Drucksache 17 / 11 440 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Buchholz und Ina Czyborra (SPD) vom 17. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Januar 2013) und Antwort Forschungsreaktor Wannsee (II): Strahlender Nachbar - Betrieb und Sicherheit des Zwi- schenlagers ZRA für radioaktive Abfälle in Berlin-Wannsee Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Teilt der Senat unsere Ansicht, dass es ein unhaltba- rer Zustand ist, mitten in einer Metropolregion seit vielen Jahren eines der bundesweit größten Zwischenlager für radioaktiven Abfall zu unterhalten? Gilt diese Aussage nicht umso mehr angesichts des niedrigen Sicherheits- standards der Anlage in Berlin-Wannsee (einfache Lager- hallen nur mit zwei Zäunen gesichert im Vergleich zu den sehr hohen Anforderungen für dieselben Stoffe in einem Endlager)? Zu 1.: Der Senat teilt die geschilderte Ansicht nicht. Rechtlich handelt es sich bei der Zentralen Sammelstelle für radioaktive Abfälle (ZRA) in Berlin-Wannsee nicht um ein Zwischenlager, sondern um eine Landessammel- stelle. Gemäß § 9a Absatz 3 des Atomgesetzes haben die Länder Landessammelstellen für die Lagerung der in ih- rem Gebiet angefallenen radioaktiven Abfälle einzurich- ten. Das Land Berlin kommt dieser gesetzlichen Ver- pflichtung nach und unterhält die Landessammelstelle in Berlin-Wannsee. Die Größe der Landessammelstellen ist durch das dort zu lagernde Abfallvolumen beziehungsweise durch den Abfalleingang von Einrichtungen der Industrie, der Ge- sundheitsversorgung (insbesondere Krankenhäuser und Arztpraxen), der Forschung und sonstigen Einrichtungen (darunter Schulen, Polizei, Feuerwehr und Museen) in einem Bundesland - hier in Berlin - vorgegeben. Infolge- dessen rangiert die ZRA Berlin verglichen mit den Lan- dessammelstellen anderer Bundesländer im Hinblick auf Aufwand, Größe und jährlich angeliefertem Abfallvolu- men im vorderen Drittel. Dies korrespondiert mit der Einwohnerzahl Berlins und der Dichte der in Berlin angesiedelten Einrichtungen. Die Landessammelstelle ZRA verfügt über eine Ge- nehmigung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen gemäß § 7 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung, die durch das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) erteilt wurde. Die ZRA ist unter anderem auch dafür da, radioaktive Stoffe, wo immer sie im Stadtleben auftauchen, sicher unterzu- bringen, so dass von ihnen weder für Personen noch für die Umwelt eine Gefahr ausgeht. Erinnert sei hier zum Beispiel an den Fund eines radioaktiven Strahlers in der Stargarder Straße in Prenzlauer Berg (siehe Bericht an den Hauptausschuss, rote Nummer 1528B vom 15.06.2011, Anhang zum Ergebnisdokument der Arbeitsgruppe Landessammelstelle). Um diese Sicherheit zu ge- währleisten, ist die ZRA den technischen Standards und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend gesichert. Die an die Endlagerung von radioaktiven Abfällen zu stellenden Anforderungen liegen darin begründet, dass dort ein dauerhafter Verbleib der eingelagerten Stoffe gewährleistet werden soll. In der Berliner ZRA ist ledig- lich die zeitweise Lagerung schwach- bis mittelradioakti- ver Abfälle vorgesehen. Hierfür sind ausreichende und zweckgerichtete Sicherungsvorkehrungen getroffen wor- den, zu denen unter anderem auch die Errichtung von zwei Zaunanlagen gehört. 