 1.: Mit der zunehmenden Durchdringung des öf- fentlichen Lebens durch soziale Netzwerke steigt natur- gemäß auch die Bedeutung dieser Angebote für die Auf- gabenwahrnehmung der Polizei Berlin, insbesondere im Rahmen von Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und Prä- vention. Diese stetige Steigerung des Stellenwertes sozi- aler Netzwerke in den vergangenen Jahren hat dazu ge- führt, dass die Senatsverwaltung für Inneres und Sport einen Leitfaden zur Nutzung von sozialen Netzwerken in der Berliner Verwaltung erarbeitet hat (http://www.berlin.de/sen/inneres/zsc/socialnetwork.html). Damit wurde für die gesamte Landesverwaltung Berlins ein Handlungsrahmen zum Umgang mit sozialen Netz- werken geschaffen. Auch Extremistinnen und Extremisten nutzen die so- zialen Netzwerke zunehmend zur Verbreitung von Propa- ganda, als Wissensspeicher für extremistische Ideologie sowie zur Rekrutierung, Mobilisierung und Spenden- sammlung. Folglich beobachtet der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem diese Entwicklung ebenfalls. 2. Welche Abteilungen bei der Berliner Polizei und des Verfassungsschutzes befassen sich mit Ermittlungen in sozialen Netzwerken? Zu 2.: Ermittlungen in sozialen Netzwerken sind in- nerhalb der Polizei Berlin nicht einer bestimmten Organi- sationseinheit zugewiesen. Entsprechende Ermittlungen werden - sofern erforderlich - in den einzelnen Dienst- stellen der Polizei Berlin geführt. Die Beantwortung dieser Frage im Hinblick auf den Verfassungsschutz ist aus Gründen des Geheimschutzes im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht möglich. Ent- sprechende Auskünfte können in nichtöffentlicher Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz des Abgeordne- tenhauses erteilt werden. 3. Wie viele Mitarbeiter sind hierzu in welchem Auf- gabenbereich beschäftigt? Zu 3.: Statistiken werden hierzu bei der Polizei Berlin nicht geführt. Bezüglich des Verfassungsschutzes wird auf die Be- antwortung zu Frage 2 verwiesen. 4. Inwieweit ist es Mitarbeiter/-innen von Polizei und Verfassungsschutz nach geltender Gesetzeslage erlaubt, als „virtuelle Ermittler/-innen“ in sozialen Netzwerken zu agieren (bitte Rechtsgrundlage benennen) und welche Einschränkungen existieren hierzu? 5. Inwieweit nutzen Polizei und Verfassungsschutz bereits soziale Netzwerke zu Ermittlungszwecken? Zu 4. und 5.: Bei der Polizei Berlin werden zu dienst- lichen Zwecken alle öffentlich zugänglichen Informati- onsquellen einschließlich des Internets genutzt. In diesem Rahmen wird auch auf frei zugängliche Informationen aus sozialen Netzwerken zurückgegriffen. Entsprechende polizeiliche Maßnahmen erfolgen aus- schließlich in den Grenzen der gesetzlichen Eingriffsbe- fugnisse sowie in dem vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 27.02.2008, 1 BvR 370/07, aufge- zeigten Rahmen. Als Rechtsgrundlage kommen u.a. die Befugnisse des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungs- gesetzes Berlin - soweit der Schutzbereich des Art.10 Grundgesetz nicht tangiert ist - sowie der Strafprozess- ordnung in Betracht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 415 2 Die ggf. erhobenen personenbezogenen Daten werden auf der Grundlage der gesetzlichen Eingriffsbefugnisse sowie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnis- mäßigkeit und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen innerhalb des jeweiligen Verfahrens zur Gefahrenabwehr bzw. zur Strafverfolgung für diesen jeweiligen Zweck verarbeitet und genutzt. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten außerhalb des betref- fenden Verfahrens erfolgt nicht. Rechtsgrundlage für die Datenerhebung aus dem In- ternet und aus sozialen Netzwerken durch den Verfas- sungsschutz ist § 8 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Berlin (VSG Bln). Sie ist nur zulässig, soweit sie zur Beobach- tung extremistischer Bestrebungen oder geheimdienstli- cher Tätigkeiten erforderlich ist. Soll die Ermittlung im Einzelfall verdeckt und unter Nutzung einer Legende im rechtlichen Sinne erfolgen, so handelt es sich um den Ein- satz eines Mittels zur heimlichen Informationsbeschaf- fung gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1, 3 i.V.m. Abs. 3 VSG Bln. Dabei ist der ausdrücklich in § 8 Abs. 4 VSG Bln ge- nannte, verfassungsrechtlich verankerte Verhältnismäßig- keitsgrundsatz zu beachten. Danach ist der Einsatz dieses nachrichtendienstlichen Mittels unzulässig, wenn die Er- forschung des Sachverhalts auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist. Zu- dem muss das eingesetzte Mittel erkennbar im Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. 6. In wie vielen Fällen waren Ermittlungen in sozia- len Netzwerken ausschlaggebend bei der Aufklärung von Straftaten (bitte nach Jahren und Art bzw. Phänomenbe- reich der Straftaten aufschlüsseln)? Zu 6.: Statistiken werden hierzu bei der Polizei Berlin nicht geführt. 7. In wie vielen Fällen waren Ermittlungen in sozia- len Netzwerken ausschlaggebend bei der Verbre- chensprävention (bitte nach Jahren und Art bzw. Phäno- menbereich der Straftaten aufschlüsseln)? Zu 7.: Statistiken werden hierzu bei der Polizei Berlin nicht geführt. 8. In wie vielen und welchen Fällen sind „virtuelle Ermittler/-innen“ von Polizei und Verfassungsschutz zum Einsatz gekommen? Zu 8.: Statistiken werden hierzu bei der Polizei Berlin nicht geführt. Bezüglich des Verfassungsschutzes wird auf die Be- antwortung zu Frage 2 verwiesen. 9. In wie vielen und in welchen Fällen haben sich Po- lizei und Verfassungsschutz von Anbietern sozialer Netzwerke Zugang zu nichtöffentlichen Profilen bzw. Nachrichten geben lassen? Zu 9.: Statistiken werden hierzu bei der Polizei Berlin nicht geführt. Bezüglich des Verfassungsschutzes wird auf die Be- antwortung zu Frage 2 verwiesen. Berlin, den 9. Februar 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Feb. 2013)