2. Wie hat sich der Bestand an radioaktiven Abfällen in der Zentralstelle für (schwach- und mittel-) radioaktive Abfälle (ZRA) in Berlin-Wannsee im Verlauf der letzten 30 Jahre entwickelt, unterteilt nach Rohabfall, verarbeite- tem/konditioniertem Abfall (in cbm)? Wie lautet die Prognose der Entwicklung für die nächsten 10 Jahre? Zu 2.: Der Bestand an schwach- bis mittelradioaktiven Rohabfällen hat sich in der Landessammelstelle in Berlin- Wannsee im Verlauf der letzten 30 Jahre wie folgt entwi- ckelt. Angegeben sind die Volumina des in der Landes- sammelstelle lagernden Rohabfalls bzw. des konditionier- ten Abfalls jeweils mit Stand 31.12. des Jahres. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 440 2 Jahr Rohabfall konditioniert 2011 267 m³ 313 m³ 2010 223 m³ 313 m³ 2009 256 m³ 307 m³ 2008 198 m³ 122 m³ 2007 197 m³ 111 m³ 2006 322 m³ 100 m³ 2005 340 m³ 92 m³ 2004 357 m³ 359 m³ 2003 332 m³ 356 m³ 2002 337 m³ 350 m³ 2001 306 m³ 349 m³ 2000 231 m³ 344 m³ 1999 228 m³ 337 m³ 1998 135 m³ 326 m³ 1997 177 m³ 283 m³ 1996 259 m³ 369 m³ 1995 187 m³ 379 m³ 1994 195 m³ 355 m³ 1993 136 m³ 401 m³ 1992 125 m³ 385 m³ 1991 120 m³ 373 m³ 1990 142 m³ 347 m³ 1989 155 m³ 344 m³ 1988 141 m³ 333 m³ 1987 120 m³ 330 m³ 1986 106 m³ 332 m³ 1985 129 m³ 322 m³ 1984 49 m³ 232 m³ 1983 160 m³ 203 m³ 1982 131 m³ 179 m³ 1981 100 m³ 126 m³ Eine Darstellung der Entwicklung des Abfallaufkom- mens wurde im Jahr 2011 im Rahmen der Beratungen des Vorgangs 16/1528B im Hauptausschuss vorgelegt. Dort sind die Gründe dargestellt, warum eine Prognose des zukünftigen Abfallaufkommens schwierig ist. Das Abfall- aufkommen dürfte auch in den nächsten Jahren weiter stark schwanken. Es ist davon auszugehen, dass pro Jahr im Durchschnitt zirka 30 m³ radioaktiven Rohabfalls zum jeweils eingelagerten Abfallbestand hinzukommen wer- den. 3. Welche Mengen an radioaktivem Abfall wurden aus Berlin-Wannsee wann in die als Endlager vorgesehenen Salzbergwerke Asse und Morsleben verbracht? Besteht die Verpflichtung zur Rücknahme dieser Abfälle, wenn sie aus den Salzbergwerken zurückgeholt werden, wie es zurzeit für Asse diskutiert wird? Zu 3.: Datum Volumen Ziel 04.04.1968 1,4 m³ Versuchsendlager ASSE 04.02.1971 5,0 m³ Versuchsendlager ASSE 06.12.1972 12,6 m³ Versuchsendlager ASSE 13.03.1972 37,8 m³ Versuchsendlager ASSE 30.05.1973 15,4 m³ Versuchsendlager ASSE 27.06.1973 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 12.12.1973 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 06.03.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 27.03.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 17.04.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 15.05.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 29.05.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 19.06.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 02.10.1974 16,0 m³ Versuchsendlager ASSE 16.10.1974 16,0 m³ Versuchsendlager ASSE 26.11.1974 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 08.01.1975 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 05.02.1975 15,6 m³ Versuchsendlager ASSE 11.03.1975 16,4 m³ Versuchsendlager ASSE 10.06.1975 16,0 m³ Versuchsendlager ASSE 25.06.1975 16,0 m³ Versuchsendlager ASSE 14.10.1975 6,4 m³ Versuchsendlager ASSE 10.12.1975 16,0 m³ Versuchsendlager ASSE 24.03.1976 6,4 m³ Versuchsendlager ASSE 19.05.1976 14,6 m³ Versuchsendlager ASSE 07.07.1976 14,4 m³ Versuchsendlager ASSE 07.10.1976 14,2 m³ Versuchsendlager ASSE 03.11.1976 14,0 m³ Versuchsendlager ASSE 22.12.1976 14,2 m³ Versuchsendlager ASSE 02.02.1977 14,8 m³ Versuchsendlager ASSE 13.04.1977 14,2 m³ Versuchsendlager ASSE 25.05.1977 15,2 m³ Versuchsendlager ASSE 01.06.1977 5,4 m³ Versuchsendlager ASSE 27.07.1977 14,8 m³ Versuchsendlager ASSE 05.10.1977 16,2 m³ Versuchsendlager ASSE 20.12.1977 18,6 m³ Versuchsendlager ASSE 18.01.1978 10,8 m³ Versuchsendlager ASSE 22.03.1978 18,2 m³ Versuchsendlager ASSE 26.04.1978 16,4 m³ Versuchsendlager ASSE 12.07.1978 18,0 m³ Versuchsendlager ASSE 19.09.1978 6,4 m³ Versuchsendlager ASSE 25.10.1978 18,0 m³ Versuchsendlager ASSE 21.11.1978 17,0 m³ Versuchsendlager ASSE 12.12.1978 20,6 m³ Versuchsendlager ASSE 06.04.1994 20,0 m³ Endlager Morsleben 13.12.1994 22,4 m³ Endlager Morsleben 15.12.1994 11,6 m³ Endlager Morsleben 30.01.1996 14,0 m³ Endlager Morsleben 31.01.1996 14,0 m³ Endlager Morsleben 01.02.1996 12,4 m³ Endlager Morsleben 28.01.1997 12,2 m³ Endlager Morsleben 30.01.1997 12,2 m³ Endlager Morsleben 04.02.1997 6,0 m³ Endlager Morsleben 03.12.1997 14,0 m³ Endlager Morsleben 05.12.1997 11,4 m³ Endlager Morsleben 10.12.1997 26,4 m³ Endlager Morsleben 08.05.1998 1,0 m³ Endlager Morsleben 03.06.1998 1,0 m³ Endlager Morsleben 06.07.1998 1,0 m³ Endlager Morsleben 20.08.1998 1,0 m³ Endlager Morsleben Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 440 3 Nach § 76 Abs. 6 Strahlenschutzverordnung haben die Landessammelstellen ihre Abfälle an eine Anlage des Bundes zur Sicherstellung und Endlagerung abzuliefern. Eine Rückgabe der bereits an eine Anlage des Bundes abgelieferten Abfälle ist in der Strahlenschutzverordnung nicht vorgesehen. Es besteht daher nach der derzeitigen Rechtslage keine Verpflichtung des Landes Berlin zur Rücknahme von Abfällen aus den Endlagern ASSE oder Morsleben. 4. Welche Menge an radioaktiven Abfällen in Berlin- Wannsee ist zurzeit für die Endlagerung in Schacht Kon- rad vorgesehen? Ab wann werden sie voraussichtlich ab- gegeben? Wie lange wird dies voraussichtlich dauern? Wird für diese Mengen eine Rückholung ausgeschlossen? Zu 4.:In der Landessammelstelle befinden sich zurzeit 439 m³ Abfall, die für die Verbringung ins Endlager KONRAD vorgesehen sind. Nach Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz ist mit einer Inbetriebnahme des Endlagers Schacht KONRAD nicht vor dem Jahr 2019 zu rechnen. Der endgültige Einlagerungsplan für ein Jahr wird vom Bundesamt für Strahlenschutz 2 Monate im Voraus bekanntgegeben. Erst dann erfahren die Landessammel- stellen, wann welche ihrer Gebinde eingelagert werden können. Zum heutigen Zeitpunkt können daher die Fragen zum Einlagerungszeitraum nicht beantwortet werden. Eine Rückholung von Abfällen aus dem Schacht Kon- rad ist in der aktuellen Fassung der Endlagerbedingungen nicht vorgesehen. 5. Ist damit zu rechnen, dass ein Teil dieser Abfälle die Einlagerungsbedingungen in Schacht Konrad nicht erfüllt? Bei welchen Stoffen/Radionukliden ist dies zu erwarten? Um welche Mengen handelt es sich voraussichtlich ? Was geschieht mit den in Schacht Konrad nicht einlagerungsfähigen Stoffen? Zu 5.: Die Endlagerungsbedingungen für den Schacht KONRAD sehen verschiedene Begrenzungen für den Inhalt der Abfallbehälter, sowie für einzelne Radionuklide und wassergefährdende Stoffe auch Höchstmengen für das gesamte Endlager am Ende des Einlagerungsbetriebes vor. Die Beschränkungen für den Inhalt pro Endlagerge- binde ergeben sich aus dem Planfeststellungsbeschluss des Niedersächsischen Umweltministeriums für das Endlager Schacht KONRAD. Einzuhalten sind dabei Grenzwerte für den bestim- mungsgemäßen Betrieb (sogenannte Garantiewerte), für eventuelle Störfälle, für die thermische Belastung des Wirtsgesteins und für die sogenannte Kritikalitätssicher- heit. Weitere Beschränkungen der Mengen einzelner Ra- dionuklide und nichtradioaktiver schädlicher Stoffe erge- ben sich aus der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis der oberen Wasserbehörde des Landes Niedersachsen für den Schacht KONRAD. Die Aktivitätsgrenzen für Störfälle, die thermische Be- lastung des Wirtsgesteins und die Kritikalitätssicherheit können mit den in der ZRA Berlin gelagerten Abfällen eingehalten werden. Für die natürlich vorkommenden Radionuklide Ra- 226, Th-232 und U-238 ist zusätzlich das am Ende des Einlagerbetriebes im Endlager KONRAD vorhandene Radionuklidinventar der begrenzende Faktor. Das Bun- desamt für Strahlenschutz hat für diese Nuklide mittlere Aktivitätskonzentrationen pro Endlagergebinde festgelegt. Gebinde die diesen Wert überschreiten, können erst ein- gelagert werden, wenn ermittelt werden kann, dass alle vorhandenen Endlagergebinde im Schacht KONRAD keine Überschreitung der gemittelten Aktivitätskonzentra- tion für das gesamte Lager ergeben. Die bereits in der ZRA vorhandenen 25 Endlagergebinde können somit erst in das Endlager verbracht werden, wenn vorher genug Gebinde ohne die genannten Radionuklide eingelagert wurden. Da hierzu gegenwärtig noch keine Abschätzung möglich ist, kann heute noch nicht abschließend beurteilt werden, ob eine Einlagerung aller Gebinde, die die ge- nannten Radionuklide enthalten, möglich wird. Jeder Stoff, der radioaktiv ist, kann auch andere Ei- genschaften haben, die schädlich sind. Daraus ergeben sich ebenfalls Mengenbeschränkungen für das gesamte Endlager. Sofern sich im Hinblick auf zukünftig einzula- gernde Abfälle des Landes Berlin diesbezüglich Probleme ergeben, wird der Senat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) nach einer Lösung suchen. Sollte sich herausstellen, dass in der ZRA Berlin Ge- binde mit nicht in den Schacht KONRAD einlagerbaren Stoffen vorhanden sind, müssten diese zunächst in der ZRA verbleiben. Der Berliner Senat geht gegenwärtig von einer höchstens geringfügigen Anzahl solcher Gebinde aus. In diesem Zusammenhang sei auf die Verpflichtung des Bundes verwiesen, radioaktive Abfälle der Länder gemäß § 9 a Absatz 3 Atomgesetz einer Endlagerung zuzuführen . 6. Welche Mengen an Abfällen, deren Radioaktivität weitgehend abgeklungen ist, werden regelmäßig an ande- rer Stelle entsorgt? Wo geschieht dies? Zu 6.: Über die letzten 5 Jahre gemittelt wurden pro Jahr 5,5 Tonnen Abfälle nach § 29 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 Strahlenschutzverordnung (uneingeschränkte Freigabe) und 2,7 Tonnen pro Jahr nach § 29 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 Strahlenschutzverordnung (Freigabe zur Beseitigung) freigegeben. Abfälle, die die Kriterien der uneingeschränkten Frei- gabe erfüllten und nicht als gefährlicher Abfall nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Siche- rung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfäl- len gelten, wurden dem Gewerbeabfall der Helmholtz- Zentrum für Materialien und Energie Berlin GmbH zuge- führt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 440 4 Abfälle, für die eine Freigabe zur Beseitigung erfolgte oder bei denen es sich trotz abgeklungener Radioaktivität um gefährliche Stoffe handelte (zum Beispiel Chemika- lien oder Klinikabfall), wurden an die Sonderabfallver- brennungsanlage Schöneiche der Märkischen Entsor- gungsanlagen-Betriebsgesellschaft mbH abgegeben. Für genauere Angaben wird auf die Antwort zur Frage Nr. 5 der kleinen Anfrage Drucksache 17/11263 verwiesen. 7. Welchen Anteil hat die ZRA typischer Weise an den für einzelne Nuklide gemessenen Dosiswerten des Standorts Helmholtz-Zentrum? Welche Überschreitungen zulässiger Dosiswerte sind im Laufe der Jahre vorge- kommen, deren Herkunft der ZRA zuzuordnen ist? Zu 7.: Für die ZRA gelten die gesetzlich vorgeschrie- benen Grenzwerte der durch Ableitungen radioaktiver Stoffe bedingten Strahlenexposition von Einzelpersonen der Bevölkerung im Kalenderjahr (§ 47 Strahlenschutz- verordnung). Um sicherzustellen, dass niemand durch ionisierende Strahlung in seiner Gesundheit beeinträchtigt wird, erfolgt auf zwei unterschiedlichen Wegen eine Überwachung der Einhaltung der Grenzwerte. 1. Rund um das gesamte Gelände des Helmholtz- Zentrums für Materialien und Energie Berlin (HZB), das die ZRA für das Land Berlin betreibt, sind Festkörperdo- simeter angebracht, die von einer externen Messstelle regelmäßig ausgewertet werden. In keinem Fall wurde hierbei bisher eine Überschreitung zulässiger Dosiswerte ermittelt. Die Messwerte liegen nach Angaben des HZB stets im Schwankungsbereich der terrestrischen Strahlung (natürliche Radioaktivität in Böden und Gesteinen der Erdkruste, die von Radionukliden ausgeht, die vor der Entstehung des Sonnensystems gebildet wurden). Da die Dosimeter einfallende Gamma- und Neutronenstrahlung integral erfassen, ist eine Auftrennung der Anteile der von der ZRA stammenden Dosis und der von anderen Quellen des HZB-Geländes ausgehenden Dosis durch dieses Messverfahren allerdings nicht möglich. 2. Für das HZB und die ZRA werden kontinuierlich Ableitungswerte aus der Fortluft gemessen. Aus den Messwerten werden nach den gesetzlich vorgegebenen Rechenvorschriften (Ausführungsvorschriften zu § 47 Strahlenschutzverordnung) Körperdosen für Einzelperso- nen der Bevölkerung ermittelt und - aufgeschlüsselt nach Altersgruppen - erfasst. Für den Standort des HZB kön- nen so aus der Summe der Ableitungen beider Emittenten, der ZRA und des Forschungsreaktors BER II, Strahlendo- sen für alle betrachteten Gruppen der Bevölkerung ermittelt werden. Sämtliche gemessenen und berechneten Wer- te werden in regelmäßigen Berichten an die zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden übermittelt und fließen in die Unterrichtung über die Umweltradioaktivi- tät und Strahlenbelastung ein, die die Bundesregierung dem Parlament jährlich erstattet. Die aus den gemessenen Ableitungswerten errechneten Strahlendosen für den Standort des HZB und damit auch für die ZRA liegen nach Angaben des HZB seit Beginn der Messungen bei cirka einem Tausendstel des vorgeschriebenen Grenz- werts nach § 47 Strahlenschutzverordnung. Überschrei- tungen der zulässigen Dosiswerte hat es demnach bisher nicht gegeben. 8. Hat es für die ZRA Sicherheitsüberprüfungen gege- ben, die denjenigen bei dem benachbarten Forschungsre- aktor entsprechen? Wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für die Katastrophenschutzplanung der ZRA, a) bei naturbedingten Ereignissen (Sturm, extreme Schneefälle, Starkregen, Waldbrand,…), b) bei anlageninternen Ereignissen (Brände, Überflu- tungen,…), c) bei Flugzeugabsturz, einschl. Treibstoffbrand, d) bei Explosionsdruckwellen? Wenn nein, wann werden diese nachgeholt? Zu 8.: Nein, bisher wurden keine Sicherheitsüberprü- fungen der Zentralen Sammelstellen für radioaktive Abfälle (ZRA) durchgeführt, die denjenigen bei dem be- nachbarten Forschungsreaktor entsprechen. In Anlehnung an die Überprüfung der Reaktoranlagen hat das Bundes- ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- heit (BMU) seine Entsorgungskommission (ESK) gebe- ten, Prüfkonzepte für „Anlagen der nuklearen Ver- und Entsorgung“ zu entwickeln. Die ESK hat zunächst Konzepte für die Versorgungsanlagen und für die Zwischen- lager für bestrahlte Brennelemente und verglaste Spalt- produkt-Abfälle entwickelt. In einem zweiten Schritt wird seit August 2012 an einem Konzept zur Sicherheitsüberprüfung für Anlagen zur Lagerung und Konditionierung schwach- bis mittelradio- aktiver Abfälle gearbeitet. In erster Linie sind davon die entsprechenden Landessammelstellen betroffen, also ge- gebenenfalls auch die „Zentrale Sammelstelle für radioaktive Abfälle - ZRA“ des Landes Berlin. Hierzu wertet die ESK zurzeit Informationen zu den betreffenden Einrich- tungen aus und trifft anhand der ermittelten Datenlage eine Entscheidung, für welche Einrichtungen und Anla- gen in welcher Tiefe Sicherheitsüberprüfungen durchzu- führen sind. Mit dem Abschluss dieser Sicherheitsüberprüfungen wird bis Mitte 2013 gerechnet. 9. Wie ist der aktuelle Stand der Bemühungen des Se- nats, die Sammelstelle bzw. das Zwischenlager für radio- aktive Abfälle in Berlin-Wannsee entsprechend der Auf- forderung des Abgeordnetenhauses vom Juni 2011 ganz oder teilweise zu verlagern? Zu 9.: Auf Grundlage des Prüfauftrages des Hauptaus- schusses vom 22.06.2011 (rote Nummern 1528, 1528 A, 1528 B) hat der Senat die Möglichkeiten einer Zwischen- lagerung von schwach- bis mittelradioaktiven Abfällen im Zwischenlager Nord in Lubmin sowie Kooperationsvari- anten mit den Ländern Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern geprüft. Als Ergebnis dieser Prüfung kann zusammenfassend festgehalten werden: 1. Der Bund verfolgt den zunächst aufgegriffenen Vorschlag der Energiewerke Nord GmbH zur Errichtung eines „Zwischenlagers des Bundes“ in Lubmin derzeit nicht mehr weiter. Alternativ hat das Bundesministerium Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 440 5 für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) seine Pläne zur Überführung der schwach- bis mittelradi- oaktiven Abfälle der Länder in den Schacht KONRAD jedoch präzisiert. Derzeit werden eine dezentrale Konditi- onierung der Abfälle aus den Landessammelstellen und eine zentral durch den Bund organisierte Herstellung der Endlagergebinde favorisiert. Auch diese neu vorgeschlagene Vorgehensweise wird nach hiesiger Einschätzung zu einer logistischen und organisatorischen Entlastung der Länder (einschließlich Berlins) führen. Das zuständige Fachreferat der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Techno- logie und Forschung ist in die derzeit zu dieser Option geführten Diskussionen eingebunden. 2. Die Frage nach einer Zusammenarbeit mit dem Land Berlin bei der Entsorgung schwach- bis mittelradio- aktiver Abfälle wurde von den Ländern Mecklenburg- Vorpommern und Brandenburg abschlägig beschieden. Die Gründe wurden dem Hauptausschuss im Nachgang zur 107. Sitzung vom 22.06.2011 berichtet. Hierzu wird auf den Inhalt des Berichtes der Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung an den Hauptausschuss vom 14.02.2012 (rote Nummern 1528, 1528 A, 1528 B) ver- wiesen. Vor diesem Hintergrund ist eine Lagerung schwach- bis mittelradioaktiver Abfälle in der Zentralstelle für den radioaktiven Abfall in Berlin-Wannsee weiter vollum- fänglich erforderlich. Bis zur Überführung der Abfälle in das Endlager des Bundes sind hierzu nach derzeitigem Stand keine Alternativen ersichtlich. Berlin, den 07. Februar 2013 In Vertretung Guido B e e r m a n n …………………………………….. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Feb. 2013)